Brigitte Pothmer

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Frau Ministerin, wie steht die Landesregierung vor dem Hintergrund von, wie zumindest ich finde, unbestreitbaren Problemen in der Pflege zu den Bestrebungen der Pflegekräfte, eine Pflegekammer einzurichten, um der Pflege innerhalb des Gesundheitssystems einen größeren Stellenwert zu geben?
Frau Ministerin, es gibt ganz offensichtlich Bestrebungen innerhalb der CDU, das Niedersächsische Pflegegesetz abzuschaffen.
Zumindest vertritt Herr Althusmann in Lüneburg eine solche Auffassung. Können Sie uns sagen, welche Konsequenzen das für die pflegebedürftigen Menschen in Niedersachsen hätte?
Herr Minister, in Anbetracht der Tatsache, dass die Landesregierung offensichtlich wenig Informationen darüber hat, wann, wie oft und wo regional verteilt solche Veranstaltungen stattfinden, frage ich Sie: Hält sie es vor diesem Hintergrund nicht doch für notwendig, Gespräche mit den Kommunen einzuleiten, um sich einen Überblick über die Dimension des Problems hier in Niedersachsen zu verschaffen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Friedhofs- und Bestattungsrecht in Niedersachsen stammt aus dem Jahre 1934 und ist derzeit in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt. Diese Rechtsvorschriften sind veraltet und entsprechend anpassungsbedürftig. Dies ist auch so, weil sich die Anschauungen und Wertvorstellungen der Bürgerinnen und Bürger vielfach verändert haben. Die Regelungen entsprechen auch nicht mehr den individuellen Wünschen Verstorbener und ihrer Angehörigen. In Niedersachsen lebt nämlich inzwischen eine große Zahl von Menschen, die nicht christlichen Glaubens sind. Auch diesen Menschen müssen wir die Möglichkeit eröffnen, die Bestattung ihrer Angehörigen entsprechend ihrer eigenen Tradition und Überzeugung vorzunehmen.
Weil das so ist, schlagen wir vor, den Sargzwang bei Erdbestattungen aufzuheben. Mit diesem Vorschlag nehmen wir in erster Linie auf islamische Bestattungsvorschriften Rücksicht; denn im Islam ist die sarglose Erdbestattung die einzige erlaubte Bestattungsart. Jede andere Art ist den Muslimen nur in einem Notfall möglich, zum Beispiel bei Seuchen oder Überschwemmungen.
Dass wir in Deutschland nach wie vor die Sargpflicht haben, hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Hinterbliebene ihre Toten immer in ihre Ursprungsländer überführt haben. Das bedeutet natürlich, dass den Hinterbliebenen, die zum Teil seit Generationen hier leben, der Ort für ihre Trauer und ihre Friedhofsbesuche fehlt.
Ich meine, es gebietet schlicht der Respekt vor den Menschen nichtchristlichen Glaubens, die zum Teil seit Generationen in Deutschland leben, unsere Friedhofsordnung so zu ändern, dass auch sie die Möglichkeit haben, ihre Toten ihrem Ritus entsprechend zu begraben und zu betrauern.
Zweitens schlagen wir in unserem Antrag vor, den Friedhofszwang für die Urnenbestattung aufzuheben. Wir möchten gerne, dass Angehörige in Niedersachsen ebenso wie in anderen europäischen Ländern die Möglichkeit haben, die Asche ihrer Verstorbenen mit nach Hause zu nehmen, sie an Orten ihrer Wahl aufzubewahren oder an dafür vorgesehenen Orten zu verstreuen. Voraussetzung hierfür soll nach unseren Vorstellungen sein, dass die Verstorbenen dies zu ihren Lebzeiten schriftlich niedergelegt haben. Das ist eine sehr hohe Hürde.
Ich muss Ihnen sagen, mich hat eigentlich überrascht, dass insbesondere die Vertreter der evangelischen Kirche die Aufhebung des Friedhofszwangs mit der Abschaffung der Friedhöfe gleichgesetzt haben. Ich kann diese Sichtweise überhaupt nicht nachvollziehen. Auch der CDU-Abgeordnete Herr Bookmeyer hat ja vor der Zerstörung der Friedhofskultur in Deutschland gewarnt.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass Sie gegenüber den Ritualen, die hier über Generationen gewachsen und in der Bevölkerung stark verwurzelt sind,
kein Vertrauen haben; denn die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern haben gezeigt, dass diese Möglichkeit nur von einer verhältnismäßig kleinen Gruppe von Angehörigen - in den Niederlanden gerade mal 1 % - in Anspruch genommen worden ist.
Ich bin der Meinung, dass die christlichen Rituale, die seit langem gewachsen und tief verwurzelt sind, dafür Sorge tragen werden, dass eine solche Möglichkeit nicht flächendeckend von allen in Anspruch genommen würde. Gleichwohl sollte es sie geben. Rituale sind ja nicht so einfach zu ersetzen; das weiß ich auch.
Aber wenn die Sorge, die die Vertreter und Vertreterinnen der evangelischen Kirche vorgetragen haben, tatsächlich berechtigt ist, wenn die Stimmung in der Bevölkerung tatsächlich so ist, dass mit der Aufhebung des Friedhofszwangs die Existenz der Friedhöfe gefährdet wäre, dann, meine Damen und Herren, ist die Debatte um die Neuordnung des Friedhofwesens zwingender denn je. Es kann doch nicht sein, dass nur der Friedhofszwang, d. h. nur darüber, dass den Verstorbenen und ihren Angehörigen keine Alternative zur Verfügung steht, die Existenz der Friedhöfe sichert. Ich glaube nicht, dass das so ist. Aber wenn ihre Befürchtungen berechtigt sind, dann, glaube ich, ist eine solche Debatte dringend notwendig. Meine Auffassung ist, dass die Kirchen für den Umgang mit dem Tod ein gutes Angebot machen. Sie sollten versuchen, über die Qualität ihres Angebotes zu überzeugen, statt die Debatte über die Aufrechterhaltung eines Zwangs abzuwürgen.
Drittens schlagen wir in unserem Antrag vor, dass es eine Neuregelung bei der Bestattung von Totund Fehlgeburten geben sollte. Sie alle wissen, dass in diesen Fällen eine Bestattung derzeit schon möglich ist. Das Problem ist aber, dass viele Eltern, Mütter und Väter darüber gar nicht informiert werden. Deswegen müssen wir da noch einmal nachregeln. Ich meine, es ist dringend notwendig, dass Fehlgeburten und totgeborene Kinder aus dem Status von Operationsabfällen herausgeholt werden, damit auch in dieser schweren Situation eine echte Trauerarbeit möglich ist.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich glaube, letztlich ist der Umgang mit dem Tod genau so individuell wie das Leben. Deswegen ist es die Auffassung meiner Fraktion, dass wir bei der Neuregelung der Friedhofsordnung ein weites und vielfältiges Spektrum von Trauerritualen ermöglichen sollten. Dafür sollte unser Antrag einen Anstoß geben. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Jahns, ich war über Ihren Beitrag wirklich etwas schockiert,
insbesondere über die Stelle, an der Sie noch einmal deutlich gemacht haben, dass Menschen anderer Glaubensrichtungen, wenn sie denn schon bei uns leben wollen, sich dann gefälligst auch unseren christlichen Vorstellungen und Ritualen unterzuordnen haben. Das zeigt sehr deutlich, dass Sie in einer so wichtigen und entscheidenden Frage die Menschen nicht als gleichberechtigte Partner in dieser Gesellschaft akzeptieren. Das finde ich sehr problematisch. Diese Auffassung wird, gepaart mit einem Mangel an Informationen, richtig gefährlich.
Es hat zu diesem Thema bereits eine Anhörung im Landtag in Nordrhein-Westfalen gegeben, und ich kann Ihnen nur die Stellungnahme des Zentralrats der Muslime empfehlen.
- Wenn Sie die gelesen haben, dann frage ich Sie noch einmal: Wie kommen Sie dann zu der Auffassung, dass die Regelungen, die wir haben, für Menschen anderer Glaubensrichtungen kein Problem darstellen? Da ist das Problem noch einmal ausführlich erörtert worden.
Dann noch einmal zu der Frage, die Sie aufgeworfen haben: Ist es eigentlich verantwortbar, den Umgang mit Urnen freizugeben? Ich will nur darauf hinweisen, dass das derzeit für bestimmte privilegierte Personen schon der Fall ist. Beispiels
weise dem ehemaligen Ministerpräsidenten Albrecht war es möglich, die Urne mit nach Hause zu nehmen und in seinem Garten zu bestatten.
