Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Von der Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dieser gerade von Herrn Förster vorgestellten Vorlage, die mit „Gesetzentwurf der Fraktion der AfD“ überschrieben ist, soll ein einziges Thema behandelt werden. Was im Paragrafen 6 des KiföG M-V bereits geregelt ist, soll erweitert werden.
Im Paragrafen 7 KiföG M-V haben wir den Rechtsanspruch in der Kindertagesförderung in einem Umfang von 30 Wochenstunden festgelegt. Das ist die sogenannte Teilzeitförderung. Am Rande: Unsere Teilzeitförderung entspricht der Ganztagsförderung in manchen Bundesländern. Das sollten Sie künftig beachten, meine Herren von der AfD-Fraktion, wenn Sie Ihre bundesweiten Qualitätsvergleiche anstellen.
Wenn Eltern diesen Anspruch nicht in vollem Umfang für ihre Kinder nutzen wollen, gibt es die Halbtagsförderung. Das sind dann 20 Wochenstunden. In der Praxis wird die Halbtagsförderung in sehr geringem Umfang nachgefragt. Meist ist es schon aufgrund von Wegen zur und von der Arbeit erforderlich, dass die Kinder länger in der Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflege be
treut werden. Das ist auch gut so, denn die intensivsten Förderangebote, die die frühkindliche Bildung in der Kita ausmachen, finden meist, nach regelmäßigen Tagesstrukturen, schon organisatorisch, in diesem zeitlichen Rahmen von 30 Wochenstunden statt.
Was auch schon jetzt geregelt ist, es besteht der Anspruch auf Ganztagsförderung, also ein Anspruch auf bis zu 50 Wochenstunden, immer dann, wenn dies zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig ist. Die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist von der konkreten Ausgestaltung der Öffnungs- und Betreuungszeiten für die Teilzeitplätze abhängig. Auch beispielsweise Studentinnen und Studenten, Teilnehmende an Fortbildungen oder beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen können daher einen Anspruch auf Ganztagsförderung ihrer Kinder haben. Ob die oben genannten Voraussetzungen für einen Ganztagsbetreuungsplatz vorliegen, wird durch die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte entschieden.
Es besteht darüber hinaus ein Anspruch auf Ganztagsförderung, wenn dies im Sinne der Paragrafen 20 und 27 des SGB VIII erforderlich ist. Das wiederum ist immer dann der Fall, wenn die Eltern entweder an der Ausübung der Personensorge gehindert sind oder sonst Anspruch auf Hilfen zur Erziehung hätten, also insbesondere Unterstützungsbedarf bei der Erziehung besteht. Dabei ist eigentlich alles geregelt. Besonderen Bedarfen wird im KiföG Rechnung getragen.
Jetzt zurück zu dem Gesetzentwurf. Dort heißt es, dass immer dann, wenn die Eltern nicht beide beruflich eingebunden sind, mit der Geburt eines weiteren Kindes ein entsprechender Bedarf auf Ganztagsförderung für das ältere Geschwisterkind besteht. Woraus diese Bedarfe abgeleitet werden, wird nur unzureichend erklärt.
Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern einen Rechtsanspruch, auch wenn ein Elternteil mit einem Geschwisterkind zu Hause ist, also nicht im Beruf, im Studium oder in einer sonstigen Qualifizierungsmaßnahme ist, in einem Umfang von 30 Wochenstunden, und zwar elternbeitragsfrei. Das Angebot frühkindlicher Bildung in der institutionellen Förderung besteht damit regelmäßig sechs Stunden täglich. Ja, die Qualität unserer Kindertagesförderung ist gut, deshalb haben wir auch den Rechtsanspruch in zeitlicher Hinsicht so weit ausgedehnt. Für eine noch weitere Ausdehnung auf Grundlage eines gefühlten Bedarfes sehe ich keine Grundlage.
Hinzu kommt ein rechtlicher Aspekt: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürlichste Recht der Eltern und die zuallererst ihnen obliegende Pflicht. Das Grundgesetz schützt dieses Elternrecht in Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz. Es klingt für mich, als ob die AfD dieses Recht und die daraus resultierenden Pflichten den Eltern absprechen wollte. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es nämlich, Zitat: „Auf diese Weise wird Eltern die Erziehung mehrerer Kinder erleichtert, was sie in dem Entschluss bestärken soll, sich für mehrere Kinder zu entscheiden.“ Zitatende.
