Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Und das habe ich versucht, am Anfang zu erklären. Da spielt natürlich die mediale Darstellung, die Berichterstattung eine große Rolle. Ich nehme nochmals nur das Beispiel, tagtäglich die Zahl der Infizierten und der Toten. Natürlich hat jeder sich seine Quote gebildet, ich erst recht. Ich habe hier auch hin- und hergeschwankt und war verängstigt. In Wirklichkeit waren es aber nicht alle Infizierten, sondern die Getesteten. Deren Zahl hängt zufällig davon ab, wo, wie man getestet hat, aber es war ein völlig falsches Bild erzeugt. Das sind doch alles Fakten. Die wahre Letalität, die Sterblichkeitsquote hier in unserem Bereich mit gutem Gesundheitssystem, ist äußerst gering. Sie liegt im Bereich der Grippe.

Und Sie sind hier verängstigt. Frau Julitz erzählt hier groß, sie hat Angst, ihre Kinder in die Kita zu stecken. Das würde sie nicht tun, wenn sie das reale Risiko, das für Kinder jedenfalls keinesfalls größer ist als das Gripperisiko, wenn sie das berücksichtigen würde. Natürlich sind wir hier verängstigt worden. Ich weiß nicht, ob Sie sich mal umgehört haben, welche Bilder – man muss sich ja gar nicht weit umsehen, wie wirklich manche Leute völlig verängstigt sind, sich nicht aus dem Haus trauen, die Enkelkinder nicht sehen wollen, also das hat doch jeder mitbekommen.

Wie gesagt, das sehe ich auch ein, man ist am Anfang natürlich nicht so schlau wie hinterher. Aber erklären Sie

mir mal, wie die Lockerungen im eingeschränkten Regelbetrieb denn nun stattfinden! Und erklären Sie mal den Hoteliers, warum bis gestern 60 oder 80 Prozent, 60 Prozent galten, jetzt gelten 100? Was ist eigentlich in der Zwischenzeit geschehen? Ist da irgendwas Messbares geschehen, das wirklich begründet hat, weshalb vorher 60 und jetzt 100?

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Und das ist hier genauso. Der eingeschränkte Regelbetrieb, wenn Sie da mal reinblicken, wie der...

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Das sagen Sie so, da ist doch nichts von bewiesen, jedenfalls nicht in unserer Ecke hier.

(Zuruf von Daniel Peters, CDU)

Rein zeitlich hat der Shutdown oder Lockdown, wie Sie sagen, in diesen Phasen überhaupt nichts bewirkt. Der eingeschränkte Regelbetrieb läuft jetzt. Wir haben seit geraumer Zeit keine Infektionen. Es geschieht nichts, aber auch gar nichts, was die Aufrechterhaltung des ein- geschränkten Regelbetriebs erfordert und das andere hinausschieben lässt. So!

(Marc Reinhardt, CDU: Sie haben doch keine Ahnung, Herr Förster!)

Von wegen Ahnung! Das ist ein Thema, was uns lange beschäftigen wird, und dazu gehört vor allem, dass zunächst mal auch die Folgeschäden analysiert und aufgeklärt werden. Da werden Sie, da werden Sie noch mächtig ins Rudern kommen, wenn Sie einfach hartnäckig darauf verharren, es muss ja alles richtig gewesen sein, weil wir diejenigen sind, die das bestimmt haben.

Und von Gedankenlosigkeit kann überhaupt keine Rede sein. Also das, Ihnen fällt ja dann auch wieder irgendwann gar nichts Besseres ein, weil es muss jedes Mal kommen, es ist populistisch, gedankenlos bis absurd.

Und der Schwangerschaftsabbruch, natürlich hat er nicht direkt was mit dem Thema zu tun. Ich habe ihn angeführt als ein Beispiel, um Ihnen klarzumachen – weil einigen das sehr schwerfällt, das zu begreifen –, dass es auch nach der Verfassung keinen absoluten Lebensschutz gibt, sonst müssten Sie auf den Autobahnen vielleicht allenfalls 50 km/h zulassen. Es gibt keinen allgemeinen Lebensschutz. Das Leben ist voller Risiken. Wir haben die, wir haben bis heute die Höchstgeschwindigkeit nicht reduziert. Es gab mal Todeszahlen über 10.000 im Straßenverkehr, und wir haben die Raserei weiter zugelassen. Also das muss man sich mal klarmachen!

Und von daher war diese Fokussierung auf die vulnerablen Gruppen in dem Sinne, dass man die anderen mehr oder weniger in Schutzhaft nimmt – wir haben die Kinder, jetzt bildhaft gesprochen, eingesperrt, und wenn ich gesagt habe, „als Virusüberträger identifiziert“, dann wollte ich das ja deutlich machen. Es sind Kinder mit eigenen Rechten. Man hat sie nicht geschützt um ihres Schutzes willen, sondern um sie fernzuhalten als Virusüberträger. Das ist nicht nur bildhaft, sondern real die wirkliche Situation. Da muss man doch irgendwann mal fragen, ob das

richtig war und ob die Rechte der Kinder hinreichend beachtet wurden hier.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist eine Kernfrage, der Sie nicht ausweichen können, insbesondere dann nicht, wenn erst mal auch bilanzmäßig feststeht, welche Folgen Sie insgesamt angerichtet haben, und dazu zählen natürlich auch die wirtschaftlichen Folgen, weil sie auch wieder Auswirkungen auf Gesundheit und Ähnliches haben.

