dass dieser Schritt keinerlei zusätzliche Sicherheit bringen, sondern nur zu mehr Rechtsunsicherheit und mehr Prozessen vor den Verwaltungsgerichten führen würde.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, für gewöhnlich regen Sie sich über zu viele Vorschriften in Niedersachsen auf. Nun aber wollen Sie den Kommunen die Möglichkeit geben, Sachen, die das Land längst geregelt hat, in so genannten Gefahrenabwehrverordnungen noch einmal zu regeln. Ich empfehle Ihnen, Kollege Schünemann, daher die Lektüre des vom Innenministerium gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden herausgegebenen Wegweisers zu diesem Thema.
Aber weiter in Ihrem Aktionsprogramm: Sie wollen - jetzt wird es für mich strafrechtlich höchst bedenklich -, dass in Zukunft aus Anlass jedweder Straftat die Anordnung einer DNA-Analyse zulässig ist, sofern von dem Täter schwere Straftaten zu befürchten sind.
Wie Sie wissen, können DNA-Anlaysen schon jetzt vorgenommen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich bei der Anlasstat um eine schwere Straftat handelt. Wir wollen den Katalog der Anlasstaten, wie Sie wissen, auf alle Sexualdelikte ausweiten. Ein Grund ist nahe liegend: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass jemand, der als Exhibitionist auffällt, später einmal schwerere Sexualdelikte begeht.
- Regen Sie sich nicht so auf, Herr Biallas. Sie haben gar keine Ahnung davon. - Da gehen unsere Meinungen überhaupt nicht auseinander, wohl aber, wenn Sie künftig jedem Schwarzfahrer oder wegen Trunkenheit am Steuer belangtem Bürger eine DNA-Analyse abverlangen wollen.
In der Neuen Presse, meine Damen und Herren, stand kürzlich ein sehr treffender Kommentar zu diesem von Ihnen, Herr Schünemann, gemachten absurden Vorschlag, den Sie entweder nicht gelesen haben oder nicht lesen wollten. Ich zitiere:
„Die Vorschläge der CDU, zu denen auch vorbeugende Telefonüberwachungen und Videokontrollen gehören, sind ein Weg in den Polizeistaat und ein kalkuliertes Spiel mit Ängsten und Sorgen der Wähler. Schill lässt grüßen.“
Herr Schünemann, wenn Sie schon die Presse nicht wahrnehmen wollen, dann sollten Sie sich zur Angewohnheit machen, wenigstens hin und wieder in die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu schauen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im April letzten Jahres klargestellt, dass es
verfassungsrechtlich schlichtweg nicht möglich ist, die Daten von jedem Straftäter aufzunehmen, so wie Sie es fordern.
Sie wollen den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Gewalt- und Sexualstraftätern erhöhen. Das wollen wir auch; ich sagte es bereits. Der Bund hat erst vor ein paar Monaten die nachträgliche Sicherungsverwahrung in der Form der Vorbehaltslösung eingeführt.
Meine Damen und Herren, wir sollten uns davor hüten, das Strafrecht für eine Politik des Unschädlichmachens zu missbrauchen. Mit derartigen Gedankengängen haben wir keine guten Erfahrungen gemacht.
Ihr zweifelhafter Forderungskatalog ist immer noch nicht zu Ende. Sie wollen die geschlossene Heimunterbringung für hochgradig gefährdete Kinder und Jugendliche ermöglichen und verschweigen dabei, dass eine solche Unterbringung bereits heute selbstverständlich möglich ist und auch durchgeführt wird.
Meine Damen und Herren, ich habe mir einmal die Mühe gemacht, das Aktionsprogramm der CDUFraktion sorgfältig zu überarbeiten.
Dabei habe ich all die Punkte herausgestrichen, meine Damen und Herren, die entweder einen bedenklich leichtfertigen Umgang mit der Wahrheit erkennen lassen oder die ignorieren, dass eine gesetzliche Regelung bereits erfolgt ist oder unmittelbar bevorsteht.
- Herr Biallas, ich muss Ihnen einmal sagen: Wenn Sie auch in Ihrer Kirche solche Äußerungen machen, wie Sie sie hier verlauten lassen, die zum Teil beleidigend sind, dann tut mir Ihre Gemeinde Leid.
