Protokoll der Sitzung vom 22.11.2002

Zu 3: Die Landesregierung nimmt die Anfrage aber zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass Volkswagen in dem eben beschriebenen Sinne als innovatives und nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen anerkannt ist.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wenzel! Dann Herr Hagenah.

Frau Ministerin, aus klimapolitischen Gründen führt an der Entwicklung sparsamer Autos und an ihrem Einsatz - auch im Alltagsverkehr - überhaupt nichts vorbei. Was will die Landesregierung im universitären Bereich tun, um Forschung und Entwicklung des Drei- und Ein-Liter-Autos voranzutreiben?

Frau Dr. Knorre!

Herr Wenzel, ich beantworte Ihre Frage mit Blick auf die Aktivitäten meines Ressorts. Eine der wesentlichen Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung, die wir als Landesregierung unterstützen, sind alle innovativen Ansätze, die sich mit der Leichtbauweise von Fahrzeugen beschäftigen, die darauf abzielen, Gewichtsreduzierungen bei der Erhaltung aller Standards - auch Sicherheitsstandards - erzielen zu können, und zwar im gesamten Bereich der Mobilität, aber natürlich vor allen Dingen auch im Bereich der Automobilindustrie mit den entsprechenden Querverbindungen zu anderen Mobilitätssektoren, beispielsweise beim Flugzeugbau oder in der Luft- und Raumfahrt. Hier

geht es im Wesentlichen - beispielsweise in der Landesinitiative „Neue Materialien“ - um die Entwicklung neuer Werkstoffe. Hier geht es beispielsweise um die Nutzung von Ultraleichtstählen und von CFK-Werkstoffen. Sie wissen, hier gibt es eine große Initiative im Bereich Luft- und Raumfahrt mit den entsprechenden Crossovers zur Automobilindustrie.

Dies sind alles FuE-Innovationen, die für uns Schwerpunkte setzen; Stichworte „Neue Materialien“ oder „Forum Mobilität“. Hier werden diese entwickelt. Gerade vorgestern fand zusammen mit der Universität Hannover, dem Forum Mobilität und Wirtschaftsunternehmen aus der Mobilitätswirtschaft eine Auftaktveranstaltung in Hannover statt. Diese Bereiche haben sich noch einmal zusammengefunden, um hier am Standort gemeinsam ein deutsches Zentrum für Fahrzeugkomponentenentwicklung aufzuziehen. Das zeigt, dass wir gerade im Bereich Gewichtsreduzierung durch neue Materialien und Werkstoffe und den damit verbundenen Einspareffekten im Verbrauch einen deutlichen Schwerpunkt der FuE-Politik legen. Es gibt hier sehr interessante Schnittstellen zur universitären Forschung.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hagenah! Dann noch einmal Herr Wenzel.

Frau Ministerin Knorre, vielen Dank für die Regierungserklärung zu VW. Aber die eigentliche Frage, die sich uns gestellt hat und die wir versucht haben, Ihnen zu stellen, ist noch nicht beantwortet worden. Reduziert sich das Engagement der Landesregierung hinsichtlich ihres Anteilsbesitzes an VW allein auf die ökonomische Seite, oder sieht die Landesregierung Ihren Besitz auch im Sinne der Grundgesetzforderung „Eigentum verpflichtet“ im Hinblick auf soziale und ökologische Aspekte?

(Zuruf von der SPD: Keine Ahnung! - Plaue [SPD]: Herr Kollege Hagenah, welches Auto fahren Sie eigentlich?)

Frau Ministerin!

Ich habe in meiner Antwort deutlich gemacht, dass die Landesregierung als ein Anteilseigner von VW das operative Geschäft des Konzerns nicht kommentiert. Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir aktienrechtlich als Vertreter in den Gremien nicht auskunftsermächtigt über Entscheidungen und interne Diskussionen im Aufsichtsrat der VW AG sind.

(Zustimmung von Plaue [SPD])

Herr Wenzel zur zweiten Frage!

Frau Ministerin, dann möchte ich noch eine Frage stellen, die in Ihr Ressort fällt. Die Universität Clausthal plant die Entwicklung einer Pilotanlage zur Produktion von synthetischen Kraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Finanzierung und Realisierung des Projekts hängen ganz wesentlich von einem Zuschuss aus Ihrem Haus ab. Ich frage Sie, ob die Finanzierung mittlerweile sichergestellt ist.

(Möllring [CDU]: Das hat doch mit der Anfrage nichts zu tun! - Zurufe von der SPD)

Das geht etwas weit raus aus der Anfrage. - Frau Ministerin, möchten Sie antworten?

(Wenzel [GRÜNE]: Es geht um um- weltfreundliche Autos und Antriebs- systeme! - Plaue [SPD]: Ich kann mich auch über die UNO unterhal- ten!)

- Herr Kollege Plaue, dafür gibt einen Ordnungsruf.

(Plaue [SPD]: Der Präsident hört auch alles!)

Das Wort hat die Frau Ministerin.

