Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste hier im Hohen Hause! Liebe Landsleute!
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, Sie begrüße ich ganz besonders hier von diesem Redepult. Das möchte ich mir natürlich nicht nehmen lassen und bitte, meinen Fauxpas zu entschuldigen.
Vor 31 Jahren begann eine Zeitenwende auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone durch die sogenannten Montagsdemos,
und es gipfelte in den Großdemonstrationen in Leipzig mit einer Menschenkette am 3. Advent, initiiert durch die beiden Pfarrer Andreas und Friedrich Schorlemmer von Sassnitz bis nach Zwickau, an der auch ich teilgenommen habe als 13-Jähriger. Und ich weiß es noch
wie heute, wie ich am 2. Oktober, das war ein Dienstag, im Volkspolizeikreisamt in Greifswald meinen DDR-Personalausweis abholen durfte, obwohl ich erst 13 war – die Persos gabs ja damals ab 14 –, weil alle die, die auch nach dem 3. Oktober 1976 geboren wurden, noch Anrecht auf diesen Personalausweis hatten.
Und heute, rund 30 Jahre später, nach einer Generation wird es Zeit, ehrlich zu bilanzieren. Und wenn wir ehrlich sind, dann ist eben nicht alles so schön und rosig, wie es gerne durch umrahmte Umfragen präsentiert wird oder wie es eben die Frau Ministerpräsidentin hier tat. Schauen wir uns die wirtschaftliche Entwicklung an: Die SEDPlanwirtschaft wich der sozialen Marktwirtschaft. Wir haben wirtschaftliche Freiheiten gewonnen – ganz klar. Die Berufs- und Gewerbefreiheit sind eine große Errungenschaft, gar keine Frage. Und wir können heute stolz sein auf die Zehntausenden Unternehmen und Selbstständigen hier bei uns im Land. Mit den Freiheiten kamen aber auch die Risiken. Wir müssen seit Jahrzehnten unseren Werften unter die Arme greifen. Viele bekannte Unternehmen schlossen ihre Pforten, viele vertraute Marken verschwanden. Denken wir nur allein in dieser Legislaturperiode an den Rügener Badejungen, den Tutower Senf oder die Jarmener Mühle, um nur einige wenige zu nennen.
Frau Schwesig berichtete in ihrem Vortrag auch über das steigende Bruttoinlandsprodukt. Schauen wir uns doch mal die Wirtschaftskraft in Zahlen an: Unser Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt 2019 bei lediglich 70 Prozent des deutschen Durchschnitts. Nach 30 Jahren hinken wir mit unserer Wirtschaftsleistung also immer noch um 30 Prozent hinterher. Die schlechte Wirtschaft spiegelt sich aber auch in den Lebensverhältnissen wider. In diesem Monat publizierte das Statistische Landesamt aktuelle Zahlen. In M-V wurden 2018 im Durchschnitt 18.499 Euro je Einwohner privat konsumiert. Jeder unserer Bürger hat für seine persönlichen Bedürfnisse rund 2.500 Euro im Jahr weniger als im Bundesdurchschnitt zur Verfügung. Unser Land ist von allen Ländern weiterhin das mit dem niedrigsten privaten Konsum je Einwohner. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen kann also hier keine Rede sein.
ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, keine Lohnerhöhung. Und warum geben denn so viele Eltern ihre Kinder in die Kita? Weil beide Elternteile arbeiten müssen, um überleben zu können! Das ist doch der Grund.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Patrick Dahlemann, SPD: Was ist denn daran verkehrt, dass beide arbeiten gehen wollen? – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)
Wenn die Lebensverhältnisse nicht gleichwertig sind, dann gehen die Menschen dorthin, wo es besser ist.
Die Bevölkerungszahlen in Mecklenburg-Vorpommern sind dramatisch zurückgegangen. Im Jahr 1990 hatte M-V 1,9 Millionen Einwohner, heute sind es 1,6. In 30 Jahren also 300.000 Menschen weniger,
300.000 Menschen, 300.000 Menschen, die unser Land verlassen haben, Herr Krüger. Und diese Entwicklung hat viele Ursachen. Sicher, politisches Handeln kann nicht jede davon beeinflussen. Es kann jedoch nicht die Rede von einer erfolgreichen Politik sein, wenn ein Land 15 Prozent seiner Einwohner verliert. Auch die Altersstruktur hat sich erheblich geändert. Es gibt weniger Kinder, dafür aber mehr alte Menschen.
Bevölkerungsrückgang und Bevölkerungsalterung haben auch handfeste Auswirkungen auf unseren Arbeitsmarkt. Im Jahr 1991 hatten wir noch 34.000 Azubis im Land. 30 Jahre später sind es nur noch 20.000. Und von daher ist es auch für mich unverständlich, warum nicht endlich das Azubi-Ticket kommt. Und davon werden sicher auch noch einige in andere Bundesländer mit höheren Löhnen abwandern. Sie reden doch in diesem Zusammenhang so gern davon, die Fluchtursachen in anderen Ländern zu beseitigen. Fangen wir doch einfach mal bei uns zu Hause an mit der Beseitigung von Abwanderungsursachen!
Wenn wir Wirtschaft und Soziales bilanzieren, müssen wir aber auch bedenken, was davor gewesen ist, nämlich 40 Jahre SED-Diktatur, eine Diktatur, die Bürger und Menschenrechte missachtete, ein Regime, das keine Alternative zu sich duldete. Der Mut und Widerstand des Volkes brachten die SED-Herrschaft zu Fall, wie ich eingangs an dem Beispiel brachte, Herr Ritter. Da schließt sich nämlich der Kreis.
Seit der Wende haben wir die Institutionen des Rechtsstaates und der Demokratie aufgebaut und mit Leben erfüllt. Damit darf es aber nicht getan sein, wir dürfen uns nicht zurücklehnen.
Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung muss täglich aufs Neue verteidigt werden. Dies ist uns nur bedingt gelungen. Nach wie vor schaffen es Mitläufer und Mittäter der alten Diktatur noch in Spitzenpositionen in unserem Land bis ins Landesverfassungsgericht hinein.
Aber auch die rote Gleichheitsideologie insgesamt zieht sich wieder bis in die Staatskanzlei hinein. Man denke nur daran, dass Frau Schwesig versuchte, Einfluss auf die Justiz zu nehmen und eine weibliche Richterin zu ernennen, anstatt des viel höher qualifizierten männlichen Bewerbers.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Das ist Quatsch, was Sie da erzählen!)
Die Altparteien schimpfen auf die Ostdeutschen wegen der Wahlergebnisse im Zusammenhang mit der AfD. Immer mehr Bürger sehen die Fehlentwicklungen und Versäumnisse. Vieles davon kommt ihnen wieder bekannt vor. Deshalb wenden sie sich uns – uns, der AfD – zu. Gehen Sie mit dieser Entwicklung endlich wie echte Demokraten um, meine Damen und Herren! Beschimpfen Sie nicht unsere Wähler, sondern ändern Sie Ihre verfehlte Politik!
Die Bürger hier im Land sehen die vollmundigen Versprechungen aus diesem Hause in den Medien, aber in ihren Jackentaschen haben sie nur leere Geldbörsen.
Frau Ministerpräsidentin sprach davon, dass die CoronaKrise die letzten 30 Jahre überschattet hat. Ich sehe hier eine industrielle Krise, eine Werftenkrise. Wie sieht denn da der Kurs aus? Wie viele Millionen flossen seit der Wende in die Werften?