Zur heutigen Tagesordnung: Wir beginnen die Sitzung mit der Fragestunde, Tagesordnungspunkt 42. Es folgt Punkt 2, und zwar die Beratung der strittigen Eingaben. Anschließend erledigen wir die Tagesordnungspunkte in der Reihenfolge der geänderten Tagesordnung. Diese liegt Ihnen seit gestern gedruckt vor. Wir sind wohl im Zeitplan. Danach soll die heutige Sitzung gegen 14.25 Uhr enden.
Guten Morgen! Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der SPD Herr Pickel und von der Fraktion der CDU Herr Heineking.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur wenige Monate nachdem der ehemalige Konzernchef das Pilotfahrzeug eines Ein-Liter-Autos öffentlichkeitswirksam vorstellte und nachdem sich die DreiLiter-Autos VW Lupo und Audi A2 wiederum an die Spitze der Auto-Umweltliste des Verkehrsclubs Deutschlands setzten, kam eine irritierende Nachricht aus Wolfsburg: Die Baureihen von Lupo und A2 sollen eingestellt werden.
Haben das Rolls-Royce-Abenteuer und der Phaeton doch ein größeres Loch in die Kasse gerissen als geplant? Warum sollen gerade die umweltfreundlichsten Baureihen eingestellt werden? Gibt es vielleicht noch bessere Nachfolger? Wann ist mit der Serienreife des Ein-Liter-Autos zu rechnen? Fließt jetzt endlich mehr Forschungsgeld in neue Antriebstechnologien wie die Brennstoffzelle?
Auf dem europäischen Markt hat erstmals seit längerer Zeit ein französisches Auto den Golf von Platz 1 der Verkaufsliste verdrängt. Auch bei den Familienautos hat VW Probleme, weil die Franzosen mehr zu bieten haben. Angekündigt wurden jetzt ein neuer VW-Geländewagen und ein Roadster von Seat. Beide dürften beim Spritverbrauch aber eher im oberen Drittel liegen.
Angesichts der oben genannten Schlaglichter auf ausgewählte Entwicklungen des Automobilmarktes, der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Branche für Niedersachsen und zentraler umweltpolitischer Themenstellungen stellt sich die Frage, welche Richtung die Entwicklung im VW-Konzern nimmt. Konnte man vor kurzem noch den Eindruck gewinnen, dass die großen Spritfresser nur der Abrundung der Modellpalette dienten oder gar als Spielwiese des Konzernchefs gesehen werden könnten, fragt man sich jetzt, ob nicht die strategische Entwicklung des Konzerns aus dem Ruder läuft.
Jetzt entscheidet sich, welche Rolle das Engagement des Konzerns auf ausgewählten hochpreisigen und PS-starken Nischenmärkten künftig spie
len soll. Es entsteht der Eindruck, dass der Konzern die Vorreiterrolle und sein Image bei der Entwicklung sparsamer und umweltfreundlicher Fahrzeuge aufgeben will. Angesichts der Herausforderungen in der Klimapolitik kann der größte Einzelaktionär von Volkswagen strukturelle Fehlentscheidungen bei Modellpolitik, Forschung und Entwicklung des Konzerns aber nicht ignorieren.
3. Was will sie tun, um den Bau von möglichst sparsamen und umweltfreundlichen Fahrzeugen in Niedersachsen voranzutreiben?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Volkswagen in den letzten Jahren keine erfolgreiche Strategie ergriffen hätte, dann wäre der Konzern nicht da, wo er heute ist, nämlich an der Spitze der Automobilhersteller in Europa und weltweit.
Angesichts des immer stärker werdenden Wettbewerbs versuchen aller Hersteller - so auch Volkswagen -, möglichst alle Fahrzeugsegmente und -nischen mit Fahrzeugen ihrer eigenen Marken zu besetzen. Dieser Erfolgsdruck lastet natürlich auch auf Volkswagen.
Dazu nur einige Zahlen, um das deutlich zu machen. Während der VW-Konzern 1996 noch 31 Modelle produzierte, waren es Mitte 2000 schon 54. Vor rund einem Jahr stieg die Zahl der Konzernmodelle auf 80, und für die nächsten fünf Jahre sind weitere 50 bis 70 neue Modelle zu erwarten.
