Protokoll der Sitzung vom 30.08.2002

Bezogen auf die Aussage des Bundesamtes für Verfassungsschutz verstehe ich Bayern und Niedersachsen nicht. Diese Achse hat noch nie etwas Positives in der Innenpolitik hervorgebracht, letztendlich war es immer nur peinlich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz erneut deutlich sagt, es gibt bei Milli Görüs nicht den geringsten Ansatz, dass in irgendeiner Weise gewaltorientiert gearbeitet wird, dann sollte man in diesem Fall den Weg des Dialoges und der Integration gehen.

Frau Stokar von Neuforn, kommen Sie bitte zum Schluss.

Sie alle wissen doch ganz genau, dass man 30 000 Mitglieder eines religiösen Vereins nicht aus Deutschland ausweisen kann. Also hören Sie beide mit diesem unsinnigen Populismus auf. Es gibt in Deutschland und in Niedersachsen andere Organisationen mit einer Gewaltorientierung, bei denen wir schon genug Probleme damit haben, Verbotsanträge beweiskräftig zu machen. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung zu den drei Tagesordnungspunkten.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es ist beantragt worden, mit dem Punkt 43 „Stärkung der europäischen Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung“ nicht, wie ursprünglich im Ältestenrat vorgesehen, den Ausschuss für Rechtsund Verfassungsfragen federführend zu beauftragen, sondern den Ausschuss für innere Verwaltung. Ich lasse zunächst über diesen Punkt abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen. Die Mitberatung soll im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten erfolgen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Zu Tagesordnungspunkt 44 soll die Federführung des Antrages dem Ausschuss für innere Verwaltung übertragen werden, und die Mitberatung soll im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen erfolgen. Ich lasse darüber abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Der Antrag zu Punkt 45 soll federführend im Ausschuss für innere Verwaltung und mitberatend im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen behandelt werden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 46: Erste Beratung: Missbilligung des Niedersächsischen Finanzministers: Unprofessionelle Vorbereitung und unzureichende Unterrichtung des Landtages beim Verkauf „Schloss Ringelheim“ - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3607

Das Wort hat der Kollege Eppers.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Landtagssitzung hatten wir das Thema „Verkauf Schloss Ringelheim und seine Zukunft“ schon einmal auf der Tagesordnung.

(Wegner [SPD]: Herr Eppers, mit die- sem Thema haben Sie kein Glück!)

- Herr Wegner! - Ich bin sehr enttäuscht - ich lasse Parteipolitik beiseite -, dass wir gezwungen sind, heute noch einmal über die Umstände zu reden, die zu dem Verkauf des landeseigenen Schlosses geführt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren haben wir mehrfach hart um Ringelheim gerungen und - wie sich das für Mehrheitsund Minderheitsfraktionen gehört - unterschiedliche Positionen vertreten. Viele Bemühungen, das Schloss einer positiven und sinnvollen Nutzung zuzuführen, sind letzten Endes gescheitert. Sie sind gescheitert, weil erstens die möglichen Käufer und Investoren unseriös waren und nicht über die notwendige finanzielle Bonität verfügt haben. Zweitens hat der Nutzungszweck dem Anspruch der öffentlichen Nutzung in Ringelheim, also in Salzgitter, entgegengestanden.

Wir haben immer wieder deutlich gemacht - ich gehe nicht mehr im Einzelnen darauf ein -, Herr Finanzminister: Auch vor dem Hintergrund der schwierigen Finanzlage des Landes ist eine Sanierung der Schlossanlage - eine positive Perspektive - nur durch eine Privatisierung, also durch den Verkauf, möglich. Wir haben Ihnen Recht gegeben und gesagt, 160 000 Euro Unterhaltungskosten im Jahr sind für das Land an der Stelle auf Dauer nicht hinzunehmen. Wir haben auch gesagt, bei einem

Preis von 256 000 Euro für das Gesamtareal - es ist sehr groß; auch wenn man das Schloss selbst nicht angreift, kann man noch viel mehr an Verwertung über Bauplatzverkauf erzielen - können wir akzeptieren, wenn zwei Dinge ausreichend und zuverlässig überprüft sind: erstens die Seriosität des Investors - die Bonität - und zweitens ein Nutzungszweck, der den Minimalforderungen der Ringelheimer Bevölkerung und der Stadt Salzgitter entspricht. Das waren die Voraussetzungen, unter denen die CDU-Landtagsfraktion dem Verkauf in der letzten Sitzung des Landtages zugestimmt hat.

Meine Kollegen im Haushaltsausschuss - das habe ich an dieser Stelle auch schon thematisiert - haben mehrfach nachgefragt, ob der Käufer - der Investor - seriös ist und ob der Nutzungszweck, den Sie angegeben haben, abgesichert ist. An der Stelle muss ich darauf verweisen, dass Sie in der Tabellenvorlage für die Ausschussberatung für den Landtag in der Spalte 6 ausgewiesen haben: Erwerb und Herrichtung für den Investor Kempinski als 5-Sterne-Hotelanlage mit Wellness-Center. Ich habe das mehrfach thematisiert, und Ihr Haus hat das bestätigt.

