Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

Dann kommen Sie im Punkt 1 dazu, dass Sie einfach behaupten, die Fallzahlen hätten sich in der Qualität erhöht – in den Schwerpunkten, ohne die Schwerpunkte überhaupt zu benennen. Sie bleiben den Menschen schuldig, wo diese Schwerpunkte sind und wo die Fallzahlen sich erhöht haben, und kommen dann mit der Grenzöffnung. Dabei wissen Sie ganz genau, wenn Sie die Wahrheit sagen würden, dass die Kriminalität spürbar abgenommen hat. Das heißt nicht, dass jeder Mensch sich hier im Land sicher fühlt. Sie hat spürbar abgenommen. Es gibt ja hier vergleichbare Zahlen aus dem Jahr 2014.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Ich sage Ihnen, Anfang der 90er-Jahre –

(Zuruf von Ralf Borschke, AfD)

ich muss es kurz machen, ich habe ja nicht lange Redezeit – hatten wir 12.800 Straftaten, auf 100.000 Einwohner umgerechnet, heute haben wir 6.800, fast halbiert. Und da reden Sie von Kriminalitätserhöhung? Das ist doch fast unglaublich! Wir haben mit 28 Prozent,

(Zuruf von Ralf Borschke, AfD)

28 Prozent Aufklärung begonnen 1991 und jetzt liegen wir bei 61, über dem Bundesdurchschnitt! Das ist eine unheimlich gute Arbeit der Polizei.

Aber – das will ich Ihnen auch sagen,

(Zuruf von Dr. Matthias Manthei, AfD)

das will ich Ihnen auch sagen – die Polizei ist natürlich der Garant der Sicherheit, doch was Sie jeden Tag tun, wenn Sie sagen, die Kriminalität ist gestiegen, die Menschen fühlen sich hier unsicher, dann negieren Sie die Arbeit nicht nur der Polizei schlechthin, sondern die Polizisten müssen sich doch beleidigt fühlen, dass ihre Arbeit nicht zum Erfolg geführt hat.

(Tilo Gundlack, SPD: Schämen sollten Sie sich!)

Aber ich sage Ihnen, wie viele Menschen sich hier gesellschaftlich engagieren – Ordnung und Sicherheit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und es arbeiten so viele Menschen in Präventionsräten, in der Verkehrswacht, in den Wohngebieten, in der Initiative Nachbarn für Nachbarn,

(Dr. Ralph Weber, AfD: In Bürgerwehren.)

im Sicherheitsgewerbe, in den Opferberatungsstellen wird Prävention geleistet. Ich könnte das unendlich fortführen. Wenn Sie sagen, die Kriminalität ist gestiegen, dann sagen Sie, sie alle, Hunderte und Tausende von Menschen haben hier im Land nichts getan. Alles für die Katz, sie können ihre Arbeit einstellen. Das kann doch nicht Ihr Ziel sein!

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Und zur Grenzöffnung: Ja, natürlich gab es und gibt es bei den Fallzahlen in bestimmten Deliktfeldern eine Erhöhung. Die kann man nicht bestreiten, die will ich auch gar nicht bestreiten. Ich will auch keine andere Zahl, die sich erhöht hat, bestreiten. Nein, aber mit der Schließung der Grenzen werden Sie die Kriminalität nicht verhindern, niemals. Und auch einen Terroristen werden Sie nicht hindern, hier nach Deutschland zu kommen.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Also die Grenzschließung bringt Ihnen als Allheilmittel, wie Sie es darstellen, gar nichts.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und das, was Sie vorschlagen in Ihrem Punkt, als Schwerpunkte Anklam und Rostock und so,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Schwerin.)

wissen Sie, wir sind doch hier im Parlament und nicht auf der Dienstgruppenleitersitzung. Das muss doch wohl das Ministerium entscheiden, wo sie die Schwerpunkte sehen. Also da bin ich schon erstaunt, können Sie natürlich auch sagen.

Jetzt zu einigen, ich habe hier geschrieben „Taschenspielertricks“, aber das nehme ich gerne zurück und sage, keine gute Formulierung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sagen Sie einfach „Tricks“!)

