Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

Antwort

des Innenministeriums auf die Frage 2 der Abg. Frau Groskurt, Frau Krämer, Frau Leuschner, Frau Meyn-Horeis, Frau Tinius, Adam, Hepke, Lestin und Rabe (SPD):

Stand der Personalentwicklungsmaßnahmen in Niedersachsen

Staat und Verwaltung müssen sich den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen. Bei allen Modernisierungsbestrebungen in der öffentlichen Verwaltung darf jedoch nicht aus den Augen verloren werden, dass der Wandlungsprozess ohne die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nicht durchführbar ist. Die Leistungsfähigkeit der gesamten Verwaltung hängt entscheidend von ihren Beschäftigten, ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ab. Diese werden insbesondere durch Möglichkeiten zur aktiven Mitgestaltung weiter gefördert. Ein wesentliches Ziel der Verwaltungsmodernisierung ist die Stärkung der Eigenverantwortung der Beschäftigten. Vor diesem Hintergrund ist die Personalentwicklung in einer „lernenden Verwaltung“ von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Deshalb fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Modernisierungsziele sollen durch die von ihr seit 1997 initiierten Personalentwicklungs-Aktivitäten verfolgt werden?

2. Welche Ergebnisse sind bisher erzielt worden?

3. Wie beabsichtigt die Landesregierung, Personalentwicklung dauerhaft und nachhaltig zu implementieren?

Durch Beschluss von 1997 hat das Kabinett die Grundlagen für die Umsteuerung von einer Personalverwaltung zu einer systematischen Personalentwicklung gelegt. Es ging dabei von einem Bild der Landesverwaltung aus, das den Zielen

- Bürgernähe und Servicedenken,

- sparsamer Umgang mit dem Geld der Steuerzahler und

- weniger Bürokratie entspricht.

Um es an dieser Stelle vorweg zu nehmen: Wir sind auf dem Weg; wir haben in den vergangenen Jahren gute und spürbare Verbesserungen erreicht, aber wir können den mit diesen Zielsetzungen verbundenen Veränderungsprozess noch nicht als beendet ansehen. Es sind zusätzliche Anstrengungen nötig, um Fähigkeiten und Fertigkeiten unserer Beschäftigten zu verbessern.

Das bedeutet für die in der Landesverwaltung Beschäftigten, deren Arbeit nicht nur im Reformprozess ich an dieser Stelle ausdrücklich anerkennen möchte, ein beständiges Lernen im sich laufend verändernden Berufsalltag und für die Verwaltung ein sich Weiterentwickeln im Sinne einer „lernenden Organisation“.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Adam und andere wie folgt:

Zu 1: Ich möchte unsere Ziele beispielhaft an drei Maßnahmen verdeutlichen:

- an der bereits erwähnten Qualifizierungsoffensive,

- an der Entwicklung der Führungskräfte und

- am Mitarbeiter/Vorgesetzten-Gespräch.

Mit der Qualifizierungsoffensive soll generell eine Umorientierung im Denken und Handeln erreicht werden, um die Verwaltung zu einem moderneren, aber auch schlankeren Dienstleister zu entwickeln. Da sind wir auf einem guten Weg, wie wir aus Kundenbefragungen, aber auch von Rückmeldungen etwa der IHK's oder wichtiger „Großkunden“ der Verwaltung wissen.

Die Führungskräfte spielen mit ihrer Vorbild- und Leitungsfunktion eine besondere Rolle. Sie wollen wir von bloßen „Verwaltern“ hin zu „Managern mit öffentlichem Auftrag“ qualifizieren. Das bedeutet die Vermittlung von fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen, wie z. B. sachorientierte Gesprächsführung, Konfliktbewältigung, Teamfähigkeit und Akzeptanzgewinnung.

Mit den inzwischen recht weit eingeführten Mitarbeiter/Vorgesetzten-Gesprächen verfolgen wir das Ziel, auf dieser Ebene systematische Rückmeldungs- und Kritikgespräche zu installieren. Zugleich ergibt sich dadurch die Möglichkeit, Zielvereinbarungen zu lernen und abzuschließen. Dies soll die selbständigere und flexiblere Erledigung der Aufgaben fördern.

Zu 2: Die Landesregierung hat im Herbst 2000 flächendeckend bei allen Landesdienststellen mit Ausnahme der Schulen die bis Ende 1999 durchgeführten Personalentwicklungsaktivitäten ausgewertet und Aussagen zu geplanten Reformaktivitäten bis 2003 erhoben. Soweit ersichtlich, ist erstmals in der Bundesrepublik Personalentwicklung so systematisch und in solcher Tiefe untersucht worden.

Wie sehen die wichtigsten Ergebnisse aus?

Erstens. In etwa 75 % der Dienststellen haben einzelne Aktivitäten der Organisationsentwicklung und der Einführung einzelner Neuer Steuerungsinstrumente stattgefunden.

Was bedeutet das konkret?

Es wurden in solchen Fällen Arbeitsabläufe untersucht und verbessert, d. h. die Wirtschaftlichkeit oder die Produktivität wurde erhöht. Gleichzeitig wurde das Kostenbewusstsein geweckt und erhöht und damit der gleiche Effekt erzielt.

