Protokoll der Sitzung vom 10.06.2020

Schaut man in die Begründung des Antrages, so darf man davon ausgehen, dass Frauen in erster Linie, und ich zitiere, „den Fortbestand des Staatsvolkes... gewährleisten“ sollen, Zitatende. Rein biologisch gehört zur Zeugung von Kindern ja noch ein Mann dazu – das nur nebenbei –,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD und Henning Foerster, DIE LINKE)

aber dass die Lebensplanung und das Verständnis von Familie heute anders aussehen, das muss Ihnen eigentlich ein schmerzender Dorn im Auge sein.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Nein, gar nicht! Gar nicht!)

Wenn Sie sich ehrlichen Herzens umschauen in Ihrer Umgebung, dann wissen Sie wahrscheinlich, dass Sie mit Ihrem Antrag absolut auf dem Holzweg sind.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Nein, das stimmt nicht. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ich bin froh und dankbar, dass das heutige Rollenbild der Frau ein anderes ist. Frauen sind nicht mehr nur allein Mütter und Ehefrauen. Sie haben inzwischen oftmals in vielfacher Hinsicht die gleichen Wahl- und Partizipationsmöglichkeiten,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

wie dies auch bei Männern der Fall ist. Und das ist auch gut so! Und wenn ich ein klein bisschen sarkastisch sein darf:

(Zuruf aus dem Plenum: Na klar!)

Männer gehen heute in Dating-Shows, um Beziehungen beziehungsweise Familien nach ihrer Fasson zu gründen.

(Jens-Holger Schneider, AfD: What?)

Ja. Ja, das haben Sie noch nicht gehört, ne? Ja!

(Horst Förster, AfD: Was Sie alles wissen!)

Aber um bei der klassischen Familie zu bleiben, selbstverständlich ist mir auch bewusst, dass es immer noch Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern gibt, zum Beispiel im Berufsleben, etwa beim Gehalt oder bei den Aufstiegsmöglichkeiten. Das greift im Übrigen das GenderMainstreaming in seiner reinen Form auf. Und um es mal ganz deutlich zu machen, gerade in Zeiten von Corona sind es großenteils die Frauen, die die Betreuung der Kinder übernommen haben oder die Pflege.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Klassischer geht es gar nicht! Dennoch kann das jederzeit auch von einem Mann oder von Partnern gleichgeschlechtlicher Beziehungen geleistet werden oder auch im Patchwork.

So richtig weiß ich gar nicht, woraus sich Ihre Ängste ziehen, woraus Sie Ihre Ängste ziehen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wer sagt denn, dass wir Angst haben?)

Ja, doch, das hört sich bei Ihnen so an.

Bei der Gleichberechtigung von Frauen und Männern spielt selbstverständlich der Sprachgebrauch eine entscheidende Rolle. Da haben Sie uns ja hier eine schöne Steilvorlage geliefert. Die sprachliche Gleichstellung muss dabei nicht immer oder muss nicht immer zwangsläufig auch zu einer Verschlechterung von Lesbarkeit und Sprechbarkeit führen, wie das beispielsweise bei der Verwendung des Binnen-I der Fall ist.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Anstelle dessen ist es natürlich auch möglich, mithilfe der Neutralisierung sprachliche Gleichstellung zu erzielen, also zum Beispiel, statt „MitarbeiterInnen“ das Wort „Beschäftigte“ zu verwenden. Bei „Studierenden“ geht es ja auch. Ich meine, Sprache soll dann auch sinnvoll sein. Ich kann nachvollziehen, dass es vielen im täglichen Sprachgebrauch nicht immer leichtfällt, die Gleichstellung von männlicher und weiblicher Sprachform zu berücksichtigen, weil es eben länger dauert.

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Und dennoch sollten Politik und Verwaltung mit gutem Beispiel auch im Sinne der Sichtbarkeit von Frauen vorangehen, um Gleichstellung weitestgehend zu erreichen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Doch es ist offensichtlich, dass der Punkt der Beendigung der sprachlichen Gleichstellung in Ihrem Antrag eher eine untergeordnete Rolle einnimmt, auch wenn Sie das hier so ausführlich lächerlich gemacht haben. Vielmehr wird in den anderen Punkten des Beschlussvorschlages sowie Ihrer Begründung deutlich, welches Anliegen Sie mit dem Antrag eigentlich verfolgen. Ziel Ihres

Antrages ist vielmehr die Neuausrichtung der Familienpolitik, die bewusst bestimmte Familienmodelle ausgrenzt. Das ist aber dann eindeutig Ihre Ideologie. Und darüber sind wir in Deutschland ja wohl lange hinaus.

