Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Das ist richtig. Da liegt sie aber auch, wenn wir das nicht beschließen. Der letzte Satz im ersten Absatz lautet:

„Das bedeutet eine Umstellung der deutschen Häfen, wollen Sie wirtschaftspolitisch in der Weltspitze mitreden“

- auch das ist richtig

„und den Hafen ‚Rotterdam‘ nicht zu einem europäischen ‚MainPort‘ anwachsen lassen.“

Das ist nur bedingt richtig. Rotterdam ist ein „MainPort“. Die Frage ist, ob er der einzige „MainPort“ in Europa sein soll oder nicht.

(Buß [SPD]: Das ist die Frage! Das stimmt!)

Wenn man sich den Antrag durchliest, könnte man meinen, dass der Verfasser dieses Entschließungsantrages bald etwas zu einem Tiefwasserhafen sagt. Aber er hat die Kurve bekommen und macht

damit einen Antrag ausschließlich zum Thema Short Sea Shipping.

(Buß [SPD]: Das ist richtig!)

Der Kollege Klein hat bereits darauf hingewiesen - hier stimme ich nicht mit ihm überein -, dass sich die Landesregierung im Bereich Häfen- und Schifffahrt auf den Tiefwasserhafen fokussiert. Es ist sicherlich richtig, dass das ein zentrales Projekt ist. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Klein, meine ich aber auch, dass es zu Recht ein ganz zentrales Projekt ist.

(Zuruf von Klein [GRÜNE])

Ihre Feststellung, dass spätestens mit dem Ausstieg Hamburgs dieses Projekt den Bach heruntergeht, widerspreche ich ausdrücklich. Das ist falsch, um es ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf)

- Sie kommen ja aus Cuxhaven. - Wir werden über das Thema Tiefwasserhafen natürlich noch bei der Dringlichen Anfrage miteinander zu sprechen haben. Eines hat die Landesregierung jedoch falsch gemacht. Die Landesregierung unterlag einer Fehleinschätzung, als sie glaubte, eine Vereinbarung der drei Länder Hamburg, Bremen und Niedersachsen sei trotz der für jedermann erkennbaren unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessenlagen dieser drei Beteiligten tragfähig. Das konnte nicht gut gehen und hat uns Zeit gekostet. Durch die Entscheidung und die endgültige Äußerung aus Hamburg wissen wir, wo es lang geht, und sind auf dem richtigen Weg. Nach wie vor unterstelle ich nämlich, dass die beiden großen Parteien hier im Hause diesen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven haben wollen.

(Beifall bei der CDU)

Noch eine Bemerkung zum Kollegen Robbert und der Bedeutung des Lkw-Verkehrs in diesem Zusammenhang: Es ist schon etwas gefährlich, sich hier im Plenum hinzustellen und ganz pauschal von kriminellen Machenschaften in diesem Gewerbe zu sprechen, ohne dabei zu differenzieren. Ich erkenne nicht, dass man das gesamte Gewerbe der Lkw-Spediteure diskreditieren kann.

(Buß [SPD]: Das hat er nicht ge- macht!)

- Er hat zwei Fälle genannt, aber nicht differenziert. Er hat diese kriminellen Machenschaften als

Begründung dafür herangezogen, warum es auch in Zukunft Lkw-Verkehre geben wird. Die Begründung lautet anders und besteht schlicht und ergreifend darin, dass im Rahmen einer Transportkette ein Produkt irgendwann einmal auch auf einen Lkw kommt. Ob es dann über eine Strecke von 10 km oder 100 km transportiert wird, spielt keine Rolle. Der Umladevorgang auf den Lkw findet auf jeden Fall statt und hat zur Folge, dass der Lkw eine echte Transportalternative darstellt. Daran wird auch dieser Entschließungsantrag nichts ändern.

In der Analyse sind wir uns einig. In dem Antrag steht Richtiges. Allerdings ist dieser Antrag aus unserer Sicht überflüssig, wenn auch nicht falsch. Da er inhaltlich richtig ist, können wir ihm zustimmen.

(Buß [SPD]: Das war aber eine tolle Kurve!)