(Möllring [CDU]: Klare Lüge!)

Unsere Verfassung - das ist ein Allgemeinplatz, ich möchte aber daran erinnern - schreibt ja nicht ohne Grund vor - dabei hat sich einmal jemand etwas gedacht -, dass das Parlament über die Verwendung von Landesvermögen zu entscheiden hat. Bei der Umsetzung ist das Parlament - jeder einzelne Abgeordnete von uns - aber natürlich darauf angewiesen, dass die Exekutive - also in diesem Fall das Finanzministerium - den Abgeordneten jede erdenkliche Information zur Verfügung stellt, damit wir zwischen dem finanziellen Interesse des Landes und dem öffentlichen Interesse vor Ort abwägen können. Wir haben uns auf Ihre Informationen verlassen. Leider waren wir, was Schloss Ringelheim betrifft, danach - wie man der Presse entnehmen durfte - ganz verlassen.

Kurze Zeit nach Zustimmung des Landtages zum Grundstücksgeschäft und Wirksamwerden des Kaufvertrages hat sich herausgestellt, dass der Investor, die Vetter AG, aus neun Tochtergesellschaften besteht, von denen mindestens sechs in einem Insolvenzverfahren stecken. Nachdem das öffentlich geworden ist, haben uns zahlreiche Handwerksbetriebe aus den neuen Ländern und aus dem Harz angerufen und gesagt: Wie konntet ihr das denn machen, der hat uns vorgeführt. Diese

Firma hat also Dutzende von Handwerksbetrieben vorgeführt, sie wurden nicht bezahlt. Sie gehen auch in die Pleite, weil im Bauträgergeschäft zum Teil viele unseriöse Firmen mit solchen Schachtelgeschäften unterwegs sind. Das sieht hier auch so aus.

Das Schlimmste an der ganzen Sache kommt noch: Nach dem Beschluss des Landtages lässt die Kempinski-Gruppe erklären, dass es einen sehr oberflächlichen Schriftverkehr gegeben hat, dass aber ein ernsthaftes Interesse, aus Schloss Ringelheim die von Ihnen angegebene Hotelanlage zu machen, zurzeit nicht besteht. Gerade bei der Vorgeschichte Schloss Ringelheims, bei den vielen gescheiterten Bemühungen, das Schloss zu privatisieren, muss ich jetzt unterstellen, dass Sie aus all diesen negativen Erfahrungen nicht gelernt haben.

(Wegner [SPD]: Sie haben nichts ge- lernt, das ist der Punkt!)

- Herr Wegner, Sie scheinen nicht zuzuhören. Fakt ist das, was Kempinski gesagt hat: Was in der Vorlage stand, ist nicht so. Fakt ist auch, dass der Investor sechs Unternehmen hat in die Pleite rauschen lassen, um Handwerkerrechnungen nicht bezahlen zu müssen. Was ist denn das für eine Botschaft, die das Land Niedersachsen in die mittelständische Wirtschaft, in das Handwerk sendet? Wie können wir, wenn wir damit so umgehen - das ist dieser Tage diskutiert worden -, anderen überhaupt noch ein Vorbild dafür sein, wie man mit Landesvermögen bzw. Eigentum umgeht? Herr Gabriel hat - aus meiner Sicht zu Recht - gesagt: Eigentum verpflichtet. - Das Eigentum verpflichtet in diesem Fall auch die öffentliche Hand, das Land Niedersachsen, mit einem derartigen Besitz verantwortungsvoll umzugehen. Genau das haben Sie nicht getan!

(Beifall bei der CDU)

Sie haben damit auch Ihre Zusagen, die Sie dem Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter gegeben haben, gebrochen. Sie haben vor zwei Jahren durch Ihren Staatssekretär Ebisch erklärt, dass man die Anforderungen der Stadt Salzgitter hinsichtlich Investor, Seriosität und Nutzungszweck erfüllen wird. Aber Sie haben nach der Devise gehandelt: Verkaufen ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei haben Sie sogar - bewusst oder unbewusst; ich vermute fast, es ist das Erste - in Kauf genommen, Ausschuss und Parlament zu täuschen, um eine Zustimmung hierfür zu bekommen, die Sie von der

CDU-Fraktion niemals bekommen hätten, wenn Sie uns die Wahrheit über Investor und Nutzungszweck gesagt hätten. Dies, liebe Freunde, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir missbilligen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich ein Letztes sagen. Wir kommen ja aus dem gesamten Land Niedersachsen.

(Inselmann [SPD]: Das ist eine gute Erkenntnis!)

