Protokoll der Sitzung vom 10.06.2020

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Und wer das nicht begreift, wer das nicht begreift, der wird die Lehren noch mehr zu spüren bekommen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Und deswegen, glaube ich, ist es so wichtig, dass wir wieder fragen, auch wenn es manchmal abgedroschen klingt, aber wer über Nachhaltigkeit spricht, sollte sich erst mal mit dem Thema auseinandersetzen, was er darunter versteht.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Tja!)

Und deswegen sage ich ausdrücklich, ich glaube, wenn man sich die Kutter- und Küstenfischerei, die Hochseefischerei anschaut von Mecklenburg-Vorpommern, da waren wir gemeinsam immer auf einem Weg zu sagen, sie ist – neudeutsch – systemrelevant. Wenn der Kutter, die Schiffe nicht mehr einlaufen in den Hafen, hat das eine gravierende Auswirkung auf den Tourismus, aber letzten Endes natürlich auch auf den Wirtschaftsbereich.

Und ich persönlich habe diesen Bereich ja seit 1998 begleitet, und ich war der festen Überzeugung im Übrigen, dass wir mit der Hochseefischerei, wo wir im Übri

gen mit dem Heimathafen Rostock fünf Hochseetrawler der modernsten Art der Welt mit Heimathafen Rostock haben, im Übrigen um die 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kapitäne, das technische Fachpersonal, die kommen alle aus unserem schönsten Bundesland und dem sichersten Bundesland der Welt.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Oh!)

Ich selbst habe im Übrigen das Vergnügen gehabt – und ich bin hochseetauglich, das hat man mir bestätigt im Übrigen, auch in schwerer See –,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Seefest, ja?)

in den britischen Gewässern gefischt zu haben. Damals war schon klar, wenn die Briten es auf die Spitze treiben, und leider hat die konservative, das ist jetzt nicht despektierlich zu sehen, aber die konservative Seite Europa einen schweren Schaden zugefügt.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Deswegen ist es so wichtig, deswegen ist es so wichtig, deswegen ist es so wichtig, dass wir versuchen müssen, alles daranzusetzen, dass die Verträge – die mit dem Austritt, das weiß jeder in diesem Hohen Hause, dass mit dem Austritt von Großbritannien wir jetzt eine Übergangsphase haben, die im Übrigen am 31.12. dieses Jahres endet –, und das bedeutet unterm Strich, dass wir dann auch zu klären haben, wie es tatsächlich mit den Fangquoten und mit den Fischgründen in den Hoheitsgewässern von Großbritannien und dem Vereinigten Königreich weitergeht.

Ich habe im Übrigen mehrfach auch in diesem Hohen Hause und selbstverständlich in den Agrarministerkonferenzen oder auch im persönlichen Gespräch mit der Bundesministerin immer Wert darauf gelegt, auch mit Europaabgeordneten im Übrigen und auch in meiner eigenen Fraktion darauf hinzuweisen, dass, wenn wir tatsächlich diese Gewässer verlieren für Deutschland – und die Zahl ist, finde ich, schon interessant, wenn Sie bedenken, dass gut 100.000 Tonnen, 100.000 Tonnen Fisch, insbesondere Hering, aus den britischen Hoheitsgewässern durch deutsche Fangflotten und im Wesentlichen durch die mecklenburgische Hochseefischerei nicht mehr gefangen werden können –, dann bedeutet das für den Standort in Sassnitz im Übrigen, nicht nur für die Verarbeitung des Herings aus der Nordsee, sondern dann auch, was die Verarbeitung von Ostseehering anbetrifft, das sind ja leider nur noch um die 8.000 Tonnen, dann wird dieser Verarbeitungsstandort, der hochmodern ist, es ist ja einer der modernsten Standorte überhaupt in Europa und letzten Ende damit auch in der Weiterverarbeitung, worauf wir stolz sind, dass wir dieses Fischverarbeitungszentrum verlieren.

