Uwe Harden

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Biallas, Sie haben hier über einen abenteuerlichen Umgang des Innenministeriums mit dieser angeblichen Denkschrift gesprochen. Das, was hier abenteuerlich war, war einzig und allein Ihr Beitrag.
Ich bin ein Mensch, der viel Verständnis für andere mitbringt, auch für die Nöte anderer. Sie versuchen seit zwölf Jahren, dieser Landesregierung die
Kompetenz im Bereich der inneren Sicherheit streitig zu machen. Das ist Ihnen 1994 nicht gelungen, 1998 nicht gelungen, 2002 nicht gelungen, und es wird Ihnen auch 2003 nicht gelingen.
Sie sind durchs Land gefahren, haben allenthalben versucht, Kritikpunkte zu suchen, welche zu schüren, aber fündig sind Sie doch nicht geworden. Dann wurde Ihnen diese angebliche Denkschrift der Polizeidirektoren zugespielt.
Daraus musste man ja etwas machen, am besten etwas ganz Großes, die ultimative Kritik an der Landesregierung. So haben Sie sich das vorgestellt. Was Sie daraus gemacht haben, Herr Biallas, war schiere Schauspielerei.
Sie haben das Papier von einem Journalisten bekommen. Sie wollten es aber noch von der Regierung haben.
Sie haben dann einen regelrechten Zirkus veranstaltet, als das alles nicht klappte.
Diese angebliche Denkschrift entwickelte sich zu einer polizeiinternen Auftragsarbeit zurück, die sich in etlichen Bereichen als nicht unbedingt richtig und objektiv, in den wichtigsten Passagen als überholt und in Gänze als nicht für die Öffentlichkeit bestimmt herausstellte.
Das haben wir Ihnen bereits am Anfang der Diskussion gesagt. Da es Ihnen an Argumenten gegen die Sicherheitspolitik der Regierung mangelt, versuchen Sie, auch mit minimalen Argumenten maximales Aufsehen zu erregen. Das, was Sie hier vorgetragen haben, war so dünn, dass man es schlicht und einfach von der Seite gar nicht mehr wahrnehmen konnte. Das Thema, das Sie hier vorgetragen haben, ist so tot wie der Zentralfriedhof von Chicago.
Dennoch bietet diese Debatte eine gute Gelegenheit, die überlegene Kompetenz der Landesregierung in Sachen innerer Sicherheit noch einmal darzustellen. Entgegen Ihrer Wahrnehmung
ist die Polizei in Niedersachsen personell und materiell gut ausgerüstet.
Sie argumentieren immer mit der Polizeidichte. Wichtig ist aber nicht, wie viel Polizeibeamte im Dienste des Landes stehen, sondern wie effektiv die Arbeit erledigt wird. Effektiv ist unsere Polizei.
Die Kriminalitätsstatistik zeigt eine sinkende Straftatenzahl in den letzten zehn Jahren um 100 000 - das sind fast 20 % - und steigende Aufklärungsquoten von 43,5 im Jahre 1994 auf 53,1 im Jahre 2000. Die Polizeibeamten sind zufriedener mit ihrer Arbeit und mit den Arbeitsbedingungen als noch vor einer Dekade. Diese Bilanz ist rundum erfreulich.
Sie zeigt, dass der Weg richtig und erfolgreich ist und das, obwohl die Umsetzung der Polizeireform immer noch 450 Polizeibeamte zeitlich bindet. Aber ab 2004/2005 werden auch sie die Polizei zahlenmäßig verstärken. Gleichzeitig greift die Aufstockung der Polizeistärke um 500 Planstellen zusätzlich. 200 davon sind bereits eingestellt.
Das hätten Sie übrigens alles wissen können. Das steht nämlich alles in dem Protokoll über die Ausschusssitzung. Ich weiß nicht, wo Sie waren, welche Wahrnehmung Sie getrieben hat, sich hier hinzustellen und diesen Quatsch zu verzapfen, wie Sie das gemacht haben.
Die Zahl der Planstellen ist heute höher als 1990, die Präsenz ist besser, die Arbeit ist von einer ungleich höheren Qualität. Eigentlich müssten Sie das würdigen, statt hier einen solchen Zauber zu veranstalten.
Gut, ich mache von dem Rederecht weiter Gebrauch. - Sie fordern an anderer Stelle eine weitere zahlenmäßige Aufstockung der Polizei um 1 000 Stellen. Selbstverständlich verweigern Sie die Auskunft, wie Sie das bezahlen wollen. Das machen Sie an allen Stellen so. Es geht Ihnen offenbar auch nicht um Polizeibeamte mit der zweigeteilten Ausbildung, sondern um eine minderwertige Ausbildung. Vor einem solchen Weg kann ich nur warnen. Entscheidend für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist das Vertrauen zur Polizei. Das setzen Sie aufs Spiel, wenn Sie jeden in eine Uniform stecken wollen, der nur eine neunmonatige Kurzausbildung erhalten hat. Das wäre mehr eine Maskerade als eine Ausbildung. Das mühsam aufgebaute Vertrauen in die Fähigkeit der Polizei zu sachgerechter Arbeit ist schneller verspielt, als Sie gucken können.
Im Ausschuss ist Ihnen belegt worden, dass die Direktoren in einigen Punkten einen falschen Sachstand hatten. Sie haben sich diesen zu Eigen gemacht. Der Staatssekretär hat Ihnen gesagt, dass
Sie hier auf dem falschen Weg sind. Trotzdem haben Sie das hier wieder vorgetragen.
Der Ausbildungsnotstand findet nicht statt, weil bis 2012 nur 3 600 Polizeibedienstete in den Ruhestand treten. Das Ausscheiden von 9 442 Polizeibeamten innerhalb von 14 Jahren, woran Sie sich aufgehängt haben, beginnt 2012 und endet 2026. Die angebliche Personalreduzierung ist widerlegt. Von Ihren Kritikpunkten bleibt nichts übrig.