Meine Damen und Herren, ich habe schließlich die Punkte gestrichen, die eigentlich ganz sinnvoll sind, aber für die jeglicher Finanzierungsvorschlag fehlt. An den Stellen, an denen Sie die Tatsachen ausnahmsweise nur leicht verdreht haben, habe ich mich um Richtigstellung bemüht. Von Ihren drei Seiten ist nur der folgende Entschließungstext übrig geblieben, den ich Ihnen nicht vorenthalten will. Er müsste eigentlich folgendermaßen heißen. „Der Landtag stellt fest: Nach zwölf Jahren SPDRegierungszeit hat die innere Sicherheit in Niedersachsen ein Niveau erreicht, das zu Zeiten der CDU-Regierungsverantwortung noch unvorstellbar war.“
„Die Polizeiliche Kriminalstatistik macht deutlich, dass die Aufklärungsquote der Polizei in den letzten beiden Jahren so hoch liegt wie nie zuvor.“
„Gleichzeitig ist die Zahl der Straftaten gerade in solchen Bereichen, für die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung von erheblicher Bedeutung ist, deutlich gesunken.“
Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Das Thema Innen- und Rechtspolitik ist keine Spielwiese, auf der Politiker die Grenzen des Rechtsstaates austesten dürfen. Hier geht es um Grundrechte, um unsere Verfassung und letztlich sogar um den Bestand unserer Demokratie. Lieber Herr Schünemann, wenn z. B. Herr Biallas einer Ihrer großen innenpolitischen Berater ist,
dann habe ich um den Fortbestand Ihrer innenpolitischen Aktivitäten große Sorge. Sie bleiben auch nach dem 2. Februar 2003 das, was Sie jetzt schon sind: ein innenpolitischer Träumer!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alles wird immer schlimmer, und es muss endlich etwas grundlegend Wirksames geschehen. Die Polizei kommt mit dem zunehmenden Verbrechen nicht mehr zurecht. Die Justiz ist lasch; sie lässt die Polizei im Regen stehen. Die Polizei wird durch überflüssige, enge Gesetzesregelungen in ihrer Wirksamkeit gehindert. Kein anständiger Mensch kann sich nachts mehr auf die Straße trauen, ohne Angst zu haben, angepöbelt, überfallen oder gar ermordet zu werden. Keine deutsche Frau kann abends aus dem Haus gehen, vor allen Dingen in Großstädten, wenn sie sicher sein will, einer Vergewaltigung zu entgehen. Schuld daran sind offenbar Alt-68er, Gutmenschen, Bedenkenträger und Jürgen Trittin, schuld sind vor allem die SPD-Fraktion in Hannover und Rot-Grün in Berlin.
(Ontijd [CDU]: Das ist auch so! - Bi- allas [CDU]: Das ist nicht so bestän- dig wie das rot-grüne Chaos!)
Worum handelt es sich? - In der klinischen Psychiatrie, Herr Biallas, hat man für ähnliche Weltbilder ziemlich eindeutige Diagnosen, die ich mit Rücksicht auf die Ordnung dieses Hauses nicht wiederholen will.
In der klinischen Psychiatrie ist kennzeichnend, dass man diesen Menschen leider nicht mit Fakten beikommen kann, weil sie alles, aber auch wirklich alles in dieses geschlossene Weltbild integrieren. Wer das infrage stellt, ist eben Teil dieser Verschwörung.
Sie schreiben in Ihrem Aktionsprogramm - nur als ein Beispiel -: Es ist alarmierend, dass gerade in Bereichen, die den persönlichen Sicherheitsbereich der Bevölkerung besonders betreffen, die Zahl der Straftaten gestiegen ist. - Dann schauen wir einmal in den Bericht über die innere Sicherheit, der sehr detailliert die Sicherheitslage im Land über mehrere Jahre hinweg darstellt. Wenn Sie da einmal hineingeschaut hätten, Herr Kollege Biallas, dann hätten Sie, im Gegensatz zu den Feststellungen in
Der sexuelle Kindesmissbrauch ist seit 1992 rückläufig, die Aufklärungsquote konnte von 65 auf 81 % gesteigert werden. Der Handtaschenraub hat sich von 1993 mit 801 Fällen bis 2001 mit 405 Fällen halbiert. Die Straftaten gegen das Leben sind auf gleich bleibend niedrigem Niveau geblieben, nämlich bei 0,07 %.
Diebstähle aus Wohnungen von 1993 bis 2001 minus 40 %; Wohnungseinbrüche am Tage von 1996 bis 2001 minus 50 %. Die Diebstahlsdelikte insgesamt sind seit 1992 kontinuierlich rückläufig.
Fazit für uns: Niedersachsen ist ganz überwiegend ein sicheres Land. Es gibt, Herr Kollege Biallas, nach wie vor bei uns im Lande Gegenden, in denen Sie tagsüber nicht verschlossene Häuser finden. Niedersachsen ist ein Land, in dem Polizei und Justiz - bei aller Kritik, die man im Einzelfall üben kann - ganz überwiegend gute Arbeit leisten. Die Vorschläge, die Sie in Ihrem Aktionsprogramm vorgelegt haben, von dem ich den Eindruck habe, dass Sie - das ist vielleicht ganz praktisch – Ihr Wahlprogramm als Entschließungsantrag zur inneren Sicherheit dem Landtag vorlegen, machen in der Summe Niedersachsen nicht sicherer, aber unfreier und weniger finanzierbar.