Das ist das Problem: Diese Fragestellung wird stark verkürzt auf die Vorstellung, die Urne könnte auf dem Kaminsims stehen. Da gibt es diverse Möglichkeiten. Jemand, der die Urne mit nach Hause nehmen möchte, muss sich klar machen, wo und wie er diese Urne aufzuheben gedenkt. Ich sage noch einmal: Wenn sich jemand dafür entscheidet, zu seinen Lebzeiten schriftlich festzulegen, dass die Urne den Angehörigen ausgehändigt werden soll, dann bin ich mir ganz sicher, dass er sich darüber im Klaren ist, dass das eine andere Art der Totenruhe sein wird, als es sie auf dem Friedhof gibt.
Ich will auch noch einmal auf die Frage der Behandlung der Urne durch die darauf folgenden Generationen eingehen. Wenn Angehörige, die eine Urne mit nach Hause genommen haben und das Gefühl haben, dass die darauf folgende Generation vielleicht nicht mehr entsprechend mit der Urne umgehen wird, haben sie immer noch die Möglichkeit, diese Urne zu bestatten. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Totenruhe auf den Friedhöfen eine sehr begrenzte Angelegenheit ist. Wir sollten darüber also durchaus etwas differenzierter reden und das nicht nur in Schwarz-Weiß-Kategorien abhandeln.
Ich bin nicht der Auffassung, dass wir jetzt über diesen Antrag abstimmen sollten. Das ist ein Thema, das nicht mit einer kurzen ad-hoc-Beratung abgearbeitet werden kann. Das wäre überhaupt nicht angemessen, und das war nie unsere oder meine Absicht. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns ganz offensichtlich darüber einig, dass es bei den Ehrenamtlichen eine Lücke im Versicherungsschutz gibt. Es gibt einen Vorschlag der CDU-Fraktion und einen Vorschlag der SPDFraktion. Wenn man aber Frau Ministerin Trauernicht zuhört, muss man an die Kollegen der SPDFraktion die Frage richten, ob sie eigentlich nie richtig hingeschaut haben, was die Landesregierung bereits Großartiges geleistet hat. Frau Trauernicht hat ja noch einmal gesagt, dass es hier keinerlei Versäumnisse gebe.
Sie nutzen diesen Antrag, den Sie heute vorgelegt haben, dazu - das macht mir die Zustimmung zu Ihrem Vorschlag nicht gerade leicht -, uns aufzufordern, das Engagement der Landesregierung zu bejubeln. Ich frage Sie: Was sollen wir denn bejubeln? - Es ist Fakt - ob es Ihnen gefällt oder nicht -, dass es bei dem Versicherungsschutz eine Lücke gibt. Man kann jetzt aber nicht so tun, als würde mit dem Schließen dieser Lücke das bürgerschaftliche Engagement in diesem Land nachhaltig vorangetrieben. Es ist allerdings ein Punkt, der bearbeitet werden muss.
Frau Trauernicht, Niedersachsen-Ring hin oder her, offensives bürgerschaftliches Engagement hin oder her: Wir schauen auf das Ergebnis. Das Ergebnis ist aber äußerst mager. Sie waren nicht einmal in der Lage, diesen kleinen Punkt zu regeln. Das muss an dieser Stelle festgehalten werden. Ich habe es einfach satt, jedes Mal, wenn eine andere Fraktion einen Vorschlag macht, so zu trun, als sei bereits alles geregelt. Auch jetzt sagen Sie noch, das müsse diskutiert werden. - Nein, verdammt noch mal, das muss nicht diskutiert werden. Hier liegt eine Aufforderung der Mehrheitsfraktion vor. Darüber wird heute abgestimmt. Dann sind die Regeln eigentlich so, dass Sie das umsetzen sollten. Darum bitten wir Sie. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Richtig, Reformen müssen her. Die Notoperationen, die jetzt von der Bundesregierung und von Frau Schmidt vorgenommen werden, finden meine Zustimmung so nicht. Jetzt zeigt sich leider, dass Reformen in der letzten Legislaturperiode in diesem Bereich, nachdem die SPD das Ressort übernommen hat, nicht weitergeführt worden sind.
Das führt dann zu solchen Situationen, wie wir sie jetzt haben und die ich nicht glücklich finde. Das will ich gar nicht bestreiten. Notwendig ist, strukturell heranzugehen. Aber wir sollten dann doch schon einmal sehr deutlich sagen, in welche Richtung die Reformen gehen sollen.
Dazu will ich ganz klar sagen, dass das, was in der Vergangenheit im Wahlkampf, was hier von Herrn Wulff und was gerade eben vorgetragen worden ist, unsere Zustimmung nicht findet. Die CDU-Gesundheitspolitik endete, nachdem Seehofer richtig gestartet hatte, dann irgendwann dabei, dass alle
Lobbyistenbedürfnisse befriedigt worden sind. Was dann an Geld in der Kasse fehlte, ist ganz schlicht den Versicherten, den Kranken abgenommen worden. Wir sind, was die Zuzahlung angeht, unter der CDU-Regierung bei 17 Milliarden DM angelangt gewesen.
Diese Richtung wollen wir so nicht weiterführen. Das will ich ganz deutlich sagen. Wir wollen sie deswegen nicht weiterführen, weil sie die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen wird. Es muss endlich klar sein, dass 80 % der Kosten von 20 % der Versicherten verursacht werden. Wir müssen also genau an dieser Stelle, bei den chronisch Kranken, anfangen, die Versorgung zu verbessern. Da gab es eine ganze Reihe von sehr konstruktiven und sehr sinnvollen Vorschlägen. Aber vor der Wahl hatte sich die Ärzteschaft diesen Vorschlägen konsequent verweigert. Nach der Wahl kommt sie dann angezockelt und will es doch noch einmal probieren.
Ich sehe in der Politik das Problem - das will ich auch mal deutlich sagen -, dass die CDU jeder, aber auch jeder Lobbyistengruppe gegenüber die weiße Fahne hisst. Die CDU ist überhaupt nicht bereit, strukturelle Reformen tatsächlich mit zu tragen. Sie begreift sich nur noch als verlängerter Arm dieser Lobbyistengruppen. Das heißt, wir haben eine völlig unheilige Allianz zwischen der CDU-Fraktion im Bundestag und denjenigen, die genau, wie Herr Schwarz es hier dargestellt hat, bei jeder Einsparung, die in ihrem Bereich vorgenommen werden soll - und mag sie im PromilleBereich liegen -, so tut, als ginge es ums Überleben, als ginge es um eine Kulturrevolution. Meine Damen und Herren, wenn wir in der Gesundheitspolitik so weitermachen - Sie wissen genau, weil Sie es leidvoll erlebt haben, dass die Gesundheitspolitik ein Feld ist, auf dem es jeder Minister und jede Ministerin bisher sehr, sehr schwer hatte -, dann werden wir hier keine vernünftige Strukturpolitik umsetzen können. Es liegt dann bei Ihnen, dass wir das Problem nicht sinnvoll gelöst haben. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Jahns, wenn man Sie reden hört, könnte man glauben, dass alle, die ihre Nase gerade mal aus der Sozialhilfe herausstrecken, gleich vermögensteuerpflichtig werden.
- Frau Jahns, es tut mir Leid, ich konnte Sie gerade akustisch nicht verstehen. Sie werden es mir gleich sicherlich noch einmal erklären.
- Eigentlich schade.
Nun zu der Antwort auf die Große Anfrage. Es ist dringend nötig, uns viel mehr bewusst zu machen, welche komplexen Folgewirkungen diese demografische Entwicklung in der Bundesrepublik und natürlich auch in Niedersachsen haben wird. Bislang haben wir im Wesentlichen über die Frage gestritten, was dies für die sozialen Sicherungssysteme bedeutet. Sie haben eigentlich keine wirklich guten Konzepte dafür, was das z. B. für die Anforderungen an den öffentlichen Personennahverkehr, für die städtebauliche Entwicklung und für die soziale Infrastruktur bedeutet. In der Antwort auf die Große Anfrage haben Sie das nicht dargelegt, Frau Ministerin. Das werfe ich Ihnen auch gar nicht en detail vor. Es ist einfach so, dass die Politik die Auseinandersetzung mit diesem Thema zu stark oder bisher ausschließlich auf die Frage fokussiert hat, was das für die sozialen Sicherungssysteme bedeutet.
Ich habe aus Ihrer Antwort auf die Große Anfrage zu meiner großen Überraschung herausgelesen, dass Sie allerdings glauben, dass die demografische Entwicklung zu einer Kommunikations- und Beziehungslosigkeit zwischen den Generationen geführt hat.
Das ist mein Eindruck nicht. Ich finde es sehr ermutigend, aus unterschiedlichen Landesteilen Informationen zu bekommen bzw. in den Zeitungen zu lesen, dass es eine ganze Reihe von sehr guten und sehr sinnvollen Projekten gibt: in Schulen, in Kindergärten, bei der Schularbeitenbetreuung, beim gemeinsamen Theaterspiel usw.
- Christa, warum lassen die dich eigentlich nicht länger reden, wenn du so gerne redest? So musst du immer dazwischenreden. Gebt ihr doch einfach mehr Redezeit!