Die Polizeidichte eignet sich zu nichts in der Diskussion. Überall in der Bundesrepublik ist die Polizei auf dem Lande schwächer als in den Städten. Das ist in Bayern nicht anders als in Hessen und in Niedersachsen.
In Ihrem Wahlprogramm beklagen Sie, dass die Polizeidichte auf dem Lande manchmal nur 1 : 900 betrage. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Weisheiten nehmen. Aber diese Zahl ist mit Sicherheit falsch.
In der Gemeinde, aus der ich komme, ist das Verhältnis 1 : 5 000.
Herr Biallas, 1 : 5 000 reicht auch aus. Vor der Polizeireform war das Verhältnis 1 : 8 000!
Wichtig ist doch nicht, dass die Polizei irgendwo ist. Wichtig ist, dass die Polizei da ist, wo sie gebraucht wird, und nicht dort, wo sie überflüssig ist.
Aber das ist eine Frage der Qualität der Organisation, und die Qualität der Organisation in Niedersachsen ist gut.
Sie sehen: Von Ihren Kritikpunkten bleibt nichts mehr übrig. Niedersachsen ist in vielen Belangen auf einem guten Weg. Bei der Ausbildung, Ausrüstung und Organisation sind wir vorbildlich. Das ist auch der Grund, warum so viele Polizeibeamte gerne nach Niedersachsen versetzt werden möchten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Biallas, Sie haben mich hier sinngemäß zitiert. Ich meine, dass Sie mich sinngemäß falsch zitiert haben. Ich habe nicht gesagt, dass die SPD Einlassungen zu dem Thema gemacht habe.
Ich habe darauf hingewiesen, dass man nach dem Sinn der Ausführungen, die Sie hier gemacht haben, den Eindruck haben musste, dass Sie bei der Sitzung nicht zugegen gewesen sind;
denn der Staatssekretär hat ausführlich zu Ihrem Antrag Stellung genommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Baurechts setzt der Landtag neue Akzente in der Bauordnung und schafft die Fehlbelegungsabgabe in weiten Bereichen des Landes ab.
Um mit Letztem zu beginnen: Anträge zur Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe hatten wir in den abgelaufenen Jahren mehrere. Wir haben leider feststellen müssen, dass die völlige Abschaffung, über die wir uns in diesem Hause weitgehend einig waren, gegen Bundesrecht verstoßen würde. Wir haben also versucht, das daraus zu machen, was man daraus machen kann. Mit dem vorliegenden Gesetz werden die unerwünschten Nebenwirkungen der Fehlbelegungsabgabe, wie hoher Verwaltungsaufwand bei der Erhebung sowie die Verdrängung solventer Mieter aus Problemgebieten, weitgehend vermieden. Die Abgabe greift jetzt erst bei einer Überschreitung der Einkommensgrenzen um 30 % statt 10 % wie bisher. Dabei fällt die Fehlbelegungsabgabe in weiten Bereichen des Landes weg. Lediglich in der Region Hannover bleibt die Fehlbelegungsabgabe in einigen Gemeinden in Kraft, unter anderem in der Landeshauptstadt. Wir haben versucht, Modelle zu rechnen, wie man sie abschaffen könnte.
- Nein, das ist keine Lex Schmalstieg! Wir lassen uns in diesen Dingen relativ wenig beeinflussen.
Kurz und gut: Es ging einfach nicht anders. Wir müssen es so machen, wie es im Gesetzentwurf steht. Ansonsten würden wir gegen Bundesrecht verstoßen. Das wollen wir nicht.
Die Schwerpunkte dieses Gesetzentwurfs sind jedoch in der Niedersächsischen Bauordnung zu finden. Der Kollege Wolf hat schon einige Dinge angesprochen. Ich kann das hier deswegen en passant einführen.
Wir führen die Barrierefreiheit in der Errichtung neuer Wohn- und Verwaltungsgebäude ein. Damit werden die Anforderungen des Behindertengleichstellungsgesetzes des Bundes für zwei wichtige Lebensbereiche erfüllt. So soll in Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen die Wohnung eines Geschosses barrierefrei sein - dabei sage ich für diejenigen, die sich mit dem Thema nicht so intensiv befassen, dass barrierefrei nicht gleich rollstuhlgerecht ist -, und in jeder achten Wohnung eines Gebäudes müssen die Wohn- und Schlafräume, Toilette, Bad und Küche künftig rollstuhlgerecht gebaut werden. Damit passen wir uns langfristig den Forderungen einer älter werdenden Gesellschaft an. Aber wir kommen auch den Forderungen des Bundesgesetzgebers nach. Erfreulicherweise gab es über diese Maßnahmen, die sicherlich nicht ganz ohne Kostensteigerung durchzuführen sind, im Ausschuss keinen Disput.
Sehr intensiv haben wir uns mit der Weiterentwicklung der Baugenehmigungsfreiheit befasst, aber auch mit den Konsequenzen einer stark reduzierten Bauaufsicht im Lande. Der Landtag hatte 1995 die Landesregierung aufgefordert, die Erfahrungen mit dem damals eingeführten § 69 a auszuwerten und dies dem Landtag vorzulegen. Erwartungsgemäß sahen die Baubehörden die Entwicklung skeptisch, die Verbände von Baugewerbe und Immobilienwirtschaft hingegen positiv.
Zwei Auswirkungen sind jedenfalls deutlich geworden: Die Baugenehmigungszeiten haben sich drastisch verkürzt. Das Bauen ist billiger und auch kalkulierbarer geworden. Aber es gibt auch mehr Fälle von offensichtlichen Verstößen gegen geltendes Baurecht, und zwar von vermeidbaren Verstößen. Diese wollen wir natürlich gerne vermeiden.