Hierzu möchte ich erwidern, es geht doch meist um das erste Lebensjahr eines jüngeren Geschwisterkindes, in dem die Eltern Elternzeit in Anspruch nehmen. Gerade in dieser Zeit ist es wichtig, dass die Geschwisterkinder untereinander, unterstützt durch die Eltern, eine Bindung zueinander aufbauen. Das wird deutlich erschwert, wenn
Meine Vermutung ist, meine Herren von der AfD-Fraktion, dass mit dem Gesetzentwurf befördert werden soll, dass ein Elternteil nicht in den Beruf zurückkehrt. Und welcher Elternteil das für die AfD zu sein hat, ist auch kein großes Geheimnis. Sie haben es eben ausgeführt, Herr Förster. Soll der Gesetzentwurf, der auf den ersten Blick eine Ausdehnung der Kitabetreuung zum Ziel hat, in Wahrheit eine verdeckte Herdprämie sein?
die Ausführungen zu den Kosten. Dort heißt es, ich zitiere abermals: „Ein breiteres Betreuungsangebot bewirkt höhere Kosten, die die Kommunen zu tragen haben. Diese müssen vom Land aufgefangen werden.“ Zitatende. Das ist zunächst einmal ein finanzpolitisches Armutszeugnis. Solche lapidaren Sätze kommen heraus, wenn man keine Lust oder Ahnung hat, darüber nachzudenken, wie eine zusätzliche Leistung seriös finanziert werden kann.
Und völlig fehlen die Berechnungen zu diesem Gesetzentwurf, zu dem, was der Vorschlag tatsächlich kosten soll. Auch das hätte Arbeit gemacht, die man entweder nicht willens oder nicht in der Lage war aufzubringen. Dafür nennt man das Papier aber hochtrabend „Gesetzentwurf“.
Meine Herren von der AfD-Fraktion, von einer seriösen Oppositionsarbeit sind Sie so weit entfernt wie von einer geschlechterparitätischen Fraktionszusammensetzung.
Statt Ihrem Antrag zu folgen, möchte ich zusätzliches Geld in unsere Fachkräfte, in eine Fachkräfteoffensive, eine Verbesserung des Fachkraft-Kind-Verhältnisses und in weitere Qualitätsverbesserungen der Kindertagesförderung investieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt heute ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion vor, in dem im neuen Kindertagesförderungsgesetz ein Anspruch auf Ganztagsplatz auch dann festgeschrieben werden soll,
wenn er den Eltern zum Zwecke der Erziehung mehrerer Kinder, unabhängig von beruflichen Aspekten, gewährt werden soll. Er soll so lange bestehen, wie zumindest ein Kind im Vorschulalter bei den Eltern oder bei einem alleinerziehenden Elternteil lebt.
Die Überweisung dieses Gesetzentwurfes, kann ich Ihnen gleich von Anfang an sagen, lehnen wir ab. Erstens ist dieser Gesetzentwurf populistisch.
Hätte die AfD-Fraktion es wirklich verändern wollen, dann frage ich mich, warum Sie das nicht im Rahmen der Überarbeitung des Kindertagesförderungsgesetzes getan haben.
Dies war letztes Jahr hier im Landtag umfassend geändert worden. Und wäre das Problem schon damals gewesen, hätten Sie sich da einbringen können.
Zweitens lehnen wir ihn aus einer grundverschiedenen Auffassung von Familie und Kindertagesbetreuung ab. Die AfD-Fraktion meint in ihrem jetzigen Gesetzentwurf, dass ein Ganztagsplatzanspruch zum Zwecke der Erziehung mehrerer Kinder bis zum Vorschulalter bestehen solle. Also neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt die AfD, besteht ein Ganztagsplatzanspruch für die Eltern auch dann bis zum Vorschulalter, wenn ein oder mehrere Kinder im Haushalt erzogen werden. Das heißt, dass das Jugendamt dann einen Ganztagsplatzanspruch prüfen würde und genehmigen würde, wenn sie, wie gesagt, vorher geprüft hätten, ob ein weiteres Kind im Haushalt der Eltern erzogen wird.
