Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Inselmann, Sie werden verstehen, dass wir eine etwas andere Sichtweise zu manchen Dingen haben.
Sie haben selber zugegeben, dass es große Probleme gegeben hat. In der Begründung dieses Gesetzentwurfes steht noch der Hinweis, wonach eine unnötige und ungleiche Behandlung von Kommunen und Wirtschaft vermieden werden soll. Mit der vorgelegten Beschlussempfehlung ist das allerdings gründlich daneben gegangen.
- Die Beispiele nenne ich. - Ich will Ihnen zubilligen, dass Sie zu Beginn der Beratungen noch an Ihre eigenen Vorgaben geglaubt haben. Aber dann haben Sie anscheinend den Überblick verloren, und herausgekommen ist das Gegenteil.
(Frau Steiner [GRÜNE]: Ich kenne nur eine Fraktion, die in den Beratun- gen den Überblick verloren hat! Die kann ich Ihnen nennen!)
Herr Inselmann, dieses Gesetz - da waren wir uns alle einig - ist eine einzigartige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Behörden, für Gutachter und für Juristen.
- Darauf komme ich gleich. - Anstatt das nach der EU-Vorgabe oder nach dem Bundesrecht Notwendige abzuarbeiten, wird das Gesetz zu einer echten Belastung für die niedersächsische Wirtschaft. Der mögliche Gestaltungsspielraum, den wir gehabt hätten, wurde nicht ausgenutzt. Andere Bundesländer dagegen regeln nur das, was notwendigerweise zu regeln ist.
- Ihr Gesetz ist auch noch ein Entwurf - gegenüber Niedersachsen einen Wettbewerbsvorteil. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: In § 3/1 Abs. 3 steht:
„Hängt die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei einem in der Anlage 1 mit ‚X‘ gekennzeichneten Vorhaben“
„nicht vom Erreichen eines Größenoder Leistungswertes ab, so ist auch bei jeder wesentlichen Änderung dieses Vorhabens eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.“
Das heißt im Klartext: Bei allen sonstigen wesentlichen Änderungen wird die Umweltverträglichkeitsprüfung zur Pflichtveranstaltung - auch bei Änderungen, die dem Umweltschutz und der Umwelt dienen sollen. Jeder gutwillige Investor wird sich doch fragen, ob er überhaupt investieren soll. Er wird dann darauf verzichten, und zwar nur, um dem bürokratischen Aufwand der UVP zu entkommen.
Deshalb haben wir in den Beratungen empfohlen, „wesentliche Änderungen“ durch „wesentliche nachteilige Änderungen“ zu ersetzen. So steht es auch in der EU-Vorgabe, und darauf haben Sie
gesattelt, Herr Inselmann. Die Pflicht der Durchführung einer UVP sollte sich zweckmäßigerweise nur auf die nachteiligen Änderungen beschränken.
„Die für die Entscheidungen zuständigen Behörden haben auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung“
„nach § 11 UVPG eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens vorzunehmen und diese nach § 12 UVPG bei den Entscheidungen zu berücksichtigen. Die federführende Behörde hat das Zusammenwirken der Behörden sicherzustellen.“
Genau diese Gesamtbewertung ist bei der EU-Vorgabe nicht vorgesehen. Sie dient nicht der Umwelt, sondern sie belastet die Wirtschaft und schafft unnötige Bürokratie. So eine Gesamtbewertung ist ohne externe Gutachter gar nicht zu leisten. Darüber hinaus wird nicht geregelt, wie den Kommunen der zusätzliche Aufwand erstattet werden soll. Sie haben ebenfalls keine Kostenabwägung vorgenommen, wozu Sie vom Gesetzgeber aufgefordert sind.
Ich möchte Ihnen ein weiteres Beispiel für unangemessene Regelungswut nennen: Das Gesetz ergänzt den § 28 - das haben Sie eben auch gesagt - des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes materiell um den Begriff des artenreichen mesophilen Grünlandes. Unabhängig davon, dass wir im Ausschuss sehr viel Zeit brauchten, um festzustellen, was artenreiches mesophiles Grünland ist, wird auch hier Europa vorgeschoben, um in Niedersachsen wieder darauf zu satteln und das Naturschutzgesetz zu erweitern. Auch das lehnen wir ab.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie haben einen kleinen Eindruck davon bekommen, welche Leidensfähigkeit derjenige im Ausschuss mitbringen musste, der diesen Beratungen gutwillig folgen wollte.
