Ich komme nun zu den wesentlichen sachlichen Änderungen der Beschlussempfehlung gegenüber dem Fraktionsentwurf:
Die mit dem Entwurf zugelassene Einführung der Eingangsstufe für die Grundschule im vorgesehenen § 6 Abs. 4 des Schulgesetzes soll durch eine Ergänzung des § 14 Abs. 5 auch Sonderschulen betreffen. Die Auswirkungen der Eingangsstufe auf die Gesamtdauer der Schulpflicht werden in § 66 näher bestimmt. Danach soll das Durchlaufen der Eingangsstufe grundsätzlich mit zwei Jahren als Schulbesuch berücksichtigt werden.
Außerdem soll der Schulversuch zur Verlässlichen Grundschule durch Regelungen im Schulgesetz abgelöst werden. Die Verlässliche Grundschule bedarf zwar als Ausgestaltung der Grundschule nach Auffassung des Ausschusses und des GBD keiner zusätzlichen Regelung. Es muss aber durch eine Änderung in § 53 zugelassen werden, dass die Betreuungskräfte auch von anderer Seite als vom Land beschäftigt werden dürfen. Einen indirekten Hinweis auf die Einführung der Verlässlichen Grundschule enthält die Empfehlung, die Rechtsgrundlage für die vollen Halbtagsschulen in § 23 Abs. 3 zu streichen. Die bestehenden Vollen Halbtagsschulen können allerdings nach der Übergangsvorschrift des § 189 noch vier Jahre lang fortgeführt werden.
Die Bestimmungen über Sprachfördermaßnahmen sollen im neuen § 54 a zusammengefasst werden. Damit wird zum einen der Anwendungsbereich der Sprachfördermaßnahmen auf den Sekundarbereich ausgedehnt; dafür hatten sich in der Anhörung die Gewerkschaften und die Kirchen eingesetzt. Durch Absatz 2 dieser Vorschrift werden Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen künftig verpflichtet, im Halbjahr vor der Einschulung an besonderen Sprachfördermaßnahmen teilzunehmen. Der Ausschuss hielt eine solche Regelung für erforderlich, weil die bisherigen Erfahrungen zeigten, dass freiwillige Angebote nicht ausreichend wahrgenommen würden. Allerdings sollen diese
Im abschließenden Beratungsdurchgang wurden zu den §§ 59, 63 und 114 noch Empfehlungen beschlossen, die zugleich klarstellen, inwieweit ein Wahlrecht der Erziehungsberechtigten hinsichtlich der Förderstufe besteht. Danach können die Eltern grundsätzlich zwischen verschiedenen Förderstufen wählen. Allerdings sollen die Schulträger in § 63 Abs. 4 die Möglichkeit bekommen, dieses Wahlrecht durch die Festlegung von Schulbezirken einzuschränken. Stattdessen können sie, wenn die Aufnahmekapazität der Schule überschritten wird, auch nach § 59 a Aufnahmebeschränkungen anordnen. In diesem Fall findet ein Losverfahren statt, das durch Verordnung näher geregelt wird. Der Ausschuss empfiehlt hier eine Ergänzung der Ermächtigung, um den gemeinsamen Schulbesuch von Geschwisterkindern zu ermöglichen. Zu § 114 soll mit einer Ergänzung klargestellt werden, dass die Schulträger die Mehrkosten, die sich aus der Wahl einer Förderstufe an einer anderen Schulform ergeben, zu übernehmen haben.
Während die Ausschussmitglieder der CDUFraktion diesen Regelungszusammenhang so würdigten, dass von einem freien Willen der Eltern keine Rede sein könne, verwiesen Vertreterinnen und Vertreter des Kultusministeriums und der SPD-Fraktion darauf, dass die Schulträger nicht gezwungen seien, von den Einschränkungen des Elternwahlrechts Gebrauch zu machen und dies nach Möglichkeit auch zu vermeiden suchen würden.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss zu § 106 eine weitere Ergänzung, wonach der Schulträger das Interesse der Elternschaft an neuen schulischen Angeboten unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit ermitteln soll. Dagegen wandten die Vertreterinnen und Vertreter der CDU-Fraktion ein, dass derartige Ermittlungen lediglich unerfüllbare Wünsche wecken und damit unnötigen politischen Druck auf die kommunalen Entscheidungsträger auslösen würden. Die Vertreter des Kultusministeriums wiesen demgegenüber auf Einzelfälle hin, in denen Schulträger vorschnell ihre Leistungsunfähigkeit geltend gemacht hätten.
