Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

(Beifall)

Wenn er hier über diese Gutachten redet - nehmen wir nur einmal das Gutachten des DIW, das angeblich ausweist, dass Niedersachsen angeblich eine so fantastische finanzielle Bilanz hätte -, dann will ich gern auch noch etwas zu den Kriterien dieses Gutachtens sagen. Mit das wichtigste Kriterium waren die Ausgaben im niedersächsischen Landeshaushalt pro Kopf der niedersächsischen Bevölkerung. Hier ist Niedersachsen ganz niedrig angesetzt worden. Das aber ist doch kein finanzpolitisches Kriterium. Das sagt doch nichts anderes aus, als dass wir es hier mit einem Musterbeispiel öffentlicher Armut zu tun haben. Es gibt nicht mehr genug Geld, um die Leistungen in Niedersachsen zu befriedigen.

Wie ist es tatsächlich um den niedersächsischen Landeshaushalt bestellt? Wenn man die Finanzdaten ernsthaft bewerten will, dann kann man dies am Beispiel dieses sinnvollen Vorschlags aus der Arbeitsgruppe Personalkostenreduzierung belegen. Bund und Länder sollen ihr Kreditmanagement in Zukunft zusammenfassen und die Schuldenanleihen gemeinsam tätigen. Hierzu ist vom Bund eine Untersuchung durchgeführt worden. Außerdem haben Wirtschaftsprüfer hierzu ein Gutachten erstellt. Dabei ist festgestellt worden, dass der Bund angesichts dieses Vorschlags Gefahr liefe, seine hohe Bonität zu verlieren, weil es zwei Bundesländer gibt - nämlich die rot regierten Bundesländer Berlin und Niedersachsen -, die das gesamtstaatli

che Defizit so weit herunterziehen, dass der Bund seine Besteinstufung bei der Bonität verlieren würde. Das ist ein viel deutlicherer Hinweis darauf, wie es um die niedersächsische Finanzpolitik bestellt ist.

Meine Damen und Herren, weil immer wieder der Eindruck zu erwecken versucht wird, als wären in den 80er-Jahren sämtliche Einnahmen aus dem Förderzins verprasst worden und als wäre die Verschuldung gleichzeitig erhöht worden, will ich Ihnen einmal Folgendes sagen. Zur historischen Wahrheit gehört auch - Herr Meinhold, seinerzeit waren Sie noch nicht hier; Sie können es aber nachlesen -, dass in Niedersachsen aus den Einnahmen aus dem Förderzins der Wirtschaftsförderfonds begründet worden ist. Das war damals so. Hätte die SPD-Alleinregierung in den letzten neun Jahren das Vermögen dieses Fonds nicht um mehrere hundert Millionen Euro abgeschmolzen, wären Sie heute möglicherweise sogar in der Lage, den Kompromissvorschlag des Bundes zu finanzieren. Sie aber haben dieses Fondsvermögen geplündert. Sie haben es zur Haushaltskonsolidierung eingesetzt. Die Förderzinseinnahmen, die in der Substanz dieses Fonds steckten, haben Sie auch zur Deckung Ihrer Haushalte eingesetzt.

(Möllring [CDU]: Hört, hört! - Rolfes [CDU]: Das müssen Sie denen einmal aufschreiben; denn sonst vergessen die das wieder!)

- Ja, das geht den Nacken runter. Das wollen die natürlich auch nicht gern wissen.

Nun noch ein weiterer Punkt: Wenn sich der Ministerpräsident hier hinstellt und sagt, die niedersächsische Position werde durch den EichelVorschlag strategisch verbessert, und man behält seine Klageoption, dann klingt das so wichtig. Mit der Realität hat das aber nichts zu tun. Tatsächlich muss man sich jetzt dazu verhalten. Man muss sich jetzt politisch entscheiden, ob man auf der Grundlage dieses Eichel-Kompromisses eine Verständigung mit den anderen Bundesländern anstreben will oder nicht. Man kann jetzt nicht über eine solche Einigung verhandeln, dann aber im November völlig überraschend eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anstrengen. Er strebt diese Einigung ja auch mit den anderen Ländern an.

