Protokoll der Sitzung vom 12.06.2002

Ich möchte Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Am 16. Mai 2002 verstarb der ehemalige Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages, Herr Ferdinand Kruse, im Alter von 80 Jahren. Herr Kruse war von 1974 bis 1986 Mitglied der CDU-Fraktion des Niedersächsischen Landtages und während dieser Zeit in den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Rechts- und Verfassungsfragen tätig. Herr Kruse war Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Am 21. Mai 2002 verstarb der ehemalige Abgeordnete Johannes Stauske im Alter von 65 Jahren. Herr Stauske war von 1978 bis 1986 Mitglied der CDU-Fraktion des Niedersächsischen Landtages. Während dieser Zeit war er in verschiedenen Ausschüssen tätig. Ich erinnere mich sehr gut an eine gemeinsame Reise des Kultusausschusses nach Arhus in Dänemark.

Am 26. Mai 2002 verstarb der ehemalige Abgeordnete, Herr Franz Röhr, im Alter von 81 Jahren. Herr Röhr gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der CDU-Fraktion von 1967 bis 1974 an. Während dieser Zeit war er im Ausschuss für innere Verwaltung tätig. Herr Röhr war Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Wir werden alle drei Abgeordneten in guter Erinnerung behalten. - Ich danke Ihnen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Zur Tagesordnung möchte ich vorweg Folgendes bemerken. Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen gedruckt vor.

Für die Aktuelle Stunde liegen zwei Beratungsgegenstände vor, nachdem die Fraktion der SPD ihren Antrag zurückgezogen hat.

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor, die Donnerstag früh ab 9 Uhr beantwortet werden.

Im Ältestenrat sind für die Beratung einzelner Punkte bestimmte Redezeiten gemäß § 71 unserer Geschäftsordnung vereinbart worden. Diese pau

schalen Redezeiten sind den Fraktionen und den Abgeordneten bekannt; sie werden nach dem im Ältestenrat vereinbarten Verteilerschlüssel aufgeteilt.

Ich gehe davon aus, dass die vom Ältestenrat vorgeschlagenen Regelungen für die Beratungen verbindlich sind und darüber nicht mehr bei jedem Punkt abgestimmt wird. Ich stelle fest, dass das Haus damit einverstanden ist.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.35 Uhr enden.

Ich möchte Sie noch auf zwei Veranstaltungen hinweisen: In der Wandelhalle ist die von der Parlamentariergruppe Bahn Niedersachsen konzipierte Ausstellung „Moderne Bahn in Niedersachsen“ zu sehen. In der Portikushalle wird Ihnen zu Beginn der Mittagspause der Shanty-Chor „Vör Anker“ Rhauderfehn e. V. eine kurze musikalische Darbietung geben.

Des Weiteren möchte ich darauf aufmerksam machen, dass in der Mittagspause im Restaurant die World-Trade-Center-Association einen Empfang gibt.

Ich empfehle diese Veranstaltungen Ihrer Aufmerksamkeit.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag 12 Uhr wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Es haben sich entschuldigt der Herr Ministerpräsident Gabriel ab 11.45 Uhr, Herr Finanzminister Aller ab 11.30 Uhr, Herr Innenminister Bartling ab 18 Uhr, von der Fraktion der SPD Herr Glogowski sowie von der Fraktion der CDU die Herren Krumfuß und Wojahn; Herr Wojahn für den Nachmittag.

Meine Damen und Herren, ich höre gerade, dass die SPD-Fraktion ihren Antrag zur Aktuellen Stunde nicht zurückgezogen hat. Das war ein Fehler in meinem Sprechzettel.

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir unsere Sitzung mit einem besonderen Punkt beginnen. Der Marschall der Woiwodschaft

Niederschlesien, Herr Emilian Stanczyszyn, ist bei uns zu Gast. - Ich heiße Sie herzlich willkommen.