Wir als Linksfraktion betrachten diese Sache von einem anderen Blickpunkt, von dem Blickpunkt des Kindes. Wir meinen, dass ein Ganztagsplatzanspruch für das Kind immer bestehen soll, unabhängig, ob die Eltern arbeiten oder nicht, ob sie ein weiteres Kind erziehen oder nicht, denn wir meinen, dass es in Übereinstimmung mit der UN-Kinderrechtskonvention ein verpflichtendes Gebot ist, sich dafür starkzumachen, dass alle Kinder das Recht auf eine umfassende Förderung haben und auf Bildung und Erziehung in Gemeinschaft mit anderen Kindern, und das natürlich auf freiwilliger Grundlage. Das muss unabhängig vom Geldbeutel der Eltern und unabhängig davon gewährt werden, inwieweit die Erziehungsberechtigten zeitlich und sachlich in der Lage sind, die Betreuung, Bildung und Erziehung selbst zu gewährleisten.
Wir meinen weiterhin, dass angesichts der alarmierenden Befunde über Kinderarmut in Deutschland und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern
die Möglichkeit der Teilhabe an frühkindlicher Bildung und Betreuung eine besondere Bedeutung gewinnt. Für ein Kind ist es immens wichtig, die Möglichkeit zu haben,
gemeinsam mit anderen Kindern zu spielen, zu lernen, unabhängig von der sozialen Lage. Wir sprechen uns darum für einen flächendeckenden Ausbau ganztägiger Betreuungsangebote in Kindertageseinrichtungen aus. Eltern sollen sich ganz bewusst für die Förderung ihres Kindes in einer Kindertagesstätte entscheiden können, ohne jedwede Zugangsbeschränkung und Bedarfsprüfung.
Deshalb noch mal für Sie zusammengefasst: Aus unserer Sicht muss jedes Kind vom ersten Lebensjahr an einen Ganztagsplatzanspruch beanspruchen können – ohne Wenn und Aber. Genau dieses „Wenn und Aber“ sieht aber Ihr Gesetzentwurf vor. Das lehnen wir ab, deshalb stimmen wir der Überweisung nicht zu.
Drittens erscheint mir dieser Gesetzentwurf der AfDFraktion scheinheilig und in sich auch widersprüchlich. Die AfD meint auf der einen Seite, dass, und ich zitiere von Seiten der AfD, in den ersten drei Lebensjahren aus entwicklungspsychologischer Sicht eine externe Betreuung von Kleinkindern „problematisch“ ist. Es ist also aus Sicht der AfD besser, wenn Kinder in den ersten drei Jahren zu Hause gebildet, erzogen und betreut werden. Auf der anderen Seite wollen Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sich aber für eine ach so problematische externe Betreuung der Kleinkinder starkmachen. Ja, warum denn dann?
Das ist einfach aus unserer Sicht scheinheilig und in sich widersprüchlich. Wenn man sich Ihren Überlegungen anschließen würde – was wir ja ausdrücklich nicht tun –, sollten Kinder bis drei Jahre sowieso zu Hause betreut werden, unabhängig von der Arbeitssituation der Eltern. Das hieße doch im Umkehrschluss, dass es eines Ganztagsplatzanspruches für bis zu 3-Jährige nicht bedürfte, wenn man sich Ihre Familienpolitik anschaut.
Zum Zwecke der Erziehung soll dann auch noch auf einmal wieder die Kindertagesbetreuung doch gut genug sein, obwohl Sie meinen, dass für Kinder bis drei Jahre die externe Betreuung von Kleinkindern problematisch ist. Da bleibt nur die Frage: Ja, was denn nun, AfDFraktion? Ich kann es nicht nachvollziehen. Vielleicht können Sie das ja nachher noch mal erläutern.
Ich habe mir, um das irgendwie nachvollziehen zu können, noch mal die Protokolle der KiföG-Debatten hier im Landtag auch vorgenommen. Darin heißt es in einem Redebeitrag von Herrn de Jesus Fernandes, und ich zitiere: „Frau Schwesig will Mütter an Fließbändern sehen, die ihre Kinder in Kitas verwahren lassen. Das zerstört maßgeblich die Mutter-Kind-Bindung, das verhindert teilweise die Erziehung der Eltern in der Prägungsphase ihrer Liebsten.“