Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 16: Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratung in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Zu Tagesordnungspunkt 20 haben die Fraktionen vereinbart, dass eine Aussprache nicht stattfinden soll, sondern unmittelbar abgestimmt wird. Die heutige Sitzung wird somit gegen 19.05 Uhr enden.
Ich möchte Sie noch auf eine Veranstaltung hinweisen: Zu Beginn der Mittagspause wird Ihnen die Trachtengruppe Sandhorst in der Portikushalle eine kleine Tanzvorführung darbieten. Ich empfehle diese Veranstaltung Ihrer Aufmerksamkeit, bevor Sie in die Mittagspause gehen.
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr - wird erinnert.
Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Gabriel und von der Fraktion der CDU Herr Haselbacher und Herr Meier.
Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. a) Mitarbeiterbefragungen decken Reformfrust auf - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 2793 -, b) Berufsschulen als Stiefkind der Bildungspolitik - 30 000 zusätzliche Schülerin
nen und Schüler, keine einzige zusätzliche Lehrkraft - Anfrage der Fraktion der CDU, Drucksache 2794 - und c) Verbraucherschutz ja, aber wo bleibt die Information - Wann kommt endlich ein Verbraucherinformationsgesetz? - Anfrage der Fraktion der SPD, Drucksache 2795 -.
Ich mache noch einmal auf die Spielregeln aufmerksam. Jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete kann nur bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Zu zählen sind die einzelnen Fragen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sein, dürfen nur zur Sache gehören, nicht auf andere Gegenstände ausgedehnt und auch nicht verlesen werden.
a) Mitarbeiterbefragungen decken Reformfrust auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2793
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erst jetzt öffentlich gewordenen Ergebnisse aus Mitarbeiterbefragungen im Innenministerium und im Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales haben alarmierende Ergebnisse über die Stimmung in der Landesverwaltung zu Tage gefördert. Offensichtlich geworden sind dabei der Frust über die Unzuverlässigkeit des Arbeitgebers bei der Verwaltungsreform und der zunehmende Stress durch den massiven Abbau von Personal, der weder durch einen Abbau von Aufgaben noch durch entsprechende Maßnahmen zur Personalentwicklung ausreichend aufgefangen wird. Die Landesregierung scheint hier die Quittung für die vielen gebrochenen Versprechen im Verwaltungsreformprozess zu erhalten. Zu oft wurden die von den Beschäftigten erarbeiteten Effizienzsteigerungen allein zur Einsparung und Arbeitsverdichtung genutzt. Auch im jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf 2002/2003 fehlen erneut die zugesagten Leistungsanreize, die durch die Dienstrechtsreform erwirtschaftet werden sollten. Die Mittel für die Personalentwicklung wurden sogar im Vergleich zum schon schlecht ausgestatteten laufenden Haushaltsjahr noch einmal drastisch gekürzt. Die innere Kündigung von vielen Teilen der Landesbediensteten scheint nicht mehr nur zu drohen, sie ist
1. Wann legt sie die vollständigen Ergebnisse aller Mitarbeiterbefragungen, die in dieser Legislaturperiode durchgeführt wurden, den zuständigen Landtagsausschüssen offen?
2. Liegen ihr Vergleichszahlen aus Befragungen in anderen Bundesländern zu den angesprochenen Themenkomplexen vor?
3. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den katastrophalen Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung für ihr weiteres Handeln und für die Haushaltsansätze zur Verwaltungsreform?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die in der Dringlichen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vertretene Auffassung, die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung seien katastrophal, teile ich ganz und gar nicht. Ich halte eine solche Bewertung schlicht für polemisch. Wer dennoch solche Behauptungen aufstellt, will nicht Vorhandenes verbessern, sondern allein ein vordergründiges tagespolitisches Süppchen kochen.
Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie sollten sich vor solchen Vereinfachungen eines komplexen Sachverhaltes hüten und zu mehr Sachlichkeit zurückkommen.
Worum geht es? - Die Veränderung der Landesverwaltung hin zu einer modernen und flexibel agierenden Dienstleistungsverwaltung ist nicht von heute auf morgen zu schaffen. Wir haben in den letzten Jahren mit vielfältigen Instrumenten und auf vielen Handlungsfeldern eine Fülle von Veränderungen nicht nur angeschoben, sondern auch erreicht. Dazu gehören zum Beispiel die Straffung
von Aufbau- und Ablauforganisationen, die systematische Umstellung aller dafür geeigneten Büroarbeitsplätze auf Bildschirmarbeitsplätze samt elektronischer Vernetzung der Landesbehörden untereinander.
