Meine Damen und Herren, am 24. Oktober 2002 verstarb der frühere Vizepräsident des Niedersächsischen Landtages und ehemalige Abgeordnete Herr Professor Winfried Hedergott im Alter von 83 Jahren.
Herr Professor Hedergott war von 1951 bis 1970 und von 1974 bis 1978 Mitglied der FDP-Fraktion des Niedersächsischen Landtages. Während dieser Zeit war er Mitglied im Präsidium und im Ältestenrat, war Vizepräsident, Fraktionsvorsitzender und in verschiedenen Ausschüssen tätig. Darüber hinaus war Herr Professor Hedergott Mitglied der Sachverständigenkommission für die Verwaltungsund Gebietsreform und in den Jahren 1983 bis 1999 Mitglied des Staatsgerichtshofes.
Herr Hedergott war Inhaber des Großen Verdienstkreuzes und des Großen Verdienstordens mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie des Großen Verdienstkreuzes des Niedersächsischen Verdienstordens und der Niedersächsischen Landesmedaille.
Herr Hedergott gehörte zu den bedeutenden Persönlichkeiten der ersten Jahrzehnte des Niedersächsischen Landtages. Er hat dem Landtag bis in die letzten Wochen seines Lebens die Treue gehalten. Beispielsweise noch am 9. September war er aus Anlass der Gedenkfeier für die Opfer des 11. September hier anwesend.
Zur Tagesordnung: Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen gedruckt vor. Der Herr Finanzminister hat mit Schreiben vom 18. November 2002 mitgeteilt, dass er beabsichtigt, zu Beginn der heutigen Sitzung eine Regierungserklärung zur Lage der Landesfinanzen nach der Steuerschätzung und zur Vorlage eines Finanzierungsnachtrages 2002/2003 abzu
geben. Das liegt Ihnen in der Drucksache 3902 vor. Für die anschließende Besprechung schlage ich folgende Redezeiten vor: SPD- und CDU-Fraktion jeweils bis zu 30 Minuten, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bis zu 15 Minuten. - Ich stelle fest, dass das Haus mit dieser Regelung einverstanden ist.
Für die dann folgende Aktuelle Stunde liegen zwei Beratungsgegenstände vor. Da diese das gleiche Thema zum Gegenstand haben, sind die Fraktionen übereingekommen, beide Punkte gemeinsam zu behandeln. Dazu hat sich der Kollege Schünemann zur Geschäftsordnung gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der letzten Woche einen Justizskandal erleben müssen, der die Menschen in unserem Lande zutiefst erschüttert hat. Es hat ein Mord allein deshalb verübt werden können, weil sich die Staatsanwaltschaften bei einem Vergewaltigungsfall nicht in der Lage gesehen haben, innerhalb von sechs Monaten Anklage zu erheben. Wegen vermeidbarer Verfahrensverzögerung musste das Gericht entscheiden, dass ein Straftäter, der bereits zu einem Tötungsdelikt verurteilt worden ist, aus der Untersuchungshaft entlassen werden musste.
Meine Damen und Herren, aus dem Grunde könnten die Bürgerinnen und Bürger auch nicht verstehen, wenn wir heute hier im Plenum nur in der Aktuellen Stunde darüber diskutieren und nicht gleichzeitig konkrete Maßnahmen verabschieden, damit so ein Justizskandal in unserem Land nicht wieder passieren kann.
Deshalb beantragen wir erstens, Herr Präsident, die Tagesordnung um einen Entschließungsantrag zu erweitern, in dem wir die Landesregierung auffordern, die Staatsanwaltschaften und die Gerichte unverzüglich so auszustatten
und ein funktionierenden Frühwarnsystem einzurichten, dass eine solche Fristenüberschreitung nicht eintreten kann.
Zweitens beantragen wir, dass Gewalt- und Sexualstraftäter nun endlich verpflichtend von jeweils zwei externen Sachverständigen untersucht werden, bevor sie Freigang aus Haft- und Maßregelvollzug erhalten.
Wir beantragen drittens, dass nun endlich ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, mit dem die nachträgliche Sicherungsverwahrung ermöglicht wird.
- Ich muss ja schon den Antrag formulieren, damit Sie wissen, worüber wir tatsächlich sprechen wollen.
Viertens beantragen wir, dass nun endlich eine Bundesratsinitiative ergriffen wird, damit die Gesetzeslücken beim Sexualstrafrecht geschlossen werden können.
