Dagegen hat sich in der Anhörung der Vertreter der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern gewandt, und zwar zu Recht. Diese Daten werden durch ein solches Gesetz nicht mehr grundsätzlich geschützt, so der IHK-Vertreter, sondern einer Abwägung anheim gestellt, und die grundsätzliche Förderung des Datenschutzes wird hier aufgegeben. Der einzelne Verwaltungsbeamte wird Schwierigkeiten mit solchen Einsichtsbegehren haben, denn auf der einen Seite droht eine Klage des Antragstellers, wenn ihm die Akteneinsicht
verweigert wird, und auf der anderen Seite muss er sich damit auseinander setzen, dass ein erheblicher Haftungsprozess wegen eingetretenen wirtschaftlichen Schadens auf ihn zukommen kann.
Die IHK hat klar und deutlich herausgestellt, dass schon aus Teilkalkulationen Rückschlüsse auf betriebliche Abläufe gezogen werden können.
Und ich gebe Herrn Dr. Haack Recht, dass man für so etwas keine Registraturbeamten einsetzen kann. Das müssen hoch qualifizierte Leute sein, die insbesondere die Kommunen viel Geld kosten.
Die Berliner Kollegen, die ja schon über eine beträchtliche Erfahrung in Sachen Informationsfreiheitsgesetz verfügen, weisen in diesem Zusammenhang auf folgendes Problem hin: Werden Kommunen vor dem Verwaltungsgericht auf Akteneinsicht verklagt, wird es kompliziert. Denn um das Vorliegen der Versagungsgründe zu überprüfen, muss das Gericht Einsicht in die betreffenden Akten nehmen. Aber eben nicht nur das Gericht! Nach Bundesgesetz steht allen Prozessbeteiligten das Recht zu, die dem Gericht vorgelegten Akten einzusehen. Somit ließe sich tatsächlich jedes Akteneinsichtsrecht durchsetzen.
Zwar gibt es durch eine analoge Anwendung durch § 99 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung mögliche Einschränkungen. Aber eines ist klar: An der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das Recht auf Akteneinsicht vor Gericht diene der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs, wird man so ohne weiteres nicht vorbeikommen.
Die Berliner stellen deshalb ganz deutlich klar: Eine zufrieden stellende gesetzliche Regelung könne nur durch den Bundesgesetzgeber erfolgen. Gesetze nach dem Strickmuster der Länder bürgen zu viele Laufmaschen in sich.
Der Datenschutzbeauftragte des Landes Brandenburg vertrat die Auffassung, dass ein solches Gesetz insbesondere für Kommunen relevant sei, denn dort sind die Bürger direkt von der Politik betroffen. Sein Beispiel, sein Beweis aus Brandenburg: In einer neu erbaute Grundschule hat eine Begehung durch einen Brandschutzbeauftragten stattgefunden. Eine Mutter wollte nun an dessen Bericht herankommen und ist in der Verwaltung ohne Erfolg von Pontius zu Pilatus gelaufen. Nur
- ich betone: nur - durch seine Intervention habe die Mutter diesen Bericht bekommen. Dies sei ein Beispiel für die Geheimhaltungskultur, die in den Köpfen der Mitarbeiter der Verwaltung immer noch fest verankert sei.
Ich gebe Herrn Dr. Haack Recht, wenn er sofort mit den Stichworten „Sicherheitsbeauftragter der Feuerwehr, öffentliche Ausschusssitzung“ reagierte und außerdem ausführte, dass dieses Beispiel von der hier üblichen Praxis außerordentlich weit entfernt sei. Das überzeichnete Verwaltungsbild hat mit der Neuzeit nichts zu tun und ist vielleicht noch in alten Schwarzweißfilmen zu besichtigen. Das ist ein Zerrbild gesellschaftlicher Wirklichkeit, denn erstens haben Verfahrensbeteiligte Informations- und Akteneinsichtsrechte, zweitens sind bei Bauleitplanungen, Ausweisungen von Landschaftsschutzgebieten und Einwohnerfragestunden aktive Mitwirkungsmöglichkeiten gefragt, und drittens sind Ausschusssitzungen öffentlich, und zwar auch für Brandschutzbeauftragte, Mütter und alle anderen Bürger.
Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich aus der Praxis der Kommunalpolitik den Eindruck, dass die Bürgerinnen und Bürger kein Faible für Aktenstudien haben. Sie interessieren vielmehr praxisnahe Lösungen für ihr Anliegen. Das ist der eigentliche Kern der Sache.
Wenn Sie, Herr Schröder, nach diese Anhörung immer noch der Auffassung sind, dass Niedersachsen ein solches Informationsfreiheitsgesetz braucht, so kann ich dem nur entgegen: Sie stehen mit beiden Beinen fest auf den Wolken. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Es ist ja auch mal ganz schön, Kollegin Bockmann, dass wir uns in einer wichtigen Frage einig sind. Insoweit kann ich im Grunde nur vieles wiederholen, was Sie hier völlig zu Recht gesagt haben.
Lieber Kollege Schröder, niemand kann etwas gegen die Verbesserung von Informationsmöglichkeiten haben, insbesondere dann nicht, wenn dies
den demokratischen Meinungsbildungsprozess befördert. Aber die Frage ist doch: Brauchen wir ein Informationsfreiheitsgesetz, und rechtfertigen die vermeintlichen Vorteile eines solchen Gesetzes den damit verbundenen Aufwand? Mit der Frage müssen wir uns befassen. Die Kollegin Bockmann hat das im Prinzip getan.
Ich will wiederholen, was ich im Rechtsausschuss gesagt habe. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz, meine Damen und Herren, hätten wir in Deutschland einen echten Paradigmenwechsel, weil ein solches Gesetz im Grunde den Rechtstraditionen unseres Landes widerspricht. Diese Rechtstraditionen, die sich sozusagen aus preußischen Traditionen herleiten, setzen voraus, dass es ein subjektives Recht gibt, dass es eine Betroffenheit gibt, wenn es um die Erlangung von Informationen im Baurecht oder in anderen Bereichen geht.
Das ist der Paradigmenwechsel. Den stelle ich jetzt fest, und nun kann man darüber streiten, ob das richtig oder falsch ist.
Aber weil wir diese Rechtstradition haben, Herr Kollege Schröder, helfen uns die Hinweise auf andere Länder, z. B. auf die Vereinigten Staaten von Amerika, natürlich nichts.
Unser gesamtes Rechtssystem hat sich in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten dieser Rechtstraditionen „subjektives Recht“ angeglichen. In den Vereinigten Staaten ist das nicht der Fall. Das heißt: Das, was die Vereinigten Staaten einerseits mehr und wir andererseits weniger haben, das haben wir an anderer Stelle mehr und die Amerikaner weniger. Auch darauf hat die Kollegin Bockmann hingewiesen. Darum bedarf es einer außerordentlich sorgfältigen Prüfung, bevor wir einem Vorschlag, wie er hier von den Grünen gemacht worden ist, beitreten. Denn dies würde in der Tat vieles, vieles in unserem Land ändern.
Diese Prüfung haben wir im Rechtsausschuss auch vorgenommen. Wir haben eine sehr umfangreiche Anhörung dazu durchgeführt. Ich bin übrigens nicht der Auffassung der Kollegin Bockmann. Man
kann nach der Anhörung auch zu dem Ergebnis kommen, dass die Auffassung der Grünen richtig ist; das ist überhaupt kein Thema. Aber wenn widerstreitende Meinungen, Argumente und Interessen aufeinanderstoßen, muss man sich entscheiden. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir so wie die SPD - im Übrigen auch im Bund; denn in der Bundesregierung hat sich die SPD ja dazu entschieden, kein Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen - der Auffassung sind, dass die geringen Vorteile den Aufwand nicht rechtfertigen würden. So einfach ist das.
