Protokoll der Sitzung vom 14.06.2002

(Dr. Schultze [SPD]: Er hat aber auch gesagt, dass Sie unser Land nicht im- mer schlechtreden sollen! - Plaue [SPD]: Das ist die selektive Wahr- nehmung von Herrn Dinkla!)

Ich finde, man muss sich entscheiden. Entweder ist es für den Angriff gegen die CDU gedacht, oder man macht es nach Lust und Laune und wie es gerade passt, sozusagen einmal Pro und einmal Kontra. Das kann es natürlich nicht sein.

Wenn der Herr Ministerpräsident außerdem gesagt hat - auch am 25. April -, der Bund senke jetzt die Schulden, dann kann ich nur sagen: Falsch, das macht er nicht! Der Bund hatte 1998 einen Schuldenstand von 681 Milliarden Euro, und jetzt werden es 720 Milliarden Euro sein. Insofern ist auch diese Aussage des Ministerpräsidenten nicht in Ordnung.

Es ist auch falsch, was im Hinblick auf die UMTSMilliarden gesagt wird. Gestern der Versuch im Plenum, eine dreiprozentige Absenkung der Staatsquoten darzulegen und glaubhaft zu vermitteln, dann nach einer Richtigstellung einfach zu sagen „Ich würde die Aussage nicht wiederholen“ so kann man in diesem Lande keine seriöse Politik machen, meine Damen und Herren. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU)

Bevor Sie, Herr Kollege Adam, Angriffe gegen die Regierung Kohl starten, befassen Sie sich lieber mit Ihren eigenen Leistungen oder besser Fehlleistungen hier im Lande.

Wenn es z. B. um die Förderung von Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen in Niedersachsen geht, kann man es im Weißbuch „Spitzen aus Nordwest“ - Sie kennen es alle - eindeutig nachlesen, im Übrigen auch unterstützt von Ihren

eigenen Parteifreunden wie dem früheren Landtagspräsidenten Horst Milde, der gesagt hat, der Nordwesten Niedersachsens werde durch die SPDLandesregierung systematisch vernachlässigt. Das ist Fakt. Insofern sollten Sie diese Dinge nicht einfach zur Seite schieben und ignorieren.

Wenn es um die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Niedersachsen geht, hat die SPDLandesregierung ab 1990 eindeutig falsche Weichenstellungen vorgenommen.

(Biel [SPD]: Das ist falsch!)

Man kann es auch im Bericht der Landesregierung „Niedersachsen geht vor“ nachlesen, meine Damen und Herren. Allen zur Lektüre empfohlen! Ich zitiere es jetzt, obwohl auf der Broschüre steht: Diese Broschüre darf wie alle Publikationen der Landesregierung nicht zur Wahlwerbung in Wahlkämpfen verwendet werden. Es heißt darin:

„Für den Bundesverkehrswegeplan hat das Land keine neuen Fernstraßen angemeldet.“

Ich glaube, das war ein fataler und entscheidender Fehler, und das wirkt sich jetzt als tragische Fehlentscheidung für viele Regionen im Lande aus.

(Aller [SPD]: Weil euer Verkehrswe- geplan überzeichnet war bis zum Gehtnichtmehr!)

Richtige Entscheidungen zu dem Zeitpunkt hätten bewirken können, dass sich BMW jetzt für Stade entschieden hätte. Ich glaube, das ist die Wahrheit! Dieser ideologische Irrweg hat niedersächsische Interessen auf dem Koalitionsaltar geopfert, und der Wirtschaftsstandort Niedersachsen hat jetzt die Folgen zu tragen.

(Plaue [SPD]: Sie haben doch keine Ahnung, Herr Dinkla! Dafür reden Sie schon ziemlich lange!)