(Beifall)

Die Rede, die Herr Stanczyszyn halten wird, ist Ihnen in deutscher Übersetzung auf Ihre Tische gelegt worden. Ich halte Sie damit für einverstanden, dass wir auf eine Simultanübersetzung verzichten.

Herr Stanczyszyn war jahrelang Bürgermeister der Stadt Polkowice, mit der Niedersachsen insofern besondere Verbindungen hat, als dort das zweite Volkswagenwerk in Polen entstanden ist. Er war jahrelang Präsident des Sejmiks und hat in dieser Eigenschaft uns sehr freundlich empfangen. Herr Marschall, Sie haben das Wort.

Ansprache des Marschalls der Woiwodschaft Niederschlesien

Marschall Stanczyszyn: (Deutsche Übersetzung:)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist mir eine große Ehre, dass ich während meines Aufenthaltes in Niedersachsen als Marschall der Woiwodschaft Niederschlesien die Gelegenheit habe, während einer Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages zu sprechen.

Ich möchte mich bei Herrn Prof. Rolf Wernstedt, der übrigens schon zweimal in Niederschlesien zu Besuch gewesen ist, recht herzlich bedanken, und zwar nicht nur für die Einladung zu der heutigen Sitzung, sondern vor allem für die Unterstützung, welche die direkten Kontakte zwischen den Abgeordneten des Sejmiks der Woiwodschaft Niederschlesien und des Niedersächsischen Landtages seitens des Herrn Landtagspräsidenten erfahren.

Im August 2000 wurde die Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit zwischen unseren Regionen unterzeichnet. Auf diese Weise hat die Selbstverwaltung der Woiwodschaft Niederschlesien, die aus der Verwaltungsreform Ende 1998 hervorgegangen ist, an die Tradition der Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und der früheren Woiwodschaft Breslau angeknüpft. Voraussetzungen für Kontakte von Menschen und die Kooperation beider Regionen gründen jedoch auf viel

früheren Fakten. Hier denke ich an die gemeinsame Geschichte und die kulturellen Werte, über die wir offen und ehrlich erst seit Beginn der 90erJahre sprechen durften.

Während meines jetzigen Besuchs in Niedersachsen hatte ich Gelegenheit, zahlreiche Gespräche über den Stand der Zusammenarbeit zwischen unseren Regionen zu führen, konnte Einrichtungen kennen lernen, die an einer Zusammenarbeit interessiert sind, aber auch solche besuchen, die in dieser Hinsicht bereits Erfahrungen gesammelt haben. Es gibt zahlreiche Beispiele von gemeinsamen Projekten, aber unser Potenzial erlaubt eine weitere Entwicklung der Kooperation. Darüber habe ich mit dem Herrn Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Wolfgang Senff, gesprochen; zu diesem Schluss sind wir gemeinsam auch mit Herrn Innenminister Heiner Bartling während seines Besuches in Breslau gekommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, am 29. Mai dieses Jahres sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder in Cottbus während der Diskussion „Deutschland und Polen: gemeinsam die Zukunft Europas gestalten“, an der auch der Premierminister der Republik Polen teilgenommen hatte, dass die deutschpolnischen Beziehungen in der Geschichte noch nie so gut wie heute gewesen sind. In dem Gespräch mit dem polnischen Premierminister haben beide Politiker betont, dass dieses gute Verhältnis von der Ebene der Politik und Wirtschaft nun auch auf die der gesellschaftlichen Kontakte übertragen werden sollte und ein Netzwerk von Kontakten zwischen Bürgern unserer Staaten stiften.

In diesem Bereich haben Niedersachsen und Niederschlesien bereits sehr viel getan. Ein deutliches Beispiel dafür ist der alljährlich verliehene Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen, der sich zur alljährlichen Begegnung von Bürgern unserer Regionen entwickelt hat.