Es gibt in Deutschland eine vielfältige Zahl von Möglichkeiten, sich Informationen zu beschaffen, etwa durch das Verwaltungsverfahrensgesetz, etwa durch das Umweltinformationsgesetz, etwa im Bereich der Bauleitplanung oder bei Ratsausschüssen, die öffentlich tagen. Auch das Datenschutzgesetz muss an dieser Stelle genannt werden.
Das Problem, das hier von den Grünen aufgebaut worden ist, existiert in Wirklichkeit in dieser Dimension gar nicht. Wenn überhaupt ein geringer Bedarf an zusätzlichen Informationen bestehen sollte - ich möchte gar nicht verleugnen, dass das an der einen oder anderen Stelle der Fall sein kann -, dann muss ich mir die Frage stellen, wie ich es schaffen kann, diese Informationen zu vermitteln. Die weitere Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet: Wie hoch ist dafür der Aufwand? - Hierzu muss ich Ihnen sagen: Dieser Minimalbereich, in dem wir uns bewegen würden, würde einen Verwaltungs- und Kostenaufwand nach sich ziehen, der zurzeit unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt werden kann.
Erst recht kann er den Kommunen und den Ländern - das sind nämlich diejenigen, die in erster Linie die Kosten dafür zu tragen haben - nicht zugemutet werden. Ich sage Ihnen einmal Folgendes: Von einem Totschlagargument sollte gesprochen werden, wenn man sagt: Wenn es um die Verbesserung - um die „vermeintliche Verbesserung“ muss ich hier sagen - unserer Demokratie geht, dann dürfen wir nicht aufs Geld achten. - Das ist ja Ihr Argument, das Argument der Befürworter. Das ist ein viel stärkeres Totschlagargument als das Argument, das ich hier eben gerade angeführt habe. Ich sage Ihnen: Der Erfolg wäre so geringfügig, dass der Aufwand durch nichts gerechtfertigt werden kann. Dies wollen wir den
Übrigens weiß jeder: Wenn ich einen Bescheid über die Frage anfertigen muss, ob ich Informationen herausgeben darf oder nicht, dann wird gegen diesen Bescheid möglicherweise auch Widerspruch erhoben. Das heißt, in diesem Fall muss ich einen Widerspruchsbescheid fertigen. Gegen diesen wird es möglicherweise ein verwaltungsgerichtliches Verfahren geben. All dies, meine Damen und Herren, wird zudem Zeit kosten. Die Sachverständigen haben im Rechtsausschuss zu Recht auf einen Tatbestand hingewiesen: Zeit steht bei der Vermittlung von Informationen überhaupt nicht zur Verfügung. Das heißt: Wenn ich hier überhaupt sinnvoll vorgehen will, dann darf ich nicht wie im Verwaltungsrecht von Dreimonatsfristen sprechen, sondern die Fristen müssen erheblich kürzer sein. Wenn ich aber erheblich kürzere Fristen sicherstellen will, dann wird dadurch der Verwaltungsund der Kostenaufwand in erheblichem Maße erhöht, sodass sich schließlich wieder bei meinem Ausgangsargument angelangt bin.
Also, meine Damen und Herren: Lassen Sie uns diesen Antrag dahin tun, wohin er gehört, nämlich in eine unserer Schubladen. Er gehört hier jedenfalls nicht beschlossen, weil - wie gesagt - der damit verbundene Aufwand den vermeintlichen Erfolg in keinem Fall rechtfertigen wird. Trotzdem möchte ich an die Adresse der Grünen sagen: Ich persönlich habe die Diskussion im Rechtsausschuss als außerordentlich interessant und auch als außerordentlich bereichernd empfunden, weil es sich bei dem in Rede stehenden Thema in der Tat um ein wichtiges Thema handelt.
