Zur Tagesordnung. Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagungsordnungspunkt 22 - Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.
Dazu liegen zwei Anfragen vor: a) Neuordnung der Wirtschaftsförderung in Niedersachsen - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3622 - und b) Sind die Lehrerverbände schuld an Niedersachsens Bildungsmisere? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 14/3625.
Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Jeder Abgeordnete kann nur bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Zu zählen sind die einzelnen Fragen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sein. Sie müssen zur Sache gehören und dürfen die Frage nicht auf andere Gegenstände ausdehnen. Sie dürfen nicht verlesen werden.
a) Neuordnung der Wirtschaftsförderung in Niedersachsen - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3622
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Mai dieses Jahres verabschiedete die Landesregierung ihr Konzept zur Neuordnung der Wirtschaftsförderung. Dazu soll u. a. eine Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen - die IN-Bank gegründet werden. Die Bank soll 2003 ihre Geschäfte aufnehmen und den unübersichtlichen Förderdschungel auf Landesebene lichten. So sinnvoll eine Bündelung der Wirtschaftsförderung des Landes ist, so fragwürdig ist die von der Landesregierung gewählte Form der Gründung einer eigenen Bank. Das Kabinett hat sich für die privatrechtliche Organisationsform der Investitionsbank entschieden, obwohl günstigere und wirtschaftlichere Modelle zur Neuorganisation der Wirtschaftsförderung möglich wären.
2. Wie beurteilt sie die Erfahrungen mit der privatrechtlichen Organisationsform von Investitionsbanken in anderen Bundesländern?
3. Wie gedenkt sie, die Landestreuhandstelle für Wirtschaftsförderung, die bei der NORD/LB angesiedelt ist, in die geplante Investitionsbank zu überführen?
(Biel [SPD]: Wäre Frau Steiner im Ausschuss gewesen, hätte sie das alles gewusst und müsste jetzt das Parla- ment nicht aufhalten!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich bei der Fraktion der Grünen dafür, dass sie anerkennt und hier öffentlich noch einmal deutlich macht, wie wichtig
die Gründung der Investitionsbank und die Bündelung der Förderprogramme des Landes sind, um dem Förderdschungel ein Ende zu machen. Ich halte es für hervorragend, dass Sie das in dieser Dringlichen Anfrage noch einmal so deutlich herausgestellt haben.
Meine Damen und Herren, das Kabinett hat das Konzept des Wirtschaftsministeriums zur Gründung einer Investitionsbank des Landes im Mai verabschiedet. Danach errichtet das Land gemeinsam mit der NORD/LB eine selbständige Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen in der Rechtsform einer GmbH. Das Land erhält einen Anteil von mindestens 50 % der Gesellschafteranteile.
Gleichzeitig hat das Kabinett einen Arbeitsauftrag zur Erstellung eines Feinkonzeptes bis November dieses Jahres erteilt. Wie Sie wissen, haben wir diese Arbeiten begonnen. Sie laufen auf Hochtouren. Wir werden alle im Zeitplan festgelegten Termine einhalten. Die Bank wird ihr Fördergeschäft im nächsten Jahr aufnehmen. Damit wird uns, vor allem aber der niedersächsischen Wirtschaft, unseren Unternehmen, in Zukunft ein hoch modernes und flexibles Finanzierungs- und Förderinstrument zur Verfügung stehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Anfrage der Grünen über diese positiven Aspekte hinaus, die sie anerkennen, feststellt, dass die von der Landesregierung gewählte Form der Gründung einer eigenen Bank in privatrechtlicher Organisationsform fragwürdig sei, weil billigere Modelle zur Neuorganisation der Wirtschaftsförderung möglich wären, kann ich, ehrlich gesagt, nicht folgen. Wir müssen in Zukunft tief greifende Änderungen der gegenwärtigen Förderbedingungen insgesamt erwarten. Ich erinnere nur an die Aufnahme mittelund osteuropäischer Staaten in die EU. Ich denke aber auch an die national geführte Diskussion über die Beendigung von Mischfinanzierungen und die Auswirkungen, die dies auf die klassische Förderpolitik in Deutschland insgesamt haben wird. Wir stehen in der Förderlandschaft vor einer Entwicklung, in deren Verlauf Zuschüsse als klassisches Instrument der Wirtschaftsförderung immer mehr an Bedeutung verlieren werden. Bankenprodukte - ich betone dieses Wort - werden demgegenüber für die Wirtschaftsförderung immer wichtiger. Dies erfordert, dass die Handlungsfelder der Wirtschaftsförderung ausgeweitet und modernisiert werden, um zusätzliches Kapital gerade für unsere
Dies ist die absehbare Entwicklung. Die Gründung der Investitionsbank ist die richtige Antwort darauf. Mit der Gründung der IN-Bank sind wir in der Lage, mehr Eigenkapital zu mobilisieren. Dadurch wird die Bereitstellung zinsverbilligter Darlehen erleichtert, und es können eigene Förderprogramme aufgelegt werden. Vor allem wird es möglich sein, gemeinsam mit der Kreditwirtschaft neue Beteiligungsgesellschaften zu gründen. Gerade im normal- und niedrigverzinslichen Bereich gibt es bekanntlich eine Lücke an Beteiligungskapital, die von den Geschäftsbanken im Augenblick nicht geschlossen wird. Aber auch im sonstigen Beteiligungsbereich - insbesondere im innovativen Bereich - sind durch eine Investitionsbank neue Finanzierungsprodukte möglich, bei denen auch privates Kapital für die Wirtschaftsförderung genutzt werden kann. Diese Beteiligungen sind nur möglich, wenn es sich bei der Förderbank um eine privatrechtlich verfasste Bank handelt. Dies ist bei der Niedersächsischen Investitionsbank in der Rechtsform einer GmbH der Fall.
