Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Fangen wir mal mit dem an, was der Minister sagte. Er sagte, der Kohleausstieg, das Problem sei, dass da natürlich Strommengen wegfallen. Natürlich, das ist ja trivial. Allerdings fällt natürlich auch der Grundlaststrom weg, den wir ganz besonders benötigen, und deshalb brauchen wir andere Energiequellen, die mit einer möglichst hohen

Volllaststundenzahl fahren, wie zum Beispiel Offshorewindkraftanlagen. Und die Hydrolyseanlagen, dass die dann natürlich immer an einem Engpass sein müssen, was die Stromübertragungskapazitäten betrifft, das ist ja klar. Nur wenn ich das, wenn ich in Offshore gehe, dann ist der Engpass ja in der Regel in der Nähe der Küste.

Frau Dr. Schwenke unterstellte mir, ich sei gegen die Wasserstoffstrategie. Das ist nicht ganz richtig. Ich bin nur gegen die Art und Weise, wie sie umgesetzt werden soll.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dann sagte – ich weiß gar nicht, wer –, ach so, Frau Dr. Schwenke sagte dann, ich will zurück zur Nuklear- und Kohleverstromung. Das habe ich nie gesagt!

Herr Liskow sagte, in den letzten Jahren seien 123 Wind- kraftanlagen gebaut worden. Ich bin jetzt …

(Franz-Robert Liskow, CDU: Genehmigt.)

Genehmigt.

Ich bin bei den Genehmigungen jetzt mal auf 129 gekommen, aber das sei mal geschenkt.

(Zuruf von Franz-Robert Liskow, CDU)

Aber da Sie das offensichtlich nicht wissen, will ich Ihnen das gerne erklären. Im Jahre 2016 wurde das Bürgerbeteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet, wo Bürgergesellschaften dann eben wesentlich mehr Zeit (54 Monate) haben, um die BImSch-Genehmigung zu erhalten, und da Ihnen das offensichtlich nicht bekannt ist, sage ich Ihnen das, und das ist der eigentliche Grund dessen, warum so wenig ausgebaut wurde.

Herr da Cunha sagt, ich schüre Angst. Ich weiß gar nicht, wo ich hier Angst geschürt habe, keine Ahnung.

(Stephan J. Reuken, AfD: Das ist nur so eine Floskel.)

Und wenn Sie sagen, dass die Energiewende allein am Ausbau der Windkraft an Land hinge, das ist schlicht sachlich falsch.

Herr Kollege, einen Moment bitte! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Franz-Robert Liskow?

Ja, bitte!

Vielen Dank, Herr Kollege!

Mich würde grundsätzlich interessieren, wie Sie darauf kommen, dass das Bürgerbeteiligungsgesetz in Zusammenhang steht mit der Genehmigung von Windkraftanlagen. Das ist meines Wissens nicht korrekt.

Soll ich antworten?

Ja, es ist so, die Zuschläge für die neu vergebenen Windparks im Ausschreibungsverfahren, da haben ja viele Bürgerwindgesellschaften mit gewonnen gegenüber den ursprünglichen kommerziellen

Anbietern, und die haben nun mal 54 Monate Zeit, ihre BImSch-Genehmigung beizubringen. Und wenn sie die irgendwann nicht beibringen, dann wird eben nichts gebaut. Und wenn man dieses Bürgerbeteiligungsgesetz nicht gemacht hätte – so ist zumindest meine These –, dann hätten wir mehr Windkraftanlagen genehmigt und gebaut bekommen.

(Rainer Albrecht, SPD: Nee, das glaube ich kaum.)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Herr Obereiner, die These, weiß ich nicht – ich muss ja hier Fragen stellen –, würde ich so nicht bestätigen, weil ich glaube, dass das eben nicht in Abhängigkeit steht, und von daher ist meine Frage: Sie unterstellen quasi den StALUs, dass sie jetzt sozusagen deswegen nicht genehmigen, weil wir ein Bürgerbeteiligungsgesetz haben. Verstehe ich das richtig?

Nein, das ist eine implizite Folge. Das war wahrscheinlich so gar nicht gewollt, vermute ich mal ganz stark. Wahrscheinlich hat man nur darauf gesetzt, dass man die Bürger, die vor Ort sind, dort mit einbindet und dass dann die Akzeptanz des Windkraftanlagenausbaus steigt, aber durch diese Fehlkonstruktion dieses Gesetzes ist es halt leider zu einem – in Ihrem Sinne leider –, zu einem Stocken des Ausbaus der Windkrafttechnik gekommen.

So, und dass Herr da Cunha mir hier unterstellt, ich leugne den Klimawandel, das ist schlicht eine Frechheit. Also wenn Sie schon..., lesen Sie sich doch einfach mal ein paar alte Protokolle durch, wer hier was gesagt hat, bevor Sie so einen Unsinn behaupten! Also ich bitte Sie!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4999. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Danke schön! Stimmenthaltungen? –