Die Übergangsvorschriften der §§ 184 bis 189 wurden vom Ausschuss erheblich überarbeitet und ergänzt, um Auslegungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der vorgesehenen Reform nach Möglichkeit auszuschließen.
Abschließend möchte ich noch auf den neu vorgeschlagenen Artikel 6/1 hinweisen, mit dem der Landtag einer Änderung der Durchführungsvereinbarung zum Konkordat zustimmen soll. Diese am 4. und 5. Juni 2002 unterzeichnete - Übereinkunft ist erforderlich, um die Konkordatsbestimmungen mit den zu § 154 des Schulgesetzes vorgeschlagenen Änderungen hinsichtlich der Schuljahrgänge 5 und 6 abzustimmen.
Zu dem zweiten Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf - nämlich demjenigen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - empfiehlt der Kultusausschuss die Ablehnung. Den darin enthaltenen Vorschlag, die Orientierungsstufe durch eine Verlängerung der Grundschulzeit um zwei Jahre abzulösen, habe ich oben bereits erwähnt. Im Übrigen betreffen die Regelungsvorschläge im Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen zwei Schwerpunkte. Der Erste liegt bei der integrativen Erziehung von behinderten und nicht behinderten Kindern und der Zweite bei der Ausweitung der elterlichen Mitbestimmung an Schulen. Hierzu erklärte ein Vertreter der SPDFraktion, dass über diese Fragen im Zusammenhang mit einer größeren Schulgesetznovelle diskutiert und entschieden werden solle, die für die nächste Wahlperiode geplant sei. Der vorliegende Gesetzentwurf solle mit diesen Fragen nicht belastet werden.
Zu den zahlreichen Eingaben, die zu dem Gesetzentwurf eingegangen und in die Beratungen einbezogen worden sind, schlägt der Ausschuss vor, diese wie üblich für erledigt zu erklären.
Abschließend bitte ich Sie im Namen des Kultusausschusses um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung und damit auch zu dem anliegenden Staatsvertrag.
Meine Damen und Herren, wir nehmen jetzt die Beratung auf. Als Erster hat sich der Kollege Plaue gemeldet.
dass sie alle Bildungschancen bekommen, um in einer Welt bestehen zu können, in der die Verwirklichung der persönlichen Lebensziele immer mehr vom Wissen abhängt. Der Zugang zu den Bildungschancen und die Qualität unserer Bildungsangebote - das ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts.
Meine Damen und Herren, mit diesen beiden Sätzen hat der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Gerhard Schröder, gestern die Bildungsdebatte im Deutschen Bundestag begonnen. Sie umschreiben die Aufgabe, vor der wir stehen und die eine verantwortungsbewusste Politik lösen muss. Wir müssen uns entscheiden, wie wir den Ideenwettbewerb über den richtigen Weg, die besseren Konzepte ausrichten wollen. Soll es ein an der Sache orientierter Streit oder Wettstreit sein oder ein mit militärischem Kampfgeschrei garnierter Feldzug gegen den anderen? Ich bin davon überzeugt, dass dieses Thema viel zu wichtig ist, als dass wir es in dem üblichen Wahlkampfgerassel untergehen lassen dürfen. Hier gehört Sachlichkeit her, meine Damen und Herren!
Der Entwurf unseres Schulgesetzes, das wir heute beschließen werden, hat einen langen Vorlauf. Wir haben Grundzüge und Ideenskizzen in einem intensiven Dialog mit allen Beteiligten im Bildungsbereich besprochen. Wir haben uns neue Anregungen geholt und sind dabei zu neuen Erkenntnissen gelangt. Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Ausbilderinnen und Ausbilder, Gewerkschaften und Arbeitgeber und nicht zuletzt auch die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik haben sich schon vor der Einbringung des Gesetzentwurfes und während der Ausschussberatung an diesem Diskussionsprozess sehr intensiv beteiligt. Dafür möchte ich im Namen meiner Fraktion allen herzlich danken.
Wir haben deutlich gemacht, dass wir unsere Vorstellungen nicht für zementiert und unverrückbar halten. Wir haben den Dialog gesucht und bis zuletzt einen möglichst breiten Konsens gesucht. Für uns stand Qualität im Vordergrund. Wir waren und sind nicht betonköpfig genug, um nur stur in eine Richtung zu blicken.
