Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

Erstens. Das Programm ist offensichtlich wirklich auf die tatsächlichen Bedürfnisse des ländlichen Raumes zugeschnitten. Das - auch im Vergleich zu anderen Länderprogrammen - breite Spektrum der Förderangebote, das wir hier anbieten, trifft die Nachfrage vor Ort.

Zweitens. Die intensive und hervorragende Zusammenarbeit mit den Kommunen und die hohe Investitionsbereitschaft dort haben für einen zügigen Abfluss der Mittel gesorgt. Vor allem im ersten Programmjahr wäre die Ausnutzung des für Niedersachsen zur Verfügung stehenden Plafonds ohne schnellste Investitionsbeschlüsse auf kommunaler Ebene überhaupt nicht möglich gewesen.

Ich weiß natürlich - und das wird hier sicherlich gleich kritisiert werden -, dass der Stand der Mittelverausgabung für sich allein natürlich noch kein hinreichendes Zeichen für den Erfolg eines Programms ist. Von zentraler Bedeutung ist vielmehr, dass die Maßnahmen, für die wir das Geld bereitgestellt haben, die von uns gewünschten Effekte ausgelöst haben und die Entwicklung der ländlichen Räume vorangebracht haben.

Natürlich kann die Landesregierung hierzu nach Ablauf von zwei Jahren nur vorläufige, zum Teil kalkulatorische Ergebnisse und Analysen präsentieren. Dennoch, meine Damen und Herren, lässt sich heute schon sagen, dass in den vergangenen beiden Jahren im Rahmen des PROLAND-Programms in den ländlichen Räumen Niedersachsens ein regelrechter Investitionsschub ausgelöst worden ist. Ich will nur wenige Zahlen nennen - Sie kennen viele andere Zahlen, die ich schon an anderer Stelle ausgeführt habe -: Allein im Bereich der Agrarinvestitionsförderung haben wir in den vergangenen zwei Jahren 1 600 Vorhaben auf den Weg bringen und fördern können.

(Beifall bei der SPD)

Im Bereich der Verbesserung der Verarbeitungsund Vermarktungsstrukturen haben wir insgesamt 44 Projekte auf den Weg gebracht. Ich könnte Ihnen die Namen der Unternehmen aus der Ernährungswirtschaft nennen

(Oestmann [CDU]: Das wollen wir auch hoffen! - Heiterkeit)

- ja -, die in diesem Zusammenhang in dem Sinne gefördert worden sind, dass sie für die Herausforderungen in den Märkten fit gemacht worden sind. Wenn ich alles zusammenrechne, komme ich auf ein Investitionsvolumen von 530 Millionen Euro, das im Interesse der Einzelbetriebe und Unternehmen in den ländlichen Raum geflossen ist.

(Beifall bei der SPD)

Diese Investitionen werden die internationale Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Agrarwirtschaft nachhaltig stärken und dazu beitragen, dass Niedersachsen auch weiterhin das Agrarland Nummer eins in Deutschland bleiben wird.

Auch der ökologische Landbau hat, nicht zuletzt Dank der verbesserten Förderung im Rahmen von PROLAND, in den vergangenen beiden Jahren einen gewaltigen Schub nach vorn zu verzeichnen.

1959 hatten wir 576 Betriebe, im Jahre 2001 haben wir 859. Gleichzeitig konnten bisher im Rahmen der grundwasserschonenden Flächenbewirtschaftung Verträge in Höhe von 9 Millionen Euro abgeschlossen werden.

Neben diese sektoralen Anstrengungen treten - nicht minder wichtig, meine Damen und Herren die Anstrengungen zur Verbesserung der ländlichen Infrastruktur sowie zum Erhalt des traditionellen Kulturerbes und zum Ausbau moderner Dienstleistungsstrukturen im ländlichen Raum. Lassen Sie sich auch die folgende Zahl noch einmal vor Augen führen: 2 679 einzelne Projekte konnten in den ersten beiden Jahren im Rahmen von PROLAND in der Fläche gefördert werden.

(Beifall bei der SPD)

Gegenüber den durchschnittlichen Ansätzen der zurückliegenden Jahre konnte damit etwa das 2,5fache Fördervolumen zur Verfügung gestellt werden.

Meine Damen und Herren, das PROLAND-Programm hat einen Investitionsschub ausgelöst und damit natürlich auch einen Beschäftigungseffekt im ländlichen Raum erzielt. Die Beschäftigungswirkung wird zu etwa 7 000 Personenjahren im Bereich der gewerblichen Wirtschaft sowie zu mehr als 4 000 im Sektor selbst führen. Hinzu kommen Sekundäreffekte, etwa durch Multiplikatorwirkungen, die heute noch nicht abgeschätzt werden können.

Vor diesem Hintergrund wird die Landesregierung an der „Investitionslastigkeit“ des Programms PROLAND weiterhin festhalten. Ich sehe jedenfalls angesichts der erfolgreichen Startphase des Programms derzeit keinen Anlass, von diesem grundsätzlichen strategischen Ansatz abzuweichen.

Gleichwohl kann es natürlich in der Zukunft zu Veränderungen, aber auch zu Verschiebungen zwischen den einzelnen Schwerpunkten und Maßnahmen kommen. Dies wird aber im Wesentlichen von den Ergebnissen der für das Jahr 2003 vorgeschriebenen Zwischenevaluierung des Programms sowie von der Änderung der Rahmenbedingungen in einzelnen Programmteilen abhängig sein. Ich nenne nur die Stichworte „Möglichkeiten und Grenzen des zukünftigen Einsatzes von Modulationsmitteln“, „Natura 2000“ oder die Wasserrahmenrichtlinie, die wir natürlich auch mit PROLAND umzusetzen gedenken. Selbstverständlich werden wir auch auf mögliche Änderungen der

Präferenzen vor Ort flexibel reagieren, etwa wenn es um die Verstärkung der Ansätze zur Förderung von Einkommensalternativen im ländlichen Raum geht.

Ich wünsche mir allerdings - und wir werden weiterhin auf allen Ebenen dafür kämpfen -, dass wir den aus EU-Regelungen herrührenden bürokratischen Aufwand, der sich bedauerlicherweise mit einzelnen dieser Maßnahmen verbindet, in Zukunft signifikant verringern können.

Meine Damen und Damen und Herren, im Rahmen des PROLAND-Programms ist in den ersten beiden Jahren bereits viel erreicht worden.

(Beifall bei der SPD)

Viel Arbeit liegt noch vor uns, um die ökologischen, die ökonomischen und die sozialen Verhältnisse in den ländlichen Räumen weiter zu verbessern. Das Programm PROLAND wird dabei die entscheidenden Impulse geben. Ich bin froh, dass wir dieses PROLAND-Programm haben, und sehe, dass die Menschen in der Fläche ebenso denken. Ich weiß, dass auch Ihre Parteifreunde und Sie nicht minder unglücklich darüber sind, dass es ein solches Programm für den ländlichen Raum gibt. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Kollege Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Kleine mündliche Anfragen, es gibt Kleine Anfragen zur schriftlichen Beantwortung, es gibt Große Anfragen. Seit dem letzten Plenum wissen wir, dass es „Kleine mündliche Jubelanfragen“ gibt; der Justizminister ist jetzt leider nicht da. Und inzwischen gibt es nun auch „Große Jubelanfragen“. Die stehen zwar nicht in der Geschäftsordnung. Aber dass sie existent sind, beweist das Papier, das wir heute hier besprechen sollen.

Das PROLAND-Programm läuft von 2000 bis 2006. 2003 war ohnehin eine Zwischenbilanz vorgesehen. Das Problem war aber offensichtlich, dass das für die kommenden Wahlen viel zu spät ist. Deshalb dürfen wir schon heute lesen, wie gut und bedarfsgerecht die Landesregierung alles geplant, berechnet, gesteuert, verändert und umgesetzt hat.

(Beifall bei der SPD)

Um unsere Einschätzung vorwegzunehmen, meine Damen und Herren: Das Ganze ist eine unvollständige und geschönte Bilanz. Geschönte Bilanzen - das wissen wir - sind zumindest auf Dauer nicht geeignet, um den Wert eines Unternehmens zu erhalten.

(Widerspruch bei der SPD)

Das gilt auch für eine Landesregierung. Damit kein falscher Eindruck entsteht: PROLAND ist ein in weiten Teilen gutes und sinnvolles Instrument.

(Zuruf von der SPD: Das finde ich aber auch!)

Es gibt vieles, das unsere Zustimmung findet, besonders die Förderung des Ökolandbaus, die Förderung artgerechter Tierhaltung, die Verbesserung der Vermarktungsbedingungen. All das wird von uns befürwortet. Ich kann auch gut verstehen, dass PROLAND das Lieblingskind des Landwirtschaftsministers ist und dass er sicherlich von seinen Kabinettskollegen darum beneidet wird. Immerhin hat es ihm und seinen Mitarbeitern in den vergangenen zwei Jahren 2 679 Mal ein Glückgefühl vermittelt. Ich meine das Glücksgefühl des Onkels, der, weil er etwas mitbringt, beliebter ist als die Tante, die Klavier spielt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aber dabei gilt: Auch fremde Federn können schmücken. Darauf muss man einmal hinweisen. Es handelt sich beim geringsten Teil der guten Taten um Landesmittel.

(Kethorn [CDU]: So ist es!)

Die EU und der Bund sind hier die Hauptsponsoren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein reines Landesprogramm von Bedeutung gibt es längst nicht mehr. Das hat natürlich auch Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten auf Landesebene. Denn auch inhaltlich gilt: Es gibt einen Rahmen der Bund-Länder-Beschlüsse im so genannten PLANAK. Dieser gibt die entsprechenden Vorgaben dazu. Ich betone und füge hinzu, dass es in diesem PLANAK starke Impulse aus dem Haus Künast im Zuge der Neuorientierung der Landwirtschaftspolitik gibt. Das wird an den inzwischen vorgenommenen und von uns begrüßten Verände

rungen in der einzelbetrieblichen Förderung besonders deutlich. Die Berücksichtigung einer Obergrenze von zwei Großvieheinheiten pro Hektar, der Ausschluss nicht artgerechter Stallbausysteme, die besondere Förderung besonders artgerecht ausgeführter Systeme, aber auch die Herabsetzung der Mindestinvestitionssumme - damit auch kleine Projekte in kleineren Betrieben gefördert werden können - ist im PLANAK vorgegeben worden.

Ich möchte noch auf einige Einzelaspekte eingehen. Die Landesregierung weist auf die besondere Nachfrage der Kommunen beim touristischen Radwegebau hin. Ich meine, dass wir uns darüber nicht wundern müssen. Seit das Land die reguläre Förderung des Radwegebaus auf Eis gelegt hat, versuchen die Gemeinden verzweifelt, ihre Projekte auf die PROLAND-Voraussetzungen umzustricken und daraus touristische und Themenradwege zu machen.

(Schurreit [SPD]: Das stimmt doch nicht! Das ist doch Unsinn! - Weitere Zurufe von der SPD)

Hier wurden originäre Landesaufgaben - meine Damen und Herren, ob Sie es nun hören wollen oder nicht - in die Gemeinschaftsaufgabe verschoben.

Ich habe vor längerer Zeit vorgeschlagen, das Programm PROLAND in PROWEG umzutaufen. Da von insgesamt 330 Millionen DM - wie wir jetzt erfahren haben -, die verausgabt wurden, 144 Millionen - also knapp die Hälfte - in den landwirtschaftlichen Wegebau geflossen sind, war das nicht ganz abwegig.

Die Förderung des ländlichen Raumes verfolgt das Ziel, ökonomische Leistungsfähigkeit so zu entwickeln, dass die Strukturen dauerhaft stabil und selbsterhaltend werden. Das heißt, der ländliche Raum soll aus eigener Kraft existenzfähig sein. Ob der landwirtschaftliche Wegebau dazu im gleichen Maße beitragen wird, wie er beim Gesamtfördervolumen beteiligt war, ist sicherlich zu bezweifeln. Im Gegenteil: Ein Großteil der Wege, die jetzt gebaut wurden, werden 2006 wahrscheinlich wieder kaputtgefahren sein und neuen Finanzbedarf erfordern.

(Schurreit [SPD]: Das ist doch Un- sinn! - Weitere Zurufe von der SPD)

Dieser Bereich muss im weiteren Programmverlauf zugunsten rentierlicher Investitionen, meine Her

ren, äußerst restriktiv gehandhabt werden. Ich hoffe, dass wir uns da einig sind.

Meine Kritik ist auch, dass die Bilanz - wie die Fragestellung, daran liegt es natürlich - reichlich oberflächlich ausgefallen ist. Das reicht zum Jubeln, aber als Grundlage für eine Bewertungs- und Perspektivendiskussion ist das zu dünn. Nehmen wir z. B. das AFP: Es wäre interessant zu wissen, in welche Regionen das Geld geflossen ist, um die Frage zu beantworten: Dient die Förderung eigentlich noch der Erhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft in Niedersachsen, oder wird bereits mit Steuergeldern eine Ausdifferenzierung in Boom- und Hinterhofregionen unterstützt und finanziert?

(Glocke des Präsidenten)

Interessant ist auch die Frage, welche Einkommenssegmente gefördert wurden, ob das Geld also an die schwachen, mittleren oder starken Betriebe gegangen ist. Hat damit die Förderung bewirkt, dass zumindest die mittleren bäuerlichen Betriebe stabilisiert wurden und Strukturen schaffen konnten, um längerfristig in der Produktion und am Markt zu bleiben und damit letzten Endes auch die Siedlungsstruktur und die Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu sichern, oder ging das Geld lediglich an die Spitzenbetriebe und ist dort als Mitnahmeeffekt verpufft? Oder was noch schlimmer wäre: Hat es sogar geholfen, den Strukturwandel durch Verdrängung zu verschärfen? - Es gibt keine Qualitätsaussagen zu den beiden größten Ausgabenbrocken - Dorferneuerung und Flurbereinigung -, obwohl seit längerer Zeit diskutiert wird, ob schöne Dorfplätze wirklich das Optimum für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik sind.