Letzte Bemerkung: Ich glaube übrigens, Herr Kollege Schröder, dass sich heute nicht so sehr die Frage als Problem stellt, wie ich an zusätzliche Informationen herankomme, sondern das sich heute stellende Problem ist vielmehr die Frage: Wie sortiere ich die Informationen, mit denen ich heute zugeschüttet werde? - In der Medien- und Technikgesellschaft, in der wir uns heute befinden, kann ich vor lauter Informationen kaum noch zwischen wichtig und unwichtig, zwischen wesentlich und unwesentlich sortieren. Das ist doch das Thema, das sich uns viel deutlicher etwa bei der Frage stellt, woher ich irgendwelche Fördermittel oder wichtige Informationen für den Mittelstand bekomme. Wir müssen den Leuten helfen, diese Informationen zu sortieren. Das tun wir zum Teil auch schon. Also nochmals: Wir werden diesem
Herr Kollege Schwarzenholz, jetzt haben Sie das Wort. Ich erteile Ihnen eine Redezeit von bis zu drei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier über ein Thema, das in sehr starkem Maße auch schon auf Bundesebene diskutiert wird. Herr Stratmann hat hier Informationen zur Bundespolitik gegeben, die so nicht ganz zutreffen. Die PDS-Bundestagsfraktion hat eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet mit dem Ziel, Auskunft darüber zu bekommen, warum das in der Koalitionsvereinbarung vereinbarte Gesetz zur Informationsfreiheit bisher nicht umgesetzt worden ist. Die vom Bundesinnenministerium am 21. Mai herausgegebene Antwort möchte ich hier einmal zu Gemüte führen, weil ich glaube, dass sie nicht ganz uninteressant ist. Dort heißt es, man wolle das noch machen. Seit dem 20. Dezember 2000 gebe es auch einen Referentenentwurf, über den seitdem diskutiert werde. Daran werde ständig intern gearbeitet. - Dann heißt es wörtlich:
„Über einige wenige Punkte im Text des Entwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz bestehen nach wie vor unterschiedliche Auffassungen unter den Bundesressorts. Bis zu welchem Termin die Beratungen darüber abgeschlossen werden können, lässt sich gegenwärtig nicht absehen. Sobald ein zwischen den Ressorts abgestimmter Text vorliegt, wird dieser dem Kabinett zur Beschlussfassung vorgelegt.“
Man möge sich das vor dem Hintergrund des nächsten Wahltermins auf Bundesebene und der noch verbleibenden Bundestagssitzungen einmal vor Augen führen. Ich sage: So kann man mit diesem Thema nicht umgehen. Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen müssen sich schon entscheiden, ob sie das Ding wollen oder nicht. Wer aber vier Jahre lang ein Wahlversprechen in dieser Art und Weise praktisch administrativ erledigt, der schreckt vor der Auseinandersetzung zurück. Die Bundesregierung hat verspro
chen, ein solches Gesetz vorzulegen. Sie tut es aber nicht. Sie sagt allerdings: Wir bleiben dabei. - Auf diese Art und Weise werden die Menschen im Lande veralbert. Das, was Sie in Niedersachsen vonseiten der SPD machen, ist eine Zuspitzung dieser auch von den Grünen geduldeten Situation auf Bundesebene.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Darum schließe ich die Beratungen. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen in der Drucksache 3419 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2191 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer möchte zustimmen? - Stimmenthaltungen? - Keine Stimmenthaltungen. Ich stelle fest, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen damit abgelehnt worden ist.
Tagesordnungspunkt 9: Zweite Beratung: Ziel der Landesverwaltung in Niedersachsen: Mehr Service, weniger Bürokratie Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3189 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht - Drs. 14/3423
Der Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3189 wurde in der 101. Sitzung am 13. März 2002 an den Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht zur federführenden Beratung und Berichterstattung überwiesen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht empfiehlt Ihnen mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Stimme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion der CDU, den Antrag der Frakti
Da ich weiß, dass die Redner der Fraktionen gleich noch auf die Begründung eingehen werden, erlaube ich mir, den Rest des Berichts zu Protokoll zu geben. - Vielen Dank.