Wenn man das macht, muss man aber auch sagen, wie man das Ganze finanzieren will. Dazu hat er eben jedoch nichts gesagt. Deshalb ist das auch

keine seriöse Rückzugslinie. Er hat diesen Nachtragshaushalt bislang immer nur sehr verschwommen präsentiert. Er sagt, ein Nachtragshaushalt sei erst auf der Basis der November-Steuerschätzung möglich. Das ist so aber nicht richtig; denn aufgrund der schon heute feststehenden Einnahmeausfälle, die nichts mit BEB und Förderzins zu tun haben, kann festgestellt werden, dass der Haushalt 2003 eine Unterdeckung in Höhe von mindestens 300 Millionen Euro aufweist. Selbstverständlich wäre eine Landesregierung seriöserweise verpflichtet, eine solche Unterdeckung schon heute abzudecken und dafür entsprechende Finanzierungsvorschläge vorzulegen und dürfte nicht auf die November-Steuerschätzung warten.

Sie betreiben hier aber kalkulierten Wahlbetrug. Sie versuchen, den Leuten einzureden, man könnte die BEB-Last schultern. Der Ministerpräsident selbst sagte: Es gehe alles so weiter. Die Lehrerinnen und Lehrer würden eingestellt. Im Sozialhaushalt werde nicht gespart. Alles werde so weitergehen, und nichts werde verändert. - Das aber ist eine ganz und gar unseriöse Behauptung. Es wird sich alles verändern. Sie lassen den Haushalt in dem Bewusstsein, dass er in Einnahme- und Ausgabeansätzen nicht gedeckt ist, trotzdem weiter laufen. Sie nehmen nach den nächsten Sommerferien große Einstellungsrunden vor. Sie wissen ganz genau: Sie nehmen einen Stellenkredit auf die künftigen Haushaltsjahre auf.

Ich werde Ihnen jetzt sagen, was nach den Wahlen passieren wird. Sie werden in den künftigen Haushaltsrunden sagen: Es ist alles viel schlimmer, als wir es absehen konnten. - Sie als SPD werden gezwungen sein - oder wer auch immer dann hier regiert -, dann, wenn Lehrerinnen- und Lehrerstellen frei werden, all die zuvor zusätzlich besetzten Stellen wieder zurückzuholen. Sie sind zu feige, dies vor der Wahl zu sagen. Deshalb drucksen Sie hier so herum. Sie wollen nur Eckpunkte eines Nachtrags präsentieren und weigern sich, dem berechtigten Wunsch der Opposition zu folgen, hier einen konkreten Nachtragshaushalt vorzulegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt. - Wir kommen jetzt zur Überweisung des vorliegenden

Antrags in Drucksache 3194 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist dann so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, erhält der Kollege Wiesensee nach § 76 der Geschäftsordnung das Wort für eine persönliche Bemerkung. Bitte sehr!

(Zurufe von der CDU: Wo ist denn Aller? - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Möllring [CDU]: Wo ist denn Aller? - Gegenruf von Adam [SPD]: Er ist da! Keine Panik, Herr Möllring!)

Herr Minister Aller, Sie haben mich völlig falsch zitiert. Ich möchte das zurückweisen.

(Möllring [CDU]: Es war alles falsch, was er gesagt hat!) ‘ Ich habe zu dem Jubelantrag der SPD, die ihre Politik in ein besonders glorreiches Licht rücken wollte, etliche Fragen aufgeworfen. Ich habe gefragt, ob die Dinge, die Sie den Beamten bisher angetan haben, wieder zurückgenommen werden sollen, um die Motivation der Beamten zu erhöhen. Es ist etwas ganz anderes, als - wie Sie es dargestellt haben - die Forderung zu erheben, dies oder jenes zu tun. Ich habe nur gefragt, (Dr. Domröse [SPD]: Er hat nur so gefragt! - Wegner [SPD]: Das war nicht anders zu verstehen! - Mühe [SPD]: Es war nur so eine Frage, nicht wahr?)

ob dieser Antrag, der von der Mehrheitsfraktion gestellt wird, ehrlich gemeint ist und ob damit alle diese Dinge - die 40-Stunden-Woche, die Stelleneinsparungen - rückgängig gemacht werden sollen. Das ist eine Frage zu dem Antrag. Die Antragsteller müssen doch sagen, was sie mit dem Antrag bewirken wollen. Sie wollen es doch so darstellen, als wenn das alles in den Finanzämtern bestens geregelt ist. Das ist aber nicht der Fall.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Wiesensee, das geht jetzt zu weit.