Und vielen ist es gar nicht so bewusst, dass wir mit der Rügen Fisch – ich hoffe, Sie haben alle die Fischdosen auch zu Hause, von denen Patrick Dahlemann gesprochen hat, wir haben sie jedenfalls – Europas führendes Unternehmen auch der Weiterverarbeitung in Europa haben, das ist den meisten überhaupt gar nicht bewusst, und dass wir im Übrigen damit etwas auf den Weg gebracht haben und dass es in den letzten Jahren – wenn man es so will, seit 2015, 2015 ist das Fischverarbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran ans Netz gegangen – im Übrigen noch mit 50 Millionen Euro, 50 Millionen Euro

an Förderung durch Europa und durch Landesmittel begleitet worden ist und, ich betone noch mal, die hochmodernen Fangschiffe, die auch im Übrigen sozialversicherte, gute Arbeitsplätze, hochinteressante technischtechnologische Arbeitsplätze sichern, auch umgesetzt worden sind.

Und wir müssen natürlich auch erkennen, dass im Übrigen in den nicht britischen Mitgliedsländern der Europäischen Union auch damit 34 beziehungsweise 25 Prozent der Einkommen im Bereich der Fischerei dann wegfallen. Und das bedeutet unterm Strich auch, dass wir natürlich in den nächsten Wochen und Monaten, und ich erwarte von der Bundesregierung – wir haben ja allein kein Außenvertretungsrecht, aber die Gespräche in Brüssel zu führen, auch das haben wir immer wieder getan, wir werden das auch weiterführen –, aber ich erwarte natürlich auch in der Ratspräsidentschaft der Bundesrepublik Deutschland, die mit dem 1. Juli dieses Jahres beginnen wird, dass die Bundesministerin, die Bundeskanzlerin, auf deren Tisch das im Übrigen auch liegt, dass wir alles daransetzen werden, dass die Briten sich hier nicht aus der Verantwortung ziehen können, um letzten Endes damit auch zu Verträgen zu kommen, die gewährleisten, dass, wenn Großbritannien im Übrigen Fisch- und Fischereiprodukte nach Europa einführen will, uns die Hoheitsgewässer, Europa, den Mitgliedsstaaten in Europa die Hoheitsgewässer Großbritanniens nicht verschlossen werden. Das ist die Zielrichtung, daran wird gearbeitet.

Und im Übrigen will ich noch mal ausdrücklich betonen, im letzten Jahr hat sich die Bundesministerin ja nach Sassnitz eingeladen. Wir haben mit den Hochseefischern, den Kuttern- und Küstenfischern das Werk nicht nur besichtigt, sondern dann ja auch das Forum gehabt. Ich glaube, das hat der Bundesministerin auch noch mal deutlich gemacht, welche Bedeutung dieses Werk insgesamt für Deutschland und auch im europäischen Maßstab hat und dass wir damit letzten Endes auch nicht nur die Fangeinheiten für die Zukunft sichern wollen, sondern auch die hochwertigen Arbeitsplätze auf der schönsten und größten deutschen Insel, auf der Insel Rügen. Das ist unser unbedingtes Ziel.

Und ich darf auch ausdrücklich unterstreichen, auch das noch mal, dass wir ja insbesondere auch seit 1994 im Übrigen auch in die Hochseefischerei und die Modernisierung der Hochseefischereiflotte investiert haben. Immerhin sind das auch noch mal 16,7 Millionen Euro gewesen. Die fast 50 oder über 50 Millionen Euro, die wir in die Fischverarbeitung investiert haben, wenn wir das mal zusammenrechnen und die Kutter- und Küstenfischer noch dazuzählen, dann haben wir immerhin doch über 100 Millionen – über 100 Millionen Euro! – in den letzten Jahren in die Hochseefischerei, in die Kutter- und Küstenfischerei, in die Verarbeitung hineininvestiert, und nicht umsonst sind wir Marktführer geworden.

Und das soll unterm Strich natürlich auch deutlich machen, dass wir als Landesregierung ein gewaltiges Interesse daran haben, dass diese Kapazitäten erhalten bleiben, und dass wir auf der anderen Seite natürlich auch, das ist meine große Hoffnung, mit einer nachhaltigen, umweltverträglichen, auch handwerklich angepassten – und das haben wir im Wesentlichen in Mecklenburg-Vorpommern – Kutter- und Küstenfischerei diese nicht nur erhalten, sondern sie stabilisieren, auch das ist für mich noch mal eine Kernaussage, und dass damit diese Ressource Fisch auch in der Zukunft für uns alle

zur Verfügung steht. Denn, auch das ist mir noch mal wichtig, Fisch ist eine höchstwertige Lebensgrundlage, nicht nur für ein intaktes Ökosystem, sondern auch von seinen Inhaltsstoffen für die Ernährungsphysiologie für uns Menschen von allerhöchster Bedeutung.