Uns wurde bei den Ortsterminen von gemeindlicher Seite gesagt: Wenn die Gemeinden in der Bauaufsicht beteiligt würden, dann könnte man viele Verstöße rechtzeitig heilen oder gar nicht erst
entstehen lassen. Wir sind dem in dem vorliegenden Gesetzentwurf nachgekommen. So haben die Gemeinden jetzt die Möglichkeit, bei gewollten Änderungen des Bebauungsplanes Bauabsichten so weit zu untersagen, bis die Planung durchgeführt ist. Die Gemeinden erhalten die Baupläne vor Baubeginn, die Bauaufsichtsbehörden ebenfalls. An der Baustelle - das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit - steht künftig auch ein Bauschild wie bei genehmigten Bauten.
Die Baugenehmigungsfreiheit in § 69 a wird auf alle Wohngebäude geringer Höhe erweitert; es sind also nicht nur Wohngebäude mit einer oder mit zwei Wohnungen betroffen. Die Prüfeinschränkung, die bislang als Verordnung gilt, wird als § 75 a neu in das Gesetz aufgenommen. In diesen vereinfachten Baugenehmigungsverfahren werden Wohngebäude bis zur Hochhausgrenze, eingeschossige Gebäude bis 200 m2 Grundfläche und landwirtschaftliche Gebäude bis 1 000 m2 Grundfläche sowie Gebäude ohne Aufenthaltsräume bis zu drei Geschossen erfasst. Zur Prüfung kommen nur noch das städtebauliche Planungsrecht, die Abstandsregelungen, die Einstellplätze und der Brandschutz sowie die Standsicherheit bei Bedarf.
Damit beenden wir die Experimentierphase bei der Genehmigungsfreiheit. Die Erfahrungen werden ausgewertet und in die Bauordnung übernommen. Die Bauaufsicht wie auch die Bauherren werden durch die Genehmigungsfreiheit für Garagen, Carports und Gartenhäuser bis 40 m3 Rauminhalt im Innenbereich sowie bis 20 m3 im Außenbereich entlastet. Wohl gemerkt: Diese Gebäude müssen nach wie vor baurechtlich zulässig sein; die können nicht überall hingestellt werden.
Herr Kollege Wolf hat bereits auf die Anhörung und die Konsequenzen daraus hingewiesen. Wir haben das, was in der Anhörung von den Verbänden vorgebracht worden ist, sehr intensiv diskutiert, bewertet und den Gesetzentwurf daraufhin auch geändert. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah ja eine deutliche Deregulierung bei den Anforderungen für die Besetzung der Bauaufsichtsbehörden und die Möglichkeit, die Bauaufsicht auch auf Gemeinden ab 20 000 Einwohner zu verlagern, vor. Der Protest gegen diese Kombination war erheblich und ganz deutlich. Es ist ja in Deutschland so einfach, missverstanden zu werden. Es sollte selbstverständlich nach wie vor gelten, dass die Bauaufsichtsbehörden ausreichend mit Fachpersonal auszustatten sind, ohne weitere Vorschrift. Das ist im Prinzip das, was die kommunale
Seite schon jahrelang gefordert hat. Wir haben festgestellt: Nimmt man sie beim Wort, dann droht der Untergang der Baukultur.
Wir haben die Ergebnisse also ernst genommen und den Entwurf in zwei wesentlichen Passagen geändert. Herr Kollege Wolf hat bereits darauf hingewiesen, welche Möglichkeiten Gemeinden künftig haben. Die Gemeinden prüfen künftig, wenn sie die untere Bauaufsicht oder Teile der unteren Bauaufsicht wahrnehmen wollen, den Bauantrag nach § 75 a, entscheiden über Ausnahmen und Befreiungen von örtlichen Bauvorschriften und können Baustellen stilllegen, wenn erkennbar gegen öffentliches Baurecht verstoßen wird. Der lange Weg von der Kreisverwaltung zur Baustelle, der manchen Bauverstoß erst ermöglicht hat, kann damit entfallen.
Dies ist ein Systemwechsel, der auf eine Anregung des Landkreistages zurückgeht. Es wird zu beobachten bleiben, inwieweit Gemeinden davon künftig Gebrauch machen. Es ist eine Chance, Vorurteile und Bedenken gegen eine Aufgabenverlagerung nach unten auf ihre Stimmigkeit hin zu prüfen. Das ist eine wesentliche Konsequenz aus dem Bericht über die Auswirkungen des § 69 a.
Uns wurde auch noch klar und deutlich gemacht: Die Bußgeldbestimmungen, wie sie bisher in der NBauO waren, waren in keiner Weise ausreichend. Wir haben deswegen die Bußgeldbestimmungen drastisch angezogen. Die Bußgelder werden dort, wo bislang 5 000 Euro galten, auf 50 000 Euro und dort, wo bisher 50 000 Euro galten, auf 500 000 Euro erhöht. Wollen wir einmal sehen, ob die Behörden von dieser Bestimmung auch Gebrauch machen!
Nachgekommen sind wir den Anregungen der Architekten und Ingenieure hinsichtlich der Tragwerksplaner. Den Architekten ging es um Wettbewerbsgleichheit. Das haben wir eingesehen und daraufhin das Architektengesetz geändert. Den Ingenieuren ging es um die Qualitätssicherung und den Verbraucherschutz. Hier haben wir gesagt: Diejenigen, die sich als Tragwerksplaner beruflich selbständig machen, müssen nachweisen, dass sie Mitglied der Ingenieurkammer sind. - Die CDUFraktion hatte das eingebracht, und vonseiten der SPD-Fraktion haben wir diese Anregung, die uns auch schon einmal nahe gebracht worden war, aufgenommen.
Nicht aufgenommen haben wir hingegen die Anregung, verpflichtend so etwas wie einen Bauleiter einzuführen. Man kann nicht auf der einen Seite sagen, wir wollen deregulieren, und auf der anderen Seite für dieselben Bereiche neue Regelungen einführen, die die Sache verteuern.