Warten wir es ab, wie es weitergeht! Das hat mein Kollege Dr. Jess ja auch schon gesagt. Abgerechnet wird hinterher.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Und dann kommen Sie! – Heiterkeit bei Daniel Peters, CDU)

Nur der Schweden-Weg, ja, wie der hier verdammt wurde! Ich sage doch nicht, dass das unbedingt bewiesen ist, dass der besser ist. Aber man muss sich doch damit mal befassen und sehen, wie es da läuft und wie es vielleicht läuft bei der nächsten Welle, wenn sie denn kommt.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Und wenn es ein Grippevirus ist – das ist ja ein mutierter Grippevirus –, spricht vieles dafür, dass die nächste Welle kommt. Wollen Sie dann wieder alle Schulen schließen, wieder alle Kindergärten schließen?

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das wurde doch gesagt!)

Was wollen Sie dann machen?

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Hören Sie denn nicht zu? Regionale Schließungen!)

Ich will doch,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Hören Sie doch mal zu!)

ich plädiere doch nur dafür, dass man rückblickend ernsthaft,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

ernsthaft die eigene Strategie überprüft. Und ich habe ja mit Freude vernommen, dass der Minister das ähnlich sieht. Aber ich wiederhole mich noch mal, es gibt keinen, es gab auch in den letzten Wochen keinen vernünftigen Grund, den eingeschränkten Regelbetrieb einzuführen,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Und die Erzieher?)

wenn man nicht dogmatisch daran festhalten wollte,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich würde gern mal wissen, wie Sie das einschätzen!)

wir dürfen nur in Stufen vorgehen, sonst könnte es ja so aussehen, als ob das alles verkehrt gewesen wäre. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Der Welterklärer persönlich!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4997. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4997 bei Zustimmung durch die Fraktion der AfD, ansonsten Ablehnung aller anderen Abgeordneten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – UN-Kinderrechtskonvention in der Krise erst recht ernst nehmen – Kinderrechte umfassend im Grundgesetz verankern.

Antrag der Fraktion DIE LINKE UN-Kinderrechtskonvention in der Krise erst recht ernst nehmen – Kinderrechte umfassend im Grundgesetz verankern – Drucksache 7/5005 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ihnen liegt heute erneut ein Antrag darauf vor, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Wir haben das Thema erneut auf die Tagesordnung setzen lassen, weil es nicht nur nicht vorangeht, es stagniert nicht nur, nein, es besteht die Gefahr, dass wir einen Schritt zurückgehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im November 1989, also vor über 30 Jahren, nahm die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention an. In ihr wurden weltweite Standards hinsichtlich der Stellung und der Rechte von Kindern verankert. Bisher hapert es jedoch immer noch an der Umsetzung, auch in Deutschland, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Das hatten wir bereits in einem Antrag im November letzten Jahres deutlich gemacht.

Zwischenzeitlich hat uns auch die Corona-Pandemie deutlich aufgezeigt, wie wichtig die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist. Corona hat uns gezeigt, welche Tätigkeiten und Berufe elementar wichtig für eine Gesellschaft sind: der Einzelhandel, die Pflege, die Gesundheitsberufe etwa. Corona hat uns gezeigt, welche Sachen für viele Menschen von Bedeutung sind, wie etwa Toilettenpapier. Corona hat uns aber auch gezeigt, welche Rechte und wichtigen Interessen auf der Strecke bleiben, wenn sie nicht im Grundgesetz verankert sind. Und unter anderem ist es aus unserer Sicht auch so mit den Kinderrechten.

Natürlich wurde in der Corona-Krise über Kinderrechte gesprochen, aber doch in erster Linie nur, wenn es um Kinderschutz ging, um befürchtete Kindeswohlgefährdung aufgrund erhöhten Stresslevels in den Familien wegen der Corona-Beschränkungen. Das ist natürlich alles richtig und wichtig, aber es greift aus unserer Sicht viel zu kurz. Niemand kam auf die Idee, Interessengrup

pen von Kindern, Jugendlichen, von Vertretern dieser im Vorfeld der Corona-Beschränkungen zu beteiligen oder während des Prozesses der Lockerung zu beteiligen. Wo wurden Kinderrechte abgewogen, als die Spielplätze geschlossen, Kontaktverbote mit den geliebten Großeltern verhängt wurden? All das fand nicht statt. Kinderrechte wurden auf den bloßen Kinderschutz reduziert.

Deshalb ist es wichtig …

(Heiterkeit bei Horst Förster, AfD: Sehen Sie!)

Im Gegensatz zu Ihnen – Herr Förster, Sie brauchen gar nicht zu sagen: „Sehen Sie!“ – haben wir hier einen Antrag vorliegen, der fachlich einfach qualifiziert ist, dass man sich damit auch fachlich auseinandersetzt.

Deshalb ist es wichtig, das Thema Kinderrechte weiter zu debattieren. Sie könnten mir nun entgegnen, dass Sie schon handeln, so, wie wir es in den letzten Landtagssitzungen zu diesem Thema hier erlebt haben. Aber was wir eben auch feststellen müssen, ist, dass es nicht ausreichend war, was bisher geschehen ist.