Also Sie schreiben auf Seite 2: „Anstatt – wie vielfach gefordert und … beschlossen – nur auf statische Überwachungskameras zu setzen, die keine aktive Verhinderung von Straftaten sicherstellen können, ist die konkrete Handlungsfähigkeit der im Dienst eingesetzten Beamten zu stärken.“ Da frage ich Sie: Wer fordert denn die statischen Überwachsungskameras vielerorts? Wir als Landtag nicht, überhaupt nicht. Haben Sie das schon mal gehört? Nein, meine lieben Freunde der AfD, Sie schreiben das in Ihr Parteiprogramm rein, in Ihr Wahlprogramm. Sie befürworten, Sie schreiben doch wörtlich, „wir befürworten …“ den Einsatz von Videoüberwachungskameras. Da stellen Sie hier die Frage?!

Und dann kommt als nächste Formulierung, diese Bodycam-Einführung würde „wissenschaftlichen Studien zufolge“ – der Einsatz der Geräte – schnell zur „verbesserten Sicherheitslage“ führen. Wissen Sie, es gibt gar keine wissenschaftliche Studie. Das finde ich ja schon merkwürdig. Wie kommen Sie zu einer so falschen Aussage? Wem wollen Sie damit etwas suggerieren? In Hessen gibt es sehr gute Erfolge, da gebe ich Ihnen recht, Herr Kramer, und die sind mittlerweile auch in den Regelbetrieb übergangen, auch in Ordnung. Aber jetzt hat Rheinland-Pfalz begonnen mit einer wissenschaftlichen Beglei

tung, einer sozialwissenschaftlichen und rechtswissenschaftlichen. Und warum? Weil wir hier nicht in der Bananenrepublik leben, sondern weil es nur so rechtlich natürlich untersetzt werden kann. Ich kann doch nicht sagen, jetzt nehmen wir eine Kamera und jeden, der uns hier begegnet und uns nicht gefällt – übertriebenermaßen –, den werden wir mal aufnehmen. Nein, es gibt natürlich eine Rechtsschutzgarantie mit Artikel 19 unseres Grundgesetzes, und da geht es nicht so, wie Sie es hier in dem Antrag schreiben, nach der Aufnahme, nach dem Einsatz sind sofort die Bilder zu löschen, die Tonaufzeichnungen und auch die anderen Aufzeichnungen.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Das ist eben strittig, also rechtswissenschaftlich strittig. Fragen Sie mal den Professor Zöller, Strafrecht an der Uni Trier! Er sagt, da müssen wir sicherlich noch nachverhandeln, denn jedem Bürger muss nach der Rechtsschutzgarantie auch gewährt werden, dass er weiß, was mit seinem Bild als Nichtbetroffener – als Nichtbetroffener – passiert ist. Ich möchte gerne mal sehen, wenn Sie da unten mehrfach auf Bild aufgenommen werden und nicht wissen, was damit passiert, wenn es anschließend gelöscht ist. Nein, jeder Bürger hat das Recht, auch nachzuschauen und sich durch die Verwaltung sagen zu lassen, was soll das jetzt.

So, das ist nicht geklärt. Unser Ordnungs- und Sicherheitsgesetz hat genau diese Passage, wir dürfen die Kameras einsetzen, wir dürfen Ton und Bild aufnehmen und Aufzeichnungen machen, aber es steht die unverzügliche Löschung drin. Diese unverzügliche Löschung ist nicht ausdiskutiert und das wollen wir tun. Also der Erfahrungsaustausch ist die billigste Investition, und da sind wir im Land dabei.

Wissen Sie, und warum, das will ich Ihnen auch sagen. Es gibt vier Systeme von diesen Kameras, vier Systeme, davon ist eins schon mal gestrichen worden, weil es nicht in Ordnung ist, weil einige Länder das nicht annehmen. Wir sind auch mit einigem nicht einverstanden, auch mit dem Anschalten und dem Abschalten nicht, mit dem Löschen dieser Daten. Genau das wollen wir, wir wollen eine Datensicherheit für die Bürger haben und da können wir nicht einfach sagen, der Beamte schaltet mal aus, der löscht das mal kurz. Das wollen wir nicht und dabei sind wir.