Und ich will abschließend eben auch sagen, ich gehe davon aus, dass wir diese Verhandlungen mit Großbritannien erfolgreich zum Ende bringen. Sie müssen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Und ich gehe davon aus, dass die Briten ein Einsehen haben, dass, auch wenn sie nicht mehr Mitglied Europas sind, diese Hoheitsgewässer mitgenutzt werden dürfen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein bisschen darstellen, woran wir arbeiten. Ich gehe davon aus, dass wir am Ende eine Stabilisierung der Fischbestände haben, nicht nur tatsächlich mit großem Erfolg in der Nordsee, da stabilisieren sich die Bestände, sondern auch in der Ostsee. Und ich hoffe, dass uns das gelingt. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD Herr Borschke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Diesem Antrag können wir grundsätzlich zustimmen,

(Thomas Schwarz, SPD: Aber? Aber?)

sagt er doch nichts anderes als: Macht doch mal eure Arbeit in Berlin und Brüssel und tragt endlich mal deutsche Interessen nach Brüssel!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich will hier nicht behaupten, dass Sie in diesem Bereich in der Vergangenheit nicht tätig waren, aber das Ergebnis sehen wir am heutigen Zustand unserer heimischen Fischerei.

Und, Herr Dahlemann, die Veredelungsstrecke, die gab es schon, bevor Sie die entdeckt haben, und da hat sie noch funktioniert. Nicht erst der Brexit sorgt für Unsicherheit für unsere Fischerei. Dafür hatten Sie schon vorher gesorgt. Der Brexit verschärft dies nur alles. Und schon gar nicht ist nur unsere Hochseefischerei betroffen. Auch unsere kleine Küstenfischerei ist betroffen. Wenn das Fischwerk Sassnitz schließt, bekommen unsere Fischer nicht mal mehr ihre kleine Quote verkauft.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Wenn Parlevliet nicht mehr abnimmt, ist auch die weg. Auch 1,5 Tonnen kann man nicht über die Reling verkaufen. Der Hering kommt im Frühjahr, da sind noch nicht so viele Urlauber da. Und auf die Auswirkungen auf den Tourismus will ich hier gar nicht eingehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das wäre aber mal interessant.)

Es fehlt also schlicht und einfach die zweite Verarbeitungsstufe. All Ihre Maßnahmen reichen nicht aus, um dies auszugleichen. Unter anderem verhindert der bürokratische Aufwand dies. Es ist einfach nicht zu leisten.

Meine Damen und Herren, bekanntlich wird zwischen westlichem und östlichem Heringsbestand unterschieden. Klimatische Bedingungen müssten sich aber auf den gesamten Bestand auswirken. Warum haben polnische Fischer und Wissenschaftler andere Messwerte als unsere? Inzwischen rechnet man mit einer weiteren Kürzung um 40 Prozent für die westliche Ostsee. Dies kann auch nicht mehr mit den geringen Dorschquoten ausgeglichen werden. Müsste sich die deutsche Hochseeflotte – sofern man noch von einer Flotte sprechen kann – ebenfalls aus den britischen Hoheitsgewässern zurückziehen, so hätte dies natürlich Auswirkungen auch auf unser Land. Das steht außer Frage. Da kommt wohl die Abwrackprämie für die Hochseefischer. Das sind aber keine Hilfsmaßnahmen, das sind Sargnägel für die Fischerei. Lediglich die GRÜNEN wird es freuen.

Meine Damen und Herren, die Fanggebiete sind aufgeteilt. Anfang der 70er-Jahre hatte die DDR noch vor Amerika gefischt. Dann kamen die 200-Meilen-Zone und die Aufteilung der Fanggebiete. Es konnte nicht mehr jeder fahren, wohin er wollte, und drauflosfischen. Es ist also durchaus verständlich, wenn die englischen Fischer ihren Fisch und ihre Fischquote selber abfischen möchten. Ich zitiere hier mal.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wen?)

