Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

(Beifall im ganzen Hause)

Es gab keinen Grund, dass der Präsident bei dem freundschaftlichen Du zwischen einem Regierungsmitglied und einem ausscheidenden Mitglied eingreift. Normalerweise machen wir das hier in diesem Haus nicht.

Ich freue mich jetzt auf die Abstimmung, die ich vornehmen kann, wenn ich die Beratung abgeschlossen habe - -

(Zuruf von Frau Steiner [GRÜNE])

- Entschuldigung, ich habe eine Wortmeldung übersehen - zwei sogar. Wir können noch nicht abstimmen. Es gab so viel Einmütigkeit, dass ich schon gedacht habe, wir könnten zur Abstimmung kommen.

Frau Steiner hat zunächst das Wort, danach Herr Schwarzenholz für zwei Minuten.

(Zuruf von der CDU: Das muss ja nicht sein!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind zwar nur eine kleine Fraktion, aber wir finden, wir haben auch zu diesem Thema gute Beiträge zu leisten. Natürlich würdigen wir alle die Einzigartigkeit von Frau Pruin. Ich möchte jetzt aber auch die Einzigartigkeit des Wattenmeeres würdigen.

Mit der einstimmigen Erklärung des Landtages, dass wir uns für die Anerkennung des Wattenmeeres an der Nordsee als Weltnaturerbe einsetzen, kommen wir diesem Ziel einen erheblichen Schritt näher. Und: Das Wattenmeer verdient diese Auszeichnung wegen seiner Einzigartigkeit. Es wird damit auf eine Stufe gestellt - Frau Somfleth hat es vorhin schon gesagt - mit dem Grand Canyon und dem Great Barrier Riff.

Das Wattenmeer ist eine einmalige Landschaft, einmalig wegen seines wechselnden Charakters und wegen seines Artenreichtums, der genau damit zu tun hat. Ich möchte Sie jetzt nicht mit der Aufzählung all dieser vielen besonderen Arten behelligen, sondern nur sagen: Es sind teilweise Arten, die anderswo auf der Welt nicht vorkommen. Auf den 10 000 km2 Wattenmeer rasten 10 bis 12 Millionen Zugvögel, die sich fett fressen, bevor sie ihren Flug nach Süden antreten. Ohne diese Station könnten die Zugvögel das nicht leisten. All das umreißt die Besonderheit dieses Gebiets und seine Schutzwürdigkeit. Wir wissen aus allen Äußerungen, dass die Chancen für ein Naturerbe Wattenmeer bei der UNESCO sehr gut stehen.

Da sind wir ziemlich erschüttert, wenn im Vorfeld der niedersächsischen Absichtserklärung wieder ähnliche Debatten geführt wurden und werden wie damals um den Nationalpark Wattenmeer.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch vorbei!)

Da wurde erneut das Vorurteil belebt, Naturschutz schränke die Potenziale für wirtschaftliche Entwicklung an der Küste und auf den Inseln ein. Da wurden solche Schlagzeilen produziert wie „Wirtschaft gegen Welterbe“. Man hatte wieder Angst, dass die Schutzgebiete zwangsweise ausgeweitet werden und die weitere Nutzung nicht möglich wäre. Ich sage Ihnen: Durch die ständige Wiederaufbereitung werden diese Behauptungen nicht richtiger. Es ist höchste Zeit, die sorgsam gepflegten Vorurteile abzubauen und etwas weitsichtiger an die Zukunft zu denken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wissen alle, dass es nicht zutrifft, dass den Inseln jetzt die Anmeldung zum Weltnaturerbe im Eilverfahren übergestülpt wurde. Der Vorschlag befindet sich vielmehr seit 1991 in der Diskussion, und es ist notwendig und richtig, dass die Landesregierung diesen Prozess verstärkt betreibt, nachdem sie lange zögerlich damit umgegangen ist. Wir Grünen haben diese Forderung seit Jahren erhoben. Deswegen unterstützen wir erstens die Entschließung und zweitens die Bemühungen des Umweltministeriums, gemeinsam mit anderen Küstenländern die Anerkennung des Wattenmeeres als Weltnaturerbe zu erreichen.

Wir begrüßen es auch, dass die CDU-Fraktion nach schweren Diskussionen und nach großem Einsatz der Kollegin Pruin diese Anmeldung endlich unterstützt.

(Frau Zachow [CDU]: Was heißt „endlich“?)