Es gibt also eine ganze Reihe von Ansätzen, die darauf hinwirken, dass sich sozusagen unterhalb der unmittelbaren politischen Ebene sehr viel tut. Aber klar ist doch eines: Wir werden die Anforderungen an ein akzeptables und sinnvolles Leben nicht erfüllen können, wenn wir nicht noch weitaus stärker als bisher in das bürgerschaftliche Engagement investieren. Ich habe das schon einmal ge
sagt: Das bürgerschaftliche Engagement muss sich von unten entwickeln. Aber es muss auch von oben gefördert werden. Ich meine, dass sich da auch auf der Landesebene weitaus mehr tun lässt, als derzeit getan wird. Dabei will ich nicht unterschlagen, dass ich es für einen guten Ansatz halte, dass Sie bei der Landesvereinigung für Gesundheit diese Stelle mit finanzieren, also dass genau das bürgerschaftliche Engagement weiter gefördert wird. Ich glaube aber, das reicht bei Weitem nicht aus.
Wir werden meiner Ansicht nach z. B. bei den Pflegekonzepten, in der ambulanten Pflege, aber auch in der stationären Pflege dringend von der Idee, die derzeit noch vorherrscht, wegkommen müssen, dass auch die Kommunikation, die Bekämpfung von Einsamkeit, das Händchenhalten über die Solidargemeinschaft finanziert werden muss. Wir werden Konzepte brauchen, wie auf der einen Seite die professionelle Arbeit finanziert werden kann, aber auf der anderen Seite auf der freiwilligen Ebene genau diese menschlichen Bedürfnisse befriedigt werden können. Das muss noch sehr viel stärker politisch angestoßen werden.
Insgesamt unbefriedigend finde ich die Situation in Niedersachsen im Bereich des Wohnens. Ich greife diesen Komplex deswegen heraus, weil ich glaube, dass sich bei der Frage der Wohnangebote sehr viel mit entscheidet, wie viel Hilfestellung und Unterstützung professioneller Art die Menschen brauchen. In dieser Frage ist Niedersachsen leider ein Land, das eine Infrastruktur im Bereich von großen, traditionellen Altenwohnheimen hat. Bei allem, was unterhalb dessen liegt, ist in Niedersachsen in der Vergangenheit viel zu wenig getan worden. Wenn wir aber an dem Ziel festhalten wollen, dass alte Menschen und alt werdende Menschen in ihrer gewohnten Umgebung leben bleiben sollen, dann brauchen wir auch andere Wohnangebote, und dann müssen wir das, was ich hier einmal „tätige Nachbarschaft“ nennen möchte, stärker fördern und fordern.
Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang zwei Beispiele nennen, die mich sehr beeindruckt und mir vor Augen geführt haben, wie so etwas zukünftig funktionieren muss und dass man dabei einen anderen Blick braucht. In Nürnberg hat es eine Hausgemeinschaft erreicht, für die älteste Mieterin in dem Haus, die auch zunehmend dement war - alle waren der Meinung, dass sie dringend in ein Heim müsste -, die Betreuung zu übernehmen und von dem Gericht einen gemeinschaftlichen Betreuungsauftrag zu bekommen. Das zeigt,
in welche Richtung es gehen müsste. In anderen Fällen konnte eine Heimeinweisung vermieden werden, weil Nachbarn die nötige Versorgung und Verpflegung alter Menschen übernommen haben. Ich meine, das, was durch die Wohnungsanpassungsmaßnahmen, die jetzt auch von der Pflegekasse mitfinanziert werden, richtigerweise angestoßen worden ist, sollte mit dem Aufbau von Netzwerken nachbarschaftlicher Hilfe verbunden werden.
Meine Redezeit ist leider schon zu Ende. Es gibt noch eine ganze Reihe von Projekten, wie z. B. das Modellprojekt gerontopsychiatrischer Zentren hier in Hannover, die eindrücklich nachgewiesen haben, dass andere Konzepte der Würde der älteren Menschen sehr viel näher kommen, und zwar auch in Lebenssituationen, in denen sie dringend Hilfe brauchen, und dass sie zugleich auch kostengünstiger sind. Es ist wirklich ein Drama, dass wir zum Teil Systeme aufgebaut haben, die so wenig Bewegungsspielraum lassen.
Abschließend will ich sagen: Die Tatsache, dass in Niedersachsen nur 0,01 % der älteren Menschen in wohngemeinschaftsähnlichen Zusammenschlüssen leben, zeigt eindrücklich, dass wir hierbei noch einen ganz erheblichen Nachhol- und Veränderungsbedarf haben. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Jahns, da bin ich ganz anderer Auffassung als Sie. Wir werden ja überhaupt keine Gelegenheit mehr haben, diesen Gesetzentwurf seriös zu beraten und noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
Dieser Gesetzentwurf ist - das muss man einmal deutlich sagen - reine Makulatur. Es macht von daher überhaupt keinen Sinn, inhaltlich auf ihn einzugehen.
Das wäre aber dringend nötig. Darüber haben wir ja geredet. Auf eine Ausschussberatung können wir überhaupt nicht verzichten, weil dieser Gesetzentwurf - ganz anders als der Gesetzentwurf, der auf der Bundesebene entstanden ist -, eben nicht - -
- Uwe, du warst doch derjenige, der gleich gesagt hat, dass es überhaupt keinen Sinn macht, diesen Gesetzentwurf zu beraten. Das kam doch ausgerechnet von dir!
Ich kann dich im Übrigen auch sehr gut verstehen. Wenn ich so wie du anderthalb Jahre lang an der Nase herumgeführt worden wäre, dann würde ich auch keine Nachtsitzung einlegen, um die Versäumnisse der Landesregierung zu korrigieren. Ich habe Verständnis für dich.
Es ist notwendig, die Verbände der Betroffenen zu diesem Gesetzentwurf anzuhören, weil dieser Gesetzentwurf - anders als in dem Prozess auf Bundesebene - nicht mit den Betroffenen erarbeitet worden ist. Das muss in einem parlamentarischen Prozess deutlich korrigiert werden. Der lässt sich jetzt aber nicht mehr seriös organisieren. Das ist im Übrigen von der SPD-Fraktion in der letzten Ausschusssitzung so beschlossen worden.
Der Gesetzentwurf ist - ob es uns gefällt oder nicht - extrem verbesserungsbedürftig. So, wie er jetzt ist, darf er keinesfalls zur Richtschnur der übrigen Ländergesetze werden. Das möchte ich ganz deutlich sagen. Insofern ist es vielleicht auch in Ordnung, dass es sich hier um eine Last-Minute-Aktion handelt, bei der es gar nicht ernsthaft darum geht, die Lebenssituation von behinderten Menschen tatsächlich zu verbessern. Das ist doch nichts anderes als eine Wahlkampfinszenierung. Es wurde hier bereits gesagt, dass meine Fraktion vor anderthalb Jahren den Gesetzentwurf des Landesbehindertenbeauftragten eingebracht hat. Zu diesem Gesetzentwurf haben wir eine umfangreiche Anhörung durchgeführt. Dieser Gesetzentwurf hat in vielen Feldern eine breite Zustimmung gefunden. Natürlich gab es auch Kritik und Veränderungsvorschläge. Auf der Grundlage der Vorschläge im Ausschuss und des vorliegenden Gesetzentwurfs wäre eine produktive und seriöse Beratung sinnvoll und möglich gewesen. Aber leider hat die SPD-Fraktion die weiteren Ausschussberatungen anderthalb Jahre lang blockiert.
Herr Schwarz, Sie haben darauf gesetzt, dass Ihr Entschließungsantrag, in dem Sie selbst die Landesregierung aufgefordert haben, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, Wirkung zeigt. Sie haben versucht - ich finde, das gereicht Ihnen wirklich nur zur Ehre -, diese Landesregierung zum Jagen zu tragen. Sie konnten auch nicht ahnen, dass Sie sich dabei verheben. Sie haben sich dabei aber leider verhoben. Die Ministerin hat Ihnen die kalte Schulter gezeigt.
Ganz offensichtlich mangelt es dieser Ministerin völlig an Ehrgeiz, wenn es darum geht, die Lebenssituation behinderter Menschen zu verbessern. Frau Ministerin, wenn Sie sagen, das sei für Sie ein Herzensanliegen, dann frage ich Sie: Warum haben Sie aus Ihrem Herzen so lange eine Mördergrube gemacht? - Es gab überhaupt keinen Grund, so lange zu warten, bis das Bundesgesetz verabschiedet worden ist. In dem Entschließungsantrag der SPD-Fraktion stand ausdrücklich, dass Sie nach dem Entwurf ein eigenes Gesetz vorlegen sollen. Das ist nicht passiert. Aber Ihr Vorgehen ist nicht nur ein Affront gegenüber der SPD-Fraktion
- deswegen kann ich auch die Blockade von Herrn Schwarz verstehen -;
Ihre Ignoranz ist auch ein Affront gegenüber dem Landesbehindertenbeauftragten. Herr Finke hat schon im Jahr 2000 einen Gesetzentwurf vorgelegt, weil er die Debatte forcieren wollte. Das war auch richtig und notwendig. Karl-Heinz Mühe hat den vorgelegten Gesetzentwurf dann, als wir bei der Einbringung diskutiert haben, pflichtgemäß gelobt und gesagt, er sei eine hervorragende Arbeitsgrundlage. Aber der Behindertenbeauftragte hat natürlich sofort wieder eins gegen das Schienbein getreten bekommen, als es darum ging, diesen Gesetzentwurf tatsächlich zu beraten.
