Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren, guten Morgen!

(Zurufe: Guten Morgen!)

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wir stehen noch für den Präsidenten! In anderen Ländern wird für den Präsidenten aufgestanden, wenn er den Saal betritt!)

- Darüber können wir auch einmal diskutieren.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Die CDU-Fraktion ist für jede Modernisierung offen!)

Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu gegebener Zeit fest.

Zur heutigen Tagesordnung: Wir beginnen die Sitzung mit Tagesordnungspunkt 18 - Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.40 Uhr enden.

Parallel zur Plenarsitzung tritt der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur um 15 Uhr im Raum 237 zu einer kurzen Sitzung zusammen.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr - wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Guten Morgen, meine Damen und Herren. Es haben sich für heute entschuldigt von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Gabriel, von der Fraktion der Sozialdemokraten Frau Groneberg und von den Christdemokraten der Kollege Krumfuß.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 18: Dringliche Anfragen

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen drei Dringliche Anfragen vor: a) Gabriels Ausländerquote Wanderzirkus an den niedersächsischen Schulen? Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/3479 -, b) VW-Gesetz erhalten - Strukturpolitik für Niedersachsen sichern - Verraten Konservative die Interessen von rd. 100 000 Menschen in Niedersachsen? - Anfrage der Fraktion der SPD – Drs. 14/3482 - und c) Desaster bei den Landesfinanzen - Landesrechnungshof verweigert Entlastung - Anfrage der Fraktion der CDU – Drs. 14/3483.

(Ein Handy klingelt - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich verstehe ja die Aufregung. Vielleicht sollten wir im Ältestenrat einmal darüber nachdenken, was das eigentlich kostet.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich erinnere an die Spielregel: Jeder Abgeordnete kann nur bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Zu zählen sind die einzelnen Fragen. Die Zusatzfragen müssen knapp sein, sollen zur Sache gehören, sich nicht auf andere Gegenstände ausdehnen und sollen nicht verlesen werden.

Wir kommen damit zu

a) Gabriels Ausländerquote - Wanderzirkus an den niedersächsischen Schulen? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3479

Diese Dringliche Anfrage wird eingebracht von der Frau Kollegin Janssen-Kucz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ministerpräsident Gabriel hat im ARD-Magazin „Kontraste“ dafür plädiert, Ausländerkinder künftig gleichmäßig auf die Grundschulen zu verteilen. Notfalls müssten sie dafür auch per Bus zu weiter

entfernt gelegenen Schulen transportiert werden. Auch deutsche Eltern müssten sich bereit erklären, ihre Kinder in Brennpunktschulen mit hohem Ausländeranteil zu schicken.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Für welche Schulformen sollen nach den Vorstellungen der Landesregierung welche Quoten für Ausländerkinder angestrebt werden?

2. Nach welchen Kriterien und auf welcher Rechtsgrundlage sollen nach den Vorstellungen der Landesregierung die Kinder ausgewählt werden, die zu weiter entfernt gelegenen Schulen transportiert werden sollen, und wer soll die Kosten dafür übernehmen?

3. Ist daran gedacht, auch für weitere Gruppen Quoten einzuführen, etwa für deutsche Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen oder mit Förderbedarf für ihre sprachliche Entwicklung, und wenn nein, warum nicht?

Die Antwort erteilt Frau Kultusministerin JürgensPieper.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Warum nicht Gabriel?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Gabriel hat sich zu der Problematik geäußert, dass Kindergärten und Schulen mit hohen Anteilen von Migrantenkindern besondere und schwierige Integrationsaufgaben übernehmen müssen. Darin sind wir uns wohl alle einig. Die PISA-Studie hat dazu festgestellt, dass uns in Deutschland die Integration und die Förderung von Kindern wegen unzureichender Deutschkenntnisse nicht zufriedenstellend gelingt.

Die Landesregierung hat in dieser Woche ein Konzept zur Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache im Elementarbereich unter besonderer Berücksichtigung von Kindern mit Migrationshintergrund beschlossen und dem Kultusministerium und dem Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales den Auftrag erteilt, über die Problematik Gespräche zu führen, wie der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund in einzelnen Klassen oder Gruppen und an einzelnen Standorten gesenkt oder begrenzt werden kann.

