Dass Sie hier und heute nicht das leisten können oder wollen, was Sie über lange Monate hin vollmundig versprochen haben, wird offensichtlich.
aber gemeinsam mit den Hochschulbeteiligten und nicht nur mit einigen wenigen Präsidenten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die niedersächsischen Hochschulen müssen für den Wettbewerb fit gemacht werden. Wer wollte das bestreiten? Die niedersächsischen Hochschulen brauchen mehr Eigenverantwortung. Wer kann
ernsthaft Einwände dagegen erheben? Aber dass nur einige wenige Hochschulen künftig in die Lage versetzt werden sollen, über maximalen Gestaltungsspielraum zu verfügen, ist ein Umstand, der meine Fraktion außerordentlich bedrückt.
Herr Kollege Domröse, nur Stiftungshochschulen werden künftig das Recht haben, über ihre Liegenschaften eigenverantwortlich zu verfügen. Nur Stiftungshochschulen werden künftig die Möglichkeit haben, über ihr Personal selbständig zu entscheiden. Nur Stiftungshochschulen werden künftig in der Lage sein, über alle Fragen der Wirtschaftsführung eigenverantwortlich zu entscheiden.
Das Problem, Herr Kollege Plaue, liegt darin, dass wir eine Vielzahl von Hochschulen im Land haben, von denen ich überzeugt bin, dass sie sich in einem Wettbewerb erfolgreich behaupten könnten, wenn man ihnen denn nur die Möglichkeit dazu gibt und ihnen maximalen Gestaltungsspielraum einräumt, wie dies bisher leider nur für die Stiftungshochschulen geplant und in einer sehr fragwürdigen Form ausgestaltet ist.
(Beifall bei den GRÜNEN - Plaue [SPD]: Wir machen genau das Ge- genteil von dem, was Sie behaupten!)
Wir wollen maximalen Spielraum für alle Hochschulen in Niedersachsen. Wir wollen nicht, dass künftig weiterhin das zentrale Liegenschaftsmanagement des Finanzministeriums die Vorgaben macht. Wir wollen, dass künftig nicht weiter die Stellenpläne des MWK die Richtung vorgeben. Wir wollen, dass künftig alle Hochschulen in Niedersachsen frei sind vom staatlichen Gängelband und nicht weiter Hunderte von Erlassen - vom Energieeinkauf bis hin zur Kontoführung - für diese Hochschulen maßgeblich sind.
Wenn wir über Wettbewerb reden, dann ist meine Fraktion überhaupt nicht davon überzeugt, dass das Vorbild einer großen Kapitalgesellschaft, das Sie hier sozusagen in das Hochschulgesetz transferieren, der richtige Maßstab für eine Hochschule neuen Typs ist. Wenn wir über Wettbewerb reden, dann müssen wir auch bei der Wahl der Rechtsform Wettbewerb zulassen. Dann kann man nicht
sagen, ihr bleibt am staatlichen Gängelband oder ihr werdet Stiftungshochschule, sondern dann muss den Hochschulen mindestens die Alternative offen stehen, sich als voll rechtsfähige Körperschaft oder als rechtsfähige Anstalt zu organisieren, die auch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung Dritter ermöglicht, so wie es nach dem bayerischen Kommunalrecht möglich ist.
Die Hochschulen wollen diesen Freiraum. Wenn wir über Autonomie reden, dann müssen wir verschiedene Autonomiemodelle zulassen. Warum ist das wichtig? - Ich glaube, dass wir dann, wenn wir große Kapitalgesellschaften in die Hochschulen überführen - und nichts anderes machen Sie hier: das Präsidium bekommt den Stellenwert einer Geschäftsführung, der Stiftungsrat ist künftig der Aufsichtsrat -, auch über Mitbestimmungsregeln, wie wir sie aus der Wirtschaft kennen, reden müssen.
Es kann nicht sein, dass künftig ein 7-köpfiger Stiftungsrat in allen wesentlichen Fragen die Entscheidung fällt, sondern dann muss man selbstverständlich ein Autonomiemodell, ein Mitbestimmungsmodell wählen, das den Personalrat nicht nur mit beratender Stimme berücksichtigt, sondern den Hochschulen, den dort Beschäftigten und selbstverständlich auch den Studierenden Mitsprachemöglichkeiten mindestens in einer Form einräumt, wie wir es aus der freien Wirtschaft kennen.
