Aber nun ist es so, wenn man sich Ihren Antrag anschaut – ich nehme den mal auseinander –, besteht der aus einem Sammelsurium von Dingen, die selbstverständlich sind. Dann gibt es Sachen, die wir schon beschlossen haben. Zum Beispiel zur Telemedizin haben Sie selbst als Koalitionäre vor einiger Zeit, ich glaube, das liegt jetzt zwei Jahre zurück, einen sehr komplexen Antrag eingebracht, einen wichtigen Antrag – wir haben den unterstützt – zur besseren Nutzung von Telemedizin und Digitalisierung im Gesundheitswesen. Aber passiert ist nichts. Nun steht der hier wieder drinne. Jetzt ist das wieder ein Thema. Also ich nehme das nur mal zur Kenntnis, ja.
Oder: Herr Glawe hat vorhin etwas gesagt zu den polnischen Ärztinnen und Ärzten, zu den Medizinern. Sie arbeiten daran, das haben wir mit Freude zur Kenntnis genommen. Jetzt steht das hier im Antrag drinne. Das fällt bei uns dann eben unter die Kategorie „Rückenwind“.
Nein, das ist ja auch alles in Ordnung. Wir haben das im Übrigen ja auch selber schon vorgeschlagen. Damals war es Ihnen aber nicht wert, dem zuzustimmen. Das ist so der Reflex, den Sie immer haben. Aber lassen wir das mal beiseite.
Mit diesem Antrag verbindet sich für uns ein Änderungsbegehren, drei Punkte, und davon machen wir unsere Zustimmung abhängig. Ich betone noch mal, wir wollen die Enquetekommission, aber den Antrag, den Sie vorgelegt haben, den wollen wir in drei Punkten verändert sehen zur Enquetekommission:
Erstens. Wir wollen klarstellen, ab wann die einsatzfähig ist. Einsetzung, das ist gesagt worden, 1. April. Wir wollen sie sozusagen spätestens Ende April in Gang haben.
Zweitens. Wir wollen klargestellt haben, dass Sie aufsetzt auf die Erkenntnisse der Enquetekommission, die es gab, „Älterwerden in Mecklenburg-Vorpommern“. Die hat über 600 Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, davon sind 6,17 Prozent in Ihren Koalitionsvertrag eingeflossen. Da gibt es noch viel zu tun. Da wollen wir aufsetzen und das weiterentwickeln. Die Enquetekommission hat ja vor vier, fünf Jahren dazu Handlungsempfehlungen rausgegeben.
Und das Dritte. Weil wir – Hand aufs Herz – mit der Enquetekommission nicht in einem Jahr fertig werden, wollen wir die Empfehlung aussprechen, jetzt schon aussprechen, dass die Enquetekommission in der nächsten Legislaturperiode ihre Arbeit fortsetzen solle. Das ist eine Empfehlung.
Wenn Sie sagen, Ihr Änderungsantrag schert uns nichts, wir wollen das lieber schwammiger und unverbindlicher haben, dann sagen wir: Nicht mit uns! Wir arbeiten in der Enquetekommission mit. Wir wollen die auch, aber wir wollen klare Bilder zeichnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Die Fraktion DIE LINKE hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4742 eine namentliche Abstimmung beantragt.
Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorganges von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat und das noch tun möchte? – Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung bis zum Ergebnis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 63 Abgeordnete teilgenommen. 12 Abgeordnete stimmten mit Ja, 51 Abgeordnete stimmten mit Nein, Enthaltungen hat es nicht gegeben. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4742 abgelehnt.
Bevor ich das tue, möchte ich aber nicht versäumen, noch zu erwähnen, dass es weitere Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne gibt, das sind Seniorinnen und Senioren aus Schwerin. Herzlich willkommen!
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4787. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte
ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenstimmen? – Danke schön! Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4787 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der AfD und beider fraktionsloser Abgeordneter, Gegenstimmen der Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt.
Ich lasse nun abstimmen über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/4781. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/4781 bei Zustimmungen der Fraktionen von SPD, CDU, einigen Stimmen aus der Fraktion der AfD, dem fraktionslosen Abgeordneten und Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE, einigen Gegenstimmen aus der Fraktion der AfD und der fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Vereinbarungsgemäß rufe ich an dieser Stelle den Zusatztagesordnungspunkt 2 auf: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Minderjährige Flüchtlinge zügig in Mecklenburg-Vorpommern aufnehmen, auf Drucksache 7/4780.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Minderjährige Flüchtlinge zügig in Mecklenburg-Vorpommern aufnehmen – Drucksache 7/4780 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Danke, dass Sie der Aufsetzung dieses Antrages zugestimmt haben. Damit zeigen Sie den Menschen und uns, dass auch Sie es für dringlich halten, die Situation der Flüchtlinge, vor allem der Kinder, schnell und nachhaltig zu verbessern. Lassen Sie uns nicht nur reden, sondern lassen Sie uns handeln – jetzt!
1.500 Kinder für fünf EU-Staaten aus einer Koalition der Willigen – daraus folgt: 300 Kinder für Deutschland. Zwei Prozent laut Königsteiner Schlüssel wären für Mecklenburg-Vorpommern sechs Kinder. Wir haben eine sogenannte Unterdeckung im Januar gehabt von 23 Kindern. Also erfüllen wir mit dieser Einigung im Koalitionsausschuss ja nicht mal die jetzigen Regeln. Ich möchte keine Rechenspiele betreiben, denn es geht um Menschen.