Da war er plötzlich aus der Sicht der SPD-Fraktion völlig untauglich. Herr Finke, ich habe jedenfalls den Eindruck, dass es verdammt einsam um Sie wird, wenn es über Sonntagsreden hinaus geht und wenn es tatsächlich darum geht, die Situation von Behinderten zu verbessern.
Auch für den Behindertenbeauftragten ist diese SPD-Alleinregierung kein Zuckerschlecken. Ich finde, das sollten wir ab dem 2. Februar schlicht ändern. - Ich danke euch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Rolfes, ich habe das schon einmal zu erläutern versucht, als der Antrag eingebracht worden ist. Wir haben hier schon mehrfach über die Frage des Ehegattensplitting diskutiert.
Also noch einmal: Das Ehegattensplitting ist keine steuerliche Regelung zur Familienförderung. Das Ehegattensplitting ist eine steuerliche Regelung, die die Ehe privilegiert.
Die Tatsache, dass das Ehegattensplitting eben nicht als ein Instrument der Familienförderung funktioniert hat, zeigt, dass Kinderreichtum in Deutschland eindeutig ein Armutsrisiko ist. Das heißt, es ist klar, dass diese Verknüpfung, die Sie immer und immer wieder versuchen, nicht funktioniert und auch real nicht funktioniert hat. 30 % der Ehepaare, die vom Ehegattensplitting profitieren, erziehen keine Kinder und haben auch keine Kinder. Sie müssten mir einmal erklären, warum diese dann vom Staat in diesem Umfang steuerlich privilegiert werden sollen. Ich meine tatsächlich, Herr Rolfes, an dieser Stelle gibt es bei Ihnen eine interessengeleitete Einsichtsichtsblockade.
Sie wollen das einfach nicht zur Kenntnis nehmen.
Ich will es noch einmal deutlich sagen, auch an die Adresse der SPD-Fraktion und an die Adresse der Landesregierung: Ich bedaure die Entscheidung der Bundesregierung, das Ehegattensplitting derzeit nicht zu reformieren, ausdrücklich.
Es muss natürlich geklärt werden, wie die Landesregierung jetzt mit dieser Entscheidung der Bundesregierung umgeht, nachdem wir den Entschließungsantrag im Parlament verabschiedet haben.
- Bitte schön! - Entschuldigen Sie, Frau Präsidentin.
Es ist leider nicht so, dass die Landesregierung immer auf das hört, was ich sage. Auch wenn ich von dieser Stelle aus diese Aufforderung an die Landesregierung stellen würde, bin ich mir nicht sicher, ob dem auch gefolgt werden würde.
Ich will Ihnen aber zumindest aus der Perspektive der Grünen Folgendes sagen: Wer glaubt, dass die Regelung des Ehegattensplittings von der Tagesordnung kommt, der irrt. Da irren auch Sie, Herr Rolfes. Es ist ein gesellschaftliches Ungleichgewicht:
diese steuerliche Förderung auf der einen Seite und die Armut von Kindern auf der anderen Seite. Das werden wir nicht vom Tisch bekommen. Eine gesellschaftliche Problemlage können Sie nicht einfach qua Definition durch Antragsbeschluss vom Tisch nehmen.
Wir werden deswegen der Beschlussempfehlung, nämlich den Antrag für erledigt zu erklären, nicht zustimmen.
Jetzt sind aber auch noch - Sie haben sich dem ja leider doch nicht enthalten können, Herr Rolfes ein paar inhaltliche Bemerkungen zum Ehegattensplitting zu machen. Da haben Sie zum 37. Mal gefragt: Warum möge der Staat nicht die unterstützen, die sich für einen lebenslangen gegenseitigen Unterhalt verpflichtet haben? Was mit dem Lebenslang ist, das wissen wir inzwischen auch. Aber ich frage Sie: Warum privilegiert der Staat denn nicht die Ehen, die sich ja auch für diese Unterhaltspflicht entschieden haben, in denen sich beide Ehepartner Erwerbsarbeit und Familienarbeit teilen und aufgrund dieser Tatsache ein ungefähr gleiches Einkommen haben?
Da gibt es keinerlei steuerliche Privilegierung.
Das Ehegattensplitting funktioniert da, wo ein Partner sehr viel verdient und der oder die andere sehr wenig verdient.
- Oder gar nichts. - So funktioniert das Ehegattensplitting. Das Ehegattensplitting funktioniert auch nicht bei dem Ehepaar, bei dem beide Teilzeit arbeiten und gleichzeitig drei Kinder erziehen. Keinen Pfennig bekommen sie dann vom Staat.
Insofern ist dieses Ehegattensplitting teuer, das Ehegattensplitting ist ungerecht, und dieses Ehegattensplitting wird in dieser Form auch nicht be
stehen bleiben. Ich kann Ihnen sagen: Die Fraktion der Grünen wird jedenfalls ihre Aktivitäten nicht einstellen, um dieses Problem, diese gesellschaftliche Ungleichheit aus dem Weg zu räumen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich würde Dr. Winn Recht geben und auch sagen: Natürlich ist der Antrag in keiner Weise eine Antwort auf die Probleme, die wir in diesem Bereich haben. Aber deswegen kann man trotzdem auch etwas im Bereich der Heimaufsicht tun. Ich meine, dass er derzeit nur unzureichend geregelt, nur unzureichend strukturiert ist.
Auch da muss etwas geändert werden. Sie haben bereits darauf hingewiesen.
Die Punkte 1 und 2 des Antrages sind letztlich überhaupt nichts anderes als die Umsetzung der rot-grünen Heimgesetznovelle. Ich bin allerdings schon ein bisschen erstaunt darüber, dass die Sozialministerin bei diesem Thema noch nicht einmal anwesend ist.
- Sie ist gerade gekommen. Die ganze Zeit war sie nicht da.
Ich bin schon ein bisschen irritiert darüber, dass ein Antrag, der eigentlich gar nicht so viel anderes ist als ein Projekt der Verwaltungsreform und Verwaltungsvereinfachung in dem Bereich Heimaufsicht, hier im Parlament beraten werden muss, dass er hier sogar in erster Beratung beraten werden muss. Es ist doch in der Tat die Aufgabe der Landesregierung, nach Vorgabe eines Bundesgesetzes so etwas auch in Angriff zu nehmen und neu zu regeln. Ich finde es ein bisschen merkwürdig, dass wir uns hier so umfänglich damit befassen müssen.
Ich will aber sagen, Dr. Winn, ich habe den Antrag zumindestens nicht so verstanden, dass es darum geht, eine neue Superbehörde aufzubauen. Es geht in erster Linie darum, mehr Koordinierung und Verwaltungsvereinfachung zu erreichen.
- Gut, ich gehe mal davon aus, dass wir diese Missverständnisse klären. Gegen eine Superbehörde würde ich mich an der Stelle auch wenden.
Ich habe noch in einem anderen Punkt Dissens mit Ihnen, Herr Dr. Winn. Ich bin schon der Auffassung, dass die Heimaufsicht eine andere Aufgabe hat als der MDK. Aber es war in der Vergangenheit eher das Problem der Heimaufsicht, dass sie sich nur als reines Kontrollgremium verstanden hat und nicht präventiv beratend tätig geworden ist. Auch das muss sich nach meiner Ansicht ändern. Da werden sich die beiden Aufgabengebiete stärker aneinander angleichen.
Interessant finde ich in dem Zusammenhang, dass die Heimaufsicht nach der Heimgesetznovelle ja zusätzliche Aufgaben, andere Aufgaben bekommt. Ich bin schon der Auffassung, dass nicht immer alles auch durch mehr Personal geregelt werden soll. Die SPD-Fraktion fordert hier in einem Antrag mehr Kontrolle. Die soll der MDK richten und mehr Personal einstellen. Aber für den Heimbereich, wo das Land in der Verantwortung steht, sehen wir das natürlich ganz, ganz anders.
(Zuruf von Plaue [SPD])
- Das ist ein Problem, meine ich. Der Versuch vonseiten der Kommunen, das Problem zu regeln, indem sie die Gebühren für die Kontrollen so exorbitant in die Höhe schnellen lassen, ohne dass das vonseiten der Heime über die Pflegesätze wieder eingebracht werden kann, ist ein Versuch zur Lösung des Problems, den nicht alle mittragen werden.