Warum ist das wichtig? - Es ist aus den folgenden Gründen wichtig - man kann sich ja nur wundern, dass ausgerechnet eine sozialdemokratische Alleinregierung an der Stelle ein solches Gesetz verabschieden will -: Nehmen Sie doch einmal das Beispiel der Medizinischen Hochschule Hannover. Der Senat dieser Hochschule hat bereits den Beschluss gefasst, Stiftungshochschule zu werden. Da kann es doch nicht sein, dass künftig über das Schicksal tausender Pflegekräfte und Krankenschwestern ein 7-köpfiger Stiftungsbeirat entscheidet. Wenn Sie ein solches Stiftungsmodell wollen, dann müssen Sie auch den Mut haben, die Struktur so zu regeln, wie es in der Wirtschaft üblich ist. Das heißt dann eben, dass ein solcher Stiftungsrat mindestens zur Hälfte durch die Belegschaft ge
wählt wird, dass sich die Belegschaft insofern an entscheidender Stelle wieder findet und dass nicht andere über die Pflegekräfte und Krankenschwestern entscheiden, sondern dass diese selber nicht nur mitreden, sondern auch mitentscheiden können. Für meine Fraktion jedenfalls ist das ein ganz zentraler Punkt.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Dr. Domröse [SPD]: Wenn Sie nur einmal im Ausschuss gewesen wären, dann hätten Sie das auch ver- standen!)
- Kollege Domröse, das ist ein Modell, das Ihnen im Rahmen des Anhörungsverfahrens von fast allen betroffenen Hochschulen, jedenfalls von deren Personalräten, insbesondere aber von dem der Medizinischen Hochschule vorgetragen worden ist.
Warum ist das so wichtig? - Das ist auch deswegen so wichtig, weil viele Fragen, die die Stellung der Beschäftigten berühren, in diesem Gesetzentwurf nicht abschließend geregelt werden. Es wird natürlich so sein, dass, um die tarifvertraglichen und versorgungsrechtlichen Ansprüche der Beschäftigten - ich bleibe beim Beispiel der MHH - abzusichern, Stiftungshochschulen, so sie sich dafür entscheiden, einen regionalen Arbeitgeberverband werden gründen müssen, und erst über den Beitritt eines solchen regionalen Arbeitgeberverbandes zur Tarifgemeinschaft der Länder wird es möglich sein, diese tarifvertraglichen Ansprüche abzusichern.
Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Hochschulen diesen Weg gehen werden. Ich weiß aber auch, Kollege Domröse - dass sollten Sie auch wissen -, dass es in den Hochschulen eine ganz andere Erwartungshaltung gegenüber diesem Gesetz gibt. Die Erwartungshaltung ist, dass man künftig auch bei der Bezahlung andere als die öffentlich-rechtlichen Tarife erwartet. Die Medizinische Hochschule, zumindest aber deren Leitungspersonal, kokettiert doch öffentlich damit, dass man sich in Zeiten knapper Kassen und in Zeiten von Wettbewerb auch in der Krankenversorgung Einsparungen davon erhofft, wenn man künftig eben nicht mehr dem Tarifdiktat öffentlicher Haushalte unterworfen ist und ein neuer Freiraum geschaffen wird. So sehr wir für einen solchen Freiraum der Hochschulen sind - an dieser Stelle jedenfalls möchten wir diesen Gestaltungsspielraum um Mitbestimmungsregelungen ergänzen. Zumindest an dieser Stelle haben Sie doch ein
Problem, der Öffentlichkeit deutlich zu machen, warum das, was in der freien Wirtschaft seit jeher sozialdemokratische Politik ist, für niedersächsische Hochschulen künftig nicht mehr gelten soll.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ausgangslage der heutige Debatte ist doch die Zielsetzung, die Veränderungen, für die wir in der Bildungsdebatte streiten, auch im Hochschulbereich anzugehen, d. h. mehr Bildungschancen, höheres Niveau und Modernisierung. Wenn ich mir das vorliegende Gesetzeswerk anschaue und die Frage stelle, ob wir mit diesem Gesetz weiterkommen, dann muss ich zunächst einmal feststellen, dass die erste Voraussetzung, die in bildungserfolgreichen Ländern gegeben ist, bei uns nicht verfolgt und auch durch diese niedersächsische Initiative nicht nach vorn gebracht wird. Die erste Voraussetzung ist, dass ich den Staat nicht arm mache, sondern mithilfe der Steuersysteme so stark ausstatten muss, dass er in der Lage ist, eine staatliche Finanzierung für Bildung und Forschung auf einer gestärkten Grundlage zu gewährleisten, und eine unabhängige gesellschaftliche Bildungs- und Forschungsaufgabe ermöglicht.
