Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Seit Mitte der 90er-Jahre stagniert allerdings die Anzahl der FÖJ-Plätze mehr oder weniger. Seit sechs Jahren liegt sie bei nur 140 Plätzen. Diese 140 Plätze waren noch im letzten Jahr und im vorletzten Jahr auf 93 bis 100 Einsatzstellen verteilt. Jetzt sind es 140 Einsatzstellen für 140 Plätze. Das heißt, jede Einsatzstelle kann maximal eine Stelle bekommen.

Frau Steiner hat eben ausgeführt, dass gerade die Umweltbildungszentren aufgrund ihrer knappen Ressourcen darauf angewiesen sind, die FÖJPlätze zugeteilt zu bekommen. Den Anstieg der Zahl der Einsatzstellen, die Herr Minister Jüttner mit einer FÖJ-Stelle beglückt hat, ist nach meiner Meinung nach dem Motto erfolgt: Ich habe zwar kein Geld für die notwendigen Maßnahmen im Bereich der Umweltbildung. Aber ich könnte ja so als Deckmäntelchen denen immer mehr Stellen versprechen, denn die habe ich ja schon. Die kann ich woanders wegnehmen und denen dann zuschustern. - Es wird einfach nur verschoben!

Herr Minister Jüttner, Sie sollten sich wirklich einmal mit der tatsächlichen Arbeit in den unter

schiedlichen Einsatzstellen inhaltlich näher beschäftigen. Dann würden Sie unschwer erkennen, dass Ihre Vorgehensweise zu massiven Einschnitten in der Arbeit der einzelnen Einrichtungen in der Umweltbildung führen wird und auch schon geführt hat. Viele Einrichtungen sind auf die Beibehaltung der bisherigen Anzahl von FÖJ-Stellen angewiesen, um so das Angebot für Schüler, Lehrkräfte, interessierte Bevölkerungsgruppen etc. aufrechterhalten zu können. Es sollte doch im Interesse aller liegen, dem ökologischen Aspekt in unserer Gesellschaft etwas mehr Beachtung zu schenken.

Doch Ihre Vorgehensweise, Herr Minister, missachtet diesen Bereich der Umweltbildung. Der eigentliche Ansatz der Arbeit wird konterkariert und wird sich in Zukunft nicht mehr als qualifizierte Umweltbildungsmaßnahme darstellen, sondern wird lediglich oberflächlich einen ökologischen Anstrich haben, ohne zu der angestrebten Nachhaltigkeit der Bildungsarbeit zu führen. Sollte dies in Ihrem Interesse liegen, dann machen Sie weiter so. Allerdings tun Sie damit weder der Umwelt noch den jungen Menschen oder der Gesellschaft einen Gefallen.

Ich kann auch nicht begreifen, dass Sie das FÖJ nicht als Möglichkeit der Berufsfindung akzeptieren wollen. Gespräche, die ich mit den Handwerkskammern geführt habe, haben mir jedenfalls deutlich gemacht, dass insbesondere in den Bereichen der Ökologie und deren Anwendung in alltäglichen - nicht nur in besonderen - Bereichen eine große Möglichkeit für neue und qualifizierte Berufsfelder liegen wird. Dabei ist der Schwerpunkt nicht nur auf die Erstinstallation von Solarfotovoltaikanlagen, Abfallsortieranlagen, Wasseraufbereitungsanlagen etc. zu sehen. Der Schwerpunkt wird auf der Anwendung und auf der damit benötigten Dienstleistungsebene liegen. Hier liegt ein unheimliches Potential, das den jungen Menschen bei der Berufsfindung näher gebracht werden muss.

Meine Damen und Herren, zudem würden diese Berufsfelder auch durch die Anerkennung des FÖJ als eine Berufsfindungsmöglichkeit aufgewertet werden. Sollten Sie mit dieser Auffassung Probleme haben, Herr Jüttner, lassen Sie sich doch einmal von der Sozialministerin erklären, wie sich das Freiwillige Soziale Jahr auf den weiteren beruflichen Werdegang der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auswirkt. Ebenso hätten Sie durch diese Anerkennung auch die Möglichkeit, Drittmittel in

nicht unerheblicher Höhe zu requirieren. Frau Steiner hat dazu schon einiges gesagt, sodass ich das hier jetzt nicht vertiefen möchte. Sie hätten eben die Möglichkeit, mehr FÖJ-Stellen zu finanzieren und das wirklich nicht zu üppige Taschengeld den heutigen Maßstäben anzupassen.

Meine Damen und Herren, das durchschnittliche Taschengeld beträgt 150 Euro im Monat. Ich lese, dass das Umweltministerium Zuwendungen für Taschengeld und Sozialversicherung im Monat von 350 Euro bei freier Kost und Logis gegenüber 215 Euro ohne Kost und Logis gewährt. Ich unterstelle einfach einmal, dass Ihnen, Herr Minister Jüttner, nicht aufgefallen ist, als Sie die Antwort unterzeichnet haben, dass es sich hier wohl um einen Zahlendreher handelt. Sonst wäre das sehr unlogisch. Diejenigen, die freie Kost und Logis erhalten, sollten reduzierte Zuschüsse bekommen, die, die selbst dafür aufkommen müssen, sollten dementsprechend diesen Zuschlag bekommen.

