Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

(Beifall Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

„Sie wollen quasi eine staatliche Erziehungshoheit durch die Hintertür.... Sie haben damit direkt die Familie entmündigt und deren ursprüngliche Bedeutung noch weiter ins Abseits gestellt...“, Zitatende.

Herr Jesus de Fernandes, erstens verwahre ich mich gegen den Ausdruck, dass Kitas „Verwahrstellen“ sind. Es gibt einen ganz klaren Bildungsauftrag in den Kitas.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Da müssten Sie mal die Bildungskonzeption lesen, kann ich Ihnen nur ans Herz legen.

Zweitens wird in den Kitas von Mecklenburg-Vorpommern tolle Arbeit geleistet, die Erzieher/-innen sind mit Herzblut dabei, und so diffamiert zu werden, finde ich einfach nur unter der Gürtellinie.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Da haben Sie ja nicht mal das Zitat verstanden.)

Herr de Jesus de Fernandes, ich...

Ja, wahrscheinlich verstehe ich Ihre AfD-Logik nie, also, ja,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie können ja noch nicht mal meinen Namen aussprechen.)

muss ich auch nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Herr de Jesus de Fernandes, sind Sie denn der Meinung, dass durch die Kindertagesförderung die Mutter-KindBindung weniger zerstört und die Familie weniger entmündigt wird, wenn ein zweites Kind im Vorschulalter im Haushalt lebt? Das ist doch widersprüchlich sondergleichen! Sie reden mal so, mal so, je nachdem, wer gerade vor Ihrer Tür steht.

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

Deshalb kann man diesen Gesetzentwurf nur ablehnen. Deshalb werden wir auch der Überweisung in den Sozialausschuss nicht zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Frau Abgeordnete Bernhardt, zu Ihrem Redebeitrag wurde eine Kurzintervention angemeldet von Herrn Professor Weber, Fraktion der AfD.

Bitte schön, Herr Professor Weber.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Frau Bernhardt, dass wir unterschiedliche Auffassungen haben über Funktion von Kita und über Mutter-/Frauenrolle, brauchen wir hier nicht zu vertiefen, haben Sie ausgeführt, alles okay.

Ich gebe Ihnen noch in einem weiteren Punkt recht: Hätten wir das Problem bei der breiten Diskussion über das KiföG erkannt, hätten wir es auch da einbringen können. Wenn Sie so wollen, unsere Schuld, mea culpa, wir haben erst später von dieser Problematik erfahren und versuchen, das jetzt zu reparieren. Was ist dagegen einzuwenden?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben so lange gebraucht und es ist immer noch nicht richtig.)

Und jetzt zum eigentlichen Punkt, warum ich hier stehe: wenn Sie sagen „scheinheilig“, unser Antrag sei scheinheilig. Sie argumentieren hier – aus Ihrer Sicht völlig zu Recht –, dass jedes Kind einen Ganztagsbetreuungsanspruch haben sollte. Gut, kann man drüber reden. Wir wollen jetzt an einem erkannten und ausgeführten Problempunkt, wo es wirklich Probleme für die betreuenden Eltern gibt, diesen Ganztagsbetreuungspunkt umsetzen, wo bisher nur 30 Stunden vom KiföG gewährt werden. Und anstatt dann zu sagen, es ist wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung, sagen Sie, das ist „scheinheilig“. Das möchte ich zurückgeben und möchte sagen, die Ablehnung unseres Antrages mit dieser Argumentation ist scheinheilig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Bevor ich

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dabei scheint die Sonne so schön auf Sie.)

Frau Bernhardt das Wort erteile, weise ich darauf hin, es fielen hier auch schon noch andere unparlamentarische Begriffe, die fielen und wurden von Herrn Ritter auch festgestellt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aha!)

Ich bitte doch, darauf zu achten und auch... Gut, wir reden jetzt hier über „scheinheilig“, auch das ist ja schon irgendwo ein bisschen grenzwertig. Es ist jetzt von beiden Seiten genommen worden, von daher werde ich es auch nicht weiter kommentieren jetzt.

Bitte schön, Frau Bernhardt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Sonne scheint so schön, Herr Weber.)

Ja, wir werden mal gucken, ob wir mit der Sonne auch noch was machen können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sieht doch schön aus, wie er da so in der Sonne steht.)

Herr Professor Weber, ich weiß gar nicht, wie ich es jetzt formulieren sollte. Ich würde sagen, es ist schon wieder scheinheilig, wie Sie sich hier darstellen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Es ist zumindest grenzwertig, was Sie hier vortragen, denn dieses Problem haben Sie nicht erst jetzt vor Kurzem nach der KiföG-Novelle erkannt. Wenn man sich Ihr Wahlprogramm der AfD-Landtagswahl 2016 anschaut, ist genau dieses Problem dargestellt

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?)

und dass Sie das haben wollen. Insofern ist es einfach nur verlogen, wenn Sie sich jetzt hierherstellen und sagen, das wussten wir zur KiföG-Debatte noch nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und dann haben Sie es bis heute nicht geschafft, es rechtskonform zu machen.)

