Protokoll der Sitzung vom 08.03.2017

Wissen Sie... Ach, lassen wir es!

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Übrigens, wenn Sie sich schon auf Gutachten beziehen: Das Gutachten von PwC bezieht sich nicht auf 2011, das darf ich Ihnen noch mal sagen. Und der Minister hat nicht von einer Hundertschaft gesprochen, sondern von einer Einheit. Wenn Sie nicht wissen, was eine Polizeieinheit ist,

(Heiterkeit und Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

dann müssen Sie sich das vorher durchlesen, bevor Sie das hier sagen. Dass die Gewerkschaft der Polizei natürlich mehr Polizisten fordert, das ist ihre Aufgabe, das ist ja logisch. Ich bin auch über 20 Jahre Gewerkschafter.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Der Untersuchungszeitraum beginnt 2011, das ist richtig, das stimmt. Doch, doch!)

Das ist doch ganz klar,

(Zuruf von Dr. Matthias Manthei, AfD)

das ist doch ganz normal.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: 2011!)

Über den Krankenstand haben wir auch gesprochen, da ist vieles zu tun und auch da darf man mal subjektiv dahinterschauen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Also Sie, Herr Kramer, sollten sich noch mehr um Sachlichkeit bemühen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Die Fraktion der AfD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/282 eine namentliche Abstimmung beantragt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beginnen mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorgangs von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? Das kann ich nicht erkennen, dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die

Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 17.06 Uhr

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Wiederbeginn: 17.08 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 59 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 17 Abgeordnete, mit Nein stimmten 42 Abgeordnete, niemand enthielt sich der Stimme. Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/282 bei der namentlichen Abstimmung abgelehnt worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Mehr Erzieherinnen und Erzieher – Jetzt!, Drucksache 7/290.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Mehr Erzieherinnen und Erzieher – Jetzt! – Drucksache 7/290 –

Das Wort zur Begründung erhält die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Jacqueline Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! „Mehr Erzieherinnen und Erzieher – Jetzt!“, das ist unsere Forderung, die wir heute stellen. Wir haben es kurz und knackig auf den Punkt gebracht, weil Erzieher jetzt und hier und überall im Land fehlen. Ich höre es im Land, wenn ich vor Ort unterwegs bin im Wahlkreis. Nur ein Beispiel: Mich erreichte letzte Woche gerade der Brief des Elternrates einer Kita, wo mir, um es zu zitieren, folgender Inhalt gesagt wurde: „Um es nicht so weit kommen zu lassen, dass die Kita aufgrund von Personalmangel kurzfristig schließt, muss die Politik handeln und Lösungswege finden!“ Zitatende.

Die Verzweiflung über die Situation ist so groß bei den Eltern, aber auch bei den Erzieherinnen und Erziehern, dass sie mir sagen, das Kind ist eigentlich schon längst in den Brunnen gefallen. Sie sind es, die an der Schmerzgrenze arbeiten. Sie versuchen alles, um die Betreuung der Kinder abzusichern. Doch wie lange das noch gutgehen wird, weiß keiner.

Ich habe letzte Woche gerade mit der Leiterin einer Kita gesprochen, die mich fragte, wann es endlich eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels im Krippenbereich gebe. Sie sei 45 Jahre als Erzieherin tätig und bisher habe es noch keine Verbesserung des Betreuungsschlüssels von 1 : 6 im Krippenbereich gegeben.

Ich kann die Erzieherinnen und Erzieher wirklich gut verstehen. Sie wollen qualitativ gute Arbeit leisten für die Kinder in den Kindertageseinrichtungen, denn bereits in der frühen Kindheit werden die Schlüsselkompetenzen für Bildung für das Leben gelegt, doch bei der Absicherung der Fachkräfte versagt die Landesregierung mindestens seit fünf Jahren. In solchen Gesprächen, wie ich sie gerade geschildert habe, mit Erzieherinnen und Erziehern muss ich deutlich machen, dass wir von der Senkung eines Betreuungsschlüssels, der bundesweit der schlechteste ist, noch ganz weit entfernt sind, wenn

wir es im Jetzt und im Hier noch nicht einmal schaffen, den Fachkraft-Kind-Schlüssel einschließlich des zugehörigen Personalschlüssels in den Kitas umzusetzen, und das aufgrund des jahrelangen Nichtstuns der Landesregierung, obwohl sie hierzu einen glasklaren Auftrag hat.