Nun noch einige Bemerkungen, Herr Kollege Adam, zum JadeWeserPort. Sie stellen hier eine Beteiligung des Bundes in Aussicht. Womit, bitte schön, ist eigentlich gerechtfertigt, dass Sie uns zum x-ten Male die Ertüchtigung der Bahnstrecke Oldenburg - Wilhelmshaven verkaufen wollen? Das Peinliche daran ist, dass dies nicht längst realisiert worden ist, obwohl es x-mal versprochen worden ist. Das Land wollte vorfinanzieren. Ich finde, dieses noch als Leistung der jetzigen Bun

desregierung herauszustellen, ist ein Stück aus dem Tollhaus.

(Widerspruch bei der SPD)

Noch ein Wort zur Küstenautobahn. Auch dieses Projekt ist still und heimlich beerdigt worden.

Wenn es um die Situation im Lande geht, darf ich den Hinweis geben, dass nach meiner festen Überzeugung auch das Thema Europa mit all den finanziellen Möglichkeiten über Jahre hinweg vernachlässigt worden ist,

(Rabe [SPD]: Nee, nee, Herr Dinkla!)

wenn es auch durchaus in letzter Zeit, Herr Rabe, positive Ansätze gibt, aber es gibt einfach vergessene Jahre zulasten dieses Landes.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, soll mit ungerechtfertigten Angriffen gegen die frühere Bundesregierung von eigenen Versäumnissen und politischen Fehlleistungen in den letzten zwölf Jahren ablenken. Das wird jede sachliche Diskussion erschweren. Sie hätten Ihren Antrag erleichtern können, wenn Sie diese Dinge nicht hineingeschrieben hätten. Aber ich sage: Ein Angebot für eine konstruktive Beratung

(Glocke des Präsidenten)

des eigentlich positiven Kernanliegens mache ich dennoch.

(Zuruf von der SPD: Jetzt haben Sie die Zielkurve gekriegt!)

Wie falsch politische Weichenstellung oder Prioritätensetzung in der Politik sein können, will ich zum Schluss mit einem kleinen Zitat deutlich machen. In dem Bericht „Niedersachsen geht vor“ steht eine Passage, die ich Ihnen nicht vorenthalten kann. Sie zeigt, wie die SPD in Niedersachsen Prioritäten gesetzt hat.

„Bei der Einschränkung des PkwVerkehrs geht die Landesregierung mit gutem Beispiel voran. Dienstfahrräder im Ministerium und in Behörden, Rad und Bahn fahrende Minister und Ministerinnen!“

Ich kann nur sagen, die Dienstfahrräder sind weg, die politischen Radfahrer sind geblieben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Das war ein nuklearer Ver- nichtungsschlag! - Senff [SPD]: Ich bin erschüttert!)

Meine Damen und Herren, jetzt spricht Frau Kollegin Steiner zu diesem Antrag.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich verleitet dieser wohltönende Titel das Antrages zu manchen kabarettistischen Anwandlungen. Wir fragen uns, wenn wir jetzt, im Juni, diesen Antrag zum Thema „Den Norden gemeinsam stärken“ bekommen, natürlich: Wieso jetzt?

(Senff [SPD]: Wieso nicht?)

Ich glaube, dass es dafür zwei Gründe gibt. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ergebnisse der Bertelsmann-Studie ist natürlich sehr passend, weil diese Ergebnisse zum Teil geeignet sind, nicht nur die bessere Wirtschaftsentwicklung in süddeutschen Ländern zu belegen, sondern auch tatsächlich zu konstatieren, dass es eine Bevorzugung der Südländer zuzeiten der schwarz-gelben Regierung unter Kanzler Kohl gegeben hat. Festzustellen ist auch eine geringere Unterstützung von Projekten, die die Entwicklung in den norddeutschen Ländern vorangebracht haben. Dafür muss man nicht nur die EXPO anführen.

Aber, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, wir wissen natürlich auch, dass der Zeitpunkt der Einbringung dieses Antrages auch damit zusammenhängt, dass der große Blonde im Trachtenanzug am Kanzlerstuhl rüttelt und uns das bayerische Modell als Erfolgsmodell für die Bundesrepublik vorgaukeln will.