Teil dieses Konzeptes ist die Sprachförderung vor der Einschulung. Dazu wird mit dem Beschluss über das Niedersächsische Schulgesetz künftig festgeschrieben, dass Schülerinnen und Schüler, die über keine oder nur geringe Deutschkenntnisse verfügen, besondere Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache oder zur Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse erhalten. Für Kinder, deren Deutschkenntnisse nicht ausreichen, um erfolgreich am Unterricht der ersten Klasse teilzunehmen, richten die Grundschulen verpflichtende Sprachfördermaßnahmen ab dem 1. Februar des Einschulungsjahres ein. Diese Fördermaßnahmen werden bei Bedarf in der Schule fortgesetzt.

(Möllring [CDU]: Mitte 2005 haben Sie im Ausschuss beschlossen!)

- Ich will gleich auf den Zwischenruf eingehen. Das Pilotverfahren beginnt im kommenden Herbst mit 20 Schulen, an denen wir den Sprachtest ausprobieren. Zum 1. Februar werden die Unterrichtsmaterialien erstellt, und im Herbst 2003 wird das flächendeckend eingeführt. Insofern ist der Zwischenruf nicht richtig.

(Möllring [CDU]: Das steht aber nicht im Gesetz! Sie haben doch extra das Gesetz geändert! - Weitere Zurufe von der CDU)

Ab Herbst 2002 werden also die Sprachtests und ab 1. Februar 2003 werden die Sprachfördermaßnahmen im Rahmen eines Pilotprojektes erprobt und dann flächendeckend im darauf folgenden Jahr eingeführt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Ein Konzept zur Begrenzung des Migrantenanteils in Schulen kann erst auf der Grundlage der oben genannten Gespräche mit Schulträgern und Landeselternrat erarbeitet werden. Dazu gehören selbstverständlich auch die Kindergartenträger. Insofern kann die Frage nach Schulformen, Quoten und anderen Kriterien noch nicht beantwortet werden.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Was ist mit dem Sprachförder- konzept?)

Frau Litfin hat das Wort zu einer Zusatzfrage.

Frau Ministerin, gehe ich Recht in der Annahme, dass der Herr Ministerpräsident auch diesen Vorschlag nicht mit Ihnen abgestimmt hat, bevor er ihn öffentlich unterbreitet hat?

Frau Jürgens-Pieper!

Frau Litfin, Sie gehen falsch in der Annahme, wenn Sie meinen, dass der Ministerpräsident solche Fragen nicht mit mir abstimmt. Auch zu dieser Frage haben wir selbstverständlich über das Problem gesprochen, und wir wissen, wie kompliziert die Problematik ist. Die Bildungspolitiker wissen das ebenfalls.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Herr Pörtner!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, warum gibt es für die Vorstellungen und Vorschläge des Herrn Ministerpräsidenten weder seitens der Landesregierung noch seitens der SPD-Landtagsfraktion eine konkrete gesetzestechnische Umsetzung, z. B. im Rahmen der jetzt vorliegenden Novelle zum Niedersächsischen Schulgesetz?

Frau Ministerin!

Sie wissen, dass wir einen konkreten Vorschlag im Schulgesetz haben, nämlich die verpflichtende Sprachfördermaßnahme. Sie wird bundesweit hier als erste in einem Gesetz verankert und bereits in diesem Herbst beginnen. Damit reagieren wir auf die PISA-Studie. Damit können wir uns, wie ich meine, bundesweit sehen lassen. Wir werden das andere Problem in Ruhe besprechen, weil dort auch Schulbezirksproblematiken eine Rolle spielen. Man muss dann mit den Schulträgen auch im Grundschulbereich z. B. über Schulbezirke reden.

Das kann man aber nicht über das Knie brechen. Deshalb wollten wir bei dieser kleineren Novelle dieses Problem nicht aufgreifen.

Frau Stokar von Neuforn!