Während der Beratungen ist allerdings unsere Achtung vor dem GBD enorm gestiegen. Frau Dr. Hartwig und Herr Dr. Wefelmeier haben uns immer mit großer Sachkunde und Hilfsbereitschaft begleitet. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich.
Der GBD hat sich sehr bemüht, die teilweise willkürlichen und auch widersprüchlichen Vorgaben in eine lesbare und bedingt nachvollziehbare Fassung zu bringen. Herr Inselmann, Sie haben eben gefragt, was die CDU-Fraktion denn will. Das Gesetz ist doch noch unter der Kohl-Regierung beschlossen worden. Helmut Kohl hat es unterschrieben, und was Helmut Kohl unterschrieben hat, kann doch eine CDU-Landtagsfraktion gar nicht ablehnen. So haben Sie es gesagt. - Das ist wohl wahr.
- Das haben Sie im Ausschuss gesagt. - Zunächst einmal haben Helmut Kohl und Klaus Töpfer auf europäischer Ebene sehr vorausschauend etwas für die Umwelt getan. Das müssen wir alle zugeben.
Weder Helmut Kohl noch Klaus Töpfer hatten damals die Fantasie, um sich auszumalen, was die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag aus diesem Gesetz machen würde - immer nur darauf zu satteln und es zu verschärfen.
(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD - Plaue [SPD]: Herr Kohl hat seine Fantasie für andere Aktivitäten genutzt!)
Meine Damen und Herren, die Menschen sind inzwischen sehr offen für den Schutz von Umwelt und Natur geworden. Das praktizieren die Bauern beispielsweise schon seit vielen Jahrhunderten. Sie arbeiten nachhaltig, und zwar ohne BImSchG, UVP, IVU und Naturschutzgesetz.
- Kleine Einschränkungen. - Wenn das nicht seit Generationen so gewesen wäre, dann gäbe es heute keine Landschaften, die Sie schützen könnten und die schützenswert sind.
Aber die Menschen müssen den Sinn und den Wortlaut eines Gesetzes verstehen können. Sie müssen verstehen, was sie beachten und ausführen sollen. Ihr Gesetzeswerk, Herr Inselmann, ist in weiten Teilen absolut unverständlich und nicht nachzuvollziehen. Selbst der GBD hat eingeräumt, dass die Vermittelbarkeit an Grenzen stößt.
Man könnte fragen, wie das die anderen Mitgliedstaaten umsetzen. Danach haben wir uns erkundigt. Es gibt Mitgliedstaaten in der EU, die die Richtlinien Wort für Wort und Punkt für Punkt genau umsetzen, sie dann in die unterste Schublade schieben und sich nicht daran halten. Das nennt man die „sizilianische Lösung“. Die wollen wir nicht.
(Inselmann [SPD]: Ich denke, Sie sind in der Tradition von Klaus Töpfer! Dann können Sie das doch nicht wol- len!)
Genau da setzt unsere Verantwortung ein. Deswegen haben wir uns in den Ausschussberatungen mit Verbesserungsvorschlägen bemüht, den allergröbsten Unfug zu verhindern. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften zum Umweltschutz bewegen wir uns allerdings genau in die falsche Richtung. Dieser Gesetzentwurf dient nicht der Umwelt. Er schafft Bürokratismus und gängelt das Handwerk und den Mittelstand. Deswegen lehnen wir ihn ab.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Gesetz zur Umsetzung der UVP-Richtlinie in Niedersachsen ist überfällig. Es musste unter großem Zeitdruck beraten werden, da die Fristen zur Umsetzung der EU-Richtlinie auf Bundes- und Landesebene bereits abgelaufen waren. Geschuldet ist dies den Versäumnissen der Kohl-Regierung,