Es gilt nicht mehr der Grundsatz „Das haben wir schon immer so gemacht“. Es heißt jetzt vielmehr „Was kann wie verbessert werden?“.

Zweitens. Bei einem Drittel der Dienststellen waren Konzepte zur systematischen Entwicklung von Führungskräften vorhanden. Die Behörden machen damit deutlich, dass sie die besondere Verantwortung und Schlüsselfunktion der Führungskräfte für den Reformprozess erkennen. Hier wird es darum gehen, diesen Prozess zu beschleunigen.

Drittens. In 36 % der Dienststellen wurden bereits Mitarbeiter/Vorgesetzten-Gespräche durchgeführt. Dieser Wert erscheint für sich genommen relativ gering, ist aber mit der zeitaufwendigen Anlaufphase sowie den umfangreichen und häufig flächendeckenden Schulungen aller Beschäftigten einer Behörde zu erklären. Die befragten Behörden haben versichert, dass bis Ende 2003 in ca. 85 % aller Behörden des Landes Mitarbeiter/Vorgesetzten-Gespräche durchgeführt werden. Dies wäre dann ein sehr gutes Ergebnis.

Viertens. 30 % der Dienststellen haben Mitarbeiterbefragungen durchgeführt, und jede sechste Dienststelle hat eine Befragung der Bürger bzw. Kunden durchgeführt.

Diese Zahlen belegen, dass sich die Verwaltung auf dem Weg zu einer kundenorientierten Verwaltung befindet. Es wird nicht mehr obrigkeitlich

geführt und angeordnet. Vielmehr ist die Meinung der Betroffenen in den Behörden, vor allem aber auch außerhalb der Behörden von Bedeutung. Für die Mitarbeiterbefragungen wird in Kürze ein Leitfaden mit standardisiertem Fragenkatalog herausgegeben. Ob sich so etwas auch für Kundenbefragungen empfiehlt, steht noch nicht fest.

So weit zu einzelnen, mir besonders wichtig erscheinenden Fakten.

Außerdem sollten die befragten Behörden bzw. Verwaltungsbereiche auch einschätzen, ob die Personalentwicklungsmaßnahmen - bezogen auf die Ziele der Verwaltungsreform - zu beträchtlichen Wirkungen führten oder diese zumindest teilweise erkennbar waren. Die danach ermittelten wesentlichen Ergebnisse sind ebenso bemerkenswert wie erfreulich. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

In rund 50 % aller befragten Behörden haben sich erkennbare Verbesserungen ergeben. Diese Aussage erstreckt sich auf

- die Arbeitsproduktivität,

- das Kostenbewusstsein,

- die Dienstleistungsqualität,

die Kunden- und Bürgerorientierung der Behörden sowie

- die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Zu 3: Die Landesregierung wird aus den Ergebnissen der Evaluierung Konsequenzen für die weitere Personalentwicklung in der Landesverwaltung ziehen. Sie hat am 26. März 2002 für die Zeitspanne bis Ende 2004 folgende Schwerpunkte beschlossen:

- Bei der weiteren Entwicklung eines modernen Personalmanagements sollen die Verknüpfungen mit den sonstigen Veränderungsprozessen (z. B. Organisationsentwicklung, Qualitätsma- nagement, Aufgabenkritik, Einführung der leistungsorientierten Haushaltswirtschaft "LoHN", E-Government) intensiviert werden. Das Innenministerium wird dazu - etwa durch Handreichungen und beispielhafte Projekte Unterstützung leisten.

- In allen Geschäftsbereichen soll die Entwicklung von PE-Konzepten für Behörden oder

Verwaltungsbereiche bis Ende 2004 abgeschlossen werden.

- Die Schlüsselstellung einer kontinuierlichen Führungskräfteentwicklung insbesondere zur Steigerung der Reformkompetenz soll weiterhin ein Schwerpunkt der Aktivitäten aller Ressorts bleiben.

- Die ca. 100 ausgebildeten Personalentwicklungsberaterinnen und -berater sollen stärker als bisher im Reformprozess eingesetzt werden, um den Aufwand von externen Beratern zu reduzieren und die Reformen durch verwaltungsinterne Beratung nachhaltig zu sichern.

Lassen Sie mich abschließend noch auf Folgendes hinweisen: Wer Erfahrungen mit Veränderungsprozessen nicht nur in der öffentlichen Verwaltung oder im kommunalen Bereich hat, der weiß, dass ein solcher Umbau von Strukturen und Steuerungsmethoden, Denkweisen und Verhaltensmustern einen langen Atem braucht, um dauerhaft gefestigte Veränderungen zu erreichen. Klar ist, dass all dies ohne einen darauf ausgerichteten Mittelund Ressourceneinsatz kaum möglich ist. Ich sage im gleichen Zusammenhang aber auch, dass es in schwierigen Zeiten der Haushaltskonsolidierung für die Personalentwicklung keine Sonderbedingungen geben kann. Wir werden die Personalentwicklung weiter voranbringen. Wir streben dabei ein hohes Tempo an, aber wir werden auch unsere anderen Verpflichtungen nicht aus dem Auge verlieren.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr auf die Frage 3 des Abg. Behr (CDU):