In Paragraf 11a Kindertagesförderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern heißt es: „Das Land“ hat „den „Bedarf an Ausbildungsplätzen für Fachkräfte im Sinne des § 11 Absatz 2“ zu planen. Das hat es in den vergangenen Jahren nicht mal ausreichend getan, es ist seiner gesetzlichen Aufgabe nicht nachgekommen. Grund ist, dass die vergangenen Ausbildungsplatzplanungen am Bedarf vorbeigingen, dass sie veraltete Zahlen genommen haben, so gerade die Ausbildungsplatzplanung aus dem Jahr 2014, die eine Fehlplanung war. Sie wird den tatsächlichen Bedarfen in den Kitas nicht gerecht. Deutlich wurde das bei der Anhörung im Sozialausschuss, die wir beantragt hatten, wo die zahlreichen Stellungnahmen von Experten und Expertinnen gezeigt haben, dass die Zahlen, die von der Landesregierung angenommen werden, unzureichend sind. Schon damals empfahlen uns die Expertinnen und Experten, die Ausbildungsplatzkapazitäten drastisch zu erhöhen, um die Bedarfe in den kommenden Jahren decken zu können. Warnungen hat die Landesregierung und haben auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD und CDU, ignoriert. Anträge meiner Fraktion im Sozialausschuss, aber auch im Landtag wurden von SPD und CDU abgelehnt.

Sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU, Sie können das Problem nicht mehr vom Tisch wischen. Das Problem hat Sie eingeholt. Auch wenn Sie weiter vor dem Problem die Augen verschließen möchten, so tritt es Ihnen schon längst vehement auf die Füße. Das Verheerende ist, dass es nicht zu Ihren Lasten geht, sondern dass es zulasten der Erzieherinnen und Erzieher und letztendlich zulasten unserer Kinder in den Kindertagesstätten geht.

Nun müssen umgehend Schnellschüsse her, um unverzüglich Erzieherinnen und Erzieher zu bekommen und die Betreuung in den Kitas abzusichern. Ob diese dann noch den hohen Qualitätsanspruch des Bildungsauftrages absichern können, wage ich zu bezweifeln. Und was daran das Unverständlichste ist, ist, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich alles dafür tun müssten, dass die Qualität bei den Kleinsten im Land bestmöglich ist. Gute Bildung von Anfang an ist die beste Prävention gegen Armut. Menschen, die in Armut leben, hat Mecklenburg-Vorpommern leider zur Genüge. Da hilft es auch nicht, wenn Sie das Problem in Ihrem Koalitionsvertrag ignorieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, deutlich wird das Fachkräfteproblem anhand der Anträge auf die Ausnahmegenehmigung. Im Jahr 2016 wurden bei dem kommunalen Sozialverband von den Trägern fast 240 Anträge auf Ausnahmegenehmigung vom Fachkräftegebot gestellt. Im Jahr zuvor, 2015, waren es noch 107 Anträge auf den Einsatz von Nichtfachkräften. Das bedeutet, dass die Zahl sich bereits verdoppelt hat. Diese Anträge sehen wir als Hilfeschrei, der nicht mehr überhört werden darf.

Räumliche Kapazitäten werden durch das Ausbau- und Investitionsprogramm der Bundesregierung gefördert. Wenn aber keine Fachkräfte mehr da sind, nutzen auch die räumlichen Kapazitäten nichts und dem Rechtsan

spruch kann nicht entsprochen werden. Geklagt wird dann gegen die Kommunen. Die können aber nichts dafür, dass es vor Ort keine Fachkräfte gibt. Das liegt in der Verantwortung der Landesregierung. Diese wird nicht müde zu betonen, wie wichtig ihr angeblich Kindertagesbetreuung sei, und macht dies anhand des Geldes fest.

