Protokoll der Sitzung vom 13.03.2002

Deutschland hat das in den letzten Jahren ja massiv getan, nicht erst seit 1998. Wir haben im nationalen Bereich inzwischen einen Instrumentenmix, der alle Bausteine auszuschöpfen versucht. Das beginnt bei rechtlichen Bestimmungen – z. B. das Stromeinspeisungsgesetz und das ErneuerbareEnergien-Gesetz -, umfasst Selbstverpflichtungen der Wirtschaft und reicht über eine Vorreiterfunktion, die der öffentliche Sektor übernimmt, bis hin zu finanziellen Entgeltregelungen, die dazu beitragen, dass CO2-mindernde Strategien an vielen Stellen bevorteilt werden.

Das ist ein, wie ich finde, schlüssiges Gesamtkonzept, das auseinanderzurechnen überhaupt nicht hilft. Wir brauchen nicht „entweder - oder“, sondern wir brauchen die Aktivierung aller Bausteine, die dazu beitragen, das CO2-Minderungsprogramm zu realisieren.

Für diejenigen, die es nicht wissen: Wir reden über 1 000 Millionen t CO2-Ausstoss im Jahre 1990. Das ist der Ausgangspunkt.

(Eppers [CDU]: Das bestreitet auch keiner!)

Der Anspruch ist, diese Menge um 25 % zu reduzieren. Wenn Sie sich das im internationalen Vergleich ansehen, ist festzustellen, dass Deutschland eines der ganz wenigen Länder ist, die auf dem Weg dorthin sind. Viele andere verzeichnen in diesem Bereich eher Zuwachsraten. Das hat damit zu tun, dass das Umweltbewusstsein in Deutschland sehr ausgeprägt ist und die Bereitschaft, hier aktiv zu werden, in den letzten Jahren an vielen Stellen praktisch gegriffen hat.

Im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte stand immer die Stromproduktion. Das ist einerseits zwar verständlich, andererseits aber nur einer der drei notwendigen Bausteine. Wenn Herr Eppers hier

vorträgt, dass die Landesregierung überall die Klassenziele verfehlt hat, dann, so muss ich schon sagen, belustigt mich das ein bisschen, denn ich habe in den letzten Monaten häufig zu hören bekommen, dass Niedersachsen gerade im Bereich der regenerativen Energien nun wirklich an der Spitze steht. Wir sind Weltmeister bei der Windenergie!

(Zuruf von Biallas [CDU])

- Ja, ja. Bei dem Gegenwind, den Sie bekommen, würde ich mich auch zu komischen Bemerkungen hinreißen lassen.

Herr Minister Jüttner, möchten Sie eine Frage des Kollegen Eppers beantworten?

Im Gegensatz zu sonst möchte ich erst einmal zu Ende vortragen.

Wir haben im Jahr 2001 - - - Herr Eppers, Sie werden das nicht wissen; denn das setzt voraus, dass man regelmäßig eine Tageszeitung liest.

(Zurufe von der CDU)

- Das nehme ich zurück, Herr Präsident. Natürlich ist die Salzgitter-Zeitung auch eine Tageszeitung.

Wir haben im Jahr 2001 das Ziel aus dem LandesRaumordnungsprogramm von 1994 überschritten.

(Dinkla [CDU]: Wo?)

- Bei der Windenergie. - Ich versichere Ihnen: Im Jahr 2005 werden wir das Ziel von 1994 verdoppelt haben, nämlich 4 000 MW installierte Leistung.

(Eppers [CDU]: Zahlenakrobatik!)

Windenergie ist CO2-Reduktion. Diese Landesregierung hat 1999 eine Solaroffensive beschlossen. Im nächsten Monat ist übrigens Grundsteinlegung für die Solarfabrik in Hameln. Ich weise nur darauf hin.

(Eppers [CDU]: Und wann haben wir die 50 MW?)

