Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

Daraus musste man ja etwas machen, am besten etwas ganz Großes, die ultimative Kritik an der Landesregierung. So haben Sie sich das vorgestellt. Was Sie daraus gemacht haben, Herr Biallas, war schiere Schauspielerei.

(Schünemann [CDU]: Das kann der gar nicht!)

Sie haben das Papier von einem Journalisten bekommen. Sie wollten es aber noch von der Regierung haben.

(Schünemann [CDU]: Wir haben es nicht von Journalisten gekriegt!)

Sie haben dann einen regelrechten Zirkus veranstaltet, als das alles nicht klappte.

Diese angebliche Denkschrift entwickelte sich zu einer polizeiinternen Auftragsarbeit zurück, die sich in etlichen Bereichen als nicht unbedingt richtig und objektiv, in den wichtigsten Passagen als überholt und in Gänze als nicht für die Öffentlichkeit bestimmt herausstellte.

(Biallas [CDU]: Warum ist sie denn nicht für die Öffentlichkeit bestimmt? Weil das entlarvend ist!)

Das haben wir Ihnen bereits am Anfang der Diskussion gesagt. Da es Ihnen an Argumenten gegen die Sicherheitspolitik der Regierung mangelt, versuchen Sie, auch mit minimalen Argumenten maximales Aufsehen zu erregen. Das, was Sie hier vorgetragen haben, war so dünn, dass man es schlicht und einfach von der Seite gar nicht mehr wahrnehmen konnte. Das Thema, das Sie hier vorgetragen haben, ist so tot wie der Zentralfriedhof von Chicago.

Dennoch bietet diese Debatte eine gute Gelegenheit, die überlegene Kompetenz der Landesregierung in Sachen innerer Sicherheit noch einmal darzustellen. Entgegen Ihrer Wahrnehmung

(Biallas [CDU]: Nein, entgegen dem Papier!)

ist die Polizei in Niedersachsen personell und materiell gut ausgerüstet.

(Schünemann [CDU]: Das ist ja nun wirklich nicht wahr! - Biallas [CDU]: Das ist doch totaler Quatsch!)

Sie argumentieren immer mit der Polizeidichte. Wichtig ist aber nicht, wie viel Polizeibeamte im Dienste des Landes stehen, sondern wie effektiv die Arbeit erledigt wird. Effektiv ist unsere Polizei.

(Beifall bei der SPD)

Die Kriminalitätsstatistik zeigt eine sinkende Straftatenzahl in den letzten zehn Jahren um 100 000 - das sind fast 20 % - und steigende Aufklärungsquoten von 43,5 im Jahre 1994 auf 53,1 im Jahre 2000. Die Polizeibeamten sind zufriedener mit ihrer Arbeit und mit den Arbeitsbedingungen als noch vor einer Dekade. Diese Bilanz ist rundum erfreulich.

(Biallas [CDU]: Das kann man aber alles dem Papier nicht entnehmen, was Sie hier erzählen!)

Sie zeigt, dass der Weg richtig und erfolgreich ist und das, obwohl die Umsetzung der Polizeireform immer noch 450 Polizeibeamte zeitlich bindet. Aber ab 2004/2005 werden auch sie die Polizei zahlenmäßig verstärken. Gleichzeitig greift die Aufstockung der Polizeistärke um 500 Planstellen zusätzlich. 200 davon sind bereits eingestellt.

Das hätten Sie übrigens alles wissen können. Das steht nämlich alles in dem Protokoll über die Ausschusssitzung. Ich weiß nicht, wo Sie waren, welche Wahrnehmung Sie getrieben hat, sich hier hinzustellen und diesen Quatsch zu verzapfen, wie Sie das gemacht haben.

(Beifall bei der SPD - Biallas [CDU]: Ich kann Ihnen das Protokoll zeigen! Da gibt es keinen einzigen Beitrag der SPD-Fraktion, und Sie waren gar nicht da!)

Die Zahl der Planstellen ist heute höher als 1990, die Präsenz ist besser, die Arbeit ist von einer ungleich höheren Qualität. Eigentlich müssten Sie das würdigen, statt hier einen solchen Zauber zu veranstalten.

(Biallas [CDU]: Unverschämtes Ge- laber hier! - Widerspruch bei der SPD - Adam [SPD]: Jetzt reicht es aber langsam!)

Herr Kollege Biallas, Ordnungsruf!

(Zustimmung bei der SPD - Möllring [CDU]: Wofür? - Biallas [CDU]: Er sagt hier wirklich die Unwahrheit! Ich kann das Protokoll holen! - Möllring [CDU]: Er war nicht in der Aus- schusssitzung! Das ist ungeheuerlich! - Unruhe - Glocke der Präsidentin - Biallas [CDU]: Kein einziger Punkt ist von der SPD-Fraktion dort vorge- tragen worden!)

Herr Kollege Biallas, das Wort hat Herr Kollege Harden. Sie können sich ja noch einmal zu Wort melden.