Lassen Sie uns also alles daransetzen, damit diese Kontakte gepflegt und weiter entwickelt werden, lassen Sie uns alle möglichen Projekte - Austausch von Jugendlichen, Schülern und Studenten - fördern. Dafür verfügt Niederschlesien dank der internationalen Jugendbegegnungsstätte Kreisau über ausgezeichnete Voraussetzungen.

Neben dem Bereich der gesellschaftlichen Kontakte halte ich die wirtschaftliche Zusammenarbeit für eine absolute Priorität. Niederschlesien ist ein attraktives Gebiet für wirtschaftliche Aktivitäten.

Als Standort haben wir folgende Vorteile:

- günstige Lage - in der unmittelbaren Nähe Deutschlands und Tschechiens,

- junge, ehrgeizige Absolventen unserer Hochschulen,

- Entschlossenheit der kommunalen Behörden, günstige Voraussetzungen für Investoren zu schaffen,

- kultureller Reichtum und Attraktivität für den Tourismus,

- gewachsene Formen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit - die Tätigkeit der Euroregionen,

- kulturelle Vielfalt der Hauptstadt Niederschlesiens - der Stadt Breslau - und Kreativität ihrer Einwohner (Breslau bewirbt sich um Organisa- tion der Weltausstellung EXPO 2010),

- ausländische Investitionen auch im Bereich der Finanzdienstleistungen.

Deutsche Investitionen in Niederschlesien und ihre Ergebnisse können als Anreiz für die Ansiedlung von erfolgreichen Unternehmen in der Woiwodschaft Niederschlesien dienen. Es reicht wahrscheinlich, wenn ich in diesem Zusammenhang nur darauf verweise, dass die zweitgrößte ausländische Investition und gar die größte, wenn man von dem Bereich der Finanzen absieht, von der Firma Volkswagen Motor Polska getätigt wurde, die beschlossen hatte, ein Werk in Polkowice errichten. Ihre Tätigkeit entwickelt sich in Niederschlesien erfolgreich weiter.

Für die dritte Achse der Zusammenarbeit halte ich den Austausch im Bereich Forschung und Technologietransfer. Allein in Breslau gibt es zurzeit rund 130 000 Studierende an 26 Hochschulen. Am 18. Juni dieses Jahres, während der 5. DeutschPolnischen Regierungskonsultationen in Breslau, wird ein Zentrum für Deutsche und Europäische Studien eröffnet, das den Namen Willi Brandts trägt. Dieses Zentrum wird einen weiteren Beweis für das hohe Niveau der Wissenschaftler und Intellektuellen in Niederschlesien liefern und von ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit deutschen Partnern zeugen.

Polen legt großen Wert auf die Unterstützung aus der Bundesrepublik Deutschland bei unseren Bemühungen um den EU-Beitritt. Wir sind dankbar

für das Engagement, mit dem der Bund und die Länder die deutsche Bevölkerung über die kommende Erweiterung der Europäischen Union informieren. Heute noch werde ich Gelegenheit haben, eine Einrichtung kennen zu lernen, welche von der Niedersächsischen Landesregierung gegründet wurde.

Als Woiwodschaftsbehörde sind wir an einer Kooperation in europäischen Fragen interessiert. Wir bereiten unsere Region auf das künftige Funktionieren in der EU vor, wir benötigen zahlreiche Experten in den Bereichen Europarecht, europäische Politiken, wir brauchen Fachleute in Sachen Förderung aus den Strukturfonds für soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Die Hilfe des Landes Niedersachsen in den genannten Gebieten und das Kennenlernen Ihrer Erfahrungen sind für uns von außerordentlich großer Bedeutung.

Abschließend möchte ich mich bei Ihnen für Ihr bisheriges Engagement und Ihre Unterstützung für die Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und Niederschlesien bedanken und gleichzeitig auch um weiteres Interesse und um Sympathie bitten.

Ich bedanke mich und lade Sie nach Niederschlesien ein.

(Beifall im ganzen Hause)