Frau Dr. Knorre möchte zu diesem Antrag sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung engagiert sich für den Küstenverkehr nicht nur aus verkehrspolitischen Erwägungen heraus; das liegt wohl auf der Hand. Wir engagieren uns auch und vielleicht sogar überwiegend wegen unserer Wirtschafts- und Arbeitsplatzinteressen, die in unseren Seehäfen mit diesem Thema verbunden sind.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Warum ist das so? Warum ist das aus Sicht der Wirtschaftsförderung eine besondere Chance für Wirtschaft und Arbeitsplätze? - Gerade das Kurzstreckenschiff ist für die niedersächsischen Häfen ganz besonders geeignet, besonders auch für Spezialverkehre. Insofern handelt es sich um ein Marktsegment, in dem sich unsere Häfen und die Hafenunternehmen ausgesprochen gut platzieren können. Ausschlaggebend ist u. a. die geografische Lage. Speziell der Kurzstreckenverkehr in Europa kann gerade den niedersächsischen Häfen besondere Chancen eröffnen.

Um es zu korrigieren: Die Zahlen in diesem Bereich stagnieren eben nicht, sondern zeigen nach oben. Die Europaverkehre der niedersächsischen Häfen sind in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen. Ich darf Ihnen die Zahlen, die ich mir gerade habe geben lassen, nennen:

Bei den Europaverkehren hatten wir einlaufende Bruttoraumzahlen in niedersächsischen Häfen 18 Millionen im Jahre 2000 und 21 Millionen im Jahre 2001. Das entspricht einer Steigerung um 18 % und belegt, dass es sich um einen interessanten Markt handelt. Die europäischen Kurzstreckenverkehre bedeuten für die niedersächsischen Häfen eine besondere Chance. Deswegen werden wir uns diesem Thema zu Recht ausführlich widmen. Der Antrag der SPD-Fraktion kommt insofern zur richtigen Zeit.

(Frau Pawelski [CDU]: Wenn man etwas bestellt, will man es natürlich auch geliefert haben!)

Weil wir das als besondere Marktchance sehen, haben wir natürlich alles, was in unseren Verantwortungsbereich fällt, unternommen: Wir haben die Hafentarife für das europäische Fahrtgebiet ermäßigt. Diese Tarife betragen jetzt nur noch etwa die Hälfte der Überseetarife. Auch die Hafenlotstarife in Emden wurden um bis zu 30 % herabgesetzt. Wir tun also einiges dafür, damit die Marktchancen für unsere Häfen realisiert werden können.

Meine Damen und Herren, dieses Thema ist wirtschafts- und verkehrspolitisch wichtig. Deswegen unterstützen wir die Diskussion über den vorliegenden Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Häfen und Schifffahrt in der Drucksache 3346 zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer lehnt ab? - Gibt es Stimmenthaltungen? -Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 10: Zweite Beratung: Musikkultur in Niedersachsen anerkennen, stärken und fördern - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2555 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 14/3347

Der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2555 wurde in der 81. Sitzung am 5. Juni 2001 an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zur federführenden Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

In der Beratung hat als Erste Frau Kollegin Litfin das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ursprungsantrag der CDU-Fraktion war notwendig und ehrenwert. Er enthielt zwar auch viel Lyrik und lenkte in einigen wenigen Punkten auf ideologische Zusammenhänge ab, wie z. B. das 630-DMGesetz. Er enthielt darüber hinaus aber auch handfeste Forderungen, u. a. die Sicherstellung der Erteilung des in den Stundentafeln und Grundsatzerlassen vorgesehenen Musikunterrichts sowie angesichts des gravierenden Fachlehrermangels die Gewinnung von Fachkräften ohne Lehramtsausbildung, die ausreichende personelle und materielle Förderung an musikausbildenden Hochschulen und die Prüfung zur Aufnahme der Laienmusik in den Kreis der Destinatäre des Lotterie- und Wettbewerbsgesetzes.

(Frau Schwarz [CDU]: Wo ist denn die Fachministerin?)

