Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

(Beifall bei der CDU - Mühe [SPD]: Nein! Das war ein Hörfehler!)

Es geht auch nicht darum, das Land schlechtzureden, was Unsinn ist. Ich empfinde Niedersachsen als meine Heimat, und das ist nicht nur in der Realität so, sondern das empfinde ich auch emotional so, und dazu bekenne ich mich auch. Aber ich habe zur Kenntnis genommen, dass kein einziger Hinweis darauf gegeben worden ist, wie man mit diesen Schulden in Zukunft umgehen will. Es ist ja legitim, dass der Ministerpräsident eine Schulpolitik für die junge Generation betreiben will. Aber dieser jungen Generation bürden Sie mit dieser Politik so viele Schulden auf, dass die nächste und übernächste Generation noch daran zu krebsen haben werden, diese Schulden wieder abzutragen. Das ist doch die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Herr Kollege, das ist doch eine Wort- hülse!)

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum Abschluss. Natürlich weiß ich, was man mit Statistiken machen kann. Darauf will ich mich auch überhaupt nicht einlassen.

(Plaue [SPD]: Sie haben Ihre eigene!)

Ich sage nur Folgendes: 1990 hatten wir - Gott sei es geklagt - 37 Milliarden Schulden. In zwölf Jahren sind daraus 79 geworden. Mit anderen Worten: Keine Partei in Niedersachsen hat mehr Schulden gemacht als die SPD Niedersachsens. Das ist die schlichte unbestreitbare Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn man ein Haushaltsvolumen von 42 Milliarden DM hat und Zinsund Tilgungsleistungen von 5 Milliarden DM aufbringen muss, dann kann man sich doch nicht hier hinstellen und den Versuch unternehmen, die Lage schönzureden. Da muss man hier doch einmal ein paar ernsthafte Worte konzeptioneller Art hören, wie sich die Regierung vorstellt, aus dem Dilemma herauszukommen.

(Möhrmann [SPD]: Das machen wir doch!)

Man kann ja weitermachen. Wir haben die niedrigste Investitionsquote. Das alles ist schon gesagt worden. Wenn Sie einmal nachlesen würden, was damals Gerhard Schröder und andere über den Zusammenhang von Investitionsquoten und Arbeitslosigkeit usw. gesagt haben, dann würden Sie sehr viel bescheidener werden, verehrter Herr Fraktionsvorsitzender Plaue.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Daran müsste man die Haushaltslage messen!)

In Wahrheit besteht da ja auch ein Zusammenhang. Wenn die öffentlichen Hände nicht mehr investieren, ist die Folge Arbeitslosigkeit. Und die haben wir in Niedersachsen. Das ist doch logisch. Oder ist das nicht logisch?

(Beifall bei der CDU)

Deshalb noch einmal: Sie haben die allermeisten Schulden aufgenommen. Keine andere Partei hat jemals mehr Schulden gemacht. Keine Partei hat eine so niedrige Investitionsquote zu verantworten. Keine Partei hat die Kommunen so ruiniert, wie sie ruiniert worden sind,

(Beifall bei der CDU)

im Übrigen, verehrter Herr Plaue, auch mit der Folge, dass die Kommunen nicht mehr investieren können, und mit der weiteren Folge, dass dadurch weiterhin Arbeitslosigkeit entsteht.

(Plaue [SPD]: Damit sind Sie in Bü- ckeburg gescheitert, Herr Kollege!)

Ich persönlich wünsche mir wirklich sehr, dass wir eine Möglichkeit finden, doch noch sachlich ins Gespräch zu kommen.

(Wegner [SPD]: Sie sollten Mitglied im Haushaltsausschuss werden, Herr Kollege Gansäuer!)

Denn wenn es diese Möglichkeit nicht mehr gibt, werden die Dinge auch für Sie - unabhängig vom Wahlausgang; Herr Plaue, das sollten wir vielleicht einmal den Wählern überlassen - nicht einfacher. Diese Dinge überlassen wir dem Wähler. Dann ist die Sache erledigt.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Da sind wir ganz relaxt!)

Ich habe hier eine Statistik von Herrn Eichel. Wie immer man die zu bewerten hat, aber was das Haushaltsdefizit anbelangt, liegt Niedersachsen in dieser Statistik auf dem vorletzten Platz, meine Damen und Herren.

Jetzt noch ein Schmankerl zum Schluss. Wir haben über den Förderzins geredet, und der Ministerpräsident - es war auch nicht anders zu erwarten - hat gemeint, er müsse darauf hinweisen, dass das in einer Zeit entstanden ist, in der andere regiert haben. Ich möchte Sie daran erinnern - im Zweifel können Sie das in den Protokollen nachlesen -: Jedes Jahr zu den Haushaltsplanberatungen - die älteren Kolleginnen und Kollegen werden sich noch daran erinnern - hat Ihre Fraktion beantragt, den Förderzins höher zu setzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn wir dem zugestimmt hätten, hätte die Rückzahlung heute nicht 2,4 Milliarden, sondern 3 oder 3,5 Milliarden betragen. Das ist die Situation!

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD - Zuruf von Plaue [SPD])

- Herr Plaue, wir sind den Bürgern sachliche Arbeit schuldig.

(Schurreit [SPD]: Das finden wir auch!)

Wir müssen ihnen sagen, wie wir dort herauskommen. Sie, meine Damen und Herren, sind es sich selber schuldig, dass Sie sich an den Maßstäben messen lassen, die Sie sich selbst gesetzt haben. In den letzten zwölf Jahren haben Sie alles gemacht, Sie haben sich nur nicht an die eigenen Maßstäbe gehalten. Das ist die Wahrheit!