Ich habe bereits gesagt, dass Schloss Ringelheim schon oft auf der Tagesordnung stand. Ich rate allen, einmal dorthin zu fahren. Es ist noch eine herrliche, wenn auch sanierungsbedürftige Schloss- und Parkanlage.

Aber das allein kann nicht der Grund sein, der uns heute als Parlament besonders nachdenklich machen sollte. Das Kabinett hat aufgrund der Finanzlage des Landes beschlossen, in großem Umfang Immobilienbesitz zu veräußern, um einen Sanierungsbeitrag zu erzielen. Wenn ich mir vorstelle, Herr Minister Aller, dass Ihr Apparat in den Fällen, die jetzt noch anstehen, genauso schludrig arbeitet wie bei Schloss Ringelheim, dann wird mir angst und bange; denn dann haben wir die Diskussion über den Umgang mit Landesvermögen nicht nur in der Stadt Salzgitter und in der Ortschaft Ringelheim. Wenn die Schludrigkeiten so fortgesetzt werden, dann haben wir die Diskussion in vielen Wahlkreisen.

Ich möchte an dieser Stelle - das wird ja noch im Ausschuss behandelt werden - einmal an Sie appellieren - da Sie die politische Verantwortung tragen, wobei ich davon ausgehe, dass Sie die Verhandlungen nicht persönlich geführt haben -, dafür Sorge zu tragen, dass das, was wir in Bezug auf die Liegenschaftsverwaltung in Niedersachsen - es gibt da viele Unstimmigkeiten zwischen Bezirksregierung und Ihrem Haus - endlich ein Liegenschaftsmanagement bekommen, das seinen Namen auch verdient, und dass dadurch solche groben Schnitzer und Fehler auf Dauer ausgeschlossen werden. Das wäre der einzige positive Punkt, den ich hier sehe.

Leider haben Sie - darauf hat Herr Möllring hingewiesen - bei Schloss Ringelheim auf das Rückkaufsrecht verzichtet. Wir hatten, nachdem erste Zweifel aufgekommen sind, gesagt: Verhandelt nach. Verzichtet nicht auf das Rückkaufsrecht.

Lasst das ein halbes Jahr im Grundbuch stehen, um zu sehen, was das überhaupt für ein Investor ist und ob alles so kommt, wie er es angegeben hat. Auch das haben Sie nicht getan. Insofern hatte die CDU-Landtagsfraktion keine andere Möglichkeit, als dieses Verhalten des Ministers und seines Apparates in Form eines Missbilligungsantrages zu kritisieren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Aller hat das Wort.

Herr Kollege Eppers, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie eben ein Kaufangebot über 256 000 Euro plus einen Euro an den jetzigen Besitzer des Grundstückes abgegeben. Das wäre die Konsequenz aus der flammenden Rede, die Sie eben gehalten haben. Dann haben Sie volle Verfügungsgewalt über das Grundstück, und Sie können Schloss Ringelheim entwickeln, wie Sie wollen. Sie können dann auch alles das, was Sie in Salzgitter erzählen, der staunenden Bevölkerung darstellen. Sie müssen nur das Geld dafür aufbringen. Das ist der entscheidende Punkt.

Ihre Diskussion zulasten Dritter, zulasten des Landeshaushalts und zulasten derer, die jetzt im Besitz des Grundstückes sind, zeigt die ganze Scheinheiligkeit der Veranstaltung, die Sie hier machen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben dem Verkauf zugestimmt, weil Sie gegen das Argument nicht gegenhalten konnten, dass das Land jährlich 160 000 Euro für Versicherung, Heizung und Pflege der zunehmend verfallenden Bauruine aufwenden muss, ohne dass überhaupt eine Perspektive bestand, das Grundstück bzw. die Liegenschaft irgendwann zu verkaufen.

(Frau Goede [SPD]: Genau so ist es!)

Wir haben inzwischen mehr als eine Million DM bzw. in Euro umgerechnet entsprechend viel Geld ausgegeben, um das nicht veräußerbare Grundstück mit dem Gebäude wenigstens so weit instand zu halten, dass überhaupt noch ein Interesse organisierbar war. - Das ist der eine Punkt.

(Eppers [CDU]: Eigentum verpflich- tet!)

Zweiter Punkt. Sie unterstellen hier dauernd, es sei mit Absicht eine falsche Darstellung gegeben worden. Ich kann wirklich nichts dazu, dass Sie Texte, die länger als eine Seite sind, nicht lesen können

(Möllring [CDU]: Das ist eine Unver- schämtheit! - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

und dass Sie Probleme mit der Wahrnehmung der Formulierung „es besteht die Absicht“ haben. „Die Absicht“ heißt nicht, dass es einen rechtsverbindlichen Vertrag gibt. Das ist auch deutlich gemacht worden.

(Zuruf von Möllring [CDU])