Dem Dank, den der Kollege Wolf den Zuarbeitern des Gesetzentwurfes ausgesprochen hat, möchte ich mich für die SPD-Fraktion ausdrücklich anschließen. Das gilt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministeriums, der Landtagsverwaltung, des GBD und für die Verbände, die sich sehr ernsthaft eingebracht haben. Ebenso möchte ich den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss herzlichen Dank sagen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war ein Kontrastprogramm zu dem Auftritt davor. Liebe Kollegin Frau Stokar, das war wohltuend sachlich und einer Abschiedsrede würdig. Schönen Dank für den Beitrag. Das ist im Übrigen im Gegensatz zu dem, was zuvor von dem Kollegen Biallas eingebracht worden war, eine gelungene Vorlage für mich.
- Er hat sich hier zumindest verbreitet, Herr Kollege Lanclée - das kann man nicht bestreiten -, und sehr vehement vom Leder gezogen.
Zu dem Gegenstand, der hier zur Debatte steht und der Inhalt eines Antrages ist, hat Frau Kollegin
Stokar von Neuforn gesagt: Die Schrift ist alt, wurde zurückgezogen und ist damit irrelevant. Im Prinzip kann man dies nicht anders kategorisieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit ihrem Entschließungsantrag fordert die CDUFraktion die Umsetzung der angeblichen Forderungen der Polizeidirektoren, die in einem behördeninternen Papier im vergangenen Jahr zusammengetragen wurden.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben in Ihrem Antrag viele Worte über die angebliche Denkschrift verloren.
Herr Kollege Biallas, Sie haben ja eingestanden, dass dieses Papier alt ist. Es wurde im August 2001 dem Innenministerium übergeben und vermutlich noch eher verfasst. Seither ist einiges geschehen.
Das, was Sie uns hier als neueste Forderung der Polizei verkaufen wollen, besteht im Wesentlichen aus alten Hüten.
Das ist keine Denkschrift, sondern ein behördeninternes Arbeitspapier, das als Arbeitsauftrag in einer informellen Besprechung im Dezember 2001 entstanden ist. Es ist dort über Aufgabenvolumen und Personalressourcen der niedersächsischen Polizei diskutiert worden. Im Innenausschuss wurde uns berichtet, dass man sich bei dieser Diskussion zwischen dem Innenministerium und den anwesenden Direktoren der Polizei darauf verständigt hat, dass diese zur Fortsetzung der Diskussion ein internes Arbeitspapier erstellen sollen. Dieses Papier - so wurde vereinbart - sollte konkrete Lösungsansätze zu den angesprochenen Problemen aufzeigen. Ich finde es vernünftig, dass zwischen Ministerium und Polizeiführung ein offenes Diskussionsklima herrscht, dass alle Schwierigkeiten - ob sie kurz- oder mittelfristiger Natur sind - offen angesprochen werden können, damit sie einer Lösung zugeführt werden.
- Es gibt eine klare Trennung zwischen Exekutive und Legislative. Das wollen wir nicht durcheinander bringen!
Dieses Diskussionsklima ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung. Ich meine, man sollte dieses Diskussionsklima nicht dadurch belasten, dass man Materialsammlungen und Zwischenberichte der Exekutive in die Öffentlichkeit zieht.
Im Wesentlichen haben Sie mit Ihrem Antrag Ihre Steckenpferde der vergangenen Jahre neu gesattelt und traben damit in diese Diskussion. Ihnen ist dabei offenbar entgangen, dass die Landesregierung und das Parlament wichtige Entscheidungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Polizeiarbeit getroffen haben.
Zum Stichwort Polizeidichte: Sie reiten ja gerne darauf herum, dass Niedersachsen eine vergleichsweise niedrige Polizeidichte hat.
Dies hat ja auch einen guten Grund. Wir haben vor Jahren eine eindeutige Grundsatzentscheidung getroffen.
Als wir vor der Entscheidung standen, mehr Polizei oder eine bessere Polizei zu haben, haben wir uns für die bessere entschieden;
gegen eine schlecht bezahlte und für eine gut ausgebildete Polizei. Diese Grundsatzentscheidung war richtig.
Sie hat weitere Folgen gehabt; die will ich Ihnen auch sagen - hören Sie mir bitte zu: Erstens. Die Kriminalitätsrate ist in den vergangenen zehn Jahren signifikant zurückgegangen.
- Vergleichen Sie einmal die neuneinhalb Jahre vorher.
Zweitens. Die Aufklärungsquote ist signifikant gestiegen. Das ist eigentlich noch wichtiger als die Kriminalitätsrate. Die Arbeitszufriedenheit der Polizistinnen und Polizisten ist ebenfalls ganz erheblich gestiegen.
Das Kriminologische Forschungsinstitut in Niedersachsen hat das in einer Studie erst kürzlich festgestellt. Das wissen Sie auch. Ich will Ihnen in Erinnerung rufen, dass andere Bundesländer es abgelehnt haben, solche Erhebungen zu machen. Warum wohl? Wir haben den Mut dazu gehabt, weil wir auf einem guten Weg sind.
Zu einigen weiteren Punkten des Papiers. Natürlich hat die Einführung der DNA-Datei Personal gebunden - aber doch mit einem Ziel, das wir inzwischen erreicht haben. Das Ziel war, die Polizei von überflüssiger Ermittlungsarbeit zu entbinden, indem Verdächtige schneller entlastet und Täter schneller ermittelt werden können. Das haben wir inzwischen erreicht.
Niedersachsen war bei der Einführung führend und ist es immer noch.
Sie sprechen die Altersstruktur bei der Polizei an. Die Altersstruktur der Polizei ist nun einmal so, wie sie ist. Das Durchschnittsalter liegt bei 43 Jahren; das ist auch ganz normal. Wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Personalkörper der Polizei ausgedehnt worden ist, dann wandert dieser Berg durch und steht irgendwann vor der Pensionierung. Danach wird das Durchschnittsalter wieder geringer; das ist nichts Aufregendes, sondern ganz normal.