Wissen Sie, große Länder, wenn die 14.000 und 40.000 Polizeibeamte haben, beginnen jetzt mit diesen Probephasen und das werden wir auch tun. Bei diesem, genau bei diesem Punkt sind wir. Wir haben dieses Thema erkannt, Sie haben es ja auch erkannt. Darüber freue ich mich auch, dass Sie das so miterkannt haben. Sie müssen es nur fachlich sauber unterstützen, dann bin ich doch gar nicht gegen Ihren Vorschlag. Es ist nicht so, dass ich mit Ihnen gar nicht zusammenarbeiten will. Wir haben zum Beispiel im Petitionsausschuss eine gute Zusammenarbeit. Warum soll das nicht woanders auch klappen? Aber hier wollen Sie den Leuten immer erzählen, wir sind die Größten, wir setzen uns für die Sicherheit ein und wir wollen die CDU rechts mit Sicherheit überholen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das tun wir auch.)

Das werden Sie niemals schaffen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Es erhält das Wort für die Fraktion DIE LINKE Herr Ritter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Jetzt lass mal eine Geschichte hören, Peter!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kramer erzählt ja immer gerne Geschichten, wenn er seine Anträge einführt. Eine dieser Geschichten ist das Märchen von der Überfremdung unseres Bundeslandes und die daraus resultierende Gewalt gegen die Polizei. Ich will Ihnen auch mal eine Geschichte erzählen, um vielleicht zu versuchen nachzuweisen, dass das damit überhaupt nicht im Zusammenhang steht.

Im November 1969,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ach, die 68er!)

zugegeben schon ein paar Tage her, bin ich das erste Mal in ein Fußballstadion gegangen, bei meinem damaligen Lieblingsklub, immer noch mein heutiger Favorit.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Stahl Riesa, Kollege, Stahl Riesa.

Es war ein Spiel gegen Vorwärts Berlin, und die gegnerischen Fans, wie man so schön sagt, wurden vom Bahnhof zum Stadion links und rechts von Polizei begleitet. Es gab Übergriffe auch auf Polizeibeamte, natürlich auch auf gegnerische Fans. Ich habe mich an diesen Auseinandersetzungen nie beteiligt, denn auch mein Vater war im Stadion, nicht als Fan, sondern als Polizist mit einer Kamera, und er hat alle die fotografiert, die einen Stein ins Spielfeld geschmissen haben, andere verprügelt haben oder sonst was. Am nächsten Tag ist der ABV – für alle, die es nicht wissen: der Abschnittsbevollmächtigte – mit diesem Bild zu dem Betroffenen gegangen und hat gesagt, du Stadionverbot, hier Beweis.

Also die Geschichte, dass es Gewalt gegen Polizei nur gäbe, weil wir Ausländerinnen und Ausländer im Land haben, oder dass es hier eine exorbitante Zunahme deshalb gäbe, die stimmt einfach nicht. Und deswegen sagen auch wir als LINKE ganz deutlich, Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte und überhaupt Gewalt gegen andere Menschen und Dinge ist abzulehnen, ist kein Mittel der Auseinandersetzung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD, DIE LINKE und Manfred Dachner, SPD)

Deswegen, sehr geehrter Herr Komning, deswegen ist es unredlich, genau diese Geschichte von der Gefahr der Überfremdung unseres Landes immer wieder als Begründung zu nehmen, um irgendwelche Gefährdungspotenziale in unserem Land herzustellen. Die Verknüpfung zwischen Sicherheitspolitik und Flüchtlingspolitik ist falsch.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Es gibt keinen Zusammenhang?)

Nein, es gibt keinen Zusammenhang, weil das zwei getrennte Politikfelder sind. Und jeder, der etwas anderes

unterstellt, redet falsch Zeugnis, liebe Kolleginnen und Kollegen.