Meine Damen und Herren, alle diese Punkte haben wir seit Monaten, seit Jahren hier beantragt. Hier gibt es Versäumnisse, die vor allen Dingen der Justizminister zu verantworten hat. Danach, was in den letzten zwei Wochen passiert ist, bleibt nur ein einziger Schluss, nämlich dass wir als Landtag den Ministerpräsidenten auffordern, seinen Justizminister zu entlassen!
Ich glaube, die Menschen in unserem Lande würden es nicht verstehen, wenn Sie am heutigen Tage nicht über diesen Entschließungsantrag debattieren und nicht auch am heutigen Tage darüber entscheiden wollten. Ich bitte, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Schünemann hat eben in einer Geschäftsordnungsdebatte versucht, die inhaltlichen Positionen der CDU in diesem sicherlich sehr tragischen Fall darzustellen. Deswegen kann ich nicht umhin, Herr Präsident, auch für meine Fraktion dazu Stellung zu nehmen.
Meine Damen und Herren, es ist ein tragischer Mordfall passiert. Die CDU-Fraktion fordert in ihrem Entschließungsantrag, Staatsanwaltschaften und Gerichte unverzüglich auszurüsten. Heute Morgen hat eine Rechtsausschusssitzung stattgefunden, in der Ihnen der Minister hat überzeugend darlegen können, wie gut Staatsanwaltschaften und Gerichte in Niedersachsen ausgestattet sind.
Sie fordern des Weiteren in Sachen Gewalt und Sexualtäter eine Veränderung, die seit langem auf dem Wege ist und in diesem Fall leider gar nicht geholfen hätte.
Außerdem fordern Sie, dass Sexualtäter zukünftig von zwei Sachverständigen untersucht werden sollen. Auch das ist bereits auf dem Wege. Von daher ist hierfür ebenfalls keine Dringlichkeit gegeben.
(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Passiert ist überhaupt nichts! - Weitere Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, auch das Thema der Lücken - wie Sie sagen - im Sexualstrafrecht ist in der Diskussion und wird auf Bundesebene geklärt. Daher haben wir zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde.
sondern darum, einen erfolgreichen Minister dieses Landes zu desavouieren und ihn in ein schlechtes Licht zu setzen.
Meine Damen und Herren, wir haben nichts gegen diese Debatte, da sie sowieso in der Aktuellen Stunde stattfindet. Wir schlagen dem Landtag vor, dass wir den Entschließungsantrag im Rahmen der Aktuellen Stunde mitberaten. Wenn Sie möchten, dass wir heute gleich darüber abstimmen, wären wir dazu bereit. Dann müssen Sie aber den Vorschlag machen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird den Antrag der CDU-Fraktion auf Erweiterung der Tagesordnung zustimmen. Da diese Situation erst nach der Sitzung des Ältestenrates vorlag, finde ich es völlig angemessen, die Tagesordnung zu erweitern.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, Herr Kollege Schünemann, dass die Aktuelle Stunde nicht irgendein Tagesordnungspunkt ist, sondern dort findet bekanntermaßen eine herausgehobene Diskussion innerhalb der Tagesordnung statt. Aber wenn Sie der Meinung sind, dass wir darüber noch einmal im Rahmen einer Antragsberatung diskutieren sollten, dann finden wir das richtig und sollten es tun. Ich bin allerdings nicht der Auffassung, dass über diesen Antrag direkt abgestimmt werden sollte. In einem solchen Fall kann man eine seriöse Beratung nur dann gewährleisten, wenn sie auch im Ausschuss erfolgt. Ich meine, dass Sie mit dem Unterfangen, über einen solchen Antrag direkt abzustimmen, Ihr Anliegen in gewisser Weise selbst diskreditieren.
Die drei Fraktionen haben zur Geschäftsordnung gesprochen. - Herr Schünemann, noch einmal zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Pothmer, die Aktuelle Stunde ist eben nicht dafür geeignet, etwas direkt zu beschließen. Deshalb müssen wir einen Entschließungsantrag einbringen. Ich freue mich, dass die Fraktionen darin übereingekommen sind, tatsächlich über diesen Antrag zu diskutieren, und dass wir dann zumindest die Möglichkeit haben, sofort über diesen abzustimmen, weil er eilt. Deshalb werden wir auf jeden Fall beantragen, dass direkt abgestimmt wird. Wir sind damit einverstanden, dass wir im Rahmen der Aktuellen Stunde darüber diskutieren und dass der Punkt an die Aktuelle Stunde angehängt wird. Uns geht es darum, dass schon heute konkrete Maßnahmen beschlossen werden können. - Vielen Dank.