Die Altersstruktur wird also über die nächsten Jahrzehnte mal günstiger, mal ungünstiger sein, aber in jedem Fall stehen wir davor, dass sie wieder günstiger wird. Die Gründe habe ich Ihnen eben erläutert.
Es ist ferner sichergestellt - das Ministerium hat es uns ausgiebig erläutert -, dass alle Stellen pensionierter Polizeibeamter zeitgerecht neu besetzt werden.
Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Wir haben das diskutiert. Kommen Sie bitte jetzt nicht mit Ausflüchten, wonach Sie das alles nicht glauben wollen.
- Ich habe Ihnen doch erklärt, warum das nicht mehr notwendig ist; wir sind doch noch dabei.
Es gibt derzeit natürlich Engpässe, weil sich die Aufstiegslehrgänge zum gehobenen Dienst noch bis 2005 hinziehen. Das ist nun einmal so. Auch das hat man sehenden Auges in Kauf genommen, weil es die bessere Entscheidung war. Mehr, aber dafür schlechtere Polizei wäre nicht gut gewesen!
Wir haben diese Anfang der 90er-Jahre vereinbarten Einsparauflagen für die Polizei aufgehoben und 500 Stellen neu zur Verfügung gestellt,
weil wir den gehobenen Ansprüchen genügen wollen. Das alles haben wir in den vergangenen Jahren immer und immer wieder hier im Parlament und im Ausschuss diskutiert. Also müsste Ihnen doch langsam bekannt sein, dass daraus wenig parteipolitischer Honig zu saugen ist.
Was mich am meisten erstaunt, ist Ihr Mangel an Fantasie und Kreativität. Sie sind hier Opposition. Sie müssen sich als Regierung im Wartestand verstehen. Sie haben hier die Möglichkeit
- Herr Biallas, hören Sie mir doch einmal zu -,
aber auch die Aufgabe, Alternativen zu entwickeln, einzubringen und Mehrheiten hier im Lande dafür zu gewinnen.
Und was fällt Ihnen ein, Herr Schünemann? - In Ihrer Ideenküche ist Schmalhans Küchenmeister. Sie wärmen alte Hüte auf, ohne auch nur einmal einen einzigen diskussionswürdigen, qualitativ neuen Vorschlag zu bringen. Nichts fällt Ihnen ein - keine neuen Fragen, keine Vorschläge, keine Antworten. Nach zwölf Jahren Opposition ist das ein einzigartiges Armutszeugnis.
Die innere Sicherheit ist bei dieser Landesregierung, diesem Ministerpräsidenten, diesem Innenminister und der SPD-Fraktion in guten Händen.
Sie ist deswegen in guten Händen, weil wir nie in Selbstzufriedenheit verfallen, weil wir offen diskutieren und weil wir die Probleme lösen, wenn sie sich stellen.
Ihr Antrag ist überflüssig.
- Natürlich ist er überflüssig. - Wir haben den Sachverhalt und die einzelnen Punkte bereits im Ausschuss mehrfach diskutiert. Eine Aufwärmung ist nicht mehr notwendig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Biallas, haben Sie nun für oder gegen den Antrag gesprochen? Der Form nach haben Sie sich dagegen ausgesprochen, inhaltlich haben Sie aber erklärt, warum man solche Regelungen für wirkliche Härtefälle eigentlich braucht.
Sie haben behauptet, man könne all das im Rahmen des Petitionsrechts erledigen. Die Landesregierung haben Sie damit quasi aufgefordert, Rechtsbruch zu begehen. Sie wissen doch, dass wir bei der Behandlung von Petitionen an geltendes Recht gebunden sind. Wir haben nicht die Möglichkeit, die Landesregierung davon zu entbinden. Wenn es sich um Ländergesetze handelte, müssten wir diese zuvörderst ändern. Bei Bundesgesetzen haben wir diese Möglichkeit nicht. Vielleicht hätten Sie sich beim Notieren der Stichpunkte vielleicht doch etwas mehr Stringenz verordnen sollen.
Mit dem vorgelegten Antrag auf Einrichtung einer Härtefallkommission läuft die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei der SPD-Fraktion offene Türen ein.
- Herr Kollege Biallas, das mag Sie belustigen, aber wenn Sie sich mit der Materie etwas intensiver befasst und nicht nur die alten Sachen durchgelesen hätten,
dann wüssten Sie, dass das Zuwanderungsgesetz beschlossen ist, sobald der Bundespräsident es unterschrieben hat. Dann wird es veröffentlicht und tritt zum 1. Januar 2003 in Kraft.
Dann gibt es eine Rechtsgrundlage dafür, dass eine Härtefallkommission Aufenthaltserlaubnisse erteilen oder verlängern kann. So sieht der Unterschied zur bisherigen Rechtsgrundlage aus, auf deren Grundlage alle anderen Härtefallkommissionen arbeiten.
Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung mit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 per Rechtsverordnung eine Härtefallkommission oder etwas Vergleichbares berufen haben wird. Bereits im Dezember hat sich der Ministerpräsident eingelassen, dass es so kommen soll. Für die SPD-Fraktion habe ich unsere Sympathie für die Möglichkeit des Gesetzes hier im Landtag zum Ausdruck gebracht.
Sie von den Grünen glauben, man müsse die Landesregierung zum Jagen tragen, und sehen Unterschiede zwischen SPD und Landesregierung. Diese Unterschiede sehe ich nicht, und ich glaube auch nicht, dass man die Landesregierung zum Jagen tragen muss.
Ich will noch einmal darauf hinweisen: Die Rechtsgrundlage für Härtefallkommissionen, wie sie in anderen Bundesländern bereits seit Jahren existieren, unterscheiden sich von der für die Härtefallkommission, die ab dem 1. Januar 2003 eingesetzt werden soll. Deswegen haben wir unsere Haltung zu diesem Thema auch geändert. Der wesentliche Unterschied zwischen Grünen und SPD in dieser Frage liegt in der Rollenverteilung zwischen Opposition und Regierungsfraktion.