(Zuruf von der SPD: Es sei denn, das Essen schmeckt so schlecht!)

- Das kann ich nicht beurteilen.

So wünschenswert es auch wäre, das Taschengeld zu erhöhen, so sehen wir von der CDU-Fraktion hier nicht den vorrangigen Bedarf. Uns wäre es wesentlich wichtiger, die Zahl der FÖJ-Stellen anzuheben, um so der Nachfrage wenigstens annähernd gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren, in der Kürze der Zeit lässt sich hier nicht das gesamte Spektrum der beachtlichen Leistungen von Umwelteinrichtungen der unterschiedlichsten Art und der von den jungen Menschen im FÖJ geleisteten Arbeit darstellen. Die CDU-Fraktion hofft jedoch auf ausführliche und vor allen Dingen konstruktive Beratungen in den Ausschüssen mit dem Ziel, die Landesregierung von der Notwendigkeit der Aufstockung der Zahl der benötigten FÖJ-Plätze überzeugen zu können. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Grote.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, Frau Steiner, das FÖJ in Niedersachsen ist

ohne Frage eine Erfolgsgeschichte. 1987 hat Niedersachsen als erstes Bundesland ein FÖJ ins Leben gerufen mit dem Ziel, jungen Menschen eine Möglichkeit zum freiwilligen Engagement im Umwelt- und Naturschutzbereich anzubieten. Begann man im FÖJ-Jahrgang 1987/88 mit 32 Plätzen in 14 Einsatzstellen, so werden seit 1997/98 140 FÖJ-Plätze interessierten jungen Menschen zwischen 15 und 26 Jahren über ganz Niedersachsen verteilt zur Verfügung gestellt.

Für die hohe Qualität des niedersächsischen FÖJ spricht, dass sich, obwohl inzwischen alle anderen Bundesländer ebenfalls das FÖJ anbieten, rund 400 junge Menschen um einen niedersächsischen Platz bewerben. Von den 140, die zum Zuge kommen, kommen in der Regel 30 % aus anderen Bundesländern.

(Frau Vockert [CDU]: Dann müssten wir die Zahl noch ausweiten!)

In den 140 Einsatzstellen wird den Interessierten ein breites Spektrum von Tätigkeitsfeldern angeboten: in der Jugendumweltarbeit, in der Informationsarbeit zur nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise, in der Informationsarbeit zum Schutz von Umwelt und Natur, in der Umweltbildungsarbeit mit unterschiedlichsten Zielgruppen und in der Praxis des Landschafts- und Naturschutzes.

Nun zum Antrag der Grünen. In Punkt 1 geht es um die Anpassung des Angebotes an die Nachfrage. Es ist unstrittig, dass das Interesse von jungen Menschen am niedersächsischen FÖJ ungebrochen ist. Wir sind zu Recht stolz darauf. Manches, was wünschenswert ist, stößt andererseits an finanzielle Grenzen.

(Frau Vockert [CDU]: Oh!)

Wir sind mehr als zufrieden, dass trotz der angespannten Haushaltslage seit 1997 gemeinsam mit der Niedersächsischen Umwelt- und Wattenmeerstiftung 140 FÖJ-Plätze finanziert werden können. Davon hat das Land 80 Plätze, die Umweltstiftung 30 Plätze, die Wattenmeerstiftung auch 30 Plätze.

Durch das FÖJ in Niedersachsen entstehen immerhin Gesamtkosten von 800 000 Euro im Jahr, 310 000 Euro für Pädagogik, Personal und Verwaltungskosten, 490 000 Euro als Zuwendungen für die Einsatzstellen, Taschengeld und Sozialversicherung.

Davon entfallen ca. 280 000 Euro auf die 80 vom Land finanzierten Plätze. Außerdem bleibt festzuhalten, dass Niedersachsen mit 140 angebotenen Plätzen in der Spitzengruppe aller Bundesländer liegt. Nur Berlin und Sachsen bieten mehr an.

Eine Richtigstellung am Rande: Wenn die Grünen fordern, das Angebot an Teilnehmerplätzen der ständig wachsenden Nachfrage anzupassen, dann hätten sie vorher besser die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU-Fraktion vom 22. April lesen sollen. Dort hätten sie auf Seite 5 nachlesen können, dass sich die Bewerberzahlen seit zwei Jahren bei rund 400 eingependelt haben, nachdem der Höchststand 1995, 1996, 1997 bei ca. 600 Bewerbern lag. Die Bewerberzahlen gehen also zurück.

(Frau Steiner [GRÜNE]: Also stimmt es doch: 400!)