Es gilt also: „Britische Fische für britische Fischer. Die Gewässer rund um die britische Insel zählen zu den fischreichsten der EU. Gegenwärtig teilt das Bündnis den Fischern aller Mitgliedsländer Fangkontingente zu, die sie in allen Gewässern ausschöpfen dürfen. Das will London abschaffen, damit britische Fischer mehr Fische fangen: Die heimischen Gründe müssten zuerst und mehrheitlich britischen Booten offenstehen, bekräftigte“ Boris „Johnson im Februar in einer Grundsatzrede.“

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Hört, hört!)

Europäischen Booten soll der Zugang nicht grundsätzlich verweigert werden. Aber ein Abkommen müsse reflektieren, dass Großbritannien nun ein unabhängiger Küstenstaat sei, der die Gewässer seiner Wirtschaftszone selbst kontrolliere.

Bisher waren die Bedingungen gut für Deutschland. Umso größer ist die Notwendigkeit, vernünftig zu verhandeln. Wie wir wissen, sind diese in der letzten Woche ergebnislos verlaufen. Wir dürfen aber nicht vergessen, auch Norwegen ist zum Beispiel an der ganzen Sache beteiligt. Norwegen hat auch Zugangsrechte und fischt auch in der westlichen Ostsee. Geht die Quote runter, geht sie für alle runter. Norwegen hat schon angedeutet, man fängt trotzdem, egal, wie hoch die Quote ist.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Meine Damen und Herren, theoretisch ginge es, beim Ausfall Englands mit Norwegen über einen Ausgleich zu verhandeln. Parlevliet handelt weltweit. Es wäre für Parlevliet lediglich eine Preisfrage. Und ich will hier auch erwähnen, auch zu DDR-Zeiten verarbeitete das Fischwerk Sassnitz Nordseehering. Dieser ist für die Dosenverarbeitung geeigneter und kann nicht ohne Weiteres durch den Ostseehering ersetzt werden. Der Ostseehering wiederum ist für die Marinadenherstellung besser geeignet. Also ist das Fischwerk Sassnitz auf den Nordseehering angewiesen.

Aber kommen wir noch mal zu Großbritannien: Am 31. Januar 2020 hat das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen. Wie es sich bei einer mehr oder weniger gütlichen Trennung gehört, muss ein Scheidungsvertrag her.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Wichtige Fragen der Vermögensaufteilung und der Klärung offener Fragen sollen damit geregelt werden. Im Falle des Brexit geht es in erster Linie um die Festlegung der noch zu zahlenden Geldbeträge an die EU und das Rechtsverhältnis der Briten und EU-Bürger zueinander. Bis zum 31.12.2020 bleibt Großbritannien im EU-Binnenmarkt. Die Zeit wird also knapp, um den Scheidungsvertrag endgültig zu besiegeln. Keine leichte Aufgabe!

Das alte Empire dominiert seit Jahrhunderten die Weltmärkte und lebt seit eh und je von und mit dem Meer. In unzähligen Küstenorten war die Fischerei bis in die 60er- und 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts Haupteinnahmequelle und bescherte den Fischern und ihren Familien einen gewissen Wohlstand. Doch ähnlich dem Niedergang der deutschen Fischerei traf es auch die Briten. Globalisierung und Liberalisierung in Form der Gemeinsamen Fischereipolitik beendeten das goldene Zeitalter der britischen Fischerei abrupt. Plötzlich kreuzten die Fischtrawler aller EU-Staaten in den fischreichen Gewässern vor der Insel und machten den britischen Seefahrern Konkurrenz. Der Import von billigem Zuchtfisch aus dem Ausland tat dann sein Übriges – ein Bild, welches wir durchaus von unseren Küstenstandorten gut kennen.

Da verwundert es wenig, dass der Zorn der letzten Fischer an den englischen Küsten des Königreichs auf die EU in einer Mehrheit für den Brexit mündete. Und wenn auch der Anteil der Fischerei an der Wirtschaftsleistung in England bei lächerlichen 0,1 Prozent liegt, so polarisiert das Thema doch enorm, und übrigens nicht nur in England, denn durch die Rückkehr zu den Zeiten vor der Gemeinsamen Fischereipolitik verlören insbesondere Franzosen und Holländer große Teile ihrer Fangmengen, die sie aus den britischen Hoheitsgewässern holen. Und somit verwundert es auch nicht, dass die Rest-EU genauso vehement am Tauziehen um die Fische teilnimmt.