Ein paar Anmerkungen zum Wesen einer solchen Härtefallkommission: Es geht darum, dass man die Zahl der Fälle, die sich an die Härtefallkommission richten, nicht bis ins Unermessliche steigen lassen darf. Darauf hingewiesen worden ist, dass Asylbewerber und Flüchtlinge jede Menge Möglichkeiten haben, sich auf dem Rechtswege bestätigen zu lassen, dass sie zu Recht bei uns sind und einen Anspruch auf Schutz vor Verfolgung haben. Diesen Rechtsweg wollen wir weiterhin offen halten.
Selbst bei einem negativen Ende auf diesem Rechtsweg gibt es bisher schon vielfältige Möglichkeiten, bei ernsthaften Abschiebungshindernissen ein Bleiberecht oder zumindest eine Duldung zu erreichen. Wir bearbeiten im Innenausschuss seit vielen Jahren hunderte, wenn nicht sogar tausende von Petitionen, in denen alle Facetten dieses Problems beleuchtet werden. Herr Kollege Biallas, Sie haben übrigens selber darauf hingewiesen, dass es durchaus wirkliche Härtefälle gibt, in denen man helfen möchte. An der Stelle spricht Ihr weiches Herz, während Sie sonst eine raue Schale haben, die Sie hier zeigen.
Ich meine, dass eine Härtefallkommission trotzdem Sinn macht. Bloß müssen wir vermeiden, dass die Wege nacheinander gegangen werden, sich also eine Härtefallkommission mit tausenden von Fällen befassen müsste.
In Schleswig-Holstein gibt es diese Kommission schon recht lange, und Schleswig-Holstein hat dazu auch einen Erfahrungsbericht gemacht. Zumindest soweit es um den Arbeitsaufwand geht, kann man sich das einmal anschauen und vielleicht übertragen. Die Kieler Kommission hat zwischen 1996 und 2001 458 Fälle inhaltlich behandelt. In der Hälfte der Fälle wurde eine negative Empfehlung ausgesprochen, die allerdings keine Rechtskraft besitzen. Eingeschränkt positive Empfehlungen gab es in 29 % der Fälle, uneingeschränkt positive Empfehlungen in 20 % der Fälle. In fünf Jahren sind das insgesamt 240 Fälle, also eine überschaubare Zahl.
Schließen wir auf die Fallzahl, die wir für Niedersachsen zu erwarten hätten - Schleswig-Holstein ist ungefähr so groß wie ein durchschnittlicher niedersächsischer Regierungsbezirk und hat damit ein Viertel der Einwohnerzahl -, müssten wir mit rund viermal so vielen Anträgen rechnen. Davon abziehen kann man die Zahl derjenigen, die aus dem ehemaligen Jugoslawien kommen, weil der Berichtszeitraum in die Zeit des Bürgerkrieges und der Bürgerkriegsfolgen fällt, die sich bei uns in der Zahl Bürgerkriegsflüchtlinge ausgewirkt hat. Wir müssten also in Niedersachsen mit rund 240 Fällen pro Jahr rechnen, hätten wir dieselben Zugangsvoraussetzungen wie Schleswig-Holstein. Das ist
nicht übermäßig viel, bindet aber trotzdem Personal. Das muss man auch berücksichtigen.
Wer sich die Bilanz der schleswig-holsteinischen Härtefallkommission durchliest, wird durchaus Ähnlichkeiten zu Petitionen feststellen, wie wir sie in unserem Innenausschuss behandeln. Wir bearbeiten also die Vorgänge heute schon entsprechend dem schleswig-holsteinischen Vorgehen. Die Doppelarbeit zwischen Härtefallkommission und Petitionswesen möchten wir vermeiden. In SchleswigHolstein hat man faktisch gesagt: Wer eine Landtagseingabe gemacht hat, kann sich nicht mehr automatisch an die Härtefallkommission wenden. - Diese Einschränkung halte ich für richtig.
Die Kommission in Schleswig-Holstein kann entsprechend der jetzigen Gesetzeslage gegenüber den örtlichen Behörden bzw. dem Innenministerium eine Empfehlung aussprechen. Das würde - ich habe es bereits ausgeführt - in Niedersachsen ab dem 1. Januar 2003 anders gehandhabt werden, weil das Gesetz ein anderes ist.
Über die Besetzung der Härtefallkommission werden wir uns im Ausschuss noch unterhalten. Ich bin der Ansicht, man sollte in die Geschäftsführung Menschen mit kühlem Kopf und warmem Herzen berufen, denn es geht doch darum, in besonderen Härtefällen zu helfen. Es geht nicht darum, die Zahl der Migranten zu erhöhen. Auch geht es nicht darum, ein zweites Tor nach dem Asylverfahren zu öffnen. Bereits heute bestehen vielfältige Möglichkeiten, Schutzbedürftigen zu helfen. Nur wenn diese Möglichkeiten nicht genutzt werden können, soll es den Weg über die Härtefallkommission geben. Die Schleswig-Holsteiner haben übrigens einen Referatsleiter aus der Ausländerabteilung zum Vorsitzenden berufen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Beckmann, das Letzte war ja eine Maßvorlage. Wenn Sie vorschlagen, dass wir von der Objektförderung in der Städtebauförderung zur Subjektförderung übergehen, dann werden Sie, wenn Sie das 30 Jahre lang machen, die Innenstädte nicht wiedererkennen. Dann wird die Siedlung nach amerikanischem Vorbild auf der grünen Wiese sein, und den Rest können Sie dann nur noch abreißen.
Bevor Sie hier solche Vorschläge machen, sollten Sie einmal nachdenken und hier nicht einfach strikten Lobbyismus betreiben. Das kann man so eigentlich gar nicht stehen lasen.