Diese Landesregierung hat in den letzten Jahren die Potenziale des Flächenlandes Niedersachsen, was Biomasse angeht, intensiv genutzt. Ich habe

vor wenigen Wochen zusammen mit Herrn Bartels ein Projekt vorgestellt, das in den nächsten Jahren wirklich eine Bioenergieoffensive beinhaltet, die dazu beiträgt, dass die Strom- und Wärmeproduktion aus Biomasse in Niedersachsen dramatisch gesteigert wird. Wir reden übrigens auch dabei nicht - -

(Eppers [CDU]: Unsere Idee war das!)

- Diese Idee haben Sie erfunden? Sie haben das erfunden? - Großartig!

(Eppers [CDU]: Genau so ist es!)

- Dann bedanke ich mich bei Ihnen, dass Sie so tolle Ideen hatten. Darauf wären wir nie gekommen.

Sie werden zur Kenntnis nehmen, dass wir bis 2008 mindestens 20 % des Stromverbrauchs in Niedersachsen aus regenerativen Energien bereitstellen werden.

(Dinkla [CDU]: Sie nicht mehr!)

- Da werden Sie sich wundern! Sie hätten Veranlassung, sich mal zu bedanken, statt hier so kleinkariert des Weges zu kommen. Das will ich Ihnen einmal sagen.

(Zustimmung bei der SPD)

So viel zum Thema Strom. Da sind wir weiß Gott vorneweg bei einer Ausgangssituation, die kompliziert genug war: Mehr als 60 % Stromproduktion aus den vier niedersächsischen Atomkraftwerken waren der Ausgangspunkt von 1990.

Es geht aber weiter: Genauso notwendig wird es sein, im Bereich der Mobilitätswirtschaft Ziele anzupeilen. Das ist in einem Land, das als Drehscheibe für den internationalen Nord-Süd- und OstWest-Verkehr gilt, nicht einfach. Wir haben natürlich auch Kfz-Bau im Lande. Wir haben Zulieferer im Lande. Da geht es nicht nur um das außerordentlich wichtige Projekt von Frau Dr. Knorre „Vorrang für die Bahn“, sondern es wird auch darum gehen, beim Einsatz von Kraftstoffen, beispielsweise bei der Produktion von neuen Antriebssystemen für Kraftfahrzeuge für den Individualverkehr, dazu beizutragen, dass der Ausstoß von Emissionen dramatisch reduziert wird. Das findet praktisch statt. Wir sind auf dem qualitativen Sprung, dass wir in absehbarer Zeit über so genannten sun fuel reden. Das sind Kraftstoffe, bei

denen die CO2-Emissionen im Idealfall bei null liegen. Auch das wird ein Beitrag sein.

Der dritte Beitrag - da hat Herr Hagenah Recht - ist der Bereich der Bauwirtschaft. Wenn das keine Vorgeschichte hätte, Herr Hagenah, dann wäre alles in Ordnung, was Sie gefordert haben. Sie müssen mir nur einmal erklären, warum die Landesregierung all das machen soll, was die auch von Ihnen mit beeinflusste Bundesregierung in den letzten Jahren schon vorzüglich macht.

(Zustimmung bei der SPD)

Wissen Sie, was das ist? - Das ist das KfW-CO2Gebäudesanierungsprogramm. Das ist ein sehr hilfreiches Projekt. Es ist übrigens mit den UMTSMilliarden um 400 Millionen im Jahr aufgestockt worden. Ich habe hier das KfW-Programm zur CO2-Minderung. Das soll unheimlich gut laufen. Das alles geht auf die Initiative der rot-grünen Bundesregierung zurück – nicht, dass ich das kritisieren will. Ich gebe Ihnen das nachher.

Dann verlangen Sie: Es muss sehr viel Beratung gemacht werden. - Da empfehle ich Ihnen die Richtlinien - ich habe meine Brille nicht auf - über die Förderung der Beratung zur sparsamen und rationellen Energieverwendung in Wohngebäuden vor Ort, das so genannte Vor-Ort-Beratungsprogramm. Donnerwetter, manche mögen es nicht wissen. Diese rot-grüne Bundesregierung ist ja viel besser, als Herr Hagenah immer gedacht hat. Ich war immer stolz auf diese Bundesregierung und war sicher, dass sie das meiste eigenständig geregelt bekommt.