Insofern vielen Dank, Herr Professor Dr. Weber!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und DIE LINKE – Zurufe von Dr. Ralph Weber, AfD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

So, jetzt haben wieder beide Seiten „verlogen“ gesagt. Ich rüge es für beide Seiten und bitte doch, bei der Wortwahl... Man kann es auch anders ausdrücken, ich könnte jetzt Vorschläge machen, sehe davon ab und bitte aber zukünftig, solche etwas abwertenden Bemerkungen vielleicht geschickter rhetorisch zu verpacken.

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Unwahr“ zum Beispiel, „unwahr“ könnte man sagen.)

So, jetzt hat das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der eingebrachte Gesetzentwurf der Fraktion der AfD zielt darauf ab, dass Paragraf 7 Absatz 3 des KiföG dahin gehend geändert werden soll, dass Eltern unabhängig von der Erwerbstätigkeit beziehungsweise ihrem aktuellen Beschäftigungsverhältnis, also zum Beispiel während der Elternzeit, einen gesetzlichen Anspruch auf eine Ganztagsförderung, also 50 Wochenstunden, für die Geschwisterkinder im Vorschulalter erhalten.

Wir lehnen dieses Ansinnen des Gesetzentwurfes aus folgenden Gründen ab: Gemäß Paragraf 7 Absatz 1 und 2 haben Eltern bereits jetzt einen Rechtsanspruch auf Kindertagesförderung in Kitas und in der Kindertagespflege bis zum Schuleintritt von 30 beziehungsweise 20 Wochenstunden, also in Teilzeit und in Halbtagsförderung. Die Förderung kann auf 50 Wochenstunden ausgeweitet werden, ich zitiere mal, sofern dies „zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig oder im Sinne der §§ 20 und 27 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erforderlich ist“. Zitatende. Wir erachten diese bisherige Regelung als ausreichend und sinnvoll. Im Übrigen verfahren auch die meisten anderen Bundesländer so. Meist hängt also der Anspruch der Ganztagsbetreuung von der Erwerbstätigkeit der Eltern ab.

Bleiben wir aber zunächst beim Beispiel Elternzeit. Es wird ja auch in der Begründung des Gesetzentwurfes angedeutet, der aktuelle Anspruch auf Teilzeit- und Halbtagsförderung ermöglicht es Eltern bereits jetzt schon – also zum Beispiel während der Elternzeit –, Geschwisterkinder für 20 beziehungsweise 30 Wochenstunden in der Kitabetreuung unterzubringen. Die Regelung im KiföG orientiert sich dementsprechend auch an Bedarfen der Eltern.

Und es gibt aus diesem Grund bereits jetzt Ausnahmeregelungen, zum Beispiel im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. In Punkt 2.1.4 der Richtlinie zur Ausgestaltung der Kindertagesförderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege heißt es:

„Während der gesetzlichen Mutterschutzfrist wird eine Ganztagsförderung der Geschwisterkinder gewährt, insofern dieser Anspruch bereits im Vorfeld bestand.“ Doch gerade die Elternzeit sollte – unabhängig jetzt mal von der gewünschten frühkindlichen Bildung und Erziehung in Krippe und Kita – in erster Linie dazu genutzt werden, möglichst viel Zeit mit den Kindern verbringen zu können. Sie stellt daher auch in Verbindung mit dem Elterngeld ein Instrument zur Familienförderung dar. Vor diesem Hintergrund scheint eine Erweiterung des Rechtsanspruches auf eine Ganztagsförderung vielleicht auch nicht eltern- und kinderfreundlich zu sein.

Die vorgeschlagene Anpassung des KiföG MecklenburgVorpommern würde darüber hinaus jedoch grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung, also unabhängig von der Erwerbstätigkeit und deren Umfang, eröffnen und dementsprechend beispielsweise auch nach der Elternzeit gelten. Einhergehend damit wäre auch ein wachsender Bedarf – und davon wird im Gesetzentwurf ja auch gesprochen – an Ganztagsbetreuungsplätzen in Kitas beziehungsweise der Kindertagespflege verbunden, der erstens finanziert und zweitens personell untersetzt werden müsste. Zwei wesentliche Aspekte, die gegen den eingebrachten Gesetzentwurf der Fraktion der AfD sprechen.

Zum finanziellen Mehrbedarf: Die Mehrkosten durch den gestiegenen Betreuungsbedarf müssten gemäß Paragraf 25 fortfolgende des KiföG durch die Kommunen, die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie durch das Land getragen werden. Eine weitere Mehrbelastung der Kommunen sowie der Landkreise ist abzulehnen, denn bereits jetzt ist noch nicht abschließend geklärt, welche zusätzlichen Kosten tatsächlich auf sie durch die Auswirkungen der beitragsfreien Kita zukommen werden. Belastbare Zahlen liegen hierzu noch nicht vor und das Land beziehungsweise das Sozialministerium haben dort bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert.