Hans-Jürgen Klein
Sitzungen
14/42
14/43
14/44
14/45
14/46
14/47
14/49
14/50
14/51
14/52
14/53
14/56
14/58
14/59
14/60
14/61
14/62
14/63
14/64
14/65
14/66
14/67
14/68
14/71
14/72
14/73
14/74
14/76
14/77
14/78
14/79
14/80
14/81
14/83
14/84
14/86
14/87
14/88
14/89
14/92
14/93
14/94
14/95
14/96
14/98
14/99
14/100
14/101
14/102
14/103
14/104
14/106
14/107
14/108
14/109
14/110
14/112
14/113
14/115
14/116
14/121
14/122
14/123
14/124
14/125
14/127
14/128
Letzte Beiträge
Herr Minister, könnten Sie sich vorstellen, dass die Landesregierung eine Initiative zur Änderung des Waffengesetzes ergreift, um diese Ausnahmen endgültig unmöglich zu machen, wenn sich herausstellen sollte, dass die Gemeinden Ihre begrüßenswerte Empfehlung, keine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, nicht beachten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In unserem Staatsaufbau sind die Kommunen Teil der Länder. Den Ländern obliegt die Aufsicht sowie die Fürsorgepflicht für ihre Gemeinden, Kreise und Städte. Kommunalpolitik ist Länderzuständigkeit. Sie werden fragen: Warum erzählt er uns das? Das wissen wir doch alle. - Nur, wenn das auch die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion wissen, dann frage ich Sie: Wie ist solch eine Beschlussempfehlung möglich, wie wir sie heute zur Entscheidung vorliegen haben? - Es geht um die Katastrophe der Gemeindefinanzen - ein Drama, in dem Landtag und Landesregierung eine Hauptrolle spielen müssten. Dieser Änderungsantrag der SPDFraktion macht Sie aber zu Statisten.
Nicht nur das, meine Damen und Herren: Es macht Landtag und Landesregierung zu unbeteiligten Zuschauern. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.
Wir lesen: Das Thema sei deutlich zu komplex, nicht auf Niedersachsen beschränkt. Daher sieht man keinen eigenen Handlungsbedarf und kommt zu dem Schluss: Der Bund soll es richten. Immerhin habe man in die Bundeskommission zur Gemeindefinanzreform den eigenen Finanzminister geschickt. Aber nicht nur das: Man ist - so steht es hier - auch bereit zu teilen, und zwar die Sorgen der Kommunen. Das ist zwar nett, aber dafür können sich die Kommunen nun wirklich nichts kaufen.
Es geht nicht um das Teilen von Sorgen - diese können die Gemeinden notfalls noch selbst tragen -, sondern es geht um eine gerechte Lastenteilung in Niedersachsen. Das sind die Hausaufgaben des Landes. Die Daten der letzten Steuerschätzung haben noch einmal bestätigt, dass die Verteilungssymmetrie zulasten der Kommunen gestört ist. Die Landesregierung muss diese Schieflage ermitteln und den Finanzausgleich entsprechend nachjustieren.
Dem Bund, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, schieben Sie die Verantwortung dafür in die Schuhe, der zunehmenden Diskrepanz
zwischen strukturschwachen und strukturstarken Kommunen entgegenzuwirken. Das ist nun wirklich eine Landesaufgabe. In diesem Zusammenhang muss das Instrument der Bedarfszuweisung konsequenter vom jährlichen Defizitscheck zu einer zielgerichteten Strukturhilfe mit Langzeitwirkung weiterentwickelt werden.
Unter dem Stichwort „Konnexitätsprinzip“ fordern Sie den Bund auf, keine Kostenlasten auf die Kommunen abzuwälzen, die sachlich seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen sind. Und wie ist es mit der Landesregierung? Wollen Sie ernsthaft behaupten, die Rückzahlung an die BEB, für die Sie die Kommunen heranziehen, sei den Gemeinden sachlich zuzuordnen,
obwohl diese nie von den Einnahmen profitiert haben, Herr Plaue?
Selbstverständlich hat die Landesregierung auch für die notwendige Aufgabenkritik, die zur Lösung der Krise unverzichtbar ist, zumindest eine Teilverantwortung. Es geht nicht darum, einige Millionen Euro von A nach B zu verschieben oder hier ein wenig auf- und dort ein wenig abzustocken. Die Aufgabe ist, mit den betroffenen Bürgern darüber zu reden, was die Kommunen und der Staat zukünftig zwingend für sie regeln müssen und ob diese Leistungen über Steuern oder verursachergerechte Gebühren bezahlt werden. Das ist die Aufgabe. In diesem Zusammenhang können auch Bürgerentscheidungen über kommunale Finanzfragen ein sinnvolles, pädagogisch wirksames Instrument sein. Wir sollten das in der Niedersächsischen Gemeindeordnung endlich möglich machen.
Im Übrigen gehört natürlich auch dazu, dass die Kommunen ihre eigenen Forderungen nach Aufgabenabbau ernst nehmen. Ich denke dabei an die Diskussion „Hartz-Konzept contra kommunale Beschäftigungspolitik“. Wenn es gute Alternativen gibt, muss man sich auch von Aufgaben trennen können.
Ein letzter Satz zu den CDU-Forderungen - zu den fehlenden Gegenfinanzierungen möchte ich an dieser Stelle gar nichts mehr sagen -:
Ihr Anspruch, mit den Finanzproblemen besser fertig zu werden, kann zum Teil auch daran gemessen werden, was sich in den CDU-regierten Gemeinden und Landkreisen in Niedersachsen abspielt. Von „besser“ ist da meilenweit nichts zu sehen.
Schlimmer ist aber noch, Herr Schünemann, dass Ihre Sorge um die Kommunen so lange nicht glaubwürdig ist, wie Sie alle Berliner Maßnahmen, die Entlastungen für die Kommunen bringen würden, blockieren und ablehnen.
Das gilt insbesondere für das Kürzungspaket bei den Steuersubventionen. Das wissen Sie sehr genau.
Mein Fazit: Zu echten Reformen sind große Volksparteien allein nicht in der Lage. Das ist zurzeit nur mit grünem Antrieb möglich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen hier nicht noch einmal die Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation der letzten Produktionsaufgaberente ausführlich darlegen. Es ist eine Geschichte der Mitnahmeeffekte. Die dort gesetzten Ziele wurden nicht erreicht. Die angestrebte Marktentlastung war minimal. Strukturpolitisch kam es zu reinen Vorzieheffekten, d. h. es geschahen Dinge, die ohnehin kurze Zeit später passiert wären. Sozialpolitisch war das Ganze ebenfalls ein Flop, weil die falschen Betriebe die Produktionsaufgaberente in Anspruch nahmen.
Nicht die schwachen Betriebe waren es, sondern die eher besser gestellten.
Das Ganze ist auch heute strukturpolitischer Unsinn vor dem Hintergrund, dass wir im Augenblick in der EU eine durchschnittliche Betriebsgröße von etwa 19 ha haben und die durchschnittliche Betriebsgröße in Deutschland bei 42 ha liegt. Diese Schere wird sich durch die Osterweiterung noch einmal erweitern. Ich sehe hier also überhaupt keine Notwendigkeit zu weiteren Betriebsfusionen.
Das Ganze ist darüber hinaus nicht bezahlbar. Die Modulation, die Sie zur Finanzierung heranziehen wollen, müssten Sie verdreifachen. Ist es wirklich Ihr Ziel, statt der 2 % demnächst 6 % zu modulieren, Herr Ehlen? - Ich glaube nicht.
Der Antrag gibt mir Gelegenheit, hier noch einmal deutlich zu machen, dass es doch sehr entscheidende Unterschiede zwischen unseren Auffassungen und Konzepten gibt. Auf der Seite der CDUFraktion ist es die Sterbehilfe, die Beschleunigung des Strukturwandels und die einseitige Politik, die Sie ja sonst immer Frau Künast vorwerfen, zugunsten einer Minderheit von Spitzen- und Wachstumsbetrieben.
Auf der anderen Seite steht unsere Politik. Wir bemühen uns darum, die Rahmenbedingungen für den Familienbetrieb mit einer multifunktionalen Ausrichtung zu verbessern. Wir wollen Politik für alle bäuerlichen Betriebe machen und uns, um eben das Problem der Hofnachfolge anzugehen, mit einer Existenzgründungsoffensive befassen.
Kurz gesagt: Zur gleichen Zeit, zu der Sie zum wiederholten Male Sterbehilfekonzepte vorlegen, legen wir das „Aktionsprogramm Bäuerliche Landwirtschaft“ vor. Dieses Aktionsprogramm ist nun wirklich Lebenshilfe.
Es besteht aus der Veränderung der Fördergrundsätze in der Gemeinschaftsaufgabe, indem Investitionen für tiergerechte flächengebundene Tierhaltung, Investitionen im Bereich Einkommenskombination, arbeitsplatzschaffende Investitionen und Investitionen im Zusammenhang mit der Umnutzung von Bausubstanz oder auch bei Energieeinsparung gefördert werden. All das hilft bäuerlichen Betrieben.
Auch die Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Modulation verabschiedet worden sind, gehen in Richtung bäuerliche Landwirtschaft. Es gibt einen Ausgleich für zusätzliche Arbeit, die durch umweltfreundliche Bewirtschaftung im Ackerbau bzw. tiergerechte Haltungsverfahren wie Auslauf und Weide entsteht. Ich stelle allerdings deutlich fest, dass das Herauskaufprogramm für Stallplätze nicht in dieses Konzept passt. Hier trifft Herr Bartels die CDU, denn natürlich ist dieses Herauskaufprogramm nichts anderes als ein Ausstiegsprogramm. Um das zu belegen, will ich ein kurzes Zitat aus dem letzten Rundbrief der Interessengemeinschaft der Schweinehalter verlesen. Darin steht ganz deutlich:
„Schweinehalter in Niedersachsen, die ohnehin ein Auslaufen ihrer Betriebe in Erwägung ziehen, sollten unbedingt diese Möglichkeit nutzen und ihren Betrieb nicht im Laufe des nächsten Jahres vorschnell aufgeben.“
Dazu muss man wirklich nichts weiter sagen.
Der zweite Punkt unseres „Aktionsprogramms Bäuerliche Landwirtschaft“ - ich habe es schon angesprochen - beschäftigt sich mit einer Existenzgründungsoffensive. Es geht dabei um die Förderung von Hofbörsen, um die Förderung der Beratung bei Hofübergaben und um die Förderung der Hofübernahmen selbst.
Es geht dabei auch um Ausbau des Bürgschaftsinstrumentes bei Hofübernahmen, das im Moment nur in den neuen Bundesländern gilt.
Es geht weiterhin in diesem Programm um die Umsetzung des Hartz-Konzeptes auch im landwirtschaftlichen Bereich. Das geht so weit, dass selbst die Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes als Ich-AG infrage kommt.
- Herr Oestmann, Sie lachen. - Es geht auch um neue Regeln im Niedriglohnbereich, die natürlich die Beschäftigung von Aushilfen einfacher machen
und auch die Möglichkeit bieten, selbst eigene Einkommensverbesserungen zu erzielen.
Es geht in einem vierten Punkt in diesem Programm - hören Sie gut zu; damit werden Sie sich möglicherweise noch beschäftigen müssen - auch um Bürokratie- und Auflagenabbau. Eine spezielle Arbeitsgruppe im BMVEL wird sich damit befassen.
Diese Dinge, die den landwirtschaftlichen Betrieben helfen zu überleben, die ihnen neue Perspektiven aufzeigen, sind wichtig, und nicht Ihre Sterbehilfekonzepte. Diese Maßnahmen wollen wir auch in Niedersachsen unterstützen. Dafür treten wir an, und dafür werden wir - heute vielleicht noch nicht so oft, aber in Zukunft immer öfter - auch von Landwirten gewählt werden. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Obstbauern im Alten Land haben kein leichtes Jahr hinter sich. Widrige Witterungsverhältnisse, verbunden mit hohem Schädlingsdruck, erschwerten die Produktion. Anpassungsprobleme an die im Rahmen der europäischen Harmonisierung veränderten Pflanzenschutzmittelbestimmungen taten ihr Übriges; Stichwort: Indikationszulassung.
Natürlich war da auch die heftige Auseinandersetzung um die Allgemeinverfügung und ihre Missachtung im Alten Land. Wir dürfen nicht vergessen: Dieser Teil der Probleme war hausgemacht. Trotz intensiver Aufklärung wurde festgestellt, dass es im Alten Land zu illegalem Pestizideinsatz kam, zu unakzeptablen Pflanzenschutzmittelrückständen in Boden und Wasser und, wie wir jetzt aufgrund der neuesten NABU-Veröffentlichung wissen, auch auf den Äpfeln, auf den Produkten. Es kam zu massiven Verstößen gegen Aufzeichnungspflichten und zu einem mangelnden Einsatz abdriftmindernder Geräte.
Wenn dieser Teil heute in dem überarbeiteten Entschließungsantrag nicht mehr im Mittelpunkt steht, dann heißt das nicht Freispruch oder Absolution, sondern allenfalls Bewährung.
In dieser Situation, in der diese Vorwürfe vom Nabu veröffentlicht werden, halte ich es auch für höchst unglücklich, wie vor Ort reagiert wird. Nach den Vorkommnissen, die ich eben geschildert habe, finde ich es nicht nur dumm, dass man jetzt argumentiert, man könne nicht beweisen, dass
diese Äpfel aus dem Alten Land kommen, sondern ich finde es auch höchst schädlich für das Vertrauen der Verbraucher, das jetzt ja umso wichtiger ist.
Mit der Veränderung der Allgemeinverfügung erhalten die Betriebe im Alten Land eine zweite Chance. Diese Überarbeitung war nur sachgerecht durchzuführen, weil die Probleme deutlich benannt und nicht verharmlost oder unter den Teppich gekehrt wurden.
Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren: Diese Allgemeinverfügung erlaubt im Alten Land Dinge, die andernorts illegal sind. Umso wichtiger ist es, dass das neue Vertrauen nicht enttäuscht und die umfassende Zielsetzung - einschließlich der ökologischen Zielsetzung - auch von der Landwirtschaft gestützt wird, aber auch, dass die Ernsthaftigkeit der Zielerreichung durch verbesserte Kontrollen immer wieder unterstrichen wird.
Die Produkteigenkontrollen, die transparent und öffentlich gestaltet werden müssen, aber auch die amtliche Lebensmittelüberwachung müssen sicherstellen, dass durch die Sonderbestimmungen die Verbraucherschutzstandards nicht geschmälert werden.
Es gehört zu den Strategien der weiteren Minimierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes gerade im Alten Land, dass Forschung, Entwicklung, Beratung und Anwendung hohe Priorität haben müssen.
In diesem Zusammenhang erlauben Sie mir ein Wort zum Bioobstbau. Wir haben den Bioobstbau bewusst nicht als Patentlösung empfohlen,
da er mit hohen organisatorischen und persönlichen Voraussetzungen verbunden ist, die nicht von allen zu erwarten sind. Diese Bewirtschaftungsweise mit sehr eingeschränkten Pflanzenschutzund Kräftigungsmitteln erfordert eine hohe Aufmerksamkeit - quasi einen Dauerbereitschaftsdienst -, große Fachkenntnisse und einen hohen Zeitaufwand. Ich will nicht hoffen, dass es tatsächlich so weit geht, wie mir ein Bioobstbauer gesagt hat, nämlich dass eigentlich nur eines geht: entweder Bioobstbauer zu sein oder sich um seine Familie zu kümmern. Aber es ist in der Tat ein sehr hoher Aufwand. Diese Betriebsinhaber haben meinen und, wie ich finde, unseren großen Respekt verdient.
Ich freue mich, dass die Eckpunkte unseres Antrages, für den wir ja anfänglich etwas gescholten wurden - um es vorsichtig auszudrücken -, auch in dieser veränderten Fassung erhalten blieben und heute die Zustimmung aller Fraktionen finden. Dafür meinen herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gefährliche Hunde sind für uns Hunde aller Rassen, die über eine gesteigerte Aggressivität verfügen, die Menschen oder Tiere gebissen haben oder die sonst über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe zeigen. So ist es wunderbar auch in diesem Gesetz formuliert. Gefährliche Hunde werden nicht geboren, gefährliche Hunde werden gemacht. Das ist die Wahrheit, die die Mehrheitsfraktion nicht zur Kenntnis nehmen will. Das ist die Wahrheit, die der Mehrheitsfraktion so peinlich ist, dass sie ihre Rasseliste - die damit natürlich nicht vereinbar ist versteckt, und zwar hinter einer Verweisung auf das Bundesrecht.
Wir wollen die Menschen vor diesen gefährlichen Hunden und vor ihren Haltern schützen, insbesondere natürlich die Kinder. Wir wollen, dass der öffentliche Raum in dieser Beziehung angstfrei genutzt werden kann. Das ist wohl das Ziel aller, und wir sind uns darüber auch mit dem Kinderschutzbund einig. Darüber gibt es keinen Streit. Wir sind uns auch darüber einig, dass diese gefährlichen Hunde nur unter bestimmten Auflagen gehalten werden dürfen. Die Halter müssen zuverlässig, persönlich geeignet und sachkundig sein. Der auffällig gewordene Hund muss per Wesenstest eine „günstige Sozialprognose“ nachweisen. Er
muss unveränderlich gekennzeichnet und haftpflichtversichert sein. Wir wissen aber auch, dass all diese Auflagen und eine ganze Reihe mehr schon heute im Rahmen des kommunalen Gefahrenabwehrrechts verhängt und kontrolliert werden können und immer schon konnten.
Das Problem liegt im Vollzug. Es müssen heute schon gravierende Vorfälle passieren, bevor die Behörde tätig wird. Wenn Auflagen erlassen werden, dann ist niemand da, der sie überwacht und kontrolliert. Denken wir doch daran: Für die Hunde, die Volkan getötet haben, waren Maulkorbund Leinenzwang angeordnet. Für ihren Halter war aufgrund der Vorgeschichte längst ein Haltungsverbot berechtigt. Was berechtigt uns eigentlich zu glauben, dass das Vollzugsdefizit durch dieses Gesetz beseitigt wird und damit nicht nur die Sicherheit auf dem Papier erhöht wird? - Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Durch das unsinnige Abarbeiten einer Rasseliste wird weitere Verwaltungskraft gebunden, die sinnvoller im Vollzug eingesetzt wäre.
Sie kennen sicherlich die Diskussion in den Besuchergruppen, wenn es darum geht, sich gegen die Gesetzesflut und immer weitere Bürokratie zu verwahren. Das ist ein wunderbares Beispiel, an dem wir deutlich machen können, wie unsere Wählerinnen und Wähler über die Medien an dieser Thematik mitwirken. Dieser Druck ist über die Medien aufgebaut worden, und wir haben uns ihm gebeugt. Wir sind - wenn wir es positiv sagen wollen - dem Auftrag unserer Wählerinnen und Wähler nachgekommen. Der Bund, alle Landesregierungen, Landesparlamente und unzählige Gerichte haben sich mit diesem Problem beschäftigt, und zwar vor dem Hintergrund, dass es jedes Jahr 7000 Verkehrstote und 2000 Drogentote gibt, dass aber, statistisch gesehen, nur 1,5 Menschen pro Jahr durch Hunde zu Tode kommen. Ich weiß, dass man Menschenleben nicht quantitativ gegeneinander aufrechnen kann. Aber diese Zahlen sollten uns nicht ganz unbeeindruckt lassen. Die Zeit ist lang genug gewesen, um von durchaus verständlichen populistischen Positionen zu fachkundigen Entscheidungen zu kommen. Ich erwarte von Ihnen den Mut, hier den falschen Weg zu korrigieren.
Ich möchte mit Ihnen keinen juristischen Streit darüber führen, ob Rasselisten gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Ich möchte auch nicht über die Bedeutung des Letztentscheidungsrechts
des Gesetzgebers streiten. Wenn es rechtens ist, dass der Gesetzgeber beschließen kann, dass Schwarz ab morgen Weiß ist, dann ist das seine Sache. Aber wir müssen hier doch auch die Fakten sehen. Die Fakten sind, dass es keinen wissenschaftlichen, statistischen oder empirischen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die im Gesetz genannten Rassen gefährlicher sind als Dobermann, Rottweiler, Boxer oder Schäferhund usw. Im Gegenteil: Das statistische Material aus den durchgeführten Wesenstests belegt eine geradezu besondere Sozialverträglichkeit der hier genannten Rassen. Die Rasseliste ist unpraktikabel, da es überhaupt keine sichere Möglichkeit gibt - auch das haben wir in der Anhörung gehört -, Kreuzungen zu bestimmen. Sie verhindert auch nicht den Missbrauch von Hunden, da jeder Hund - auch das haben wir gehört - von Menschen zu einem gefährlichen Hund gemacht werden kann. Um nicht nur Scheinsicherheit, sondern mehr echte Sicherheit und vor allen Dingen mehr Tierschutz zu erreichen, sind viele andere angesprochene Maßnahmen notwendig, die aber zum Teil in die Bundeszuständigkeit fallen. Zuverlässigkeit, Sachkunde und persönliche Eignung müssen für alle Hundehalter sichergestellt werden. Kennzeichnung und Haftpflicht für alle Hunde und ein straffes Reglement für Zucht und Handel mit Hunden sind erforderlich. Es darf eigentlich keine Zucht mehr ohne vorangegangenen Wesenstest geben.
Das Entscheidende, meine Damen und Herren, ist doch, dass der Verwaltungsvollzug sichergestellt wird. Dieses Gesetz wird uns unserem Ziel nicht wesentlich näher bringen. Meine Damen und Herren, insbesondere von der SPD-Fraktion, denken Sie noch einmal darüber nach, bevor Sie für dieses Gesetz aufstehen, und machen Sie sich klar, dass fast drei Viertel - auch wenn wir vollzählig wären der hier sitzenden MdLs dieses Gesetz nicht wollen: die gesamte Opposition nicht und die Hälfte der SPD-Fraktion nicht. Das wissen wir. Wieso sollen wir also dieses Gesetz verabschieden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich glaube, dieses Abschreiben ist unser Problem in dieser Sache. Hier hat einer vom anderen abgeschrieben. Alle haben abgeschrieben, keiner hat nachgedacht.
Wir hatten Zeit genug, uns wirklich fachkundig zu machen. Wenn wir diese Fachkunde zugrunde legen, dann müssen wir zu dem Schluss kommen: Es macht keinen Sinn, einzelne Hunde herauszupicken und damit einen besonderen Verwaltungsaufwand herbeizuführen.
Sie müssten jetzt eigentlich konsequent sein und nahezu jeden Hund in diese Rasseliste aufnehmen. Dann würde Ihre Argumentation auch tragen. Die von Ihnen behaupteten wissenschaftlichen Grundlagen sind jedenfalls nicht gegeben.
Ich bin gerne bereit, Ihrem Ansatz zu folgen und zu sagen: Erst der Mensch und dann der Hund. Aber ich frage Sie: Was haben Sie getan, um beim Menschen anzusetzen? Was haben Sie getan, um den Verwaltungsvollzug in diesem Bereich zu verbessern, zu beschleunigen, dafür zu sorgen, dass sich die Behörden kümmern, wenn ein Vorfall eingetreten ist? - Ich weiß aus verschiedenen Schilderungen, dass dort nichts passiert ist. Wenn Sie sich erst um den Menschen, nämlich um die verantwortungslosen Halter, gekümmert hätten, wenn Sie sich darum gekümmert hätten, dass die verantwortungslosen Züchter und Händler aus dem Verkehr gezogen werden, dann bräuchten wir uns über dieses Thema heute nicht mehr zu unterhalten. - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist natürlich festzuhalten, dass der Streit um diese Eingabe die bisherige Schlachtordnung - es ist angesprochen worden - total auf den Kopf stellt. Da ist die CDU-Fraktion, die bisher immer auf der Seite derjenigen war, die den Schacht Konrad nicht nur akzeptiert haben, sondern sogar wollten. Bisher hat sie immer diejenigen bekämpft, die sich gegen diesen Standort gewehrt haben.
Jetzt sorgen Sie sich um die Finanzierung des Widerstandes gegen Schacht Konrad und möchten Geld einsammeln für etwas, was Sie gar nicht wollen.
Interessanterweise ist es im Ausschuss zu einem frühen Zeitpunkt - zu dem ich aufgrund einer Zugverspätung noch nicht anwesend war - ausweislich des Protokolls zu keiner Aussprache gekommen. Insofern kann man das sicherlich nur als ein unseriöses Spektakel bezeichnen, zumal auch klar ist, dass aus dem Topf der Bedarfszuweisungen im Moment lediglich Investitionen gefördert werden können.
- Hören Sie einmal zu, Herr Eppers!
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, selbst wenn es möglich wäre, wäre es für uns absolut unakzeptabel, die Prozesskosten für die Klage gegen Schacht Konrad durch eine Umlage bei den finanzschwächsten Kommunen des Landes zu finanzieren.
Nichts anderes ist es ja, wenn Sie diese Mittel dem Bedarfszuweisungstopf entnehmen. Ich frage Sie wirklich: Wo bleibt da Ihre bisherige Kommunalfreundlichkeit?
Außerdem würden Sie damit natürlich das Land völlig aus seiner Verantwortung entlassen. Genau das wollen wir nicht.
Da gibt es eine Landesregierung und einen Umweltminister, die sich dafür feiern lassen, dass für den Fall einer Klage eine aufschiebende Wirkung vorgesehen ist. Der Umweltminister zieht durch das Land - anders kann man das nicht nennen - und wirbt dafür, gegen die Genehmigung der Landesregierung zu klagen. Aber dann lässt er die Stadt Salzgitter mit den nicht geringen Klagekosten allein.
Wenn er wirklich ernsthaft auf diese Art und Weise das Problem Schacht Konrad lösen will - eine Art und Weise, die einem normalen Menschen relativ schwer zu vermitteln ist, denn es geht ja
nach dem Motto: Ich genehmige, was ich eigentlich nicht möchte, und ihr klagt, damit das, was ich genehmigt habe, nicht umgesetzt wird; wer soll das verstehen? -, dann muss er mehr tun, als für die aufschiebende Wirkung der Klage zu sorgen; dann muss er den Klagenden helfen und auch seinen finanziellen Beitrag zu diesem Ziel leisten.
Wir haben das als Partei übrigens getan und fordern Sie dringend auf, diesem Beispiel zu folgen.
Meine Damen und Herren, überhaupt kein Verständnis habe ich für die Aussage des Innenministeriums, die wir hier auch von dem Kollegen Collmann wieder gehört haben, dass die Forderung dreist sei, das Land solle die Klage gegen sich selbst bezahlen. Denn erstens - das habe ich eben ausgeführt - geht es hier nicht um Landes-, sondern um kommunale Gelder, die dafür zur Verfügung gestellt werden sollen, und zweitens frage ich: Wer läuft denn durch die Gegend und fordert zur Klage gegen sich selbst auf? Das muss doch dann auch Folgen haben.
Wir lehnen den Änderungsantrag der CDUFraktion ab, weil wir kein kommunales Sonderopfer für diese Aufgabe haben wollen. Wir lehnen aber auch die Mehrheitsentscheidung ab. Die Rechtslage, meine Damen und Herren, mag ja auf Ihrer Seite sein; aber die Sachlage ist es beileibe nicht. - Herzlichen Dank.
Herr Minister, wann ist mit der Vorlage der Ergebnisse der Prüfungen der anderen niedersächsischen Atomkraftwerke zu rechnen? Für mich als Laien ist ohnehin unverständlich, warum es mehrere Tage dauert, eine Übertragbarkeit zu prüfen und eine erste Inaugenscheinnahme vorzunehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Groth, der Antrag, der sich mit der Organisation des Verbraucherschutzes in Niedersachsen befasste, ist ja im Rahmen der Ausschussberatungen zurückgezogen worden. Ich finde es sehr geschickt, wie Sie den offenbar schon vorbereiteten Beitrag jetzt diesem Antrag untergeschoben haben. Ich frage mich allerdings, warum Sie die CDU veranlasst haben, den Antrag zurückzuziehen, wenn Sie schon wussten, was Sie darauf antworten wollen. Dieser Antrag befasst sich allerdings in der Tat nicht mit dieser Frage, sondern er ist sozusagen der parlamentarische Schlusspunkt der Mehrheitsfraktion zu dem, was wir Nitrofen-Skandal genannt haben. Nur darum geht es in diesem Antrag. Es stehen durchaus Aussagen und Forderungen darin, die auch wir unterstreichen würden, z. B. die Forderung nach dem Verbraucherinformationsgesetz, nach Verbesserungen im Futtermittelrecht, nach Verbesserungen bei den Meldepflichten oder nach besseren Kontrollen im eigenbetrieblichen, staatlichen oder beliehenen Bereich. Das sind alles unstrittige Forderungen, die größtenteils sogar schon umgesetzt worden sind.
Wir lehnen diesen Antrag aber ebenfalls ab, und zwar aus drei Gründen: Ein Grund - das hat Frau Hansen schon angesprochen - ist ein formaler. Der
nachgeschobene SPD-Antrag ist durchberaten worden, ohne dass unser Antrag mit einbezogen worden ist. Auch er liegt noch irgendwo auf Halde.
Ein zweiter Grund ist ein inhaltlicher: Wir können die Einschätzung, die Landesregierung habe hier optimal agiert, wahrlich nicht teilen. Ohne dass man das hier noch einmal in aller Tiefe diskutieren kann, möchte ich an einige Dinge erinnern, zum Beispiel an den Versuch des Landwirtschaftsministers, aus dem Nitrofen-Skandal einen Ökolandbau-Skandal zu machen und darüber die Agrarwende in Frage zu stellen. Das war verantwortungslos, Herr Bartels. Gott sei Dank waren die Verbraucherreaktionen dazu begrenzt. Das starke und über viele Jahre gewachsene Vertrauen in den Biolandbau hat sicherlich dazu beigetragen.
Ich erinnere auch an den unsäglichen Versuch, die unschuldigen Produzenten auf ihrem Schaden sitzen zu lassen, indem man ihnen zumuten wollte, ihre unterhalb des Grenzwertes belasteten Produkte mit einer Nitrofen-Kennzeichnung zu verkaufen.
Dass das unmöglich gewesen wäre, dürfte jedem klar sein.
Außerdem - auch daran möchte ich erinnern - wurde Fehlverhalten in den eigenen nachgeordneten und in den Kommunalbehörden großzügig ad acta gelegt. Auch den agrarindustriell Beteiligten wurde schnell der Persilschein erteilt. Der Deal mit GS agri mag Verbesserungen bei der Qualitätssicherung bringen. Aber es bleibt der Verdacht, dass es dabei eher darum ging, schnell einen Deckel darüber zu legen, und weniger um die nachdrückliche Aufklärung von Verantwortlichkeiten.
Wenn gerade aktuell aus diesem Bereich wieder eine sehr große Backe riskiert wird, dann gefällt mir das überhaupt nicht. Es mag ja so sein, dass die Dinge da juristisch nicht fassbar sind. Aber es bleibt die Tatsache, dass aus diesem Bereich über lange Zeit hinweg vergiftetes Futter an die Produzenten geliefert worden ist - ob das nun juristisch schuldhaft war oder eben nicht.
Ein drittes Nein bezieht sich darauf, dass wir dem Eindruck, der in diesem Antrag erweckt wird, die Qualitätssicherung des Ökolandbaus müsse durch QS verbessert werden, nicht folgen können. Denn ein solcher Eindruck stellt die Verhältnisse auf den Kopf. QS ist, wenn es funktioniert, ein gutes Do
kumentationssystem. Von der Sicherung einer Produkt- und Prozessqualität, wie der zertifizierte Ökolandbau sie bietet, ist es aber meilenweit entfernt.
Herr Groth, bei dem Antrag, zu dem Sie gesprochen haben, hätten wir vielleicht auf eine Ebene kommen und dem zustimmen können. Aber zu diesem Nitrofen-Antrag werden wir unsere Zustimmung nicht geben können. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In knapp fünf Wochen ist Heiligabend. Dann darf man sich natürlich auch einmal etwas wünschen. Das ist ja dann erlaubt. Zum Beispiel bessere Stichkanäle, erneuerte Schleusen, ausreichend Personal oder eben die Beseitigung der Wettbewerbsvorteile für den Lkw. So jedenfalls steht es in diesem Antrag. Wir wissen aber auch, dass der Weihnachtsmann, auf den wir da hoffen - also die Bundesregierung -, im Moment etwas klamm im Beutel ist. Von daher werden wir uns darauf einstellen müssen, dass in diesen Fragen, die wir ja alle einvernehmlich unterstützen, zunächst einmal das Kleckern und weniger das Klotzen angesagt ist. Aber auch damit kommt man ja voran. Damit auch die Richtung dieses Vorankommens stimmt, halten wir diesen Antrag für richtig und werden wir ihn unterstützen.
Dieser Antrag berücksichtigt auch - auch das führt dazu, dass wir ihn unterstützen können -, dass das neue Kapitel, das im Grunde genommen mit dem Hochwasser dieses Jahres und mit der Flusskonferenz aufgeschlagen worden ist, entsprechend berücksichtigt wird. Er vereinbart es sozusagen. Es
bleibt - das ist klar - aufgrund der relativen Vorzüglichkeit der Binnenschifffahrt bei einer entsprechenden Förderung dieses Transportes. Dabei ist aber auch klar, dass das nur mit naturverträglichen Schiffstransporten und mit einem behutsamen Ausbau geht. Es ist die Zeit gekommen, langsam den Systemwechsel - in nenne es einmal: eine Binnenschifffahrtswende - einzuleiten. Das heißt, dass wir dazu kommen müssen, in Zukunft die Schiffe den Flüssen anzupassen und nicht umgekehrt. Im bestehenden Kanalnetz haben wir da sicherlich andere Spielräume als in den Flussökosystemen. Aber im Grundsatz ändert es natürlich nichts daran; denn die Gesamttransportkette auf dem Wasser ist natürlich nur so stark wie ihre schwächste Stelle.
Zu diesem Systemwechsel gehören auch ehrliche Zahlen. Herr Buß, auch Sie wissen und wir alle wissen, dass nicht die Infrastruktur der begrenzende Faktor für die Binnenschifffahrt und für die weitere Entwicklung ist. Stagnation und sogar Rückgang der Transportmengen haben sehr viel mehr mit den Wettbewerbsvorteilen der Straße als mit den Wettbewerbsnachteilen der Binnenschifffahrt zu tun. Zum Teil ist es auch eine Frage des Marketings und manchmal, glaube ich, auch eine Frage von Innovation bei dem Produkt Binnenschifffahrt.
Die Bundesregierung arbeitet sicherlich aufgrund der aktuellen Finanzlage in einer Art, wie es dem Charakter der Binnenschifffahrt entspricht: ein bisschen langsam, aber planbar und zuverlässig. Damit werden wir uns wohl zunächst zufrieden geben müssen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil es zu diesem Gesetzentwurf keine erste Beratung gegeben hat und auch heute keine Aussprache vorgesehen ist, möchte ich Ihnen den kurzen mündlichen Bericht zur Kenntnis geben.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schlägt Ihnen in der Drucksache 3860 einstimmig, den Gesetzentwurf der Landesregierung mit einigen Änderungen und Ergänzungen anzunehmen. Das Gesetzesvorhaben war auch in den mitberatenden Ausschüssen nicht umstritten. Über die Einzelheiten der Ausschussberatungen gibt ein schriftlicher Bericht Auskunft, der Ihnen bereits vorliegt.
Ich kann mich daher hier darauf beschränken, die wichtigsten Regelungsgegenstände des Gesetzentwurfs und die wesentlichen zusätzlichen Empfehlungen des Ausschusses anzusprechen.
Im Mittelpunkt des Entwurfs steht die Neufassung des § 31, mit dem erstmals im Land Niedersachsen ein Budgetierungsmodell umfassend geregelt werden soll. Dass diese Regelung gerade für den Be
reich der Landwirtschaftskammern entwickelt werden konnte, beruht darauf, dass dort seit Jahren praktische Erfahrungen mit der Budgetierung gesammelt werden konnten.
Einen weiteren Regelungsschwerpunkt bildet § 2, in dem die Aufgaben der Landwirtschaftskammern so, wie sie sich entwickelt haben, umfassend beschrieben werden. Der Ausschuss schlägt zu Absatz 2 Nr. 1 noch eine Ergänzung vor, die das verbraucherschützende Element in der Aufgabenstellung für die Kammern deutlicher betont.
Der dritte Regelungsschwerpunkt des Gesetzentwurfs besteht darin, die Zuständigkeiten zwischen Direktor und Präsident der Landwirtschaftskammer in den §§ 22 bis 24 deutlicher abzugrenzen. Hierzu schlägt der Ausschuss noch weitere Verbesserungen vor.
Die im Entwurf vorgesehene Änderung der beamtenrechtlichen Stellung der Direktoren der Landwirtschaftskammern soll wegen der damit verbundenen versorgungsrechtlichen Fragen einem späteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten bleiben.
Schließlich ist noch zu erwähnen, dass durch den neuen § 26 die Beitragspflicht für die Betriebe der Küsten- und der Kleinen Hochseefischerei erweitert wird. Der Ausschuss hat dies zum Anlass genommen, die beitragsrechtlichen Regelungen redaktionell zu überarbeiten und schlägt dementsprechend die Beseitigung einiger Unstimmigkeiten des geltenden Rechts vor.
Auch hinsichtlich der Wahl der Kammerversammlungen und der Vorstände der Landwirtschaftskammern sowie zur Besetzung der Grundstücksverkehrsausschüsse unterbreitet der Ausschuss weitere Vorschläge, die der Anpassung des aus dem Jahre 1954 stammenden Gesetzes an die heutige Rechtsentwicklung sowie der redaktionellen Bereinigung von Vorschriften dienen. Dies wird im Einzelnen im schriftlichen Bericht näher ausgeführt. Dort wird auch auf rechtliche Bedenken gegen das Verfahren zur Bildung der Grundstücksverkehrsausschüsse und zur Beitragserhebung hingewiesen, die in den Ausschüssen erörtert worden sind. Änderungsempfehlungen haben sich zu diesen Punkten aber deshalb nicht ergeben, weil insoweit eine grundlegende Umgestaltung des geltenden Rechts in der kurzen Beratungszeit nicht zu leisten gewesen wäre und auch auf praktische Schwierigkeiten gestoßen wäre. Gleichwohl erhalten die Landwirtschaftskammern mit dem vor
liegenden Entwurf eine in wesentlichen Punkten überarbeitete Rechtsgrundlage für ihre weitere Arbeit.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bittet um Ihre Zustimmung zu der genannten Beschlussempfehlung.
Herr Minister, Grönemeyer singt in seinem neuesten Hit ganz zutreffend: Der Mensch heißt Mensch, weil er vergisst, weil er verdrängt. - Vor dem Hintergrund möchte ich Sie fragen: Mit welchen Instrumenten wollen Sie zukünftig sicherstellen, dass die Kommunen die festgesetzten und potenziellen Überschwemmungsgebiete nicht wieder überplanen bzw. bebauen? Sie sprachen davon, Härte zu zeigen. Was haben Sie an Instrumenten in der Hand, um Härte zu zeigen? Ich zähle dazu nicht - das sage ich erläuternd - die Raumordnung.
Dazu meine zweite Frage in diesem Zusammenhang. Haben Sie einen Überblick darüber, in welchem Umfang in den letzten Jahren Überschwemmungsgebiete von Kommunen überplant und überbaut worden sind?
Herr Minister Pfeiffer, die Frage meines Kollegen Schröder bezog sich ja nicht auf den Vollzug des Jugendstrafrechtes an Jugendlichen, sondern die Forderung des Ministerpräsidenten lautete, dass ein so genannter Warnschutzarrest für Kinder eingeführt werden soll. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Auf welcher Rechtsgrundlage soll das geschehen, da das ja weit über das hinausgeht, was im Rahmen der heutigen Erziehungshilfe möglich ist, und wie ist so etwas fachlich zu beurteilen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grünen haben bereits im Jahr 1995 angeregt, in das Tierschutzgesetz Bestimmungen gegen Gefahren aufgrund unsachgemäßer Hundehaltung aufzunehmen. Ein Titel, der mir ein bisschen besser gefällt als das, was die SPD-Fraktion hier vorgeschlagen hat. Auch Frau Stokar von Neuforn hat im Mai 2000 in der aktuellen Diskussion eine gesetzliche Regelung angemahnt, sodass wir es begrüßen, dass jetzt der Versuch unternommen wird, über ein Gesetz einen neuen Ansatz zu finden.
Vor allem begrüßen wir, dass das Ganze in einem atmosphärischen Umfeld stattfinden kann, das es uns ermöglicht, das Schicksal des sechsjährigen Volkan nicht zu vergessen, das aber auch ohne eine mediengeschürte Emotionalität auskommt, die häufig dazu führt, dass dabei eher ein kurzlebiger Aktionismus als eine nachhaltige und vernünftige Problemlösung herauskommt.
Wir können das in dem Bewusstsein machen, dass wir wissen: Es gibt 999 Fälle, in denen wir nichts zu regeln haben, aber eben den tausendsten Fall, bei dem es erforderlich ist, Bestimmungen zu erlassen. Wir können das machen in der Gewissheit, dass, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eben in der Regel der Mensch und nicht der Hund das eigentliche Problem ist. Ich ignoriere bei dieser Beschreibung ganz bewusst einige wenige Hundehalter, die mit aggressiver Ablehnung jeder Regelung die Notwendigkeit von entsprechenden Bestimmungen geradezu wieder belegen.
Der Spannungsbogen der auszugleichenden Interessen ist in diesem Fall sehr groß. Er reicht eben vom Tierschutz - und wer will bestreiten, dass auch der Hund ein Recht auf eine artgerechte Haltung und ein artgerechtes Leben hat? - bis zum Schutz der menschlichen Gesundheit, insbesondere eben dem Schutz von Kindern. Das ist der politische Handlungsbedarf, der sich ergibt. Ich sage auch hier: Ich schließe ausdrücklich nicht die Tierhalter ein, die jede Einschränkung als Beschneidung ihrer persönlichen Freiheitsrechte ablehnen. Für diese kann und will ich nichts tun.
Wir kommen bei dieser Diskussion in einen zweiten Zielkonflikt, weil eigentlich wir alle vermeiden wollen, dass die Regelungsflut in unserem Lande noch weiter zunimmt. Es geht hier - das wissen wir
- um ein zusätzliches Gesetz. Jeder wäre natürlich froh, wenn wir mit der Generalklausel in § 2 Abs. 1 auskämen. Ich meine, wir sollten im Rahmen der Anhörung noch einmal prüfen, welche Regelungstiefe wirklich erforderlich ist, um einerseits den Verwaltungsaufwand zu begrenzen, um andererseits aber auch die Gleichwertigkeit des behördlichen Handelns sicherzustellen. Ich meine, der Erlaubnisvorbehalt für gefährliche Hunde, geknüpft an die Zuverlässigkeit und die Sachkunde des Halters, eine obligatorische Haftpflichtversicherung und einen bestandenen Wesenstest für das Tier, ist als Regelungskern eines solchen Gesetzes unverzichtbar.
Von daher sind die vorgeschlagenen Regelungen natürlich schon eine brauchbare Basis. Vielleicht kann man ja auch unter Berücksichtigung des Bundesgesetzes - wobei wir jetzt nicht genau wissen, ob dieses Bundesgesetz auch Bestand haben wird -, das ja eigentlich dazu führen müsste, dass sich das Problem irgendwann einmal biologisch löst, sogar daran denken, dieses Gesetz zeitlich zu beschränken.
Die zentrale Kontroverse in diesem Gesetz - das haben wir auch schon gehört - wird natürlich die Auseinandersetzung um die Rasseproblematik sein. Die Position, die Regelungsbedarf ausschließlich an Rassen festmacht, ist nicht haltbar. Das wissen wir.
Der Deutsche Schäferhund und seine Mischlinge, die eben in keiner Rasseliste auftauchen, die aber unbestreitbar den Beißweltrekord halten, sind der beste Beleg dafür. Auch eine Klassifizierung nach Größe und Gewicht - 40 cm, 20 kg - ist für mich nicht besonders überzeugend. Noch weniger überzeugend ist allerdings die Ansicht, man brauche überhaupt nichts zu tun. Vielleicht kann ja die Anhörung hier zusätzliche Entscheidungshilfe bringen.
Die Veränderung der gekippten Verordnung, die ja darauf hinausläuft, die generelle Erlaubnispflicht für die bisherigen Kategorie-2-Tiere zugunsten einer Einzelfallbeurteilung abzuschaffen, ist für mich eine deutliche Verbesserung und eine vernünftige Lösung.
Als weiteres Kriterium möchten wir eine Harmonisierung auf Bundesebene erreichen. Die Ansätze und die Orientierung an den Ergebnissen der Arbeitsgruppe Tierschutz, der Arbeitsgemeinschaft der Veterinäre und des Arbeitskreises I der Innenministerkonferenz gehen hier in die richtige Richtung. Wir erwarten allerdings von den Antragstellern im Ausschuss noch eine weitere Darlegung in diesem Sinne, insbesondere auch die Prüfung der Frage, welche Bestandskraft wir dem Bundesgesetz zumessen müssen.
Meine Damen und Herren, wenn wir die weitere Diskussion in dem Bewusstsein führen, dass zwar viele Hunde bellen, aber die wenigsten beißen, dass wir aber auch bereit sind, all denen eine deutliche Abfuhr zu erteilen, die erwarten, dass Kinder gefälligst den Umgang mit gefährlichen Hunden zu lernen hätten, damit sie deren aggressivem Rangverhalten nicht in die Quere kommen, dann haben wir die Chance, ein gutes und vernünftiges Gesetz zu machen. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sollen heute über zwei Anträge vom August und vom November letzten Jahres entscheiden. Ich erwähne das, weil wir danach, nämlich im Dezember letzten Jahres, nach monatelangen Beratungen, nach einer umfangreichen Anhörung und nach fraktionsübergreifender Arbeit einstimmig eine Entschließung verabschiedet haben, die sich mit diesem Thema beschäftigt. In dieser Entschließung ist der niedersächsische Handlungsbedarf ausführlich und detailliert beschrieben und auch eingefordert worden. Vor diesem Hintergrund - so sage ich - sind die von der CDU-Fraktion anschließend ergriffenen Initiativen wohl weniger der Sache geschuldet als mehr dem wahlstrategischen Versuch, auch die rot-grüne Bundesregierung mit in das Schwarze-Peter-Spiel einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, das hat nichts genutzt, und es hat auch jetzt keinen Nutzen mehr. Deshalb werden auch wir der Ausschussempfehlung in der vom Kollegen Schack korrigierten Fassung zustimmen. Das heißt nicht - da muss ich Ihnen ein bisschen widersprechen, Herr Kollege Schack -, dass ich von der Art und Weise, in der die Landesregierung den gemeinsamen Dezember-Beschluss umgesetzt hat, besonders begeistert bin. Ich möchte nur ein Beispiel nennen: In NordrheinWestfalen kann man sich ein mit 28 Seiten noch übersichtliches Merkblatt zum Bau und Betrieb von landwirtschaftlichen Biogasanlagen aus dem Internet-Angebot der Landesregierung herunterladen. Es regelt einheitlich für die Genehmigungsund Überwachungsbehörden - das ist wichtig - in den Bereichen Emissionsschutz, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Düngemittelrecht und Sicherheitstechnik die verschiedenen Sachverhalte. Eine
Positivliste - das ist angesprochen worden - schafft Planungs- und Betriebssicherheit bei der Kofermentation.
Auf den niedersächsischen Internet-Seiten sucht man solche praxisgerechten und handlungsorientierten Informationen bislang aber vergeblich. Man findet lediglich eine so genannte Bioenergieoffensive. Die kann daneben jedoch nur einen matten Glanz entfalten; denn sie hat bisher überwiegend nur Ankündigungscharakter.
Meiner Einschätzung nach werden wir noch bis zum Frühjahr nächsten Jahres warten müssen, bis aus dieser Offensive Nägel mit Köpfen gemacht werden.
Nun ein Wort zu den Müller-Kürzungen: Natürlich war es für uns alle eine Schlag ins Kontor, als Wirtschaftsminister Müller Mitte letzten Jahres Kürzungen im Bereich des Marktanreizprogrammes durchführen wollte. Aber, meine Damen und Herren, das ist lange her. Durch Intervention der Verbände, unserer Bundestagsfraktion und auch von Renate Künast direkt konnte nicht nur das Schlimmste verhindert werden, sondern es konnte auch eine Aufstockung des Ansatzes für 2002 von 300 Millionen auf 400 Millionen erreicht werden.
- Das meine ich auch. Dies könnten sie wirklich einmal tun. - Damit, so meine ich jedenfalls, ist dem CDU-Antrag die Substanz entzogen, und er wäre zu diesem Zeitpunkt besser zurückgezogen worden.
Natürlich sind in Bezug auf die neuen Förderrichtlinien - das sage ich hier ganz offen - auch Wünsche, vor allen Dingen Wünsche der Grünen, offen geblieben. Aber wir haben jetzt Möglichkeiten, im Wege der Koalitionsverhandlungen entsprechend nachzubessern. Das ist für uns im Moment der aussichtsreichere Weg.
Ich will abschließend noch ein Wort zu der von der CDU-Fraktion geforderten Privilegierung sagen. In Niedersachsen sollten wir dieses Instrument mit Glacéhandschuhen anfassen. Wir können keine Regelung gebrauchen, die, wie bei den Stallbauten
in Südoldenburg, zu einem Wildwuchs führt. Wir wollen auch, dass mehr Biogasanlagen gebaut werden, aber unter Beachtung und Wahrung des kommunalen Planungsrechtes. Beim Hinweis auf die Windenergie, der hier immer vorkommt, muss man berücksichtigen, dass die Privilegierung der Windenergie nicht eingeführt wurde, um einen ungesteuerten Ausbau zu ermöglichen, sondern um gerade das Gegenteil zu erreichen.
Das wurde mit Hilfe der Ausschlussregelung auch erreicht. Um Wildwuchs zu verhindern, waren die Gemeinden und Kreise gehalten, ausreichende und rechtlich gesicherte Entwicklungsplanungen vorzunehmen. In dieser Hinsicht sind Wind- und Biogasenergie nicht vergleichbar. Die wünschenswerte Zusammenfassung größerer Einheiten beim Wind hat in der Biogastechnologie keine Entsprechung in gleicher Weise. Von daher meine ich, dass wir jetzt die hier formulierten Aufgaben möglichst schnell abarbeiten müssen. Darauf sollten wir unsere Kraft konzentrieren. - Schönen Dank.
Frau Ministerin, das Konzept der Landesregierung sieht vor, neben der Zentrale in Hannover auch eine Niederlassung in Oldenburg einzurichten. Meine Frage ist: Was hat Sie bewogen, in diesem Fall ein dezentrales Angebot zu machen, es aber in anderen Landesteilen - ich denke z. B. an Lüneburg - nicht vorzusehen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! CDUFraktion und Bauernverband sind wankelmütige Gesellen, wenn es darum geht, Zuneigung zu verteilen. Das muss jetzt auch Agrarkommissar Fischler erleiden. Als vor drei Jahren über die Agenda 2000 diskutiert wurde, war er angesichts seiner Vorschläge noch der große Buhmann, vor einem Jahr aber bekam er von Ihrer Seite viel Lob, weil er als vermeintlicher EU-Fels in der Brandung seinen Dienst gegen die rot-grüne Agrarwende aus Berlin geleistet hat. Im Moment ist er aber wieder unten durch, weil er mit seinen Ausführungen zur Halbzeitbilanz daran erinnert hat, was 1999, Herr Kollege Biestmann, alles unerledigt geblieben ist.
Wir jedenfalls begrüßen seine Vorschläge; denn sie stellen einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Neuausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik dar. Außerdem - das ist ja nun das, was Sie so besonders ärgert - stärken und bestätigen Sie den Agrarwendekurs der rot-grünen Bundesregierung im nationalen Bereich.
Wir wollen, Herr Biestmann, nicht blockieren, wie Sie es tun - ich glaube, Sie haben in Ihrem Redebeitrag 25-mal die Wendung „wird abgelehnt“ verwendet -, sondern wir wollen diesen Prozess mit gestalten. Lassen Sie mich deshalb kurz auf die drei wichtigsten Reformdiskussionen eingehen.
Der Ersatz der bisherigen produktionsgebundenen Direktzahlungen durch eine betriebsbezogene Einkommenspauschale ermöglicht eine am Markt und nicht eine an einer Prämienoptimierung orientierte Erzeugung. Die vorgesehene Bindung der Zahlungen an die Einhaltung von Verbraucher-, Umweltund Tierschutzstandards sichert die öffentliche
Akzeptanz dieser Grundprämie. Die Menschen unterstützen nämlich die Honorierung der gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft, nicht jedoch die Finanzierung von Überschüssen aus Steuergeldern.
Folgende Eckpunkte sollten aus unserer Sicht allerdings berücksichtigt werden: Eine Berechnung der Grundprämie, die sich ausschließlich an einem zurückliegenden Referenzzeitraum orientiert, wäre nur ein unzureichender Reformschritt, weil sie die bestehenden Ungerechtigkeiten des bisherigen Systems natürlich konservieren und zementieren würde. Grundlage sollten deshalb alle landwirtschaftlichen Flächennutzungen sein, um die bisherigen prämienbedingten Nachteile der Grünlandregionen zu beseitigen.
Aus ökologischen Gründen und auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sollten auch die so genannten unproduktiven Flächen - also Hecken, Gräben und andere Landschaftselemente - eines landwirtschaftlichen Betriebes mit einbezogen werden. Wir kennen die Schwierigkeiten, die das immer gemacht hat. Durch die Verknüpfung der Zahlungen mit der Einhaltung von Standards des Umwelt- und Tierschutzes sowie der Lebensmittelsicherheit darf kein neuer Verwaltungsaufwand geschaffen werden. Dies kann, wie vorgeschlagen, durch betriebsbezogene Audits erreicht werden, die aus der Förderung der ländlichen Entwicklung entsprechend unterstützt werden sollen. Solche Audits werden im Zuge der verbesserten Qualitätssicherung ohnehin Standard werden. Zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen haben wir jetzt darüber hinaus die Chance, diese Standards EUweit zu harmonisieren.
Die Einführung einer dynamischen Modulation - das ist die zweite Diskussion - ist ein sinnvoller Weg zur Umorientierung der Direktzahlungen. Diese stufenweise Umsetzung in einem absehbaren Zeitraum bietet den Betrieben die Möglichkeit, sich in Ruhe darauf einzustellen. Die Umverteilung der eingesparten Mittel in die Verordnung „Ländliche Räume“ schafft neue Chancen für die Entwicklung strukturschwacher Regionen und die Förderung einer nachhaltigen und verbraucherorientierten Landwirtschaft.
Auch dazu drei Anmerkungen. Die gekürzten Mittel müssen in den betroffenen Mitgliedstaaten - Sie haben demgegenüber gesagt: in der Region verbleiben. Eine zusätzliche nationale Belastung - das ist das Entscheidende - ist nicht akzeptabel.
Von daher ist auch von einer weiteren nationalen Gegenfinanzierung der zusätzlichen Mittel abzusehen. Meiner Meinung nach gehen die Signale aus Brüssel ja in diese Richtung. Sie sind bereits in diese Richtung gesetzt worden. Alle Betriebe müssen die Chance haben, von der Stärkung der zweiten Säule zu profitieren, z. B. durch die Teilhabe an Umwelt- und Tierschutzprogrammen oder durch die Unterstützung der Audit-Verfahren. Auch das Förderspektrum zur Entwicklung der ländlichen Räume muss deutlich erweitert werden, und zwar insbesondere für arbeitsplatz- und umwelterhaltende Maßnahmen sowie für Projekte der Lebensmittelsicherheit und des Tierschutzes.
Insofern kann es, meine ich, nicht richtig sein, wenn Sie zu eng am Landwirtschaftsbegriff hängen. Ich glaube, die Kinder der Landwirtschaftsfamilien, die den Hof nicht übernehmen, werden froh sein, wenn sie im ländlichen Raum auch außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs Arbeitsplätze finden. Mit der Einführung einer betrieblichen Obergrenze unter Berücksichtigung eines Freibetrages, der sich nach der Anzahl der Arbeitskräfte im Betrieb bemisst, wird eine sozial gerechtere Verteilung der Direktzahlungen erreicht. Arbeitsintensivere kleine und mittlere Betriebe werden von Kürzungen ausgenommen, während die Rationalisierungsvorteile flächenstarker Betriebe mit geringem Arbeitskräftebesatz berücksichtigt und durch die Obergrenze ausgeglichen werden. Aber - dickes Aber! - die vorgeschlagene Bemessung der Freibeträge und die übergangslose hundertprozentige Deckelung der Direktzahlung lassen neue Ungerechtigkeiten befürchten.
Wir schlagen deshalb vor, dass die Freibeträge je Arbeitskraft erhöht werden sollten und dass wir von einer starren Obergrenze zu einer degressiven Staffelung kommen. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie bei den weiteren Diskussionen und Verhandlungen in diesem Sinne die niedersächsischen Interessen vertritt.
Ein letzter Satz! Die blockierende Haltung der CDU-Fraktion, dass wichtige, notwendige und
vernünftige Reformen frühestens 2006 umgesetzt werden dürfen, können wir nicht nachvollziehen. Das lehnen wir ab. Die Veränderungen liegen auch im Interesse der niedersächsischen Landwirte.
Es ist doch albern,
Herr Oestmann, mit dem Argument der Planungssicherheit Verbesserungen, die wir schon im Jahr 2004 haben können und die zudem in der Agenda 2000 bereits angelegt sind, um weitere zwei Jahre zu verzögern. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FAG-Diskussion ist ein Dauerthema, und sie wird es natürlich so lange bleiben, bis es zu einer nachhaltigen Lösung der Finanznot unserer Kommunen kommt, einer Finanznot, die, meine ich, in der Anhörung der Spitzenverbände noch einmal aktuell belegt worden ist.
Ich bin der Meinung, dass zur Behebung dieser Finanznot das Land einen eigenen Beitrag leisten muss, unabhängig von dem, was auf der Bundesebene an Aktivitäten vor sich geht, auf die man gerne verweist. - Das ist die eine Sache, aber das Land hat hier eben auch einen Anteil zu erbringen. Das haben wir hier immer wieder eingefordert. Dass das nicht geschieht, sondern im Gegenteil weitere Belastungen erfolgen, ist auch unsere zentrale Kritik an diesem Änderungsgesetz.
Beim Beispiel Kita möchte ich anfangen. Mit 141 Millionen Euro im Jahr nimmt man mehr heraus, als ursprünglich hineingegeben wurde. Es ist auffällig, dass die Differenz gerade dem entspricht, was als Wohltat für die Systembetreuung an den
Schulen vorgesehen ist. Das heißt, die Kommunen bezahlen diese Leistung aus der eigenen Tasche.
Die Herausnahme führt natürlich auch zu einer Schwächung der Ausgleichswirkung des FAG. Als Einzelaspekt und im Durchschnitt gesehen mag das eher gering sein. Nur, das schließt natürlich nicht aus, dass gerade diese Maßnahmen bei einzelnen Kommunen dazu führen, dass der Anspruch auf einen aufgabengerechten Finanzausgleich, wie ihn ja der StGH fordert, nicht mehr erfüllt ist. Das Land hat sich geweigert, dies zu überprüfen.
Zusammen mit den aktuellen dramatischen Einbrüchen im Einnahmebereich sind Verschiebungen in der Verteilungssymmetrie zulasten der Kommunen meines Erachtens nicht mehr von der Hand zu weisen. Diese müssen ausgeglichen werden.
Wenn es in eine andere Richtung geht, ist die Landesregierung ja nicht so zögerlich. Mit 23 Millionen Euro müssen sich die Kommunen solidarisch am BEB-Desaster der Landesregierung beteiligen, und das, obwohl sie in den 80er-Jahren nicht zu den Profiteuren dieser Fördermillionen gehört haben.
Ich möchte auch die Verlagerung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelkontrolle und die damit verbundenen Zahlungen ansprechen. Ich meine, wenn man sich die Ergebnisse der Anhörung und die Unterlagen der Spitzenverbände ansieht, spricht vieles dafür, dass dieser Ansatz nicht auskömmlich ist. Keinesfalls lässt sich damit aber der Anspruch einlösen, den ja auch die Landesregierung erhebt, die Qualität des Verbraucherschutzes, und zwar im operativen Bereich vor Ort, spürbar zu verbessern.
Mit der Gesetzesänderung zu diesem Zeitpunkt in Bezug auf das Göttingen-Gesetz handelt die Landesregierung ein wenig nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. Sie wappnet sich damit zwar selbst gegen weitere Göttinger Forderungen aus ihrer StGH-Schlappe, aber sie belastet damit auch den schon sehr weit fortgeschrittenen Kooperationsprozess, der in der Region stattgefunden hat. Ob das per Saldo eine Gewinnerposition ist, darf, gelinde gesagt, bezweifelt werden.
Zusammenfassend ist deshalb festzustellen: Dieses Gesetz bringt den Kommunen keine Verbesserung ihrer Situation. Im Gegenteil. Deshalb werden wir ihm nicht zustimmen.
Ich möchte noch einmal eine der unbeantworteten Fragen der ursprünglichen Anfrage aufnehmen. Frau Ministerin, können Sie sich vorstellen, dass Sie im Rahmen der Abarbeitung Ihres Kabinettsauftrages die Strategie des Ministerpräsidenten, Probleme nicht zu lösen, sondern gleichmäßig zu verteilen, auch auf andere Gruppen als diesen Ausländeranteil innerhalb der Grundschule übertragen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kommission hat die gemeinsame Forschungsstelle der EU beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, das die Auswirkungen des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen auf die übrige Landwirtschaft beurteilen soll. Diese brisante Studie ist seit Januar fertig und liegt seit dieser Zeit im Giftschrank der Kommission. Erst als Greenpeace vor einigen Tagen eine Zusammenfassung veröffentlichte, wurde dieser Bericht ins Internet gestellt. Angeblich sollten erst die einzelnen Generaldirektionen vor einer Veröffentlichung Stellung beziehen, erklärte man die bisherige Geheimhaltung. Ein Schreiben des Direktors der gemeinsamen Forschungsstelle sagte etwas anderes, dass es sich nämlich um eine sensible Angelegenheit handele. Deshalb schlug dieser vor, diesen Bericht nur für den internen Gebrauch der Kommission zu nutzen.
Was war nun der Inhalt dieses Berichtes „Coexistence in European Agriculture“? Fazit des Berichtes war, dass die friedliche Koexistenz zwischen grüner Gentechnik und gentechnikfreier Landwirtschaft schwierig bis unmöglich ist, in
jedem Fall aber sehr teuer. Wenn man Verunreinigungen von 1 % noch als gentechnikfrei definiert, was an sich schon ein Paradoxum ist, wäre dies nur zu erreichen, wenn von Anfang an ein Riesenaufwand mit Abstandsregelungen, regional abgestimmter Anbau- und Sortenplanung, mit Abschirmmaßnahmen, mit Kontrollen und Versicherungen betrieben würde. Eine wirkliche Gentechnikfreiheit mit einem Grenzwert auf der Nachweisgrenze, die heute bei 0,1 % Verunreinigung liegt und auf die z. B. der Ökolandbau gesetzlich zwingend angewiesen ist, ist nach dieser Studie nicht zu erreichen, selbst dann nicht, wenn man den Kostenaufwand noch weiter steigert.
Kurz: Ein Nebeneinander von grüner Gentechnik und gentechnikfreier Landwirtschaft ist nicht mehr und nicht weniger als die Quadratur des Kreises. Das muss man sehen vor dem Hintergrund, dass übergeordnetes politisches Ziel - das gilt für alle Fraktionen, so weit man dies gehört hat - die Wahlfreiheit für Landwirte und Verbraucher sein soll. Diese Wahlfreiheit ist vor diesem Hintergrund eine Farce. In dieser Situation legt nun die EU einen Richtlinienentwurf vor, der die Kennzeichnung von Saatgut regeln soll, das mit GVOs verunreinigt ist. Über diese Richtlinie soll im Dezember dieses Jahres entschieden werden. Sie sieht vor, dass gentechnische Verunreinigungen im Saatgut je nach Sorte zwischen 0,3 und 0,7 % zugelassen sind, ohne dass es einer Kennzeichnung bedarf. Das heißt, auf jedem Hektar Acker können 30 bis 70 m² gentechnisch veränderter Pflanzen stehen, ohne dass der Landwirt dies weiß.
Wir sind in der EU, was die Bereiche Lebensmittel und Landwirtschaft betrifft, noch weitgehend gentechnikfrei. Es gibt keine originär gentechnisch veränderten Lebensmittel. Es gibt keine Lebensmittel, die lebende GVOs enthalten. Lediglich die Lebensmittel der dritten Kategorie - d. h. verarbeitete Produkte aus GVOs ohne lebenden gentechnisch veränderten Organismus - sind auf dem Markt. Auch die sind entsprechend dem Verbraucherwunsch auf dem Rückzug.
Hat die Stiftung Warentest vor zwei Jahren noch bei 31 von 82 getesteten Produkten transgene Zutaten von bis zu 20 % gefunden, so erbrachte die jetzige Wiederholung des Tests, dass die Produkte entweder vom Markt verschwunden waren oder keine Belastung oberhalb von 0,1 % mehr messbar war. Wenn der Vorschlag der EU-Kommission Gesetz wird und sich die Gentechnikindustrie damit in Brüssel durchsetzt, ist es aus mit der gen
technikfreien Landwirtschaft in Europa. Wir hätten eine völlig unkontrollierte schleichende Einführung der grünen Gentechnik durch die Hintertür gegen den Willen der Mehrheit der Verbraucher und der Landwirte. Dagegen gibt es Widerstand bei vielen Gruppen.
Selbst das EU-Parlament, das hier nicht beteiligt wird, ist für eine Zurückstellung dieser Richtlinie. Mehr als 20 Umweltschutz-, Bauern- und Verbraucherschutzorganisationen einschließlich einiger kleiner und mittlerer Saatgutunternehmen haben die Aktion „Save our Seeds“ ins Leben gerufen. Ziel dieser Aktion ist es, ein Reinheitsgebot für Saatgut durchzusetzen. Das heißt technisch, einen Verunreinigungswert von 0,1 % festzulegen, wie dies in Österreich bereits erfolgt ist. Dieses Reinheitsgebot haben wir in unseren Antrag übernommen. Wir wollen, dass Kosten und Auflagen zur Gewährleistung dieses Reinheitsgebotes von denjenigen getragen werden, die GVOs herstellen und anbauen wollen, nicht aber, wie es sich jetzt andeutet, bei denjenigen hängen bleiben, die gentechnikfrei arbeiten wollen oder müssen. Wir wollen Sie bitten, dass dieser Landtag diese Anliegen auch im Interesse der niedersächsischen Landwirtschaft unterstützt.
Während die EU-Kommission im Allgemeinen wahrlich nicht als Hort der Deregulierung gilt, ist doch bezeichnend, dass sie sich hier zwar als Türöffner für die Genlobby betätigt, zu allen Rahmenbedingungen aber schweigt. Zum einen ist doch befremdlich, dass beim Saatgut vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen, bevor überhaupt über einen Grenzwert für Gentechnikfreiheit bei Futter- und Lebensmitteln entschieden worden ist. Zum anderen gibt es einen riesigen rechtlichen Klärungsbedarf, der logischerweise noch vor der Verabschiedung einer solchen Richtlinie abgearbeitet werden muss. Ungeklärt sind z. B. folgende Fragen: Welche Verpflichtungen zur Vermeidung von Auskreuzung, Fremdbestäubung und anderweitiger, auch mechanischer Verbreitung werden den In-Verkehr-Bringern und Anwendern von GVOs bei Zulassung des Anbaus auferlegt? Welche Versicherungspflicht für Erzeuger und Anwender von GVOs besteht, um die damit verbundenen Risiken abzudecken? Welche Informationsrechte und -pflichten über den Anbau von GVO’s bestehen im nachbarschaftlichen Verhältnis und in der Öffentlichkeit? Wie sind eventuelle nachbarschaftliche, kommunale oder auch regionale Interessenskonflikte in Bezug auf den Anbau von GVOs zu lösen? Schließlich: Welche Haftungsbe
stimmungen ermöglichen es künftig, gegebenenfalls den Verursacher bestimmter gentechnischer Verunreinigungen hierfür in Anspruch zu nehmen? Welche Beweislast kommt dabei auf die Beteiligten zu?
Ohne zufrieden stellende Klärung dieser Fragen bleibt das Vorhaben der Kommission ein Putsch, der zugunsten von Konzernrenditen in Kauf nimmt, dass gentechnikfreie Landwirtschaft mit gentechnikfreien Lebensmitteln und damit eben auch ökologischer Landbau in Zukunft nicht mehr möglich sein werden.
(Zuruf von Oestmann [CDU])
Deswegen, Herr Oestmann, bitte ich dieses Haus und auch Sie: Lassen Sie uns das tun, wofür wir gewählt worden sind. Lassen Sie uns die Interessen der Menschen vertreten, die genau das mit großer Mehrheit - und zwar zu 95 % in Europa - nicht wollen. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nichts mehr zu einem Antrag sagen, den wir gleich hier einvernehmlich verabschieden werden und der letzten Endes nichts anderes als die allgemeine Aufforderung ist, im Bereich Lebensmittelqualität mehr zu tun. Ich möchte über die drei Nitrofen-Anträge sprechen.
Der Nitrofen-Skandal ist aus meiner Sicht ein fünffaches Altlastenproblem. Die erste Altlast ist der Wirkstoff selbst, der ein seit langem verbotenes Produktionsmittel aus dem konventionellen Landbau ist. Vor zwei, drei Jahren hat eine wissenschaftliche Studie belegt, dass die Kosten, die der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln volkswirtschaftlich verursacht, sehr viel höher sind als der Nutzen, der letzten Endes durch diesen Einsatz erreicht wird. Herr Oestmann, da war Nitrofen noch gar nicht in der Kalkulation. Wenn Sie das noch draufrechnen, wird es noch schlimmer.
Nitrofen ist ein Stoff in einer langen Kette von gern eingesetzten Pestiziden, die nach und nach verboten werden mussten, weil sie die Gesundheit der Menschen gefährden können. Das Letzte, was verboten worden ist, war im letzten Jahr das Krautfäulefungizid Brestan. Jetzt heißen die Wirkstoffe Fluazinam, Cyazofamid, Maneb, Metiram, Propineb usw. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Wirkstoffe. Ich bin sicher: Obwohl die Wissenschaft uns heute bestätigt, dass natürlich alle völlig ungefährlich sind - genauso, wie sie das übrigens seinerzeit auch für DDT, Lindan, Atrazin, Nitrofen oder Brestan getan hat -, wird bald der Nächste dieser Stoffe auf der Liste der verbotenen Stoffe stehen.
Deswegen sage ich: Dieser Nitrofen-Skandal ist auch ein Argument für den Ökolandbau, der ohne diese Mittel auskommt.
Die zweite Altlast sind die Vorbehalte gegen den Ökolandbau, die nach wie vor in den Köpfen der Alt-Landwirtschaftspolitiker herumspuken, die aus wahlarithmetischen Gründen die Vorzüglichkeit der biologischen Wirtschaftsweise nicht anerkennen wollen. Da ist, denke ich, auch Herr Bartels angesprochen, der spontan geneigt war - vielleicht war es doch nicht so spontan -, den NitrofenSkandal zu instrumentalisieren und daraus einen Öko-Skandal und ein Argument gegen die Agrarwende zu machen, und zwar wider besseres Wissen.
Die Vorteile des ökologischen Landbaus im Vergleich zu anderen Verfahren sind offenkundig und wissenschaftlich belegt. Es ist nicht nur der Verzicht auf Chemie und auf Gentechnik. Er ist energiesparender, er ist klimaschonender, er weist deutlich geringere Nitratgehalte im Boden auf, verfügt über eine deutlich höhere Artenvielfalt, und seine Produkte verfügen über besondere gesundheitliche Qualitäten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die neuesten britischen Untersuchungen über eine verbesserte Krebsprophylaxe durch erhöhte Salicylsäurewerte im Ökogemüse.
Herr Oestmann, diese Fakten muss man auch mal benennen dürfen, ohne dass einem gleich eine Polarisierung zwischen konventionellem und biologischem Landbau unterstellt wird.
Das tun Sie. Das hat der Herr Landwirtschaftsminister unterlassen. Deswegen leidet auch seine Glaubwürdigkeit, wenn er bei der Eröffnung der Ökolandbau-Tage einmal so redet und dann aus Angst vor Liebesentzug durch den LandvolkVerband und Herrn Niemeyer beim LandvolkVerband anders redet. So geht es nicht!
Die dritte Altlast sind die Strukturen, über die wir heute Morgen auch schon geredet haben. Die agrarindustriellen Strukturen in den vor- und nachgelagerten Bereichen, die jetzt auch in den Bereich des Ökolandbaus eingedrungen sind, sind skandalerfahren und abgebrüht. Bezeichnenderweise befindet sich das Epizentrum dieses Skandals im Massentierhaltungsgebiet Süd-Oldenburg. Die dortige Agrarindustrie hat die ökonomischen Vor
teile der Bioproduktion entdeckt und ist groß eingestiegen. Meine Damen und Herren, wir haben es erlebt: In diesem landwirtschaftlichen BermudaDreieck mit seinen personellen und finanziellen Verflechtungen wurde verschwiegen, vertuscht, getäuscht und gesetzwidrig agiert.
Ich will nicht falsch verstanden werden, meine Damen und Herren.
Wenn wir viele Menschen mit Ökolebensmitteln versorgen wollen, Herr Kollege Ehlen,
dann brauchen wir auch die größeren Betriebseinheiten. Aber wir dürfen den Ökolandbau nicht schutzlos diesen Agrarindustriellen überlassen, diesen Unternehmen, denen die eigene Rendite längst wichtiger ist als die ursprüngliche Dienstleistungsfunktion für die Höfe.
Ich komme jetzt zur vierten Altlast, Herr Ehlen. Diese vierte Altlast, meine Damen und Herren, ist die mangelnde Sensibilität in den Behörden zu Verbraucherschutzfragen. Auch hier handelt es sich um eine Altlast in den Köpfen, wo noch nicht klar ist, dass Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik inzwischen von der Ladentheke aus gemacht wird, wo - wie in Bayern und Sachsen Pflanzenschutzmittelrückstände nicht als ernsthafte Gefahr angesehen werden - Bayern und Sachsen werden erst tätig, wenn hundert- bis tausendfache Grenzwertüberschreitungen eintreten; erst die werden als gesundheitsgefährdend eingestuft - und wo Testergebnisse - das sind keine MonitoringErgebnisse, sondern positive Testergebnisse - erst bis zu einem halben Jahr später behördlich beschieden werden. In den Behörden ist auch nach wie vor nicht klar, meine Damen und Herren, wie sich die Eltern der Bremer Kindergartenkinder fühlen, die belastetes Putenfleisch gegessen haben.
Diese Altlast, meine Damen und Herren, ist offensichtlich auch im niedersächsischen Behördenapparat. Wir haben inzwischen sehr viel darüber gehört. Deshalb will ich aus Zeitgründen nicht noch einmal auf diese Beispiele eingehen. Aber, Herr Minister Bartels, da hilft kein Persilschein, wie Sie ihn mit Ihrer Presseerklärung für die Kreise und Behörden ausgestellt haben, sondern da hilft nur eine kalte Dusche, die diesen Büroschlaf endlich beendet.
Meine Damen und Herren, ich komme damit zur fünften und vorerst letzten Altlast des NitrofenSkandals. Das ist die nach wie vor in der Tat unzureichende Lage der gesetzlichen Bestimmungen. Dazu spreche ich insbesondere, Herr Kollege Ehlen, die CDU an. Hier ist nämlich das Verhalten der CDU ganz typisch. Sie wird zu einem Weltmeister der Verdrängung und der Bewusstseinsspaltung. Seit anderthalb Jahren bekämpfen Sie fast jede Verbraucherschutzinitiative von Frau Künast, und jetzt maulen Sie, dass sie es in diesen anderthalb Jahren noch nicht geschafft hat, den ganzen Schrott aufzuarbeiten, den Sie in 16 Jahren Regierungszeit verzapft haben. So ist doch die Sache.
Ich will Ihnen das beweisen - auch Bärbel Höhn hat Ihnen das in der vergangenen Woche in das Stammbuch geschrieben -: 1995 bis 1998 tauchten überall Rückstände in Lebensmitteln auf, wobei die Werte höher als die gesetzlich erlaubten Werte waren. Sie haben damals sofort gehandelt. Soll ich Ihnen sagen, wie? - Sie haben die Grenzwerte raufgesetzt. So haben Sie Verbraucherschutzpolitik gemacht.
Sie sind dafür verantwortlich, dass die offene Deklaration bei Futtermitteln abgeschafft worden ist. Ferner waren Sie, Ihre Partei in der Regierung, es, die 1997 bei der Novelle des Produktsicherheitsgesetzes dafür gesorgt haben, dass die Rechte der Behörden geschwächt und diejenigen der Lebensmittelwirtschaft und des Handels gestärkt worden sind. Damals ist sozusagen eingeführt worden, dass heute die Behörden nur tätig werden können, wenn ganz klar gesundheitliche Gefahren nachgewiesen worden sind. Das geht auf Ihre Kappe. Aber jetzt wollen Sie es Frau Künast anlasten. So geht es jedoch nicht, meine Damen und Herren.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sind Ihrer Verbraucherschutzfeindlichkeit treu geblieben, wie der Umgang mit dem Verbraucherinformationsgesetz in den vergangenen Tagen und Wochen gezeigt hat.
Deswegen kann es aus diesem Skandal nur ein Fazit geben: Es muss mit der Agrarwende weitergehen. Es muss mit der Agrarwende sogar beschleunigt weitergehen. Darum werden wir auch weiterhin kämpfen. - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Oestmann, im Oktober 2000 haben Sie von diesem Platz aus prognostiziert, dass wir diesen Antrag bald wiedersehen würden. Sie hatten damals noch vermutet, mit einem anderen Autor. Diese Prognose ist zur Hälfte eingetreten. Wir haben den Antrag wieder, allerdings vom gleichen Autor. Das entwertet Ihre Prognose; das werden Sie zugeben. Ich war deswegen versucht, meine Rede vom Januar 2000 zur ersten Beratung herauszuholen und wieder vorzulesen. Ich fand das dann aber doch ein bisschen zu provokativ. Ich will Ihnen also deswegen mit anderen Worten das gleiche wie damals sagen.
Es handelt sich hier um eine alte Dauerforderung der CDU-Fraktion. Sie haben es selbst gesagt. Es ist auch das alte Programm. Wachstumsbetriebe
werden mit Mitnahmeeffekten hofiert, und Betriebe des unteren Einkommensdrittels werden abgeschrieben.
Vom Staat erwartet man dann, dass er sie mit einer Produktionsaufgaberente ruhig stellt, und man verpasst sich dann selbst den Heiligenschein eines Sozialapostels.
Nur, so geht es natürlich nicht. Einerseits ist es schlicht und einfach das falsche Signal. Selbst wenn man zu dem Schluss kommt, dass der Strukturwandel nicht aufhaltbar ist, kann man daraus nicht die Folge ziehen, dass man ihn deswegen politisch fördern müsste. Wir haben die Aufgabe, Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu erhalten und zu sichern und nicht, Arbeitslosigkeit zusätzlich zu produzieren. Das ist auch Teil der multifunktionalen Landwirtschaft, wie sie ja als europäisches Landwirtschaftsmodell beschrieben und von uns auch vertreten wird. Ich finde auch, die Politik der Bundesregierung bietet da schlicht bessere Alternativen. Es geht darum, neue Chancen im Bereich der Öko- und Qualitätsproduktion zu schaffen. Es geht um die Unterstützung regionaler Vermarktung. Es geht um neue Chancen bei der Erschließung von alternativen Einkommensquellen, vor allem etwa im Energiebereich.
Das Motto darf nicht heißen „Gib auf; andere können es besser als du!“, sondern das Motto muss heißen: „Bleib‘ auf dem Lande, sei kreativ und nutze die Chancen, die geboten werden!“
Bei allem Gejammer - auch von Ihnen, Herr Kethorn - zeigt der Vergleich mit unseren heutigen und künftigen EU-Nachbarn, dass wir dafür gar nicht die schlechtesten Voraussetzungen haben. Ich erinnere z. B. an die Einkommensentwicklung Ende letzten Jahres. Sie sind da letzten Endes auch furchtbar widersprüchlich. Auf der einen Seite kritisieren Sie die Bundespolitik und Frau Künast immer mit dem Hinweis, sie beschleunige den Strukturwandel,
(Kethorn [CDU]: Das ist ja auch so! und hier schlagen Sie selber ein Beschleunigungs- instrument vor. So kann es doch nicht gehen! (Zustimmung von Frau Litfin [GRÜ- NE] - Biestmann [CDU]: Es geht um die soziale Abfederung!)
Das Ganze ist auch inhaltlich problematisch, Herr Oestmann. Ich empfehle Ihnen, bevor Sie den Antrag ein weiteres Mal stellen: Lesen Sie sich die Dokumentation des Experten-Workshops der FAL von 1999 durch! Es gab drei Ziele bei der alten Regelung: Marktentlastung, Strukturverbesserung und soziale Flankierung. Zu allen drei Punkten ist in diesem Workshop von den Fachleuten festgestellt worden: Keiner dieser Punkte ist erreicht. Die Marktentlastung war minimal und ist sofort als Ziel gestrichen worden. Die Strukturverbesserung ist nicht erreicht worden, weil es sich um reine Vorzieheffekte handelte, die nach fünf oder sechs Jahren ohnehin eingetreten wären. Selbst die sozialen Effekte wurden so bezeichnet, dass man sagte, es habe eine erhebliche Zielunschärfe gegeben. Das Problem war, dass die Produktionsaufgaberente die Betriebe ansprach, die noch relativ gut gestellt waren. Die, die eigentlich bedürftig waren, konnten sich die Produktionsaufgaberente gar nicht leisten. Von daher ging das auch völlig ins Leere.
Als Letztes - Sie werden sagen, das ist ein Totschlagsargument - müssen wir natürlich auch die Finanzierung hier ansprechen. Das ist in der Tat diesmal ein Mausetotschlagsargument. Sie haben ja schon beim letzten Antrag nicht vermocht, entsprechende Finanzierungsvorschläge zu machen. Sie haben immer nur angedeutet, dass PROLAND umgeschichtet werden könnte, dass möglicherweise auch im Sozialbereich umgeschichtet werden könnte. Aber Sie haben nie gesagt, was konkret passiert, weil Sie natürlich immer anderen Leuten vor‘s Schienbein getreten hätten. Jetzt kommen Sie mit der Modulation als Finanzierungsinstrument.
Die Modulation bringt bundesweit gut 80 Millionen Euro. Damals hat es eine Berechnung gegeben, die als Finanzbedarf für eine entsprechende Produktionsaufgaberente geschätzte 200 Millionen Euro ausgewiesen hat. Das heißt, es gibt erst einmal keine Agrarumweltmaßnahmen, es gibt keine FFH-Unterstützung, es gibt keinen Herauskauf von Stallplätzen - damit könnte ich leben, gebe ich zu -, aber es gibt eben auch keine weitere Förderung artgerechter Tierhaltung, wie wir sie wollen. Trotzdem reicht es noch nicht. Was schlagen Sie denn vor? Wie hoch wollen Sie die Mo
dulation denn heraufsetzen? - Auch hier besteht eine Widersprüchlichkeit: Erst lehnen Sie die Modulation ab, und jetzt wollen Sie sie quasi verdreifachen.
Fazit, Herr Oestmann: Es gibt keine neuen Erkenntnisse, es gibt eher weniger Geld als mehr, und es gibt, denke ich, kein anderes Ergebnis in der Beurteilung als vor 20 Monaten. Wir könnten uns viel Arbeit sparen, wenn wir den Antrag hier heute gleich ablehnen. - Danke schön.