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4999 bei Zustimmung durch die Fraktion der AfD und beide fraktionslose Abgeordnete, ansonsten Ablehnung aller anderen Abgeordneten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Tierleid beenden – Lebendtiertransporte begrenzen, auf Drucksache 7/5007.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Tierleid beenden – Lebendtiertransporte begrenzen – Drucksache 7/5007 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser heutiger Antrag ist nicht nur als ein Rückenwindantrag zu verstehen – ich komme auf die Diskussion von gestern zurück –, der Antrag ist auch ein Bekenntnis zu einem effektiveren Tierschutz in unserer Landwirtschaft. Er beschäftigt sich mit einer dunklen Seite der europäischen und deutschen Landwirtschaft, insbesondere in den Teilen der Landwirtschaft, die auf Effektivität, und zwar auf maximale Effektivität, auf geringstmögliche Kosten, Wettbewerbsfähigkeit mit dem Weltmarkt und auf Profitmaximierung für einige wenige getrimmt ist. Es handelt sich also um eine Landwirtschaft, die alles das, was uns an einer zukunftsfähigen Landwirtschaft am Herzen liegt, der Gewinnmaximierung unterordnet, und widerspricht damit im Wesentlichen der guten landwirtschaftlichen Praxis. Es geht um Tiertransporte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss bei Tiertransporten wissen, dass sie ein essenzieller Teil der Nutztierhaltung sind. Aber Tiertransporte sind nicht gleich Tiertransporte. Es muss richtig gemacht werden. Und wenn insbesondere Langstreckentransporte lebender Nutztiere billiger sind als der Transport des Fleisches von geschlachteten Tieren, dann ist das eigentlich ein Paradoxon, das angesichts der Möglichkeiten, die die heutige technische und technologische Entwicklung bietet, geradezu absurd ist.

Meine Damen und Herren, innerhalb der EU werden Tiertransporte durch die Verordnung 1/2005 geregelt, und das gar nicht mal so schlecht. Die Mindestanforderungen für das Wohlergehen der Tiere während des Transports, ich will sie mal ganz kurz auflisten, sind schon beeindruckend:

Erstens. Der Transport zum Bestimmungsort erfolgt ohne Verzögerung.

Zweitens. Das Wohlbefinden der Tiere wird regelmäßig kontrolliert und in angemessener Weise aufrechterhalten.

Drittens. Die Tiere müssen transportfähig sei. Und das bedeutet aber nur, die Tiere dürfen nicht verletzt sein.

Viertens. Die Tiere müssen fit genug sein, um voraussichtlich den Transport zu überleben.

Fünftens. Die Tiere werden in angemessenen Zeitabständen mit Wasser und Futter sowohl qualitativ als auch quantitativ versorgt und bekommen entsprechende Ruhephasen, immer wissend, dass Tiertransporte Stress bedeuten.

Sechstens. Tiere verfügen über ausreichend Bodenfläche und Standhöhe.

Siebtens. Transporter, die über acht Stunden unterwegs sind, müssen über ein automatisches Bewässerungs- und Ventilationssystem verfügen.

Achtens. Die mit den Tieren umgehenden Personen müssen in angemessener Weise geschult sein und dürfen, explizit formuliert, keine Gewalt gegen die Tiere aus- üben, auch nicht beim Be- und Entladen.

Neuntens, Letztens. Rinder dürfen maximal 28, Schweine maximal 24 Stunden am Stück transportiert werden, danach müsste ein Tag Ruhe eingelegt werden.

Meine Damen und Herren, diese Bestimmungen haben durchaus einiges bewirkt. Die allerschlimmsten Zustände, die es noch vor 15 Jahren gab, sind weitgehend beseitigt. Aber das gilt insbesondere und fast ausschließlich nur für Transporte innerhalb der EU, die sind verbessert. Das erkennen wir nicht nur an, die Wirksamkeit ethischer Normen im Tierschutz sind durchgesetzt. Aber – das Aber bezieht sich insbesondere auf Langzeittransporte, insbesondere quer durch Europa –, aber, und da wird das Aber doppelt unterstrichen, auch und gerade bei Tiertransporten nach außerhalb der EU, da kommt es nicht nur zur Verzögerung an Grenzübergängen und beim Be- und Entladen.

Ich könnte jetzt sehr viel auflisten und Ihnen erzählen, was bei solchen Tiertransporten passiert. Aber bitte schön, es geht mir hier nicht um irgendeine Gefühlsduselei, es geht auch nicht um das Aua eines Kuscheltiers, es geht um rechtliche Fragestellungen. Es geht beispielsweise um die Inkompatibilität geforderter Ruhephasen der Tiere, die transportiert werden, mit den notwendigen und gesetzlich verankerten Ruhephasen der Fahrer. Das funktioniert nicht.

Und zu all den der Realität entsprechenden bitteren Tatsachen kommt dazu, und da wird es rechtlich besonders problematisch, dass der Europäische Gerichtshof im April 2015 geltendes EU-Transportrecht in einer Vorschrift auch über die EU-Grenzen hinaus formuliert hat, und zwar bis zum Bestimmungsort. Demnach müssen die von mir genannten Mindestanforderungen auch in Drittländern erfüllt werden, in Ländern außerhalb der EU, wie beispielsweise Türkei, Usbekistan, Iran, Aserbaidschan, also in Ländern, in denen unsere Tierschutzvorschriften nicht nur nicht eingehalten werden können, sondern aufgrund der vorhandenen Vorschriften und üblichen Haltungsbedingungen dort auch überhaupt keine Rolle spielen. Es gibt keinerlei Möglichkeiten der Kontrolle und es gibt bei Verstößen auch keine Ahndungsmöglichkeiten durch europäische Genehmigungsbehörden. Verstöße gegen europäisches Recht sind also Teil dieses Systems Tiertransport, wenn man das mal spitz formulieren möchte.