Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

Unsere Fraktion wird die Anregung, die das Internationale Jahr des Ökotourismus gegeben hat, weiterhin offensiv für politische Initiativen nutzen. Ich hoffe, dass alle Fraktionen des Landtages in der großen Einigkeit, die wir heute demonstrieren, diese touristischen Zielen auch weiterhin unterstützen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung und wir können abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen in der Drucksache 3853 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 33: Zweite Beratung: a) Aktionsplan „Zukunft Ländlicher Raum“ - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2297 b) Erfolgreiche Politik für den ländlichen Raum fortsetzen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3370 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr Drs. 14/3854

Der Antrag der Fraktion der CDU wurde in der 74. Sitzung am 15. März 2001 und der Antrag der Fraktion der SPD wurde in der 107. Sitzung am 16. Mai 2002 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile dem Kollegen Schurreit für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Ihrem Antrag, den Sie von der CDU-Fraktion schon am 2. März 2002 gestellt haben, umfassen Sie sämtliche Politikfelder von der Bildung über die Jugend, die Kultur, die Wirtschaft, die Verkehrsinfrastruktur, die Landwirtschaft bis hin zur sozialen Infrastruktur. Es ist also ein umfängliches Papier, ein Warenkatalog, aber ich erkenne keine richtige Struktur.

(Oestmann [CDU]: Was? - Brille put- zen!)

Deshalb haben wir auch mit der Beratung so lange gebraucht.

Sie versuchen mit diesem Entschließungsantrag, den Eindruck zu erwecken, dass es im ländlichen Raum einen großen Nachholbedarf gegenüber den Zentren gibt, was die Lebensqualität, was die Investitionssummen, was die Zukunftsperspektiven betrifft. Sie versuchen damit vorsätzlich die Spaltung dieses Landes in die Reichen und Bevorzugten und in die armen und unbedarften Underdogs in der Fläche. Dies wird Ihnen jedoch nicht gelingen. Ich werde das anhand von Fakten erklären.

Wir haben am 8. Mai dieses Jahres mit unserem Entschließungsantrag die Realität gerade gerückt. Sie konnten sich diesem Antrag bislang leider nicht anschließen, was ich bedauere. Die Mitberatung in den verschiedenen Ausschüssen hat deutlich werden lassen, dass es keinen Unterschied in Bezug auf die Förderung der verschiedenen Maßnahmen in den Ballungszentren oder in den ländlichen Räumen gibt.

(Klare [CDU]: Das kann nicht sein!)

Der ländliche Raum hat von der Quantität der Zuwendungen in den letzten Jahren einen bevorrechtigten Vorteil gehabt.

(Klare [CDU]: Das stimmt doch nicht mit der Aussage Gabriels überein!)

Den Nachweis meiner Aussage zeigt die Expertise der Staatskanzlei, dargestellt in der letzten Wirtschaftsausschusssitzung. Die Fakten sind im Detail nachzulesen. Ich möchte sie hier nicht wiederholen.

(Zustimmung bei der SPD)

Zu einigen zentralen Aussagen: Das Land Niedersachsen hat, um die EXPO 2000 zu einem Erfolg werden zu lassen, vorrangig die verkehrliche Infrastruktur der Stadt und ihres Umlandes realisiert. Dort hinein sind - auch in Absprache mit allen Fraktionen - die Investitionen vorgezogen worden, um den Gästen unserer EXPO 2000 ein funktionierendes Verkehrssystem vorzuzeigen. Das ist trefflich gelungen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir waren uns auch einig, dass nach dieser Phase der EXPO die Verkehrsinvestitionen schwerpunktmäßig in die Fläche fließen sollten. Das haben wir getan. Dennoch möchte ich zusätzlich betonen, dass damals jeder GVFG-Antrag der ländlichen Regionen, der gestellt worden ist, auch in der Phase der Schwerpunktsetzung für das Zent

rum Hannover bedient worden ist. Dem ländlichen Raum ist sozusagen kein Schaden zugefügt worden.

Hierzu möchte ich Ihnen zwei Zahlen nennen, die beispielhaft für den Unwahrheitsgehalt Ihrer Worte sind. Für die EXPO hat das Land in dem Zehnjahreszeitraum der Vorbereitung insgesamt 900 Millionen DM aufgewendet. Demgegenüber standen damals im Bereich der Bezirksregierung Weser-Ems allein 1999 Fördergelder von insgesamt 1,1 Milliarden DM zur Verfügung - für eine Region, eine von vier Bezirksregierungen. Im Übrigen war es Ihre damalige fünfzehnjährige CDU-Regierungspolitik, die die Stilllegung der Bahnstrecken im ländlichen Raum vornahm oder die Poststellen schließen ließ.