Gut, ich mache von dem Rederecht weiter Gebrauch. - Sie fordern an anderer Stelle eine weitere zahlenmäßige Aufstockung der Polizei um 1 000 Stellen. Selbstverständlich verweigern Sie die Auskunft, wie Sie das bezahlen wollen. Das machen Sie an allen Stellen so. Es geht Ihnen offenbar auch nicht um Polizeibeamte mit der zweigeteilten Ausbildung, sondern um eine minderwertige Ausbildung. Vor einem solchen Weg kann ich nur warnen. Entscheidend für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist das Vertrauen zur Polizei. Das setzen Sie aufs Spiel, wenn Sie jeden in eine Uniform stecken wollen, der nur eine neunmonatige Kurzausbildung erhalten hat. Das wäre mehr eine Maskerade als eine Ausbildung. Das mühsam aufgebaute Vertrauen in die Fähigkeit der Polizei zu sachgerechter Arbeit ist schneller verspielt, als Sie gucken können.

Im Ausschuss ist Ihnen belegt worden, dass die Direktoren in einigen Punkten einen falschen Sachstand hatten. Sie haben sich diesen zu Eigen gemacht. Der Staatssekretär hat Ihnen gesagt, dass

Sie hier auf dem falschen Weg sind. Trotzdem haben Sie das hier wieder vorgetragen.

Der Ausbildungsnotstand findet nicht statt, weil bis 2012 nur 3 600 Polizeibedienstete in den Ruhestand treten. Das Ausscheiden von 9 442 Polizeibeamten innerhalb von 14 Jahren, woran Sie sich aufgehängt haben, beginnt 2012 und endet 2026. Die angebliche Personalreduzierung ist widerlegt. Von Ihren Kritikpunkten bleibt nichts übrig.

Die Polizeidichte eignet sich zu nichts in der Diskussion. Überall in der Bundesrepublik ist die Polizei auf dem Lande schwächer als in den Städten. Das ist in Bayern nicht anders als in Hessen und in Niedersachsen.

In Ihrem Wahlprogramm beklagen Sie, dass die Polizeidichte auf dem Lande manchmal nur 1 : 900 betrage. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Weisheiten nehmen. Aber diese Zahl ist mit Sicherheit falsch.

(Biallas [CDU]: Polizeiinspektion Au- rich!)

In der Gemeinde, aus der ich komme, ist das Verhältnis 1 : 5 000.

(Möllring [CDU]: 1 : 5 000, ist das ausreichend?)

Herr Biallas, 1 : 5 000 reicht auch aus. Vor der Polizeireform war das Verhältnis 1 : 8 000!

(Zustimmung bei der SPD)

Wichtig ist doch nicht, dass die Polizei irgendwo ist. Wichtig ist, dass die Polizei da ist, wo sie gebraucht wird, und nicht dort, wo sie überflüssig ist.

(Beifall bei der SPD)

Aber das ist eine Frage der Qualität der Organisation, und die Qualität der Organisation in Niedersachsen ist gut.

Sie sehen: Von Ihren Kritikpunkten bleibt nichts mehr übrig. Niedersachsen ist in vielen Belangen auf einem guten Weg. Bei der Ausbildung, Ausrüstung und Organisation sind wir vorbildlich. Das ist auch der Grund, warum so viele Polizeibeamte gerne nach Niedersachsen versetzt werden möchten.

(Beifall bei der SPD)

Der Herr Kollege Schröder spricht jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal zweifle ich am Sinn meiner Tätigkeit. Der Kollege Biallas schafft es immer wieder, diese Zweifel bei mir auszulösen und zu verstärken. Herr Kollege Biallas, gestern Abend habe ich Ihnen unter Hinweis auf den Sicherheitsbericht, der Ihnen auch vorliegt, den Sie vielleicht auch einmal angeschaut haben könnten, dargestellt, wie sich die Alltagskriminalität und die Aufklärungsquote in den wichtigsten, die Allgemeinheit beunruhigenden Straftaten entwickelt haben. Sie stellen sich hin und wiederholen glatt wieder das Gegenteil.

(Plaue [SPD]: Das hat etwas mit Le- sekompetenz zu tun!)

Sie haben natürlich Recht mit dem Hinweis auf die Kontrolldelikte: Wenn ich keinen auf die Straße schicke, stelle ich auch keine Straftaten fest. Aber auch das Gegenteil ist richtig, Herr Kollege Biallas: Wenn wir die vielen tausend zusätzlichen Polizeibeamten einstellen würden, die Sie gerne hätten und die keiner bezahlen kann, dann würden Sie steigende Qualitätszahlen im Bereich der Kontrolldelikte verzeichnen. So herum wird also auch ein Schuh daraus.

(Krumfuß [CDU]: Was ist das für eine Logik?)

Aber entscheidend ist, dass Niedersachsen ein vergleichsweise sicheres Land ist.

Das Arbeitspapier der Polizeidirektoren ist in der Sache überholt. Es wurde zurückgezogen. Es hatte wahrscheinlich eine bestimmte politische Funktion in einer bestimmten Situation, die sich seitdem verändert hat, und es ist daher für die eigentliche Debatte inhaltlich irrelevant. Es ist nach meiner Überzeugung für die CDU lediglich der äußere Anlass, ihre bekannte Litanei über die zunehmende Verelendung der niedersächsischen Polizei anzustimmen.

(Krumfuß [CDU]: Das ist unvorstell- bar, was Sie da erzählen!)

Deutlicher Beleg dafür ist der von Ihnen beharrlich wiederholte Hinweis auf die geringe Polizeidichte. Es ist richtig, sie ist gering. Aber Ihr Hinweis zeigt

auch, dass Sie bis heute nicht das Konzept der Polizeistrukturreform „Mehr Klasse statt Masse“ verstanden, geschweige denn akzeptiert haben.

(Zuruf von Schünemann [CDU])