Wenn ich mich bei denen bedankt habe, die sich an dem Dialogprozess beteiligt haben, dann tue ich dies ausdrücklich auch bei all denen, die uns Anregungen gegeben haben und deren Anregungen wir, wie wir meinen, aus guten Gründen nicht folgen konnten oder nicht gefolgt sind.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens ist für uns die Arbeit aber nicht abgeschlossen. Der Dialog ist nicht beendet. Wir setzen mit diesem Gesetz einen Rahmen, in dem es jetzt um Inhalte von Schule geht. Es geht um die Frage, was in der Schule passiert, wer Wissen vermittelt, wie Wissen vermittelt wird und wie Kompetenz gelehrt wird. Fachliche und soziale Kompetenz, dies sind Parameter, die für uns unverrückbar zusammengehören.
Ich möchte alle diejenigen, die ich genannt habe, aufrufen, sich an der Lösung dieser Probleme so zu beteiligen, dass man nicht jeweils mit dem Finger auf den anderen zeigt. Dieser Dialog muss offen und fair sein. Wir jedenfalls wollen ihn so führen.
Meine Damen und Herren, für meine Fraktion darf die Bildungsreform bei der Veränderung von Schulstrukturen nicht halt machen. Unser Konzept zieht nicht nur den Rahmen, sondern es greift tiefer. Wir sichern die Unterrichtsversorgung. Wir sorgen für die Früherziehung in unseren Kindergärten. Wir stärken unsere Grundschulen. Wir organisieren ganztägige Schulangebote und Ganzheitlichkeit. Wir wollen fördern, statt frühzeitig zu sortieren. Wir wollen besondere Begabungen unterstützen. Wir wollen mehr Durchlässigkeit durch Zusammenarbeit schaffen. Wir setzen auf gemeinsames Verantworten von Eltern und von Lehrern. Wir wollen unserer Lehrerinnen und Lehrer bei ihrer Arbeit unterstützen. Und, meine Damen und Herren, wir setzen auf mehr Selbständigkeit in den Schulen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beratungen in den Fachausschüssen, insbesondere im Kultusausschuss, haben gezeigt, dass unser Ansatz von den Verbänden überwiegend geteilt wird.
(Beifall bei der SPD - Lebhafter Wi- derspruch bei der CDU und bei den GRÜNEN - Frau Harms [GRÜNE]. Waren Sie bei einer anderen Anhö- rung?)
- Meine Damen und Herren, hören Sie doch zu! Die Sprachförderung im vorschulischen und schulischen Bereich: akzeptiert! Die Möglichkeit für Grundschulen, die erste und zweite Klasse als Eingangsstufe zu führen: akzeptiert! Die Förderpläne für jedes einzelne Kind: akzeptiert! Mehr Kooperation der Schulformen untereinander und miteinander: akzeptiert! Die Stärkung der Elternrechte nicht nur bei der Schullaufbahnentscheidung des eigenen Kindes: akzeptiert! Die weiteren Möglichkeiten, so das Abitur nach zwölf Jahren zu absolvieren: akzeptiert!
Die Neuregelung zum Fach „Werte und Normen“: akzeptiert! Die Neuregelung der Finanzhilfe: akzeptiert! Der Ausbau des gymnasialen Angebots in der Fläche: akzeptiert! Mehr als 90 % sind akzeptiert, meine Damen und Herren!
Was sich schon seit mehreren Monaten abgezeichnet hat, wird nunmehr deutlich: Die Menschen können sehen, wie sich die Parteien in Niedersachsen zur Schulpolitik positionieren.
Die Grünen setzen das Konzept einer sechsjährigen Grundschule dagegen. Ich will mich mit den pädagogischen Bedenken gegen dieses Modell heute nicht auseinander setzen.
Fakt ist, dass das Modell der Grünen im ländlichen Raum entweder nicht finanzierbar ist, weil wir die Fachlehrer nicht bezahlen können, oder zu einer massenweisen Schließung von kleinen Grundschulen führen würde. Das wollen wir nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Aber ich akzeptiere und erkenne ausdrücklich an, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wenigstens ein Alternativkonzept in die Diskussion im Landtag eingebracht hat. Die Kraft hatte die größere der beiden Oppositionsparteien nicht; auf deren Gegenentwurf warten wir hier im Parlament heute noch. Das ist beschämend, meine Damen und Herren!
So bleibt es denn dabei: Die CDU-Fraktion will das dreigegliederte Schulsystem, sie will trennen und nicht zusammenarbeiten, sie will sortieren und nicht gemeinsam lernen. Das Konzept der CDUFraktion ist das Konzept der 50er-Jahre. Auch hier gilt: Es ist nicht nur pädagogisch, sondern auch finanziell unverantwortbar. Wir werden dies nicht mitmachen!