(Widerspruch bei der CDU)

Zum einen verschweigen Sie nämlich, dass Ihre Kohl-Regierung in der damaligen Zeit sozusagen durch Privatisierung der Bahn oder auch der Post am Ende die Strukturen aufgebaut hat, die wir alle, die vor allen Dingen Sie in der Konsequenz im ländlichen Raum beklagen.

(Beifall bei der SPD)

Zum anderen beklagen Sie die mangelhafte Anbindung der ländlichen Räume an das Fernstraßennetz, siehe A 14 oder A 39. Es war doch damals Ihre Zuständigkeit, und zwar im Bundesverkehrswegeplan, der nicht ausreichend dotiert gewesen ist

(Zuruf von der CDU: Das habt ihr versäumt!)

und mit dem vorrangig süddeutsche Projekte gefördert wurden. Ich kann nur sagen, dass der Wissmann auf dem norddeutschen Auge ohne Zweifel blind war.

(Beifall bei der SPD)

Wir kehren das heute um. Die Bundesregierung wird den Norden fördern und den jahrelangen Nachholbedarf ausgleichen.

(Zurufe von der CDU)

Der ländliche Raum in Niedersachsen ist heute ein gefragter Lebensraum mit positiver Bevölkerungsentwicklung. Schauen Sie sich um, dann werden Sie feststellen, dass Sie nicht nur eine gesunde

Einwohnerbasis vorfinden, sondern auch eine gut ausgebaute öffentliche und private Infrastruktur.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie Ihren Augen nicht trauen, dann schauen Sie sich die Zahlen an, z. B. klassische ländliche Räume wie Vechta oder Cloppenburg. Rund 30 % Bevölkerungszunahme und rund 50 % Zuwachs an Arbeitskräften haben schließlich eine hohe Aussagekraft

(Zuruf von der CDU: Trotz Ihrer Po- litik!)

und konterkarieren Ihre Behauptungen. Sie verschweigen und ignorieren in Ihren Reden ganz bewusst die wesentlichen Fakten. Sie unterschlagen ganz bewusst die Informationen, die Sie im Plenum und in den Ausschüssen darüber erhalten, welche Mittel in die Regionen des Landes geflossen sind.

In Ihrem Antrag fordern Sie übrigens auch die komplette Grundversorgung des ländlichen Raums mit Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen. Damit verleugnen Sie Ihr schon lange gehegtes Ziel, die Verwaltung zu verschlanken.

Sie verleugnen, dass Sie Ihre Politik mit dem Abbau von Bürokratie und mit Privatisierung finanzieren wollen - siehe das Gerede über die Abschaffung der Bezirksregierungen.

Sie versprechen den Leuten mehr Behörden und öffentliche Einrichtungen, mehr Lehrer und mehr Polizisten, und dann wieder versprechen Sie, dass Sie bei den Versorgungsleistungen des Landes einsparen wollen.

Mit Wahrhaftigkeit hat diese Politik nichts zu tun, höchstens mit Beliebigkeit!

(Beifall bei der SPD)

Zur Wahrhaftigkeit gehört die ganze Wahrheit. Sie aber nennen nicht eine einzige der vielen Maßnahmen für den ländlichen Raum.

Sie verschweigen erstens die Dorferneuerungsprojekte der letzten zwölf Jahre, in denen jeweils 26 Millionen Euro in den ländlichen Raum geflossen sind. Jedes Jahr sind im Durchschnitt 73 Dörfer neu in das Programm aufgenommen worden.

Sie verschweigen zweitens das niedersächsische Programm „Niedersachsen ist am Zug“, mit dem rund 1,6 Milliarden Euro in die Fläche fließen.

Sie verschweigen drittens die 1,4 Milliarden Euro aus Ziel-2-Mitteln, die gezielt für die strukturschwachen ländlichen Räume in Niedersachsen eingesetzt werden.

Sie verschweigen viertens die 1,5 Milliarden Euro aus dem PROLAND-Programm für die Entwicklung der ländlichen Räume.

Dieses enorme Fördervolumen, mit dem wir bundesweit an dritter Stelle stehen, ist nicht etwa auf die Gutmütigkeit der Beamten in Brüssel zurückzuführen, sondern ist auch das Ergebnis der Intervention an den entsprechenden Stellen in Brüssel. Dafür danken wir.

Anders als die Bürgerinnen und Bürger sind Sie auch darüber informiert, dass die Städtebauförderungsmittel des Landes nicht, wie ihr Name vermuten lässt, überwiegend in größere Orte des ländlichen Raums gesteckt worden sind. Sie verschweigen hier ganz bewusst, dass sich von den 184 Gemeinden, die das Programm aufgenommen hat, 132 im ländlichen Raum befinden, dass 70 % der seit 1990 geflossenen Mittel, nämlich über 550 Millionen Euro, direkt in die ländlichen Räume gegangen sind.

Sie verschweigen die speziell auf die ländlichen Räume ausgerichteten Landesinitiativen und ignorieren den Erfolg dieser Politik.