(Beifall bei den GRÜNEN - Fischer [CDU]: Der ist weißhaarig! Der hat sich die Haare nicht gefärbt! - Gegen- ruf von Senff [SPD]: Das wollen wir doch erst einmal prüfen!)

- Ich warte einmal, bis Herr Senff mit seinen Ausführungen fertig ist. - Deshalb ist es auch richtig, darauf hinzuweisen, dass Bayern beispielsweise in einer Aufschwungphase immer noch Empfängerland von Leistungen aus dem Länderfinanzausgleich war, was für die Entwicklung und die Fi

nanzierung weiterer Projekte natürlich sehr förderlich war.

Es ist auch richtig, darauf hinzuweisen, dass in Bayern nicht alles Gold ist, was glänzt, und man mit Arbeitslosenstatistiken quer über das Land auch ganz gut mogeln kann. Außerdem muss man feststellen, dass es billig und sachlich nicht haltbar ist, wenn man standortbezogene Vorteile anschließend als Erfolg der eigenen Parteipolitik darstellen will und uns damit als bundespolitisches Wirtschaftsmodell beglücken will. - So viel zum Wahlkampfbezug des Antrags, der eigentlich erkennbar ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun kurz zum Thema. Richtig ist, dass sich das Süd-Nord-Gefälle in der Wirtschaftsentwicklung allmählich abschwächt

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Senff [SPD])

und dass es insbesondere bei der Arbeitsplatzentwicklung positive Faktoren gibt. Man soll es nicht verschweigen, dass sich zwar die niedersächsische Arbeitslosenstatistik im Durchschnitt nicht von den anderen Bundesländern unterscheidet, dass sich die Erwerbstätigenzahlen aber positiv und stabil gehalten haben und dass der Arbeitsmarkt in den 90er-Jahren durch eine erhebliche Zuwanderung zusätzlich belastet war, weil Niedersachsen und andere norddeutsche Länder davon etwas stärker betroffen wurden als z. B. Hessen, BadenWürttemberg und Bayern. Man muss Folgendes konstatieren: Richtig ist, dass Niedersachsen vor allem in den letzten Jahren Boden gutmachen konnte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Festzustellen ist aber natürlich auch, dass in diesem Fall die rot-grüne Bundesregierung Chancen geboten hat, die von Niedersachsen genutzt worden sind. Allerdings - wir haben dieses Thema gestern in einem anderen Zusammenhang erörtert werden diese Chancen noch nicht genug genutzt. Da wäre noch mehr herauszuholen gewesen. Wir stellen fest, dass Sie sich nicht genug bemüht haben, nicht nur aus dem UMTS-Fonds, sondern auch aus anderen Fonds Profit für Niedersachsen herauszuholen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nichtsdestotrotz: Bestimmte Bestandteile Ihres Antrages kann man unterstützen, weil sie nicht falsch sind und man sie einfach nicht in Abrede stellen kann. Natürlich ist es richtig, dass eine stärkere Kooperation der norddeutschen Länder unumgänglich ist. Wir wissen ja, welche Haken und Ösen das in der Praxis hat, wenn wir uns die Kooperation beim Tiefseehafenprojekt in Bezug auf Hamburg anschauen.

Nur, wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, was ich in Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde und Zeit jetzt nicht mehr im Detail tun werde, kann ich nur sagen: Das, was Sie darin an Schwerpunkten benennen, kann doch nicht alles sein! - Die Bestandsaufnahme der Länderstudie zeigt nämlich z. B. auch, dass in Niedersachsen Schwachstellen unübersehbar sind. Jetzt lese ich Ihnen - auf Niedersachsen bezogen - aus der Zusammenfassung einmal ein einziges Zitat vor:

„Um ein Portfolio hochprofitabler Dienstleistung, wissenschaftlicher Forschung oder Logistik zu erreichen, das etwa die Hamburger Wirtschaft auszeichnet, sind in Niedersachsen noch weitgehende Anstrengungen erforderlich.“