Ich glaube, wir werden über diesen Antrag im Ausschuss noch lange reden müssen. Ich fände es im Übrigen gut, den Versuch zu unternehmen, den Antrag, den wir bereits eingebracht haben, vielleicht einzubeziehen und zu schauen, ob man einen
Antrag daraus machen kann. Das ist für mich ein zusätzlicher Grund dafür, dass ich es geradezu absurd finde, diesen Antrag jetzt im Parlament noch einmal neu zu beraten.
Aber gut, wenn Frau Elsner-Solar gern noch einmal eine Rede halten wollte, wollen wir ihr das nicht verwehren.
Herr Minister, Sie betonen ja immer wieder, das Problem, über das wir hier diskutieren, sei mit keinerlei Gefahren für die Bevölkerung verbunden. Ich frage Sie aber: Was würde eigentlich passieren, wenn es in diesem Bereich tatsächlich zu einem großen Leck kommt? Würde dann nicht doch die Kühlung des Reaktorkerns in Frage gestellt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion wird den Beschlussvorschlag, den die SPD-Fraktion vorgelegt hat, ablehnen. Dieser Beschlussvorschlag befasst sich mit allem Möglichen, aber er befasst sich schlicht nicht mit dem, was in den Ausgangsanträgen gestanden hat. Er bietet auch für das Problem, das diese beiden Anträge aufgegriffen haben, keinerlei Lösung an.
Ich finde es ja auch immer wieder schön, zu lesen, dass die Kohl-Regierung 16 Jahre lang die Dinge hat schleifen lassen. Ich freue mich auch, immer wieder zu lesen, dass die rot-grüne Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode sehr viel getan hat, um die Situation für Familien zu verbessern. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das konkrete Problem der allein Erziehenden
mit diesen Maßnahmen nicht wirklich gelöst wird. Es nützt auch nichts, mit immer neuen Beschönigungen von diesem Problem abzulenken. Davon wird die Situation für die allein Erziehenden nicht besser.
Es ist schlicht so, dass die Menschen in den mittleren und unteren Einkommensbereichen nicht in der Lage sein werden, die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrages finanziell auszugleichen. Sie sind davon finanziell betroffen. Selbst mit den neuen Freibeträgen sind sie davon betroffen, weil sie sie bei ihrem geringen Einkommen nicht voll ausschöpfen können.
Wir haben deswegen in der letzten Legislaturperiode versucht - das ist uns ja auch gelungen -, wenigstens die so genannten Neufälle davor zu bewahren, gleich in diese Lücke zu fallen. Jetzt können sie wenigstens bis zum Auslaufen dieser Haushaltsfreibetragsregelung von ihr profitieren. Es ist uns auch gelungen, zu erreichen, dass mit der Verschiebung der zweiten Stufe der Einkommensteuerreform auch die Neuregelung verschoben wurde. Also, da ist schon etwas passiert, und zwar auf intensive Initiative der Grünen auf der Bundesebene hin.
Aber das ist tatsächlich nicht die Lösung. Was wir brauchen - das muss doch klar sein -, ist die volle Absetzbarkeit der erwerbsbedingten Betreuungskosten ab dem ersten Euro. Das ist und bleibt unser Ziel. Dafür haben wir ein Stufenmodell vorgelegt. Dieses Stufenmodell hat auch in den Koalitionsvertrag Eingang gefunden. Deswegen bin ich schon einigermaßen überrascht darüber, dass, obwohl das im Koalitionsvertrag steht, seitens der niedersächsischen Sozialdemokraten offensichtlich gar keine Bereitschaft besteht, das entsprechend aufzugreifen und umzusetzen. Ich frage mich: Ist das eigentlich dieser klassische sozialdemokratische Reflex, dass man einem Antrag, der von den Grünen kommt, nicht zustimmen kann?
Ich will Ihnen Folgendes sagen: Wenn Sie unserem Antrag nicht zustimmen wollen oder können, würde ich mir wünschen, dass Sie wenigstens Ihre eigene Familienministerin Renate Schmidt unterstützen. Sie geht in ihren Forderungen noch weiter. Sie möchte alle Arten von Betreuungskosten ab dem ersten Euro absetzbar machen. In Berlin ist man da offensichtlich weiter als in Niedersachsen. Ich hoffe, dass dieses Klima irgendwann auch nach Niedersachsen überschwappt.
Ich kann nur sagen: Bei den Sozialdemokraten stelle ich gerade im Bereich der allein Erziehenden immer wieder fest, dass der scheinbaren verbalen Aufgeschlossenheit die reine Bockbeinigkeit auf der Seite der Handlungsebene gegenübersteht. Deswegen können wir diesem Beschlussvorschlag auch nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird den Antrag der CDU-Fraktion auf Erweiterung der Tagesordnung zustimmen. Da diese Situation erst nach der Sitzung des Ältestenrates vorlag, finde ich es völlig angemessen, die Tagesordnung zu erweitern.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, Herr Kollege Schünemann, dass die Aktuelle Stunde nicht irgendein Tagesordnungspunkt ist, sondern dort findet bekanntermaßen eine herausgehobene Diskussion innerhalb der Tagesordnung statt. Aber wenn Sie der Meinung sind, dass wir darüber noch einmal im Rahmen einer Antragsberatung diskutieren sollten, dann finden wir das richtig und sollten es tun. Ich bin allerdings nicht der Auffassung, dass über diesen Antrag direkt abgestimmt werden sollte. In einem solchen Fall kann man eine seriöse Beratung nur dann gewährleisten, wenn sie auch im Ausschuss erfolgt. Ich meine, dass Sie mit dem Unterfangen, über einen solchen Antrag direkt abzustimmen, Ihr Anliegen in gewisser Weise selbst diskreditieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin auch froh, dass die SPD-Fraktion diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Nachdem sich die Landesregierung in dieser Frage nicht einigen konnte, ist die SPD-Fraktion nach vorne gegangen und hat den Entwurf vorgelegt.
Ich finde es sehr gut und richtig, dass diese Fusion jetzt ermöglicht wird.
Aber, meine Damen und Herren, wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, der kann dem Entschließungsantrag eigentlich nicht mehr zustimmen. Denn die Fusion Hannover - Braunschweig ist eine Fusion in den derzeitigen Grenzen. Zwei starke
Landesversicherungsanstalten in Niedersachsen würden voraussetzen, dass es Verschiebungen in diesen Grenzen geben würde. Das wissen die Oldenburg-Bremer, deswegen haben sie die Verschiebung dieser Grenzen gefordert. Alle haben sich dagegen ausgesprochen, und ich finde das auch richtig.
Wir haben mit diesem Gesetzentwurf Fakten geschaffen. Wer diese Fakten akzeptiert, der kann nicht zugleich sagen: Wir wollen zwei starke Landesversicherungsanstalten. Herr Schwarz, Sie haben auch gesagt, dass Sie diese gar nicht wollen. Sie haben in Ihrem Redebeitrag gesagt, Sie würden sich wünschen, dass Oldenburg dieser zwischen Hannover und Braunschweig eingeleiteten Fusion auch noch beitreten würde. Ich fände das auch gut. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese beiden Beschlüsse in gewisser Weise unvereinbar sind. Aus meiner Sicht gibt es den Entschließungsantrag in erster Linie deswegen, weil der Ministerpräsident und die Sozialministerin dieses Landes gegenüber den Oldenburgern Versprechungen gemacht haben. Dieser Antrag ist nichts anderes als der Versuch einer Ehrenrettung des Ministerpräsidenten und der Sozialministerin. Er ist in der Sache aber ein Placebo und hat mit Ehrlichkeit in der Politik, die gerade vom Bundespräsidenten wieder eingefordert worden ist, nichts zu tun. Aus diesem Grunde werden wir diesem Entschließungsantrag nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Jahn, ich weiß nicht, auf welcher Veranstaltung Sie waren; die Anhörung zum Grundsicherungsgesetz jedenfalls können Sie hier nicht wiedergegeben haben.
Natürlich ist es so, dass die Anzuhörenden an der einen oder anderen Stelle Kritik geäußert und zum Teil gesagt haben, dass das, was an Sätzen vorgeschlagen wurde, nicht ausreicht. Das ist etwas, was wir in dem Zusammenhang immer haben werden. Dass es bei einer grundlegenden Veränderung im Sozialsystem, wie es die Einführung einer Grundsicherung darstellt, auch Friktionen gibt, dass es bürokratische Anpassungsprobleme gibt, will ich gerne zugestehen und hier nicht bestreiten. Ich finde, wir sollten auch die in der Anhörung vorge
schlagene Änderung des Wohngeldgesetzes auf der Bundesebene in Angriff nehmen, wie es von den kommunalen Spitzenverbänden gefordert worden ist.
Frau Jahns, die Anpassungsprobleme, die es bei der Umsetzung jetzt gibt, nehmen natürlich nichts weg von dem sozialpolitischen Fortschritt, den dieses Gesetz für die Betroffenen darstellt. Das will ich hier ausdrücklich betonen.
Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass die Sozialhilfe, die eigentlich einmal als nachrangige Hilfeleistung konzipiert worden ist, mit den derzeitigen Problemen hoffnungslos überfordert ist,
dass die Kommunen überhaupt nicht in der Lage sind, mit der Sozialhilfe auf diese Probleme angemessen zu reagieren, dass die Sozialhilfe verschämte Armut, insbesondere bei älteren Menschen, produziert. Sie produziert die verschämte Armut u. a. deshalb, weil die Sozialhilfe das Rückgriffsrecht auf die Angehörigen betont. Das heißt, es gibt sehr viele ältere Menschen, die auf die Sozialhilfe verzichten, weil sie nicht wollen, dass ihre Kinder dann herangezogen werden.
- Das wird sich durch das Gesetz grundlegend ändern. Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen, das Sie, Frau Jahns, eigentlich gut kennen müssten. Wir haben uns in einer der letzten Sitzungen mit einer Petition befasst, mit der sich eine 77-jährige Rentnerin und ihr 80-jähriger Mann an den Landtag gewendet haben. Beide haben zusammen eine Rente von weniger aus 1 500 Euro. Sie sind verpflichtet, mit dieser Rente ihre 54-jährige Tochter finanziell zu unterstützen, und zwar lebenslang, weil diese Tochter alkoholabhängig und behindert ist. Die 54-jährige Tochter hat drei Jahre lang den Versuch unternommen, alleine außerhalb des Heimes zu leben. Das hatte für dieses Ehepaar die Folge, dass es eine Rechnung von der Stadt Emden von mehr als 20 000 DM bekommen hat.
Das sind die Regelungen, die Sie, Frau Jahns, weiterhin verteidigen.
Wissen Sie, wie Ihre Bundestagsfraktion das nennt? - Ihre Bundestagsfraktion sagt, der Solidaritätsgedanke der Familie müsse aufrecht erhalten werden. So weit zu der Sozialpolitik à la CDU.
Nein, meine Damen und Herren, die Grundsicherung ist die richtige Antwort auf die Probleme in unserer Gesellschaft. Die Grundsicherung muss nicht etwa abgeschafft werden, wie Sie das in Ihrem Wahlprogramm versprochen haben, sondern die Grundsicherung muss weiter ausgebaut werden, wenn wir mit den Problemen hier angemessen umgehen wollen.
Herr Präsident, ich danke Ihnen.
Lassen Sie mich bitte noch kurz etwas zu dem Artikel 2 dieses Gesetzes sagen, der nichts, aber auch rein gar nichts mit der Grundsicherung zu tun hat. Dadurch wird by the way die Finanzierung der Betreuungsvereine auf eine neue Grundlage gestellt. Was es bei der SPD heißt, etwas auf eine neue Grundlage stellen, wird sich in der Region Hannover in wunderbarer Weise zeigen. Wir haben hier fünf Betreuungsvereine. Wir werden hier zukünftig maximal zwei Betreuungsvereine haben. So wird das jetzt nach diesem Artikel 2 zukünftig geregelt sein.
Meine Damen und Herren, der Versuch, im Sozialhaushalt 3,50 DM zu sparen, wird in der Konsequenz dazu führen, dass die Ausgaben für Betreuung im Justizhaushalt weiterhin exorbitant in die Höhe schnellen werden, und zwar in zweistelliger Millionenhöhe. Was Sie hier machen, ist nicht nur
finanzpolitischer Nonsens, in jeder Hinsicht kontraproduktiv, sondern das ist auch eine Ohrfeige für diejenigen, die derzeit in erster Linie ehrenamtlich die Betreuung ihrer eigenen Familienangehörigen, ihrer behinderten Kinder leisten. Damit torpedieren Sie nicht nur die Arbeit dieser ehrenamtlichen Mitarbeiter, sondern auch die mühselige Aufbauarbeit, die die Betreuungsvereine in der Vergangenheit geleistet haben und zu der Sie qua Gesetz aufgefordert sind.
Diese Änderung des Artikels 2, die im Zusammenhang mit diesem Gesetz jetzt verabschiedet werden soll, lehnen wir ausdrücklich ab. - Ich danke Ihnen.
Herr Minister, ich komme auf die neuen Störfallberechnungen zurück. Können Sie uns sagen, ob die neuen Störfallberechnungen schon abgeschlossen sind bzw., wenn nein, wann sie abgeschlossen sein werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen – ich spreche jetzt einmal die Männer an – von der CDU-Fraktion, warum tun Sie sich das eigentlich an? Das trägt ja schon selbstquälerische Züge.
Sie haben bei der Bundestagswahl zur Kenntnis nehmen müssen, dass insbesondere bei den Frauen Ihr antiquiertes Familienbild nicht ankommt.
Die Wahlanalysen sind eindeutig: Sie haben 4 % bei den Frauen verloren.
Richtig ist, dass Sie bei den Hausfrauen Unterstützung für Ihr Modell finden. Aber diese Gruppe wird quantitativ immer geringer. Die Frauen lassen sich auf Dauer ihren Wunsch nach einem Arbeitsplatz nicht abkaufen.
- Das Ehegattensplitting wirkt als Bremse für Frauen, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen.
- Das werde ich Ihnen gleich gerne erläutern.
Herr Schünemann, ich fände es schön, wenn Sie einen kleinen Hinweis darauf geben würden, wie Sie eigentlich darauf kommen, dass auf Bundesebene weiter an dem Konzept zur Umgestaltung des Ehegattensplitting gearbeitet wird.
Mich würde das freuen. Ich befürchte aber, dass die sozialdemokratischen Männer in keiner Weise bereit sind, ihre Privilegien abzugeben. Es würde
mich freuen, wenn Sie hier etwas mehr Butter bei die Fische geben würden.
Ich will die Sozialdemokraten daran erinnern, dass es einen Beschluss dieses Landtages gibt, dass die Landesregierung in Richtung Umgestaltung des Ehegattensplittings auf Bundesebene tätig werden soll.
Herr Schünemann, ich möchte Sie außerdem noch auf ein Missverständnis hinweisen, das offensichtlich auf Ihrer Seite vorliegt. Das Ehegattensplitting ist kein Instrument der Familienförderung. Das ist ein Instrument der Eheförderung. Dass es als Instrument der Familienförderung versagt hat, zeigt doch - -
- Was hat das denn damit zu tun? Wir wollen Familien fördern. Wir wollen das Geld bei der reinen Eheförderung wegnehmen und für die Familienförderung einsetzen.
Dieses Instrument hat versagt.
Was ist Gerechtigkeit à la CDU? – Die Kinderarmut nimmt immer weiter zu, und Sie wollen das Geld den gut verdienenden Männern geben, die eine Frau bezahlen, die ihnen den Rücken freihält.
Das Ehegattensplitting wirkt eindeutig als Bremse für Frauen, erwerbstätig zu werden.
Das zeigt die Politik in anderen europäischen Ländern, die vergleichbare Steuerregelungen abgeschafft haben. Die Erwerbsquote der Frauen ist dort deutlich angestiegen. Soll ich Ihnen sagen, was sonst noch angestiegen ist? Die Geburtenraten sind mit der Abschaffung solcher steuerlichen Privilegien deutlich angestiegen.
Frauen sind nur dann bereit, Kinder zu haben und zu erziehen, wenn sie auf eine eigene Erwerbsbiografie und auf eigene Sicherheiten zurückgreifen können. Diesen Zusammenhang müssen Sie einmal
herstellen. Bei Ihrer Art von steuerlicher Privilegierung müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Frauen in einen Gebärstreik getreten sind.
Mit diesem Instrument kommen Sie da nicht weiter. Die Vorstellung, die Ehe sei die Vorstufe von Familie, ist schlicht falsch. Es gibt sehr viele Ehepartner, die gewollt oder ungewollt keine Kinder haben. Es gibt ganz viele Kinder, die in nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder in Ein-ElternFamilien leben. Alle diese Kinder haben nichts davon, dass Sie das Ehegattensplitting in dieser Weise aufrecht erhalten wollen. Ehegattensplitting bedeutet die Förderung einer ganz bestimmten Form von Familie. Vom Ehegattensplitting haben auch jene Ehepartner nichts, die gleich viel verdienen. Das Ehegattensplitting fördert vielmehr ein einziges Modell, nämlich das Modell der Hausfrauenehe.
Das ist antiquiert und obsolet. Was sie davon halten, haben Ihnen die Frauen bei der Wahl sehr deutlich gesagt. – Ich danke Ihnen.
Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen.
Erstens. Angesichts der Tatsache, dass Sie, wie ich Ihren Antworten entnehmen kann, mit den Ergebnissen Ihrer Arbeitsmarktpolitik hoch zufrieden sind und kaum Verbesserungsmöglichkeiten sehen, würde mich interessieren, wie Sie die Forderung von Frau Dr. Knorre, dieses Politikfeld in ihr Ressort zu übernehmen, bewerten. Sind Sie damit einverstanden?