Wenn die Grünen ihre Forderung nach Aufstockung der Teilnehmerplätze nun damit begründen, dass die Arbeit der Institutionen durch die mögliche Reduzierung der Teilnehmerplätze gefährdet sei, dann kennen sie das Gesetz des Bundes zur Förderung des FÖJ nicht. Dort wird nämlich explizit festgelegt, dass der Einsatz der FÖJ-Teilnehmer arbeitsplatzneutral zu erfolgen hat. Es soll sich nicht um ein Instrument zum Ersatz regulärer Arbeitsplätze bei Umwelt- und Naturschutzverbänden handeln.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Das ist beim Zivildienst ganz genauso!)

Das FÖJ ist kein arbeitsmarktpolitisches Instrument, sondern eine wichtige ökologische Bildungsmaßnahme für junge Menschen.

Die in den vergangenen Jahren stetig gestiegene Zahl neuer Einsatzstellen hat dazu beigetragen, die Basis für ein vielfältiges, attraktives FÖJ-Angebot in Niedersachsen zu verbreitern. Sie war also gewünscht. Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass die jungen Menschen sich direkt bei den Einsatzstellen bewerben und somit die Attraktivität der Einsatzstelle entscheidend für das Interesse von Bewerbern an einer bestimmten FÖJ-Stelle ist.

Nun zu Ihrer zweiten Forderung nach Erhöhung des Taschengeldes für die Teilnehmer: Bei der Beratung des Doppelhaushalts 2002/2003 haben auch wir diskutiert, ob eine Erhöhung des Taschengeldes erfolgen sollte. Wegen der begrenzten Haushaltsmittel haben wir uns dafür entschieden,

es bei den 300 DM bzw. jetzt ca. 150 Euro zu belassen, da bei gleichem Etat eine Erhöhung des Taschengeldes zu einer Reduzierung der FÖJPlätze geführt hätte. Das wollten wir natürlich nicht.

Niedersachsen steht im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht schlecht da, weil rund die Hälfte der Einsatzstellen auch noch kostenlose Unterkunft gewähren und zwei Fünftel kostenlos Verpflegung bieten.

Richtig ist, dass andere Bundesländer auch noch Zuschüsse für Unterkunft und Verpflegung oder Fahrtkosten zahlen. In einigen Fällen werden aber zur Mitfinanzierung dieser Kosten die Einsatzstellen herangezogen. Dies wollten wir in Niedersachsen jedoch auch nicht tun, da dann ohne Frage das vielfältige Angebot geringer wird.

Festzuhalten ist: Die Höhe des Taschengeldes von 300 DM bzw. 150 Euro hat die Attraktivität - die Bewerberzahlen sagen das ja - des niedersächsischen FÖJ nicht geschmälert.

Zu Nr. 3 Ihres Antrages, das FÖJ auf die berufliche Orientierung auszurichten: Vom Bund wurden 1993 sowohl das FÖJ als auch das Freiwillige Soziale Jahr gesetzlich geregelt, und zwar als jugendpolitische Bildungsmaßnahme. Somit wäre es Sache des Bundes, hier gegebenenfalls die Richtlinien zu verändern. Die Begründung für die gewünschte Änderung, dass damit wie in NordrheinWestfalen EU-Mittel zur Kofinanzierung eingeworben werden können, ist faktisch falsch. Nachfragen von uns in Düsseldorf haben ergeben, dass auch dort keine EU-Mittel für das FÖJ eingesetzt werden. Richtig ist lediglich, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gegenwärtig prüft, ob Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds als Komplementärmittel für das FÖJ eingeworben werden können. Das Ergebnis dieser Prüfung gilt es abzuwarten.

Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie haben in diesem Jahr mehrere Anträge zur Ökologie eingereicht: Ökologisches Jahr, FÖJ usw. In jedem dieser Anträge wird mehr verlangt: mehr Geld, was auch gleichzeitig mehr Staat bedeutet. Bei den Haushaltsberatungen steht dann Herr Golibrzuch hier und haut uns um die Ohren, auf welche wesentlichen Sachen des Landes Niedersachsen wir uns eigentlich beschränken müssten.

(Fischer [CDU]: Eben, man muss Pri- oritäten setzen!)

Ich glaube, wenn Sie diese Anträge formulieren, ist er nicht dabei, um sich mit Ihnen abzustimmen.

Bevor ich hier vom Pult wegtrete, möchte ich noch beantragen, dass der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in die Mitberatung einbezogen wird. Es wurde bereits erwähnt, dass insbesondere im Forstbereich viele Plätze für dieses Freiwillige Ökologische Jahr angeboten werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Mit dem vorliegenden Antrag soll sich der Ausschuss für Umweltfragen federführend befassen. Die Mitberatung soll im Ausschuss für Jugend und Sport, im Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen sowie zusätzlich, wie von der SPD-Fraktion beantragt worden ist, im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erfolgen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich bedanke mich für Ihre Mitarbeit und wünsche einen angenehmen Abend. Wir setzen unsere Beratungen morgen früh fort.

Schluss der Sitzung: 18.05 Uhr.