Wenn Sie hier Konzepte fordern: Diese Konzepte liegen auf dem Tisch. Es gibt sie seit Anfang der 70er-Jahre nach dem Städtebauförderungsgesetz. Das hat dann in das Baugesetzbuch Eingang gefunden. Die Zwischenbilanz zeigt, dass das ganz erfolgreich ist, weil Innenstädte in Deutschland - Herr Wolf hat das ja eindrucksvoll dargelegt noch liebenswert sind und weil man sie noch erleben kann. Sie haben ihre Funktion noch nicht verloren.
Auf ein paar Dinge möchte ich noch eingehen, die Herr Decker hier gesagt hat. Er hat die Verödung der Innenstädte angemahnt.
- Er hat darauf hingewiesen, dass Innenstädte veröden. - Wenn man genauer hinguckt oder nachfragt, woran das liegt, dann kann man feststellen, dass die Vermieter zum Teil Preisvorstellungen davon haben, was man Leuten abnehmen kann, die
einen Laden betreiben, dass sie davon nicht mehr existieren können. Wenn da nicht ein Umdenken auch bei den Vermietern einsetzt, Verantwortung zu übernehmen, dann werden wir überhaupt nichts dagegen machen können.
Eines möchte ich Ihnen noch sagen, Herr Kollege Beckmann. Die Eigenheimzulage ist nicht von uns in die Diskussion gebracht worden, sondern Sie haben das infrage gestellt. Wir möchten uns an einer solchen Diskussion eigentlich nicht beteiligen. Man muss nur laut genug darüber reden, irgendwann kommt es dann auch.
Sie haben auf die Konversionsflächen hingewiesen. Herr Minister Bartling hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass es ab 2003 ein eigenes Programm von 25 Millionen DM gibt. Auch das zeigt eindrucksvoll, dass wir diese Sorgen ernst nehmen und auch bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen, selbst wenn die Kassen so knapp sind.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir können nun wieder zu etwas ruhigeren Umgangsformen zurückkehren. Wir kommen zur Bauordnung.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung setzt die SPD-Fraktion zwei Schwerpunkte:
Zum einen wird die vor sieben Jahren eingeführte Baugenehmigungsfreiheit fortgeführt, erweitert und dem zwischenzeitlich geänderten Baugesetzbuch angepasst. Die Prüfeinschränkung, die 1996 als Verordnung erlassen worden ist, wird neu ins Gesetz aufgenommen. Damit wird die Experimentierphase beendet, die Erfahrungen werden ausgewertet und in die Bauordnung übernommen.
Zum Zweiten führen wir die vielfach schon freiwillig eingeführte und vorweggenommene Barrierefreiheit bei der Errichtung neuer Wohn- und Verwaltungsgebäude in das Gesetz ein. Die Anforderungen des Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes erfüllen wir damit zeitnah für zwei wichtige Lebensbereiche. So sollen in Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein. „Barrierefrei“, das wissen wir, heißt nicht „rollstuhlgerecht“. In jeder achten Wohnung eines Gebäudes müssen die
Wohn- und Schlafräume, Toilette, Bad und Küche künftig rollstuhlgerecht sein. Wir meinen, dass dies bei kluger Planung ohne wesentliche Mehrkosten einzuhalten ist.
Hinzu kommt: Es gibt immer mehr alte Menschen, und es gibt auch immer mehr Menschen mit Handikaps, für die Barrierefreiheit eine wesentliche Erleichterung im Alltag bedeutet. Es ist eine moderne und zugleich Rücksicht nehmende Bestimmung, die sich in Zukunft segensreich auswirken wird.
Wir wissen, dagegen wird schnell das Kostenargument ins Feld geführt. Dieses Argument ist auch nicht immer falsch. Deswegen haben wir eine Ausnahmemöglichkeit für die Fälle vorgesehen, in denen das eigentliche Ziel nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand zu erreichen ist.
Kernpunkte dieser Novelle sind die §§ 69 a und 75 a. Der Landtag hat 1995 die Landesregierung aufgefordert, nach vier Jahren des Umgangs mit § 69 a einen Erfahrungsbericht vorzulegen, dessen Ergebnisse dann wiederum in die NBauO einfließen sollten. Dieser Bericht liegt dem Landtag seit langem vor. Er hat gezeigt, dass der § 69 a breite Anwendung gefunden hat und dass das Ziel, Baugenehmigungsverfahren zu verkürzen, erreicht wurde.
Architekten, Baugewerbe und Handwerk haben im Gegensatz zu vielen Bauaufsichtsbehörden den § 69 a positiv gewürdigt und möchten nicht mehr auf diese Möglichkeit verzichten, zeitnah und verlässlich planen zu können.
Die Bauämter haben in vielen Fällen über massive Verstöße gegen die Vorschriften der Bauordnung berichtet und führten diese vor allem auf den leichtfertigen Umgang mit dem neuen § 69 a zurück. Die Parlamentarier haben diese Auffassung nicht ganz geteilt. Wir als Ausschuss haben uns deswegen gesagt, wir fahren da mal hin und lassen uns das mal vorführen. Wir waren bei drei Kreisverwaltungen: in Lüneburg, in Gifhorn und in Westerstede.
Das Ergebnis war: Verstöße gegen materielles Baurecht wie Unterschreitung von Baugrenzen oder Baulinien, von Abstandsgrenzen oder Abweichungen vom Entwurf gibt es sowohl bei genehmigten wie bei genehmigungsfreien Bauten. Das
wurde besonders in Lüneburg deutlich, wo die Verwaltung uns beides vorgeführt hat, weil sie offenbar den Auftrag nicht richtig verstanden hat. Allerdings werden unbeabsichtigte Planungsfehler bei Bauvorhaben, die ein Baugenehmigungsverfahren durchlaufen, auffällig und können abgestellt werden. Bei Vorhaben nach dem § 69 a wurden Verstöße gegen die speziellen Vorschriften des § 69 a auffällig, die sich durch Gesetzesänderungen durchaus abstellen lassen.