Zweitens. Mich interessiert, welche Landesprogramme für den Bereich Arbeitslosigkeit aus Ihrer Sicht durch die Umsetzung der Hartz-Vorschläge überflüssig werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Trost, über das Familiengeld, das die CDU in ihrem Bundestagswahlprogramm zur Familienförderung vorgeschlagen hat, hat ja selbst Ihr Kanzlerkandidat gesagt, dass es nicht finanzierbar ist
und dass es zu nichts anderem dient, als den Frauen den Anspruch auf einen Erwerbsarbeitsplatz abzukaufen.
Frau Trost, ich dachte, dass Sie sich vielleicht auch die Mühe gemacht haben, die Wahlanalysen zur Kenntnis zu nehmen. Die haben nämlich deutlich hervorgebracht, dass Sie die Wahl insbesondere bei den Frauen verloren haben, weil Ihr antiquiertes Familienbild einfach nicht mehr in die Wirklichkeit passt.
Frau Trost, die Wirklichkeit geht weiter, auch wenn Sie stehen bleiben. Frau Merkel wären die Nackenhaare zu Berge gestiegen, wenn sie Ihre Rede gehört hätte.
Aber diese kleine Zwischenbemerkung von Frau Meyn-Horeis ist - -
- Sind Sie der neue familienpolitische Sprecher der SPD? - Ich möchte noch auf Frau Meyn-Horeis eingehen. Frau Meyn-Horeis, Ihre kurze Bemerkung auf den Versuch einer Zwischenfrage macht auch deutlich, welches Familienbild Sie haben.
Ich bin jetzt ein bisschen eingeschüchtert. Ich soll die Redezeit für meine Fraktion wahrnehmen. Nach Ihren Kriterien dürfte ich aber nichts zu diesem Thema sagen. Wenn wir Ihre Kriterien auf die Drogenpolitik ausdehnen würden, müssten wir zu dem Ergebnis kommen, dass man Ihrer Meinung nach zunächst einmal drogenabhängig sein müsste, damit man auch über Drogenpolitik reden kann.
Ich hoffe, dass Sie das nicht ganz so ernst gemeint haben. Davon gehe ich eigentlich aus.
Die SPD-Fraktion fordert mit ihrer Großen Anfrage eine Zwischenbilanz der bisherigen familienpolitischen Maßnahmen der Landesregierung. Wie so häufig haben wir auch heute wieder den Eindruck, dass wir in unterschiedlichen Wirklichkeiten leben. Ich lese die Antwort auf die Große Anfrage ganz anders. Ich will Ihnen aber auch sagen, Frau Trauernicht: Wir haben nicht erwartet, dass es Ihnen möglich sein wird, dieses umfängliche Konzept schon nach einem Jahr in allen Punkten zu realisieren. Das will ich Ihnen gern zugestehen. Die Zwischenbilanz - muss ich ganz ehrlich sagen - halte ich aber eher für ernüchternd.
Ich möchte jetzt einfach einmal ein paar andere Dinge ansprechen, die bisher nicht angesprochen worden sind. Die groß angekündigte Familiencard scheint ein vollständiger Flop zu sein. Die für 2002 angekündigte Väterkampagne ist bis heute noch nicht angelaufen. Dass die Familienservicestellen für den ländlichen Raum bis auf Weiteres nicht
realisiert werden, konnten wir in den Zeitungen lesen. Dass die familienpolitische Infrastruktur, die für uns immer sehr wichtig gewesen ist - die Mütterzentren, die Familienbildungsstätten und die Frauenhäuser -, seit Jahren ausgehungert wird, ist bittere Realität.
- Die hast auch du zur Kenntnis genommen, KarlHeinz.
- Hat die SPD-Fraktion nicht noch ein bisschen Redezeit? Dann könnte Karl-Heinz seiner Empörung noch ein bisschen Ausdruck verleihen.
- Darf ich jetzt trotzdem weiterreden?
- Gut. - Also: Ich möchte jetzt auf das eingehen, was die Ministerin selbst als ihr zentrales Anliegen bezeichnet hat. Ich zitiere:
„In der Ermöglichung einer Vereinbarung von Beruf und Familie liegt damit die eigentliche Herausforderung zukunftsorientierter Familienpolitik.“
Stimmt, sage ich. Das finde auch ich. Die Frage ist nur: Warum wird diese Herausforderung nicht ernsthaft angenommen? - Ich verstehe auch nicht, warum die Bilanz der Rednerinnen der SPD-Fraktion hier so positiv ausgefallen ist.
Ich möchte jetzt einmal die Zahlen nennen, die auch der Antwort zu entnehmen sind. In Niedersachsen sind weniger als 7 % der unter Dreijährigen mit Ganztagsbetreuungsangeboten versorgt. Bei den Drei- bis Sechsjährigen liegt die Quote bei ca. 15 %. Bei den Sechs- bis Neunjährigen beträgt die Quote 5 %. Das ist das eigentliche Dilemma der Frauen hier in der Republik, hier in Niedersachsen, wenn es darum geht, Familie und Beruf zusammenzubringen. Die von der Landesregierung in dieser Frage bisher eingeleiteten Handlungen halte ich für unzureichend.
Ich will jetzt noch einmal auf das Bündnis für ein Leben mit Kindern hinweisen, das auch Sie selbst genannt haben. Ich habe von den Vertreterinnen, die an den entsprechenden Bündnisrunden teilgenommen haben, eine ganz andere Bilanz gehört. Aus meiner Sicht scheint es eher ein Phantom zu sein. Wir haben noch einmal nachgefragt, wann dieses Bündnis mal wieder tagt. Die aktuelle Meldung ist, dass es sich am 22. März 2002 treffen wollte. Über Vollzug und Ergebnisse ist nichts bekannt. Das ist doch ein Hinweis darauf, dass das keine Strategie ist, die wirklich trägt.
Wir wissen doch genau, wo die Probleme liegen. Was Sie, Frau Ministerin, in diesem Bereich angeleiert haben, sind Zukunftswerkstätten und Bündnisrunden. Ich sage Ihnen aber: Die Frauen wollen nicht in Zukunftswerkstätten darüber philosophieren, wie sie an einen Betreuungsplatz kommen. Vielmehr wollen sie einen Betreuungsplatz angeboten bekommen.
Wie wir alle wissen, ist in den Koalitionsvereinbarungen festgeschrieben worden, dass die Betreuungsquote für die unter Dreijährigen in den Ländern in den nächsten Jahren auf 20 % ansteigen soll. Wir alle wissen, dass uns dies eine riesige Anstrengung abverlangen wird. Ich sage auch, dass die angekündigten 1,5 Milliarden, die der Bund zur Verfügung stellen will, allein nicht ausreichen werden.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Deshalb ist es aus meiner Sicht ein Riesenproblem, dass es nicht gelungen ist, für die Ausweitung von Kinderbetreuungseinrichtungen durch die Abschmelzung des Ehegattensplittings Geld zur Verfügung zu stellen. Ich sage an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Das ist nicht an Rot-Grün gescheitert, sondern das ist an den Sozialdemokraten gescheitert. In diesem Punkt hätte ich mehr Protest von dieser Landesregierung erwartet, damit dieses Projekt realisiert werden kann. Sie aber waren diesbezüglich sehr leise, was ich bedaure. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Zachow, im Ziel sind wir uns einig. Das stimmt. Ich glaube, wir hätten es möglicherweise auch hingekriegt, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Das hätte allerdings erfordert, dass Sie Ihren Änderungsantrag in die Ausschussberatung eingebracht hätten. Das ist leider nicht der Fall.
Frau Zachow, nichts für ungut. Ich kann an Ihrer Argumentation überhaupt nicht verstehen, dass Sie einerseits darauf hinweisen, dass in den vergangenen Jahren die SPD die Zeit nicht genutzt hat, um einen entsprechenden Umbau, über den wir uns immer einig waren, auch voranzutreiben, dass Sie andererseits gleichwohl aber jede Konkretisierung, die wir genau aus dieser Einsicht heraus in die Beschlussempfehlung aufgenommen haben, mit Zahlen und ganz deutlichen Zeit- und Zielvorgaben, vermeiden. Sie geben der Landesregierung genau den Spielraum, von dem Sie sagen, die Landesregierung habe ihn nur unzureichend genutzt.
Obwohl wir uns im Ziel einig sind, haben wir leider in Niedersachsen eine Fehlentwicklung in der Versorgungsstruktur für psychisch kranke Menschen. Das ist historisch gewachsen. Der Umbau ist dringend notwendig. Wir haben in Niedersachsen fast dreimal so viele stationäre Angebote und stationäre Plätze wie in anderen Bundesländern.