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Sie müssen die Alternative auf den Tisch legen, Herr Kollege!)

Das Wort hat Herr Minister Aller.

(Zuruf von der CDU: Was nützt das Reden, wenn man nichts zu sagen hat! - Weitere Zurufe von der CDU: Er hat keine Redezeit mehr!)

Der Minister kann jederzeit reden, noch jedenfalls. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte wirklich gute Hoffnung, als Herr Gansäuer mit dem Hinweis auf die Haushaltsstrukturkommission der CDU vor vielen Jahren begonnen hatte, in der er ernsthaft versucht hat, die CDU-Mehrheit davon zu überzeugen, dass man sparen müsse. Er ist aber leider gescheitert.

(Widerspruch bei der CDU)

Was ihn im Augenblick umtreibt, ist ja klar: Er war verantwortlicher Politiker in der Zeit, als die CDU 8,5 Milliarden Förderzins einkassiert hat und trotzdem, Kollege Gansäuer, den Schuldenberg aufgebaut hat, den Sie selber zitiert haben. Dabei wird das Problem deutlich. Sie sind ein Spezialist der Zitate und der herbeigezogenen Unterlagen. Bisweilen finden wir auch etwas. Herr Wulff hat sich über das so genannte Stückelungsproblem einer Last ausgelassen, die in zehn Jahren gewachsen ist und die man über mehrere Jahre hinweg abarbeiten kann.

Im Haushaltsgesetz von 1976, das von Herrn Albrecht und Herr Kiep unterschrieben worden ist,

(Zuruf von der CDU: Gucken Sie mal nach Köln!)

wird unter § 16 ausgeführt - ich lasse die Paragrafen weg -, dass die Bestimmung mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Abdeckung der Hälfte des rechnungsmäßigen Fehlbetrages des Haushaltsjahres 1974 - in dem hat noch die SPD regiert, aber der Haushalt ist vom Jahr 1976, in dem die CDU regiert hat - um ein Jahr hinausgeschoben wird. Das war die Stückelung eines relativ kleinen Betrages von 179 Millionen DM. Was damals ging, geht heute aus der Sicht der CDU nicht mehr. Das nehme ich gerne hin.

Herr Wulff, Sie haben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass es diese Landesregierung versäumt habe, sich rechtzeitig mit den anderen Bundesländern und der Opposition in diesem Hause kurzzuschließen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: So ist es!)

Ich sage Ihnen, wo in den Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Bundesländer die richtigen Probleme gelegen haben: Das erste Problem war, dass sie alle wussten, dass Niedersachsen über Jahre hinweg 8,5 Milliarden Förderzins einkassiert hat, ohne zu teilen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Darauf haben sie nie hingewiesen!)

- Sie waren doch bei den Gesprächen gar nicht dabei. - Wir haben mit gutachterlicher Unterstützung durch Herrn Wieland sehr konsequent und präzise herausarbeiten lassen, dass das Kassenprinzip der richtige Rechtsgrundsatz sei, wonach zu verfahren sei.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Den hat kein Mensch außer Ihnen vertreten, kein Sozialdemokrat in Deutschland!)

Zu diesem Rechtsgrundsatz hat sich Ihre Fraktion in den letzten Monaten an keiner Stelle positiv geäußert. Im Gegenteil: Diesen Rechtsgrundsatz, den ich bis in die letzte Abstimmung 15 : 1 vertreten habe, haben Sie vorher mit der einen Fraktion unterlaufen, die gesagt hat: Ihr hättet die Segel schon viel früher streichen müssen. Dann hätten wir viel früher zahlen müssen. - Die andere hat gesagt: Wir haben eine viel bessere Idee. Wir machen da weiter, wo Albrecht vor dem Bundesverfassungsgericht durch ein Urteil gestoppt worden ist. Das heißt, wir geben den anderen Ländern nichts aus der Förderabgabe, obwohl sie einen Anspruch haben.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist so billig!)

Wir haben in 2001 800 Millionen an Förderabgabe in den Länderfinanzausgleich gestellt, weil das inzwischen durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt war. Als wir uns auf den Rechtsgrundsatz Kassenprinzip bezogen haben, haben wir im Haushaltsausschuss, dem auch CDU-Mitglieder angehören, deutlich vorgetragen, wo die Rechtsgrundlage liegt. Ende letzten Jahres

ist dieser Grundsatz im Ausschuss für Maßstäbe und Länderfinanzausgleich von der Bundesregierung bestätigt worden. Das heißt, wir haben eine Rechtsposition. Wenn ich mich auf das berufe, was ich von der Opposition gelernt habe, wenn es um Gerichtsverhandlungen geht, kann ich nur sagen: Herr Golibrzuch hat schon vorher erklärt, dass es - selbst wenn ich eine Revisionschance habe - keinen Sinn macht, vor Gericht zu ziehen, weil er der bessere Jurist und ein besserer Ratgeber als Professor Wieland ist.

(Möllring [CDU]: Warum haben Sie denn die Vermerke aus Ihren Akten herausgenommen?)

Ich bestätige Ihnen ausdrücklich, dass Herr Professor Wieland dieses Land - zusammen mit elf weiteren Ländern - beim Länderfinanzausgleich gegen die südlichen Länder vertreten hat, und wir haben vor dem Bundesverfassungsgericht obsiegt, ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht. In 2005 verfügen wir über 300 Millionen mehr.

(Beifall bei der SPD)