Ich bitte Sie zu bedenken, dass darin auch eine Verpflichtung liegt. Sie müssen nämlich jetzt mit uns gemeinsam dafür werben, die Vorteile deutlich zu machen, wenn einer Region ein solches Prädikat verliehen wird.

(Frau Pruin [CDU]: Wir waren zwei Tage auf Borkum! Das habe ich vor- hin gesagt!)

Wir rechnen da mit ihnen, Frau Pruin.

Es liegt doch auf der Hand, dass man das Wattenmeer und die angrenzenden Gebiete mit diesem Prädikat aufwertet und für den Tourismus attraktiver macht. Dieses natürliche Kapital muss man aber auch entsprechend schützen und künftige Planungen und Projekte in diesem Raum darauf abstimmen. Das heißt, wir brauchen dort hochwertigen Naturschutz und nicht Naturschutz light, wie es von den Inselgemeinden immer wieder gefordert worden ist, wenn wir dieses Naturerbe und seine Anziehungskraft erhalten wollen. Das gilt gleichermaßen für den Nationalpark Wattenmeer und für das Weltnaturerbe. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Nun rufe ich die Wortmeldung des Kollegen Schwarzenholz auf. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Pruin, es ist schon etwas ganz Besonders. Wir kennen uns schließlich in der Auseinandersetzung über Rabenvögel, glaube ich, seit neun Jahren. Ich habe diese Auseinandersetzung verloren. Das gebe ich zu.

(Beifall bei der CDU)

Ansonsten mögen wir uns, und wir haben prima zusammengearbeitet.

(Oestmann [CDU]: Sie hat schon viele zur Strecke gebracht! - Heiter- keit bei der CDU)

- Ja, ja, sie hat viele zur Strecke gebracht, das stimmt. Aber wir haben im Umweltausschuss eine Form der Zusammenarbeit gehabt, von der sich manche andere etwas abschneiden können. Das hat nämlich viel mit menschlichem Respekt und viel Spaß zu tun. Dafür herzlichen Dank auch von mir persönlich.

In der Sache selbst, finde ich, sollte man noch einen Aspekt ergänzend zu dem vorher Gesagten ansprechen. Er ist, glaube ich, sehr wichtig. In einer Diskussion hier in Hannover mit dem mecklenburgischen Umweltminister habe ich einmal die Frage gestellt, was er meine, woran es denn liege, dass wir im Tourismusbereich im Vergleich zu Mecklenburg-Vorpommern, was die Küste angehe, nicht ganz so gut dastünden. Er hat gesagt: Ihr macht zu wenig aus etwas, was bei euch originär ist, und das ist das Wattenmeer. Das Wattenmeer haben wir an der Ostseeküste nicht. Wenn man so etwas hat - das ist ein Schatz -, dann muss man mit diesem Schatz so umgehen, dass man den größtmöglichen Erfolg damit haben kann.

Die Anerkennung als Weltnaturerbe bringt keinerlei neue Festsetzung. Wir melden unseren jetzigen Rechtszustand an. Er wird anerkannt oder nicht. Da wird nichts hinzugetan, es wird nichts weggenommen, es wird nichts geändert. Die Inseln können keine zusätzlichen Forderungen stellen. Irgendwelche anderen Interessengruppen können keine Forderungen stellen. So, wie es ist - das ist die Rechtsetzung –, wird das Weltnaturerbe, Ja oder Nein! Das ist das, was wir im Augenblick festzulegen haben.

Die Chance, die sich daraus ergibt - das hat sich auch in der Debatte in Wilhelmshaven gezeigt, und

das sagen vor allen Dingen die Tourismusleute -, ist natürlich: Weltnaturerbe bedeutet, z. B. internationalen Tourismus anwerben zu können, bedeutet Qualitätsmerkmale, bedeutet, ein neues Klientel zu gewinnen, bedeutet, Menschen etwas bewusster zu machen. Es verändert nichts. Es verursacht aber auch keine Verschlechterung der Chancen,

(Glocke des Präsidenten)

um das abschließend zu sagen. Es bedeutet keinen Stopp des Windenergieausbaus. Es bedeutet keine Begrenzung für den Tiefseewasserhafen in Wilhelmshaven. Das Weltnaturerbe ändert nichts. Das machen die Rechtsvorschriften, die wir ansonsten haben. Das Weltnaturerbe ist eine Riesenchance. Packen wir sie in Niedersachsen gemeinsam an.