Das Drama ist: Das Angebot an Heimplätzen nimmt von Jahr zu Jahr weiter zu, obwohl die Heime ganz offensichtlich einen ihrer zentralen gesetzlichen Aufträge, nämlich psychisch behinderte Menschen wieder in die Gesellschaft zu integrieren, nicht erfüllen. Mit der Heimeinweisung ist nicht die Wiedereingliederung vorgesehen. Faktisch ist die Heimeinweisung für viele Menschen leider die Endstation.
Schon nach ein bis zwei Jahren gibt es den dramatischen Prozess, dass die Menschen stärker an die Situation des Heimes angeglichen werden, als dass sie auf die normale Realität vorbereitet werden. Sie verlieren in ein bis zwei Jahren Lebenstüchtigkeiten und Kenntnisse, die sie vorher hatten.
Ambulante Behandlung muss jetzt endlich mit klaren Zielvorgaben vor stationärer Behandlung Realität werden. Wir schlagen in unserem gemein
samen Antrag deswegen vor, dass in der nächsten Legislaturperiode - ich betone: als erster Schritt mindestens 10 % der stationären Angebote in ambulante umgewandelt werden.
Lassen Sie mich noch einmal etwas zu Ihrer Strategie, Frau Zachow, sagen. Ihr Vorschlag lautet, wir bauen erst ambulante Angebote auf, und dann bauen wir stationäre ab. Diese Strategie, Frau Zachow, ist genau die, mit der die Landesregierung uns mindestens in den vergangenen acht Jahren immer getröstet hat. Sie hat gesagt: Das wird sich entwickeln. Wenn sich das entwickelt hat und es dann noch das Quotale System gibt, dann wird quasi alles gut.
So funktioniert es eben nicht. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir parallel das ambulante Angebot aufbauen müssen, weil das natürlich auch nicht umsonst zu haben ist. Das heißt, es darf da nicht und muss auch nicht - das zeigen alle Untersuchungen - um zusätzliche Mittel gehen. Es geht darum, die Ressourcen, die wir im stationären Bereich haben, in den ambulanten Bereich umzuleiten.
Wir wissen, wenn wir umbauen, haben wir erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven. Unser Problem ist doch: Wenn wir jetzt nicht sehr schnell in den Umbau einsteigen, dann werden wir vor dem Hintergrund wirklich sehr begrenzter Haushaltsmittel auf der einen Seite, aber einer ständig wachsenden Anforderung von Angeboten auf der anderen Seite nur immer mit Leistungskürzungen reagieren können. Meiner Ansicht nach sind wir in Sachen Leistungskürzung aber an einem Punkt angelangt, wo man wirklich fragen muss, ob das noch verantwortbar ist.
Es kann also nur um eine Umleitung von Mitteln gehen.
Meine Damen und Herren, dafür müssen wir natürlich wissen, wie die Angebotsstruktur im stationären und ambulanten Bereich in Niedersachsen überhaupt ist. Wo haben wir eine Überversorgung? Wo haben wir eine Unterversorgung? Wo kommen die Menschen eigentlich her? Warum und wofür erhalten sie Eingliederungshilfe? Wir brauchen also Transparenz. Mir ist nicht klar, warum diese Zahlen der Landesregierung nicht vorliegen. Ich halte das für ein großes Versäumnis.
Mein Eindruck ist, Frau Ministerin Trauernicht - das ist auch an die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion gerichtet -, dass die gescheiterte Enthospitalisierung bei Wahrendorff geradezu zu einer Traumatisierung geführt hat, in diesem Bereich noch etwas zu tun. Ich hoffe, dass wir Sie mit diesem Antrag da ein bisschen herausholen und wieder Bewegung in die Sache bringen. - Ich danke Ihnen.
Herr Minister, ich habe in Ihren Antworten in erster Linie so etwas gehört wie: Es ist die Frage, wir überlegen, wir diskutieren. - Bei mir setzt sich ein bisschen der Eindruck fest, dass sich am Ende doch nichts ändern wird, dass das ausgesessen werden soll.
Deswegen möchte ich gerne wissen, für welche konkreten harten Maßnahmen des Küsten- und Hochwasserschutzes Sie denn tatsächlich die Unterstützung dieses Parlaments wollen. Listen Sie sie doch einmal auf. Wir organisieren dann die Unterstützung.
Frau Ministerin, sind Sie nicht auch der Auffassung, dass durch das populistische Vorgehen insbesondere des Innenministers, aber auch des Ministerpräsidenten in der Sache sehr viel Porzellan
zerschlagen worden ist? Wäre es nicht sehr viel besser gewesen, wenn zuerst gearbeitet worden wäre und dann mit fachlich und sachlich guten und ausgewogenen Positionen an die Öffentlichkeit gegangen worden wäre?
Frau Ministerin, ich frage Sie: Warum haben Sie eigentlich die Arbeitsgruppe, die Sie vom Kultus
ministerium übernommen hatten und die in Ihrem Hause gearbeitet hat, um ein Interventionsprogramm, welches hier im Landtag beschlossen worden ist, zu erarbeiten, beerdigt und nicht haben weiterarbeiten lassen, um dieses Konzept zu erstellen?
Herr Plaue, das Problem ist, dass es gerade dieser Landesregierung, insbesondere dem Innenminister, aber auch dem Ministerpräsidenten, an Sensibilität im Umgang mit diesem Thema gemangelt hat. Angesichts der Tatsache, dass sowohl der Ministerpräsident, indem er sich der Forderung Becksteins angeschlossen hat, als auch der Innenminister eine gänzlich andere inhaltliche Position eingenommen haben, als sie hier heute durch die Jugendministerin präsentiert worden ist, ist es dringend notwendig, dass sich der Ministerpräsident hier einmal erklärt, damit wir wissen, in welche Richtung die Landesregierung marschiert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass die Selbstverwaltungsorgane der LVA Hannover und der LVA Braunschweig sehr klug und sehr weitsichtig reagiert haben, als sie gesagt haben, dass sie angesichts der bevorstehenden Konzentrationsprozesse und der Neustrukturierung der Rentenversicherungslandschaft in der Bundesrepublik und damit natürlich auch in Niedersachsen versuchen wollten, die niedersächsische Ausgangsposition zu verbessern, indem sie in Niedersachsen eine starke Organisationseinheit schaffen wollten, die auch zukunftsorientiert sei. Ich finde, dass die Selbstverwaltungsorgane unter Beweis gestellt haben, dass sie in einer so schwierigen Situation durchaus handlungsfähig sind. Ich finde das beispielgebend.
Ich finde, dass es positiv hervorzuheben ist, dass das Konzept, das dort erarbeitet worden ist, offensichtlich auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beider LVAen breit getragen ist. Ich betone das deshalb noch einmal, weil solche Fusionsprozesse natürlich am Ende immer auch mit Personaleinsparungen verknüpft sind. Das ist ja auch richtig und sinnvoll, weil es sich um Versi
chertengelder handelt, für die wir alle Rechenschaft abzulegen haben.
Natürlich ist im Rahmen des Prozesses auch versucht worden, die LVA Oldenburg einzubeziehen. Die LVA Oldenburg hat - Herr Schwarz und Frau Schliepack haben darauf hingewiesen - eine andere Entscheidung getroffen. Ich finde das hochbedauerlich. Ich glaube, dass diese Entscheidung im Sinne der Beschäftigten der LVA OldenburgBremen nicht besonders klug ist.
Ich finde es aber auch schlimm - um das deutlich zu sagen -, dass die LVA Oldenburg-Bremen in dieser Haltung von den regionalen Abgeordneten, vom Ministerpräsidenten dieses Landes und auch von der Sozialministerin unterstützt worden ist. Das ist aus meiner Sicht ein Problem.
Ich meine, dass Politik in dieser Situation eine andere Aufgabe gehabt hätte. Die Politik und insbesondere die Landesregierung hätte in dieser Situation die Aufgabe gehabt, sich an dieser Stelle konfliktfähig und weitsichtig zu zeigen und darauf hinzuwirken, dass für Niedersachsen eine zukunftsorientierte Lösung gefunden wird.
Das ist aus meiner Sicht für die LVA OldenburgBremen nicht der Fall.
Hinzu kommt, dass das Konzept OldenburgBremen immer damit verknüpft war, dass es künftig in Niedersachsen zwei gleichstarke LVAen geben sollte. Der Ministerpräsident hat immer erklärt, dass er dafür eine Vorliebe habe.
Mit dem, was uns heute vorgelegt worden ist, ist doch klar, dass diese Forderung nicht erfüllbar ist; denn in dem Gesetzentwurf, der heute vorgelegt worden ist und den ich im Übrigen unterstütze, wird eine Fusion Braunschweig/Hannover in den alten Zuständigkeitsgrenzen vorgesehen. Das heißt, damit wird dem Begehren der LVA Oldenburg
Bremen, die eigenen Zuständigkeitsgrenzen auszuweiten, ein klarer Riegel vorgeschoben.