Alle diese Themen, in deren Zusammenhang es natürlich um einige Rubel und Stellen geht - ohne das ist keine Verbesserung der musikalischen Erziehung herzustellen -, hat die Regierungsfraktion aus dem Antrag herausgekickt.

(Frau Zachow [CDU]: So sind sie!)

Was uns nun als Beschlussempfehlung vorliegt, ist die reine Lyrik, leicht Verdauliches für Zahnlose, Aufzählen alter Hüte wie z. B. die soundsovielte Forderung nach Umsetzung des Beschlusses zur Landesmusikakademie - gerade dieses Thema begleitet uns, wenn ich mich recht erinnere, schon

seit 15 Jahren -, Stoff zum Schwadronieren und zum Träumen. Diese Entwicklung bedauere ich.

Die Sozialdemokratie ist nicht wirklich bereit, der musikalischen Bildung und Erziehung den ihr gebührenden Stellenwert zuzuerkennen. Dabei ist Musik für die ganzheitliche humane Entwicklung der Spezies Mensch eminent wichtig. Gerade vor zwei Tagen - man hätte das gar nicht von ihm erwartet, Wolfgang Wulf - hat Bundesinnenminister Schily in einer Sendung des NDR-Kulturmagazins moniert, dass die Gesellschaft, der Staat und die Kultusbürokratie in der schulischen Ausbildung bisher viel zu sehr auf Leistungen in den bekannten klassischen Fächern setzten, aber viel zu wenig die Bedeutung der musikalischen und ästhetischen Erziehung und Bildung für die Reifung des Menschen im Blick hätten. Wohl wahr!

Wie positiv sich regelmäßiges Musizieren auf die Persönlichkeit und das Sozialverhalten, die Fähigkeit zum Lernen bei Kindern und Jugendlichen auswirkt, ist hinlänglich bekannt und findet nicht zuletzt in der Bastian-Studie eine wissenschaftliche Bestätigung.

Hat uns nicht gerade Timna Bauer mit ihrem arabisch-israelischen Chor gezeigt, welche grenzüberschreitende und die Grenzen sprengende Verständigung über Musik möglich ist? Musik ist ein menschliches Grundbedürfnis, musikalische Bildung ein Grundrecht. Doch leider hapert es bei der Umsetzung. Die Misere ist hausgemacht.

Für den naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterricht wird seit vielen Jahren geworben. Dort wird bei der Gewinnung von Lehrkräften ein Schwerpunkt gelegt. Es werden zusätzliche Unterrichtsstunden angeboten, weil daran angeblich die Zukunft der Welt im Besonderen hängt. All das könnte man für die musikalisch-künstlerischen Fächer genauso tun. Die Landesregierung will es aber offensichtlich nicht. Diese Lehrer sind für die Landesregierung und die sie tragende Fraktion wohl solche von nachrangiger Bedeutung. Es gibt zwar - so tönt es zumindest von der Hochschule für Musik und Theater in Hannover - einen gewissen größeren Zulauf von Studierenden; das heißt aber noch lange nicht, dass diese mehrheitlich in die Schulmusik gehen. Welche Zielvereinbarungen gibt es eigentlich seitens des Ministeriums mit den Hochschulen?

Auch in der außerschulischen Musikförderung und Bildung hapert es. Die durchschnittliche Beteili

gungsquote des Landes an der Musikschulförderung beträgt 2 %. Flächendeckende, qualifizierte Musikschulangebote gibt es nach wie vor nicht. Dazu bedarf es einer ausgewogenen Verantwortungspartnerschaft der niedersächsischen Städte, Gemeinden und Landkreise, des Landes Niedersachsen und der Nutzerinnen der Einrichtungen, die sich auch des Themas der völlig unterschiedlichen Gebührenbelastung annimmt. Hier wäre noch viel zu tun.

Ich könnte an dieser Stelle noch viel ausführen, was der Lyrik widerspricht, die wir heute beschließen sollen. Meine Fraktion ist nicht bereit, auf die schönen Worte in der Beschlussempfehlung hereinzufallen. Wir vermissen die Taten, durch die sich die Landesregierung und die SPD-Fraktion auszeichnen könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Bührmann.