Der Vorsitzende des Vorstands hat vor wenigen Tagen angekündigt, dass der Konzern in drei Jahren 85 % aller Automarktsegmente abdecken wird.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Aufsichtsrat der VW AG am 15. November die Investitionsplanung 2003 bis 2007 beschlossen. Danach wurden für Sachinvestitionen im Automobilbereich 33,3 Milliarden Euro geplant. Diese Summe übersteigt den letzten Investitionsbeschluss. Die Sachinvestitionen dienen vornehmlich der Erweiterung und Modernisierung der Produktpalette aufgrund der eben genannten Zusammenhänge. In allen Fahrzeugklassen werden Nachfolgeprodukte geplant. Insgesamt entfallen 85 % der Sachinvestitionen auf diese Produktinvestitionen.
Dabei kommt den deutschen Standorten bei der Investitionsplanung - das ist für uns besonders wichtig - besondere Bedeutung zu.
Dies ist gegenüber der alten Planung eine Erhöhung; dort waren ursprünglich nur 60 % für die deutschen Standorte vorgesehen. Diese Erhöhung der Inlandsquote beruht im Wesentlichen auf der Erneuerung der im Inland zu produzierenden Modelle.
Mit der Investitionsplanung ist u. a. auch der Startschuss für die Produktion des Microbus gefallen, und damit auch die Entscheidung, den Microbus in Hannover zu produzieren.
Während Anfang der 60er-Jahre noch 60 Automobilhersteller international tätig waren, sind es heute nur noch rund 15. In Fachkreisen geht man davon aus - die Branche selbst rechnet auch damit -, dass es langfristig weltweit nur noch acht bis zehn Hersteller geben wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Volkswagen wird dabei sein, gerade dank seiner erfolgreichen Strategie.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Volkswagen-Konzern hat sich aber nicht nur als hoch innovatives Unternehmen bei seinen Produkten gezeigt, sondern ebenfalls als Unternehmen, das auch bei der Arbeitsorganisation bereit ist, neue Wege zu gehen. Die Einführung des Pro
jekts „5000 x 5000“ ist ein Einstieg, der die moderne Industriewelt weltweit aufhorchen lässt. Hier wird exemplarisch demonstriert, dass Deutschland nach wie vor ein hoch attraktiver Standort ist und dass man bei komplexen Problemlösungen - auch im arbeitsorganisatorischen Bereich - am Standort Deutschland ganz oben dabei ist.
Ausgehend von der bei Volkswagen in Wolfsburg entstandenen Idee der AutoVision und der damit einhergehenden Gründung der Wolfsburg AG hat in der Stadt Wolfsburg - wie Sie wissen - ein regionalwirtschaftlicher Aufbruch begonnen, der deutschlandweit Beachtung findet. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass sich diese Region in Niedersachsen zu einem Mekka der regionalen Cluster-Bildung entwickelt hat.
Wenn Sie die Diskussion - auch in der Presse - in den letzten Wochen aufmerksam verfolgt haben, dann wissen Sie, dass es hier immer weitere neue Entwicklungen gibt; beispielsweise der öffentliche Auftakt der AutoUni, der in Wolfsburg stattfand und von Volkswagen initiiert ist.
Den Weg, den Volkswagen und die Region Wolfsburg eingeschlagen haben, hat die Landesregierung inzwischen auch für Niedersachsen insgesamt weiterentwickelt. Wir haben gesagt: Wenn wir hier im Land ein solches Vorbild haben, dann müssen wir die Erkenntnisse, die wir daraus gewinnen können, auch für andere Regionen im Land nutzen. Genau dies tun wir. Sie kennen das HannoverProjekt. Sie kennen die Überlegungen und ersten Entscheidungen zur Gründung eines entsprechenden Projektes in Braunschweig. Sie kennen das Weserbergland-Projekt. Diese Projekte haben wir hier im Land indirekt durch die Aktivitäten des VW-Konzerns anschieben können.
Sie haben mich konkret zu der Einordnung der umweltfreundlichen Fahrzeuge bei VW gefragt. Ich möchte Ihnen dazu noch zwei Informationen geben. Das Umweltinstitut ÖKO–TREND hat in diesem Monat wieder einmal die Autos von VW bei der Umweltfreundlichkeit auf die obersten Plätze gesetzt, und zwar den Lupo, den Polo und den Golf 1,6, und der Sharan kam - wie schon im Vorjahr - in der Kategorie Vans auf den Platz 1 der umweltfreundlichsten Fahrzeuge.
Zu 1 und 2: Die Interessen des Anteilseigners Niedersachsen werden von der Landesregierung in den entsprechenden Organen der Volkswagen AG wahrgenommen. Die Landesregierung kommentiert daher nicht die marktstrategische Ausrichtung und das operative Geschäft des Unternehmens.
Zu 3: Die Landesregierung nimmt die Anfrage aber zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass Volkswagen in dem eben beschriebenen Sinne als innovatives und nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen anerkannt ist.