Protokoll der Sitzung vom 29.06.2022

Das Besteuerungsrecht für die Öl fördernden Staaten haben wir nämlich gar nicht in Deutschland.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Denken Sie einfach mal darüber nach! Es sind nämlich nicht die Raffinerien und die Tankstellenbelieferungen, die hier im Inland die Profite machen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Nein, sind sie nicht, nein, sind sie nicht! Herr Koplin, das ist nachgewiesen.

Und das ist nämlich auch das große Problem, was wir hierbei haben. Sie gehen einfach hinweg, Sie sagen, wir machen einfach, wir besteuern den Übergewinn, Sie schauen gar nicht, wo ist er überhaupt entstanden. Wenn wir überhaupt wüssten, was ein Übergewinn sein soll – eine reine Preisentwicklung ist überhaupt gar kein Indiz für einen Übergewinn.

Und Sie haben auch überhaupt gar keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass Sie verschiedene Branchen über einen Kamm scheren. Sie suchen sich gute Branchen, schlechte Branchen, die einen sollen eine Übergewinnsteuer bezahlen, die anderen eben nicht. Das bricht doch zusammen, das Kartenhaus! Jedes Verfassungsgericht wird sagen, gehen Sie nach Hause mit einem solchen Gesetzentwurf!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Und dann sage ich einfach noch mal, ist denn jetzt der Übergewinn jede oder eben nur eine besondere Abweichung, und wovon überhaupt. Vom Wirtschaftsplan, der vorher aufgestellt wird? Wer soll das berechnen? Die Sachbearbeiterin/der Sachbearbeiter im Finanzamt? Was muten Sie den Menschen eigentlich zu?! Und vor allem noch mal: Die Ölförderkonzerne sitzen nicht in Deutschland, die werden nicht im Finanzamt Wismar oder Schwerin veranlagt. Da frage ich Sie, wie wollen Sie da beigehen?

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Schaut man einfach mal ins Handelsgesetzbuch, da steht nichts von Übergewinn. Schaut man in die Steuergesetze, da steht nichts von Übergewinnen. Schaut man mal in internationale Buchführungsvorschriften, da steht nichts von Übergewinn. Dann sagen Sie doch einfach mal, wie Sie das machen wollen! Wie wollen Sie es vor allem machen, wenn Sie in eine Mischkalkulation gehen?

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie haben ja nicht mal den Willen! – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Was wollen Sie eigentlich, wie wollen Sie, wie wollen Sie eigentlich verhindern, dass es mit Nebenrechnungen und Bilanzkosmetik ein Schönrechnen der Übergewinne gibt?

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie schonen die Riesengewinne, Sie schonen die Reichen!)

Was wollen Sie eigentlich mit einem negativen Übergewinn?

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Vielleicht gibt es auch Untergewinne, vielleicht gibt es auch Anlaufverluste,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Daniel Seiffert, DIE LINKE)

die ausgeglichen werden müssen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Was machen Sie mit Verlustvorschlägen in solchen Unternehmen? Keine Antwort, Hauptsache Übergewinn besteuern! Was wollen wir denn eigentlich miteinander verrechnen, wenn Sie Spartenrechnungen haben? Es gibt viele Konzerne, die sind breit aufgestellt.

Und, meine Damen und Herren, was Sie überhaupt nicht beantwortet haben: Sind denn die ausgeschütteten oder die entnommenen Gewinne oder sind es auch die thesaurierten, die stehen gelassenen Gewinne, die vielleicht wieder reinvestiert werden? Und da kommen wir jetzt nämlich zu dem, was Sie uns sonst immer erklären. Sie wollen ja sozusagen erneuerbare Energien fördern, das wollen wir alle. Aber was glauben Sie wohl, was da entsteht?! In eine Renditeerwartung wird dort investiert. Kommen Sie denen mal jetzt mit einer Übergewinnsteuer! Was glauben Sie, wie schnell die aus dem Land verschwunden sind und woanders erneuerbare Energien erzeugen!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Und es wird auch immer der Eindruck vermittelt, meine Damen und Herren, dass nicht ausreichend besteuert wird. Ich darf mal daran erinnern, dass wir im OECDVergleich schon die höchsten Steuern haben im Unternehmenssteuerbereich. Ja, und auch ein Übergewinn wird mit dieser hohen Steuer belastet. Noch mal: Es wird ja nur nicht, der meiste Gewinn entfällt eben nicht auf die Inlandsbesteuerung.