(Heiterkeit)

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Ernährungsbildung als Bestandteil schulischer Gesundheitsförderung - Herausforderung annehmen, Defizite beseitigen, Gesamtkonzept entwickeln - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3196

Der Antrag der CDU-Fraktion wird vom Kollegen Kethorn begründet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade eine sehr hitzige, lebendige Debatte erlebt. Nun wollen wir uns einem anderen Thema widmen, das möglicherweise die Gemüter nicht so sehr erhitzt: dem Thema Ernährung. Aber für uns ist auch klar: Wenn es keine Ernährung gäbe, könnten wir uns auch nicht so fetzen, wie wir es gerade getan haben.

Meine Damen und Herren, angesichts der Tatsache, dass es schon so spät ist,

(Möhrmann [SPD]: Das hört sich gut an!)

- das hört sich gut an -, will ich auf meinen Redebeitrag verzichten. Wir können den Antrag direkt in den Ausschuss überweisen und uns dort mit ihm auseinander setzen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Kethorn, Sie hatten Glück, dass Sie nicht noch mehr gesagt haben. Sonst hätten wir uns schon in der Beratung befunden.

(Heiterkeit)

Wer so, wie der Kollege Kethorn vorgeschlagen hat, verfahren will und den Antrag direkt zur feder

führenden Beratung und Berichterstattung an den Kultusausschuss und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Sozial- und Gesundheitswesen und Verbraucherschutz überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung: Keine Überregulierung im Waffenrecht Rot-grüner Gesetzentwurf führt zu bürokratischen Hemmnissen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3197

Dieser Antrag der CDU-Fraktion wird durch den Kollegen McAllister begründet. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch nach der recht langen und kontroversen Diskussion zu einem sehr wichtigen Thema meine ich, dass das Thema Waffenrecht nicht direkt in den Ausschuss überwiesen werden kann und darf, weil demnächst die abschließende Entscheidung im Bundesrat ansteht und es wichtig ist, dass die Landesregierung darüber informiert ist, wie das hohe Haus - zumindest in der ersten Beratung unseres Antrages - hierzu denkt.

Zurzeit ist ja die Jahreszeit der Schützenversammlungen, der Versammlungen der Vereine, der Bezirksverbände, der Landesverbände. Es finden die Kreisjägertage statt. Dies sind normalerweise recht unpolitische Veranstaltungen.

(Wernstedt [SPD]: Das glauben aber nur Sie!)

In diesem Jahr ist jedoch alles ganz anders. Ich glaube, alle Abgeordneten - zumindest die von CDU und SPD, die regelmäßig diese Veranstaltungen besuchen - wissen, dass erhebliche Unruhe im Lande herrscht. Zu dieser erheblichen Unruhe im Lande hat der nach wie vor unverändert vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts geführt.

Nach zahlreichen Gesprächen, die viele Abgeordnete zumindest der CDU-Fraktion geführt haben, ist für uns eines ganz eindeutig, Herr Innenminis

ter: Niedersachsen darf dem Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat nicht zustimmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dass das Waffenrecht änderungsbedürftig ist, dürfte unumstritten sein. Zurzeit besteht das Waffenrecht aus dem Waffengesetz, sechs Durchführungsverordnungen und etlichen Verwaltungsvorschriften. Es ist kompliziert, unübersichtlich und schwer verständlich formuliert. Unsere Kritik richtet sich nicht gegen den generellen Ansatz, das Waffenrecht zu reformieren. Auch die Bundesregierung trat ja mit dem an und für sich lobenswerten Ziel an - ich zitiere wörtlich aus der Koalitionsvereinbarung -, „Transparenz und Verständlichkeit im Waffenrecht zu erhöhen“. Ziel war außerdem, sinnlosen Verwaltungsaufwand und damit unnötige finanzielle Belastungen für den Steuerzahler zu vermeiden. Leider - ich betone: leider - wird dieser Gesetzentwurf dem Ansinnen der rot-grünen Bundesregierung überhaupt nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will zunächst auf die formellen Rahmenbedingungen des Gesetzentwurfs eingehen. Die Bürokraten in Berlin haben wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Die Bundestagsdrucksache 14/7758 hat 91 Seiten mit Erläuterungen, eng bedruckt.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: 140!)