(Beifall Thomas Krüger, SPD – Zuruf von Jens-Holger-Schneider, AfD)

In diesem Zusammenhang finde ich es äußerst bedenklich, dass Sie sich dabei auch noch auf den Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes beziehen. Sie machen ja deutlich, dass Sie nur ein Verständnis von Ehe und Familie haben, doch die Realität ist gewiss eine andere. Inzwischen gibt es verschiedenste Familienmodelle, die glücklicherweise alle unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Dabei ist für uns als CDU natürlich die Ehe von Mann und Frau ein zentraler Bestandteil, aber eben gleichberechtigt neben anderen Familienmodellen, so, wie es das Grundgesetz vorsieht.

Weiterhin möchte ich noch auf die Begründung Ihres Antrages eingehen, auch wenn diese sich nur in begrenztem Maße im Beschlussvorschlag wiederfindet. Sie sprechen da ja von einer, ich zitiere, „einseitige(n) Hervorhebung der Homo- und Transsexualität“ und nehmen dabei Bezug auf die Lehrpläne. Diese Behauptung entzieht sich jeder Grundlage und lässt sich auch in keiner Form aus dem Schulgesetz M-V ableiten.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Hier! Hier, habe ich in der Hand.)

Vielmehr ist unter dem Paragrafen 6 geregelt,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Können Sie sich gerne durchlesen.)

dass „die Sexualerziehung … das Bewusstsein für eine persönliche Intimsphäre und für partnerschaftliches Verhalten in persönlichen Beziehungen sowie in Ehe, Familie und eingetragenen Lebensgemeinschaften entwickeln und fördern“ soll.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und Erziehungsberechtigte haben dabei entgegen Ihren Behauptungen sehr wohl das Recht, über Ziel, Inhalt und Form der Sexualerziehung sowie die hierbei verwendeten Lern- und Lehrmittel mitzubestimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden den Antrag selbstverständlich ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Einen Moment bitte, Frau Friemann-Jennert! Mir liegt noch ein Antrag auf Kurzintervention von Herrn Professor Weber vor.

Bitte, Herr Professor Weber!

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Frau Friemann-Jennert, Sie haben ganz viel gesprochen, wie Sie sich vorstellen, dass es in den AfD-Köpfen mit Familienbild und so weiter aussieht. Aber entlarvend ist doch schon der eine Satz, den Sie geprägt haben, wir

wollen die Frauen zurück an den Herd beordern. Das wollen wir nicht, mitnichten! Auch wir wollen, dass Frauen sich da verwirklichen, wo sie sich gerne verwirklichen möchten. Wir möchten aber endlich damit Schluss machen, dass die Frauen, die ihre Verwirklichung darin sehen, Kinder großzuziehen, zu Hause zu bleiben, sich um Frau, Kinder, Haus, Hof, Tiere und was sonst noch zu kümmern, dass die permanent in eine Rolle von Rückständigkeit degradiert werden,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

dass es Ihrem Familienbild und Ihrem Gesellschaftsbild, ganz besonders auch dem von Herrn Ritter, scheinbar überhaupt nicht entspricht, dass so was auch eine selbst verwirklichte, selbst gewollte und sehr glückliche Daseinsform sein kann.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Da sagt doch keiner was anderes! – Zuruf von Philipp da Cunha, SPD)

Wenn wir das erreichen würden, dass Sie das akzeptieren und nicht nur davon ausgehen, Frau verwirklicht sich dadurch, dass sie im Erwerbsleben steht, möglichst noch schöne Förderjobs einnimmt und dazu, wenn sie dann heimkommt, vielleicht noch die Familie versorgen darf – denn an diesem tradierten Bild vieler Männerköpfe können Sie so schnell nichts ändern –, wenn wir erreichen könnten, dass Sie den Beruf Mutter als vollwertig und gleichwertig zur Aufsichtsratsvorsitzenden anerkennen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

dann haben wir erreicht, was wir wollen. Das ist das Ziel dessen, was wir hier geltend machen.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)