Das wird über die Bundespolitik und die Schwächung der Länderfinanzen systematisch verhindert. Im gegenwärtigen Wettbewerb auf der Bundesebene ist ja gar keine Besserung in Aussicht, weil ein Parteienwettbewerb über die Schwächung der staatlichen Finanzen einsetzt und damit die zentralen Instrumente zur Stärkung der Bildung nicht ausgeschöpft werden.
Das vorliegende Gesetz geht aber auch in Bezug auf den landespolitischen Gestaltungsspielraum in eine grundlegend falsche Richtung. Die Zentralkonferenz der Landes-ASten hat dazu in einer Stellungnahme sicherlich gerade in Richtung einer sozialdemokratischen Regierung Worte gefunden,
die ich hier zitieren möchte, weil ich glaube, dass diese Worte berechtigterweise richtig wehtun. Da heißt es:
„Forschung als zielgerichtetes Produzieren von Erkenntnis hat maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklungsperspektiven unserer Gesellschaft. Sie kann unkontrollierbare Risiken, wie Atomkraft oder Gentechnologie, produzieren. Daher muss Forschung in gesellschaftlicher Verantwortung erfolgen. Es ist gesteigert Wert darauf zu legen, WissenschaftlerInnen zu kritischer Selbstreflexion zu befähigen.“
„Erst wenn möglichst viele an Entscheidungen beteiligt sind und offen diskutiert wird, kann Verantwortung nicht mehr abgeschoben werden. Hierzu ist eine gleichberechtigte demokratische Teilhabe aller Hochschulangehörigen erforderlich.
Diesen grundlegenden Anforderungen widerspricht der vorliegende Gesetzentwurf. Der dauerhaften Unterfinanzierung der Hochschulen wird mit Erschwerung des Hochschulzugangs und Verlagerung der Mängelverwaltung begegnet. Dem Problem professoraler Selbstherrlichkeit soll durch die Schaffung starker hierarchischer Leitungsstrukturen begegnet werden.
„spricht der Gesetzentwurf eine Sprache der Bevormundung. Von Autonomie im Sinne der gleichberechtigten Selbstverwaltung durch alle Hochschulangehörigen kann keine Rede sein.“
Um das noch zu toppen, hat der AStA der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg die Abgeordneten angeschrieben und noch einmal darum gebeten, dieses Gesetz heute nicht zu verabschieden. Der AStA sagt, dass das im Grunde genommen ein Schlag gegen die historische Verantwortung der Sozialdemokraten sei. Er schreibt:
„Unter dem Schlagwort der Autonomie der Hochschulen werden die schon bisher nur unzureichend demokratischen Organe, die in den 70er-Jahren von den Studierenden mit Unterstützung der SPD Willy Brandts mühsam erkämpft wurden, in den Hochschulen abgeschafft oder in ihren Kompetenzen weitgehend beschnitten.“
Ich frage die sozialdemokratischen Kollegen: Ist das, was Sie hier machen, nicht reine FDP-Politik? Was hat das noch mit sozialdemokratischer Bildungskompetenz zu tun?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ein langer Weg zum kurzen Gesetz, hat der Kollege Domröse einleitend gesagt, und es ist in der Tat der Weg vom längsten Hochschulgesetz zum mit Abstand kürzesten Gesetz aller 16 Bundesländer. Man sollte meinen, dass die Streichung von Regelungen im Umfang eines halben Gesetzes handwerklich weniger Arbeit bereitet als die Verdoppelung eines Gesetzes. Wir haben aber gesehen, dass das Gegenteil richtig ist. Der Landtag und seine Ausschüsse haben dieses Gesetz ein Jahr lang gründlich beraten. Ich meine, dass hier gesetzgeberische Wertarbeit entstanden ist. Dafür möchte ich mich bei allen Ausschüssen ganz herzlich bedanken.
(Jugendliche äußern lautstark ihren Unmut und werfen von der Zuschau- ertribüne Zettel in den Plenarsaal)