Meine Damen und Herren, würden wir die Wirtschaftsförderung, wie es die Anfrage nahe legt, in vollem Umfang der NORD/LB übertragen, wäre dies darüber hinaus EU-rechtlich problematisch. Demgegenüber ist die von uns gewählte Lösung ohne jeden Zweifel EU-konform, weil die öffentliche Wirtschaftsförderung selbständig organisiert wird und es keine Verquickungen mit anderen banküblichen Wettbewerbsgeschäften gibt.
Durch die maßgebliche Beteiligung des Landes an der Investitionsbank ist darüber hinaus die Wettbewerbsneutralität der IN-Bank garantiert. Es wird dadurch schon der Anschein einer Bevorzugung bestimmter Geschäftsbanken vermieden. Dies ist aus zwei Gründen wichtig. Zum einen soll bei der Förderung durch Darlehen das Hausbankprinzip eingehalten werden. Hausbanken gewähren die Kredite auf eigenes Risiko. Der Zinssatz wird durch Landesmittel - zukünftig durch die Investitionsbank - auf einen attraktiven Zinssatz heruntersubventioniert. Dazu bedarf es des Vertrauens der Hausbanken, und dazu bedarf es der Wettbewerbsneutralität unserer Investitionsbank.
und Raiffeisenbereich an der IN-Bank zu beteiligen. In diese Richtung zielt auch bereits der Kabinettsbeschluss vom 14. Mai dieses Jahres, in dem es heißt: „Über die Beteiligung Dritter entscheiden die Gesellschafter.“ Die Beteiligung Dritter setzt im besonderen Maße voraus, dass die IN-Bank durch Wettbewerbsneutralität Vertrauen aufbaut. Weitere Beteiligungen sind natürlich auch nur bei einer privatrechtlichen Gesellschaftsform denkbar, die dafür die Voraussetzungen bietet. Die Rechtsform der GmbH ist dafür besonders geeignet.
Meine Damen und Herren, die eigenständige Gesellschaft gemeinsam mit der NORD/LB bietet aber gleichzeitig die Chance, die spezifischen Vorteile und Erfahrungen beider Partner in der INBank zur Geltung zu bringen. Das Bank-Knowhow der NORD/LB wird für die Wirtschaftsförderung genutzt, aber es wird gleichzeitig das regionale und strukturpolitische Know-how des Landes eingebracht und in der praktischen Ausgestaltung der Förderpolitik umgesetzt. Gleichzeitig bleibt es durch eine selbständig organisierte Investitionsbank, bei der klaren politischen Verantwortung des Landes für die öffentliche Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Für die Kunden, also die niedersächsischen Unternehmen und Kommunen, kann diese Konstruktion nur Vorteile bringen.
Zu 1.: Nach dem Beschluss des Landeskabinetts vom 14. Mai 2002 entnimmt das Land aus dem LTS-Treuhandvermögen mindestens 50 Millionen Euro und bringt diese als Sacheinlage in die Gesellschaft ein. Allerdings wird bei der Vorbereitung zur Gründung der IN-Bank inzwischen auch überlegt, ob diese in Form einer Bargründung möglich ist. Die NORD/LB bringt in jedem Fall ihren Gesellschaftsanteil in Form einer Bareinlage ein.