Meine Damen und Herren, ich kann die Beratung jetzt abschließen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Umweltausschusses. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Ich frage nach Stimmenthaltungen. - Ich stelle fest, dass der Wunsch in Erfüllung gegangen ist, dass der Landtag diese Erklärung einstimmig verabschiedet hat.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 28: Zweite Beratung: Verbraucherschutz in Niedersachsen konsequent fortsetzen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3446 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Drs. 14/3847

Dieser Antrag wurde an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Dieser Antrag wird jetzt diskutiert, und zwar zunächst mit der Wortmeldung des Kollegen Groth. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war uns wichtig, nach dem Nitrofen-Skandal noch einmal verbraucherpolitische Anforderungen an die Landespolitik zu formulieren,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

aber auch anzuerkennen, was in den letzten Jahren in Niedersachsen getan und geleistet wurde. Es wird immer wieder darum gehen - obwohl solche Skandale nicht vermeidbar sind -, nach einem Skandal noch einmal hinzuschauen, ob man den Verbraucherschutz noch besser justieren kann, als er vorher justiert war. Ich will deshalb den Antrag benutzen, weil er in sich schlüssig formuliert ist, um noch einmal kurz zu einigen Punkten der Verbraucherschutzpolitik in Niedersachsen in den letzten zwei Jahren im Besonderen Stellung zu nehmen.

Ich bin der Meinung, dass wir mit dem Verbraucherschutz in Niedersachsen auf dem richtigen Weg sind, auch wenn unser wichtigstes Anliegen in der Bundespolitik, nämlich das Verbraucherinformationsgesetz, in der letzten Legislaturperiode an der uneinsichtigen und verbraucherunfreundlichen Haltung der CDU-Länder gescheitert ist.

Uns ist es deshalb umso wichtiger, dass auch in der neuen Legislaturperiode die Bundesregierung vorsieht, das Vorhaben Verbraucherinformationsgesetz erneut einzubringen. Diese Verankerung ist auch vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in besonderer Weise begrüßt worden.

Ich bin weiterhin froh, dass die rot-grüne Bundesregierung auch in dieser Legislaturperiode dem Verbraucherschutz einen besonderen Schwerpunkt widmen wird. Dazu gehört, dass die systematische Einbeziehung der Verbraucherinteressen in allen relevanten Politikbereichen und nicht mehr allein auf Lebensmittelfragen und den Lebensmittelbereich beschränkt verfolgt werden soll, aber auch, dass Verbraucherrechte hinsichtlich der Sicherheit, der Information und der Wahlfreiheit weiter gestärkt werden sollen. Gesundheits-, Umwelt- und Sicherheitsvorschriften sollen auch EU-weit und international durchgesetzt werden, also nicht nur in der Bundesrepublik.

In Niedersachsen war der Verbraucherschutz bei der Regierung Gabriel mit seinem Minister Bartels und der SPD-Fraktion unseres Erachtens in guten Händen.

(Zustimmung bei der SPD - Plaue [SPD]: Er ist es immer noch, Herr Kollege!)

Einige Beispiele dafür sind: Am 13. März 2001 wurde ein Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das LAVES, beschlossen. Am 1. Juli des vergangenen Jahres wurde das LAVES errichtet. Die Staatlichen Lebensmitteluntersuchungsämter, das Bedarfsgegenständeuntersuchungsamt und die Veterinäruntersuchungsämter wurden als Institute in das LAVES integriert. Fachdienste wie der Rückstandskontrolldienst, der Tierschutzdienst, der Schädlingsbekämpfungsdienst, der Tierseuchenbekämpfungsdienst und der Fischseuchenbekämpfungs- und Fischgesundheitsdienst wurden zusammengeführt. Zusätzlich wurde ein Lebensmittelkontrolldienst mit Beratungs- und Dienstleistungsaufgaben auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnik eingerichtet und der Rückstandskontrolldienst zwischenzeitlich zum Futtermittel- und Rückstandskontrolldienst ausgebaut.

Dadurch haben wir eine stärkere Bündelung der Untersuchungs- und Beratungsleistungen im Lande erreicht. Dies brachte und bringt gewinnvolle Erkenntnisse und deren Umsetzung zum Nutzen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Lande. Wir haben heute festzustellen, dass eine umfassende Auswertung für den Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit rascher erfolgen kann.