Es ist selbstverständlich, dass es in einem Großunternehmen, wie es die Landesverwaltung mit ihren rund 210 000 Beschäftigten und rund 800 Behörden darstellt, bei diesen umfassenden Veränderungsprozessen neben Erfolgen auch Enttäuschungen gibt. Entscheidend ist aber, diese zu erkennen und aus den Erfahrungen zu lernen.
Das derzeit vom Innenministerium angestoßene Pilotprojekt „Mitarbeiterbefragung“ muss in diesem Zusammenhang gesehen und eingeordnet werden. Die Mitarbeiterbefragung ist ein Instrument des modernen Personalmanagements. Sie dient in der Privatwirtschaft wie in der öffentlichen Verwaltung einer Stärken- und Schwächenanalyse und gehört in der Wirtschaft längst zu den Standardinstrumenten der Organisationsentwicklung. Denn eine umfassende Analyse der Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung eröffnet die Chance, den Handlungsbedarf zu erkennen und Veränderungsprozesse in der jeweiligen Organisation punktgenau einzuleiten.
Auch Behörden der Landesverwaltung haben schon eine Reihe von Befragungen durchgeführt. Sie haben aber nach meinem Eindruck nicht immer einen systematischen Veränderungsprozess bewirkt. Diese eigentlich günstige Ausgangslage soll nun durch die Entwicklung einer standardisierten Mitarbeiterbefragung noch verbessert werden. In vier Pilotbehörden, dem Landgericht Osnabrück, der Materialprüfanstalt in Braunschweig, dem Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales und dem Innenministerium, wird dies derzeit durchgeführt.
In diesem Rahmen weise ich darauf hin, dass Mitarbeiterbefragungen rein interne Prozesse sind. Sie setzen ein Klima des Vertrauens und der Vertraulichkeit innerhalb der Behörden voraus, ohne die der von uns bezweckte Veränderungsprozess mit den Beschäftigten nicht erreichbar ist.
Die Beschäftigten in den vier Pilotbehörden sind ganz offensichtlich bereit, sich auf diesen Weg zu begeben und an den Veränderungen mitzuarbeiten. Sonst hätten wir nicht eine Rücklaufquote zwischen 80 und 90 % erzielen können. Das ist ein sehr hoher und damit ein guter Wert. Er ist auch
auf die engagierte Arbeit der Projektleitungen in den Behörden und die überzeugende Leistung der beratenden Firma zurückzuführen.
Meine Damen und Herren, die Arbeitsidee lautet also, mit Hilfe von Mitarbeiterbefragungen einen Anstoß für weitere und vor allem notwendige Veränderungen in den Verwaltungen zu geben. Es geht darum, Fakten zu erkennen, diese in einer offenen und sachlichen Diskussion der Betroffenen untereinander zu bewerten und dann die notwendigen Verbesserungen Schritt für Schritt umzusetzen.
Zu Frage 1: Vertreter meines Hauses werden in der Sitzung des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht am 30. November über den Sachstand des Pilotversuchs berichten.
Zu Frage 3: Die Landesregierung sieht für eine Veränderung der bisherigen Haushaltsansätze für die Verwaltungsreform keinen Anlass.
Herr Minister, angesichts Ihrer positiven Ausführungen über die Beteiligung an der Mitarbeiterbefragung und deren Wirkung frage ich Sie: Wie erklären Sie, dass nur 18 % der Beschäftigten im Innenministerium meinen, dass ihre Bedürfnisse im Reformprozess ausreichend berücksichtigt würden?
Frau Kollegin, ich kann nur noch einmal wiederholen, dass bei Veränderungsprozessen natürlich auch Betroffenheiten entstehen und diese Betrof
fenheiten sich auch in solchen Ergebnissen niederschlagen. Wir wollen diese Ergebnisse nutzen, um zu Veränderungen zu kommen. Deswegen machen wir Mitarbeiterbefragungen. Ich wäre natürlich auch froh, wenn alle 100-prozentig sagen würden: „Wir finden das alle dufte.“ Nur, ein solches Ergebnis werden wir wohl nicht erzielen. Wir werden diese Ergebnisse auswerten und daraus unsere Konsequenzen ziehen.
Herr Minister, angesichts der Nichtgewährung der Leistungszulagen aus der Dienstrechtsreform und der gekürzten Haushaltsansätze für Personalentwicklungsmaßnahmen wüsste ich gerne: Welche Selbsteinschätzung hat die Landesregierung über ihre Verlässlichkeit als Arbeitgeber und Partner der Beschäftigten im Reformprozess?
Die Verlässlichkeit, Herr Kollege, entspricht der Verlässlichkeit auch anderer Institutionen, die u. a. dafür Sorge zu tragen haben, dass ein Haushalt ausgeglichen werden muss.