Erdoğan erpresst die EU, er verlangt Visafreiheit für türkische Staatsangehörige in Europa, er will weiterhin in die EU, er will eine andere Zollunion und er will zusätzlich finanzielle Unterstützung. Und nein, mit Menschenleben, mit Menschenrechten betreibt man keinen Handel. Menschen als Faustpfand für eigene Staatsinteressen zu nutzen, das kann nicht die Lösung sein.
Griechenland hat quasi das Asylrecht ausgesetzt, das Recht auf ein ordentliches Asylverfahren steht aber je
dem Menschen weltweit zu. Das Verfahren hat auf rechtsstaatlicher Basis zu erfolgen. Bis zum Abschluss sind den Antragstellern im Rahmen der Genfer Konvention alle Rechte zu gewähren. Auch das können wir momentan nicht erkennen. Nicht die Flüchtlinge sind schuld an dieser Situation, sondern zuallererst und ganz besonders die Kriege dieser Welt.
Artikel 1 der UN-Menschenrechtscharta: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten …“ In den griechischen Lagern sitzen 41.000 Menschen fest. Die Zustände sind katastrophal, von menschenwürdiger Betreuung und Unterbringung kann hier niemand reden. Flüchtlinge haben die gleichen und auch besondere Rechte. In den griechischen Lagern gibt es Verstöße gegen den Artikel 3 der Konvention, Recht auf Leben und Freiheit. Laut „Ärzte ohne Grenzen“ leiden die Menschen unter lebensbedrohlichen Krankheiten, medizinische Versorgung findet quasi nicht statt. Leben ist nicht Dahinvegetieren, Leben ist auch Freiheit.
Die Situation an der Grenze verstößt auch gegen Artikel 12 der allgemeinen Menschenrechte, das Recht auf Privatsphäre des Einzelnen. Für 7.500 Menschen ist zum Beispiel das Aufnahmelager in Griechenland ausgelegt, 41.000 Menschen sitzen dort aber momentan fest, darunter mehr als 5.000 Kinder, davon etwa 1.700 unbegleitete unter 14, fast alles Waisen. Wie viel Privatsphäre gibt es?
Die Situation in Griechenland, an den Grenzen Europas verstößt auch gegen Artikel 13, Recht auf Bewegungsfreiheit. Was schon im Frieden gilt, gilt erst recht in Kriegszeiten. Flucht ist nicht einfach Migration, Migration ist vorbereitet, gewollt, geplant und geregelt. Flucht ist oft die einzige Möglichkeit, eventuell zu überleben.
Flüchtlinge unterliegen dem besonderen Schutz der Genfer Konvention. Flüchtlinge haben besondere Rechte, und diese gilt es zu achten und es gilt, sie zu wahren. Die Situation an den Außengrenzen Europas verstößt gegen Artikel 14 der UN-Menschenrechtscharta, Recht auf einen sicheren Ort, Recht auf ein Asylverfahren. 41.000 Menschen wird dieses Recht gerade verwehrt – 41.000 Menschen, darunter 5.000 Kinder.
Die Politik handelt nicht. Fünf Jahre sind verstrichen, fünf Jahre und viele schöne Worte. Und nun handelt die Zivilgesellschaft und sie handelt auf ganz unterschiedliche Weise. Verheerend die Taten Rechtsextremer aus ganz Europa: das Anzünden und Niederbrennen von Gemeinschaftszentren auf den Inseln, das Verprügeln von Helfenden und das Töten von Flüchtlingen. Europa darf sich nicht von Rechtsextremen erpressen lassen. Hören wir auf die Zivilgesellschaft der Willigen! Geben wir diesen Helfenden Sicherheit und ja, wenn nötig ein rechtliches Regelwerk für private Flüchtlingshilfe in die Hand! Helfen darf nicht kriminalisiert werden.
Wissen Sie, selbst das bettelarme kleine Albanien organisiert gerade völlig unkompliziert die Aufnahme von syrischen Kriegsflüchtlingen. 30.000 Menschen will Albanien aufnehmen. Und wir? Am 31. Januar 2020 kamen in der Debatte zu unserem Antrag „#WirHabenPlatz“ einige Vorschläge. Frau von Allwörden hat gesagt, wir müssten erst Regeln schaffen und dann vielleicht Kinder holen. Das Innenministerium brachte gar eine Idee ein, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern eventuell vor Ort ein eigenes humanes Gemeinschaftshaus aufbauen könnte.
Frau Tegtmeier und die Sozialministerin sagen immer wieder, wir brauchen Regeln und ja, wir müssen den Kindern helfen. Frau Weißig sprach heute gar von der Idee der SOS-Kinderdörfer. Ja, das ist doch alles denkbar.
Und seit dem 31. Januar 2020 sind fünf Wochen vergangen – fünf Wochen ohne Handeln. Fünf Wochen hätten wir längst einen rechtlichen Rahmen schaffen können für die Aufnahme von Flüchtlingen. 5.000 Kinder, 1.700 Waisenkinder beziehungsweise unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen, 16 Bundesländer – das sind 107 Waisenkinder pro Bundesland, 107 Waisenkinder über den EU-Verteilerschlüssel für M-V. Ich glaube, wir schaffen das. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!