Zu 2.: Selbstverständlich haben sich Mitarbeiter meines Hauses über Organisation, Aufgaben und Finanzausstattung von Förderbanken anderer Bundesländer genau informiert. Aufgaben, Organisation, Finanzausstattung und Vergütung für Leistungen der Förderinstitute differieren in den verschiedenen Bundesländern zum Teil erheblich. Ein Vergleich ist daher nur bedingt möglich. Klar ist aber, dass die Rechtsform einer selbständigen Investitionsbank in GmbH-Form dabei klar dem Trend der Entwicklung in anderen Ländern entspricht.
Zu 3.: LTS Wirtschaft und Wirtschaftsministerium haben Folgendes vereinbart: Die Aufgaben der heutigen LTS Wirtschaft sollen nahezu ausnahmslos auf die neue Investitionsbank übertragen werden. Die Mitarbeiter der LTS Wirtschaft können, soweit ihre Tätigkeiten der Wirtschaftsförderung zuzuordnen sind, in die Investitionsbank wechseln.
Frau Ministerin, welche Alternativen hat die Landesregierung geprüft, um das Ziel der Bündelung der Wirtschaftsförderung kostengünstiger zu erreichen als durch die IN-Bank?
Wir haben selbstverständlich in der Vorbereitung für den Kabinettsbeschluss vom Mai, die, wie Sie wissen, einige Monate in Anspruch genommen hat - das war kein Schnellschuss, sondern es hat eine wirklich intensive Vorbereitung gegeben -, verschiedene Modelle geprüft, selbstverständlich auch Modelle, die auf eine Integration der Wirtschaftsförderung in der NORD/LB hinausgelaufen wären. Wir waren allerdings übereinstimmend der Auffassung, dass damit nicht die von uns und eben von mir noch einmal skizzierten Effekte erzielt werden können. Die Kostengünstigkeit misst sich ja an der Kosten-Nutzen-Relation, und der Nutzen, den wir mit einer eigenständigen Bank erzielen können - das habe ich eben dargelegt - wiegt deutlich höher als bei jedem anderen Modell. Insofern haben wir uns ganz klar und ohne Einschränkung für das Modell einer selbständigen Bank entschieden.
Frau Ministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass vonseiten der Landesregierung geprüft wird, die Kapitaleinlage in die neue Investitionsbank gegebenenfalls auch über eine Bareinlage sicherzustellen. Bedeutet dies, dass die Landesregierung daran denkt, da das im Haushalt bisher nicht abgebildet ist, zu diesem Zweck zweckgebunden die Nettokreditaufnahme zu erhöhen?
Die Frage ist berechtigt, Herr Golibrzuch. Nein, es ist nicht beabsichtigt, in irgendeiner Form die Kreditaufnahme zu erhöhen. Es war immer ein Grundsatz und einer der Vorteile dieser Lösung der Investitionsbank, dass wir dies nicht zulasten des Landeshaushalts machen müssen. Der Vorteil ist, dass wir aus dem Landesvermögen bei den Landestreuhandstellen der NORD/LB Forderungen als Sacheinlage übernehmen können. Ich habe das eben in der Antwort ausgeführt. Dies ist so Kabinettsbeschluss.
Was im Augenblick überlegt wird, ist, ob man diese Forderungen nicht in irgendeiner Form vorab bewertet und verkauft, um sie in Form einer Bareinlage in die Eigenkapitalausstattung einzubringen. Das gilt aber nur für die 50 % des Landes; die 50 % der NORD/LB werden auf jeden Fall als Bareinlage eingebracht. Das ist jetzt eine Opportunitätsüberlegung, die im Zweifelsfall die Kapitalausstattung der IN-Bank noch einmal verbessern könnte.
Frau Ministerin, das Konzept der Landesregierung sieht vor, neben der Zentrale in Hannover auch eine Niederlassung in Oldenburg einzurichten. Meine Frage ist: Was hat Sie bewogen, in diesem Fall ein dezentrales Angebot zu machen, es aber in anderen Landesteilen - ich denke z. B. an Lüneburg - nicht vorzusehen?
Unser Konzept sieht vor, wie Sie zu Recht sagen, dass neben einer Zentrale in Hannover eine Niederlassung der Investitionsbank in Oldenburg errichtet wird. Wir haben dies unter den Grundsätzen und den Überlegungen der Erreichbarkeit dieser Bank vorgeschlagen, und es ist auch Grundlage des Kabinettsbeschlusses. Wir haben uns dabei natürlich auch von Erfahrungen in anderen Flächenländern leiten lassen, die bereits eine ähnliche Konstruktion der Investitionsbank haben.