Und was machen wir eigentlich mit dem verfassungsrechtlichen Halbteilungsgrundsatz? 50 Prozent – so ist es jedenfalls in Deutschland – müssen dort verbleiben, wo das Einkommen erzielt wird. Was machen wir denn damit eigentlich? Heben wir auch einfach auf, oder wie?

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Was genau wollen Sie eigentlich mit einer Abschöpfung erreichen? Auch das ist nicht ganz klar. Eine Steuer ist

nicht gleich Abschöpfung. Abschöpfung heißt im Grunde 100 Prozent Steuer, also eine Gesamtabschöpfung. Ich hoffe, dass Sie nicht solche Gedanken noch hegen, dass Sie noch in eine Enteignungsdebatte wollen.

(Zuruf von Daniel Peters, CDU)

Und wenn ja, auf welcher Grundlage wollen Sie das eigentlich verfassungskonform umsetzen? Und welche Systematik wollen Sie da eigentlich anwenden? Wer soll mit welcher Kompetenz – das sage ich noch mal – die Übergewinne eigentlich berechnen? Wer soll mit welcher Kompetenz die berechneten Übergewinne prüfen? Wer soll mit welcher Kompetenz die Steuer festsetzen? Wer soll mit welcher Kompetenz die Steuer oder den Übergewinn selbst eintreiben? Und egal, wie Sie diese Fragen beantworten, Sie drücken sich um eine ganz entscheidende Frage: Wie wollen Sie eigentlich verhindern, dass ein in welcher Form auch immer abgeschöpfter Übergewinn nicht eingepreist wird? Und das, meine Damen und Herren, da hängen Sie wirklich einer naiven Vorstellung nach, dass Herr Aral und Frau Shell einfach in eine Schatulle greifen und den Übergewinn ausstreuen über das Land. Das wird so nicht stattfinden, meine Damen und Herren. Wir brauchen andere Mittel.

(Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Und was Sie auch vergessen, ist, am Ende belastet es einfach den Verbraucher. Der Fiskus – und das ist nämlich genau Ihre Intention –, der Fiskus lacht sich ins Fäustchen und freut sich über folgende Spirale: Übergewinn wird erzielt, Fiskus schöpft ab, Verbraucher zahlt höheren Preis, höherer Preis inklusive Abschöpfung führt zu höherem Übergewinn, Fiskus schöpft ab, Verbraucher zahlt höheren Preis.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und das können Sie so lange so weitermachen, bis Ihnen schwindelig wird, meine Damen und Herren. Also sagen Sie doch einfach, was Sie wollen! Sie wollen den Staatshaushalt sanieren, Sie wollen Ausgaben, Sie wollen Dinge abfedern, die Sie vorher künstlich hochbringen, indem sich der Staat als Inflationstreiber mit betätigt, und das ist das völlig Falsche in dieser Situation.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, meine Redezeit ist schon fast zu Ende wieder. Die Lösung des Problems,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

die Lösung des Problems gibt es in Deutschland schon sehr lange.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Und da gab es schlaue Vordenker, die seit 1958 eins geschaffen haben im System der sozialen Marktwirtschaft: Das ist das Kartellrecht. Und genau da haben wir aber Probleme, da haben wir Vollzugsdefizite. Ich bin es auch leid, jedes Mal zu Ostern, vor den Osterferien zu hören, dass die Preise angestiegen sind und das Kartellamt prüft. Ich glaube, niemand hat jemals erfahren, was bei diesen Prüfungen überhaupt rausgekommen ist. Da müsste man mal nachfragen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Aber ich sage auch, da müssen wir nachschärfen, da müssen wir tatsächlich etwas machen, da ist die Bundesregierung dabei. Aber bleiben Sie uns weg mit einer Übergewinnsteuer, die Sie selber noch nicht mal definieren können, was ein Übergewinn ist und wie diese Steuer überhaupt festgesetzt werden soll!

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Und, meine Damen und Herren, das ist der richtige Weg, über das Kartellamt zu gehen, denn eins steht fest, Sanktionen und Bußgelder, die können Sie nicht einfach so einpreisen, die können Sie nicht einfach so umwälzen, weil sie ja gar nicht planbar sind.

(Heiterkeit bei Daniel Seiffert, DIE LINKE)

Da brauchen Sie gar nicht aufzulachen! Sie sind gar nicht planbar. Okay, das enttarnt Sie.

(Zuruf von Daniel Seiffert, DIE LINKE)

Sie verstehen davon relativ wenig.

(Heiterkeit bei Daniel Peters, CDU – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Wir brauchen eine starke Wirtschaft, wir brauchen zugleich natürlich einen starken, verlässlichen, durchsetzungsfähigen Rechtsstaat und wir brauchen keine andauernden neuen populistischen Erfindungen,