Aber bei der Qualität in der Kita herrscht Planungslosigkeit. Die Sorgen und Hinweise der Landkreise werden ignoriert. So schrieb beispielsweise der Landkreis Ludwigslust-Parchim in seiner Kindertagesstättenbedarfsplanung aus dem Jahr 2015, ich zitiere: „Im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Rechtsanspruches und dem daraus resultierenden Bedarf an Fachkräften gem. § 11 KiföG M-V und im Zusammenhang mit der Veränderung des Fachkraft-Kind-Schlüssels zum 01.08.2015 … im Kindergartenbereich, besteht gravierender Handlungsbedarf in der Besetzung der erforderlichen Erzieherstellen in den Einrichtungen.“ Der Bedarfsplanung wurde im Übrigen auch durch einige meiner Landtagskollegen von SPD und CDU zugestimmt. Daraufhin hatte sich der Jugendhilfeausschuss des Landkreises LudwigslustParchim an das Sozialministerium gewandt. Bis heute hat er kein Rückschreiben, keine Antwort erhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren, und wenn es noch eines weiteren Beweises der Planlosigkeit der Landesregierung zu dem Thema bedarf, so möchte ich auf die Antworten zu meiner Kleinen Anfrage vom 12. Januar 2017 hinweisen, die wie immer einen Monat zu spät kamen. Zu Frage 1 antwortet die Landesregierung beispielsweise, dass ihr „keine Daten“ vorlägen zur Entwicklung des Fachkräftebedarfs in den Krippen, Kindergärten und Horten für die Jahre 2011 bis 2016. Ich finde, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Die Landesregierung hat keine Ahnung, wie es vor Ort aussieht! Wie will sie denn dann überhaupt eine ausreichende Ausbildungsplatzplanung aufstellen?

Auf die Frage nach den Maßnahmen, die Sie vorhaben, um die Lücke zwischen Personalbedarf und Personalbestand zu schließen, verweisen Sie auf das neue Modell der dualen Ausbildung „Kindheitspädagogik für 0- bis 10Jährige“, das zum Schuljahr 2018/2019 beginnen soll. Im Sozialausschuss hat Ministerin Stefanie Drese vor einigen Wochen erst die Informationen hierzu gegeben. Ich muss sagen, die waren aus unserer Sicht sehr vage. Es war nicht klar, ob das erste Ausbildungsjahr 2017 oder 2018 beginnt und mit wie vielen Klassen. Das alles war noch offen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass durch diesen neuen Pädagogikausbildungsgang ungefähr 120 Ausbildungsplätze dazukämen und wir eine durchschnittliche Einmündungsquote – das heißt, wie viele Erzieherinnen dann von der Ausbildung tatsächlich in den Kitas landen – von 66,7 Prozent ansetzen, bleiben davon nur 80 Absolventinnen und Absolventen übrig, die frühestens in vier Jahren zur Verfügung stünden, nämlich zum Ende der Legislaturperiode.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir fordern mit unserem Antrag ein Rundummaßnahmenpaket, weil eine Maßnahme allein aus unserer Sicht nicht ausreichen wird bei dem Problem, in dem wir stecken. Das Problem muss bei der Wurzel gepackt werden. Die Ausbildungsplatzplanung ist unzureichend und muss angepasst werden. Was sich ebenso bereits jetzt deutlich zeigt, ist, wir brauchen weitaus mehr Ausbildungs- und Studienplätze für die Vollausbildung, für Seiteneinsteiger und für die berufsbegleitende Ausbildung. Das fordern wir unter Punkt II in den

Punkten 1a bis c unseres Antrages. Wenn wir es schaffen, an den fünf Standorten der staatlichen Schulen weitere 240 Schülerinnen und Schüler auszubilden, dann bekämen wir bei einer Einmündungsquote von 66,7 Prozent circa 160 weitere ausgebildete Fachkräfte, was im Groben der Zahl der Ausnahmegenehmigungen im letzten Jahr nahekommt.

In Punkt 2 fordern wir, die Arbeitsbedingungen und Gehälter endlich anzupassen. Gerade gestern fand in Rostock ein Streik von Erzieherinnen und Erziehern einer DRK-Kita statt,

(Torsten Renz, CDU: Hat geholfen! Hat geholfen!)

die gefordert haben, endlich nach Tariflohn entlohnt zu werden.

(Torsten Renz, CDU: Aber heute wurde der Streik abgesagt.)

Genau hier sehen wir auch einen Punkt für die anstehende Novelle des KiföG,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)