Dann kommen Sie auf die Idee mit dem Energiepass. Das ist ja noch ganz clever. Da können Sie darauf verweisen: Das ist eine alte Verabredung der Landesregierung mit dem Mittelstand, mit dem Handwerk, nämlich von 1998.

(Frau Steiner [GRÜNE]: Ja, und?)

Die Frage ist nur, ob alles, was 1998 sinnvoll war, auch heute noch notwendig ist. Seit der Energieeinsparverordnung vom Februar dieses Jahres hat die Deutsche Energie-Agentur - das ist übrigens ein ganz spannendes Unternehmen - den Auftrag erhalten, einen nationalen Energiepass umzusetzen. Ich empfehle Ihnen die entsprechenden Materialien „Die neue Energiespar-Verordnung umsetzen“. Das ist darin alles festgelegt, meine Damen und Herren.

Ich will Ihnen mal eines sagen: Das ist alles nicht falsch, was in Ihrem Antrag steht. Warum Sie das aufgeschrieben haben, damit wir das umsetzen, können Sie meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ausschuss erklären. Wir sind schon sehr viel weiter, als Sie sich überhaupt vorstellen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Hagenah hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal ist es ganz schön, wenn man als einbringende Fraktion doch noch ein bisschen mehr Redezeit hat, damit man noch ein paar Sachen denjenigen erklären kann, die den Antrag noch nicht richtig gelesen haben.

Herr Minister Jüttner, Herr Schack, dieser Antrag sieht natürlich eine Ergänzung des KfWProgrammes vor. Denn wir sind beim Abrufen des KfW-Programms bundesweit weniger als Mittelmaß. Andere Bundesländer rufen besser ab als Niedersachsen, z. B. Schleswig-Holstein. Woran liegt das wohl? - Weil die in diesem Bereich offensiv werben. Wir haben gerade im Bauausschuss abgefragt, wie das Programm abgerufen wird. Beispielsweise zu dem von Ihnen genannten Beratungsprogramm - 1 700 DM muss man für einen Architekten ausgeben - sagen die Handwerker und sagt das Schornsteinfeger-Handwerk, dass die Schwelle viel zu hoch ist, um in alle Haushalte hineinzukommen. Wissen Sie, wie wenig dieses Programm abgerufen wird? - Erstens kennt es niemand. Das liegt an Ihnen. Dafür kann die Bundesregierung nichts.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das müssen Sie bekannt machen. Auch das KfWProgramm müssen Sie bekannt machen, damit es hier im Land abgerufen wird. Das wird nach dem Windhundprinzip vergeben.

(Biel [SPD]: Schörshusen ist aber an- derer Meinung!)

Das ist eine einmalige Chance für Niedersachsen. Da gibt es keine Quote für unser Land, sondern je mehr wir abrufen, desto mehr wird auch sinnvoll eingesetzt. Das hat übrigens die Anhörung im Bau

ausschuss ergeben. Es wäre gut gewesen, wenn Ihr Haus quergeguckt hätte, was in anderen Ausschüssen läuft. Die Handwerker, selbst die Architekten, die Kammern, alle haben unisono gesagt: Niedersachsen macht nichts im Mittelstandsprogramm. Die haben uns im Jahr 2000 versprochen, ein entsprechendes Aktionsprogramm „Klimaschutz“ zu machen. Aber keiner redet mit uns. Es geht nicht voran. - Dass Sie sich jetzt wieder bis zum August nach zweieinhalb Jahren auf etwas verständigen wollen, zeigt einen ausgesprochenen Langmut mit diesem Thema. In diesen zweieinhalb Jahren hätten Sie schon Milliarden in Niedersachsen in die Bauwirtschaft hineinbringen können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)