Herr Wenzel, ich muss Ihnen gestehen, dass ich im Augenblick nur sagen kann, dass es in meinem Haus Gespräche dazu gegeben hat. Soweit ich weiß, ist das Projekt - jedenfalls nach meiner Erkenntnis - noch nicht entscheidungsrelevant. Wenn aber aus Ihrer Sicht Gesprächsbedarf besteht und wir Sie noch im Detail informieren können, machen wir das selbstverständlich gerne.

Herr Domröse! Dann Herr Hagenah zur zweiten Frage.

(Plaue [SPD]: Du musst deine Worte abwägen!)

Ich muss meine Worte abwägen, damit ich die Intimsphäre einiger Abgeordneter nicht verletze.

Frau Ministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass es die beste Möglichkeit ist, die Entwicklung von Drei-Liter-Autos fortzusetzen, solche Fahrzeuge zu erwerben? Als einer der wenigen, der hier im Hause ein solches Fahrzeug hat, erlaube ich mir die Frage, ob es nicht interessant wäre, einmal festzustellen, welche Ausreden die Fragesteller dafür haben, dass sie kein solches Auto fahren.

(Beifall bei der SPD - Wenzel [GRÜ- NE]: Darüber sprechen wir mal! Ich lade Sie ein, und wir gucken uns ge- meinsam die VCD-Umweltliste an!)

Frau Dr. Knorre!

Herr Domröse, diesen Ausführungen zu den wirtschaftlichen Zusammenhängen und marktwirtschaftlichen Einordnungen habe ich nichts hinzuzufügen. Ich teile sie in vollem Umfang.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Hagenah zur zweiten Frage!

Ich werde versuchen, einen Teil der Frage von Herrn Domröse im Rahmen meiner Frage zu beantworten; als Vorsatz sei mir das erlaubt.

Wenn es eine Frage ist.

Frau Ministerin, der Herr Ministerpräsident hat eine etwas andere Ansicht, was die Verantwortung von Aktionären gegenüber den von ihnen gehaltenen Aktien angeht. Am Beispiel Gilde wurde das in Hannover sehr deutlich. Deswegen frage ich erneut danach, warum das Land Niedersachsen nicht seinen Einfluss geltend macht, um beim VWKonzern dafür zu sorgen, dass die von allen Umweltverbänden und Fachleuten gelobte Technik der Franzosen, durch die der Rußanteil im Diesel um den Faktor 10 000 gemindert wird, auch in den Fahrzeugen von VW eingesetzt wird, was bisher gänzlich unterlassen wird und nach Aussage der Konzernleitung auch perspektivisch überhaupt nicht angestrebt wird.

Frau Ministerin!

Abgesehen davon, dass der Herr Ministerpräsident und die Wirtschaftsministerin die gleiche Auffassung zu diesem Thema haben, möchte ich nur darauf hinweisen, dass der Volkswagenkonzern der Vorreiter der Dieseltechnologie in Europa gewesen ist. Insofern kann hier nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Konzern diese Entwicklung verschlafen hätte, im Gegenteil.

Ich möchte zum Thema „Eigentum verpflichtet“ in diesem Zusammenhang noch Folgendes sagen: Wie ich in der Vorbemerkung zur Beantwortung der Anfrage deutlich gemacht habe, sind die extrem hohen Investitionen, die Volkswagen gerade an den deutschen Standorten jetzt wieder ins Auge gefasst hat, vorbildlich. Das ist genau das, was wir unter Verantwortung von Großkonzernen am Standort Deutschland verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Wortmeldungen für weitere Zusatzfragen liegen mir nicht vor. Wir kommen zu

Frage 2: Zentralabitur - Qualitätsentwicklung der Schule à la Gabriel

Sie wird von der Abgeordneten Frau Litfin gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um auf die für Niedersachsen sehr schlechten Ergebnisse von PISA E bereits zu reagieren, bevor sie überhaupt vorlagen, hat Ministerpräsident Gabriel am 20. Juni 2002 angekündigt, dass Niedersachsen bis spätestens 2007 das Zentralabitur einführen wird. Damit soll das Leistungsniveau in den niedersächsischen Schulen angehoben werden, obwohl Schulforscher wie Prof. Hans-Günter Rolff und Prof. Klaus Klemm darauf hingewiesen haben, dass es keinen wissenschaftlich gesicherten Zusammenhang zwischen Zentralabitur und guten Leistungen gebe.

Der jüngste Beschluss des SPD-Bezirks Hannover zeigt, dass es auch innerhalb der derzeitigen Regierungspartei offenbar noch erhebliche Zweifel an Sinn und Zweck des Zentralabiturs gibt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche empirischen Erkenntnisse der Schulforschung belegen, dass ein Zentralabitur zu einem höheren Kompetenzerwerb in der Schule führt?

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

2. In welcher Weise sollen sich die zentralen Abiturprüfungsaufgaben auf die geplanten nationalen Bildungsstandards beziehen?

3. In welcher Weise sollen die Prüfungsergebnisse des Zentralabiturs ausgewertet und für die Qualitätsentwicklung der einzelnen Schulen nutzbar gemacht werden?

Die Antwort erteilt die Frau Kultusministerin.