Da die Verstöße gegen den Bebauungsplan vor Ort zuerst auffallen und deswegen auch schnell gehandelt werden muss, bevor das Haus fertig ist, kommt es auf eine gute Zusammenarbeit von Gemeinden und Bauaufsichtsbehörden an. Daran hat es offenbar in vielen Fällen gemangelt. Wenn die Abstandsgrenzen erkennbar schon bei der Bodenplatte unterschritten werden, muss der Bau sofort stillgelegt werden. Das heißt in der Regel, die Kreisverwaltung muss binnen 24 Stunden vor Ort sein und den Bau stilllegen. Sonst ist der Rohbau fertig, der Schaden nicht mehr zu beheben, und es kommt nur noch zu einem langen Rechtsstreit. Aber den wollen wir nicht.
Deswegen war eine Idee, die wir im Ausschuss hatten, die Gemeinden der Ortsnähe wegen stärker in das Baugeschehen einzubinden. So muss zukünftig ein Entwurf, also ein Lageplan und ein Satz Zeichnungen, bei der Gemeinde bzw. bei der Stadt eingereicht werden. Mit dem Bau darf erst begonnen werden, wenn die Gemeinde erklärt hat - wie bisher -, dass a) die Erschließung gesichert ist und sie b) darauf verzichtet, nach § 15 Abs. 1 Baugesetzbuch eine vorläufige Untersagung des Bauvorhabens zu beantragen - z. B. weil sie vorhat, eine Veränderungssperre zu erlassen oder das bereits getan hat.
Im Unterschied zu der Regelung von 1995 kann mit dem Bau erst begonnen werden, wenn dem Bauherrn diese doppelte Bestätigung der Gemeinde vorliegt. Das ist nach spätestens einem Monat der Fall; das ist die Frist, die auch in anderen Verfahren nach Baugesetzbuch vorgesehen ist. In der Regel ist damit keine Verzögerung verbunden, insbesondere nicht bei Bebauungsplänen neueren Datums und wenn die Gemeinde ein Interesse daran hat, dass schnell gebaut und die Sache nicht verzögert wird.
Weiter muss auch bei genehmigungsfreien Bauvorhaben zukünftig ein Bauschild angebracht werden, wie das bei anderen Bauvorhaben bereits seit
langer Zeit der Fall ist. Daraus gehen auch Bauherr und Handwerksbetriebe hervor.
Deutlich wurde bei den Fachgesprächen vor Ort auch, dass die möglichen Bußgelder auch bei den massivsten Verstößen viel zu gering sind. Häufig konnte man die schon in die Kalkulation mit einbeziehen. Man hat gesagt, es gibt eine Strafe von 3 000 bis 5 000 DM, das kann man bei den Kosten leicht mit unterbringen, das nehmen wir in Kauf, Schlimmeres passiert nicht. - Deshalb wird von bisher 5 000 Euro, sprich 10 000 DM, auf 50 000 Euro bzw. von 50 000 Euro auf 500 000 Euro erhöht. Abschreckung muss sein.
Inhaltlich wird der § 69 a erweitert auf Wohngebäude geringer Höhe, auch mit mehr als zwei Wohnungen, und in Gebieten, die per Bebauungsplan als Kleinsiedlungsgebiet, reines und allgemeines oder besonderes Wohngebiet festgelegt sind. Damit ist die mögliche Bebauung derart qualifiziert, dass die Genehmigungsfreiheit erst möglich wird.
Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, das jetzt im neuen § 75 a zu finden ist, werden Wohngebäude bis zur Hochhausgrenze, also 22 m, eingeschossige Gebäude bis 200 m² Grundfläche und landwirtschaftliche Gebäude bis 1 000 m² Grundfläche sowie die Gebäude ohne Aufenthaltsräume mit bis zu drei Geschossen erfasst. Zur Prüfung kommt dann nur noch das städtebauliche Planungsrecht: die Abstandsregelungen, die Einstellplätze und der Brandschutz sowie die Standsicherheit bei Bedarf. Diese Regelung hat sich als Prüfeinschränkungsverordnung bewährt und wird jetzt Gesetz.
Weitere kleinere Änderungen betreffen die Anforderungen an die Vorgaben, wie Bauaufsichtsbehörden personell auszustatten sind. So können zukünftig die Bezirksregierungen auch Gemeinden ab 20 000 Einwohnern die Möglichkeit einräumen, untere Bauaufsichtsbehörde zu werden. Damit sollen die kommunale Selbstverwaltung gestärkt und eine größere Ortsnähe ermöglicht werden. Wir gehen davon aus, dass von dieser Möglichkeit erst nach und nach Gebrauch gemacht werden wird.
Abgeschafft wird die Vorschrift des § 64 Abs. 2, wonach Bauaufsichtsbehörden Bedienstete mit der Befähigung zum höheren technischen Verwaltungsdienst sowie Bedienstete mit der Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst angehören müssen. Ich bitte, das nicht falsch zu verstehen. Es bleibt bei der Anforderung, dass
geeignete Fachkräfte vorzuhalten sind. Damit haben aber die Kreise, Städte und Gemeinden mehr Gestaltungsfreiheit bei Einstellungen. Ohne qualifiziertes Fachpersonal, das ist klar, lassen sich die umfangreichen Aufgaben nicht bewältigen. Allerdings war die bisherige Regelung ein Ausdruck staatlicher Misstrauensverwaltung, wenn man es bösartig formuliert, die anachronistisch geworden ist.
Ferner: Baugenehmigungsfrei werden auf allgemeinen Wunsch zukünftig Carports und Gartenhäuser bis zu 40 m³ Rauminhalt sowie Gewächshäuser bis 30 m³, dies allerdings nur im Innenbereich, damit nicht die ganze Gegend mit Dingen vollgebaut wird, die wir da nicht haben wollen.
Mit den vorliegenden Änderungen wird der Versuch unternommen, entgegen den zunehmend komplexer werdenden Vorschriften die Vereinfachung der 90er-Jahre durchzuhalten und noch zu erweitern. Die SPD-Fraktion ist im Verfahren für Verbesserungsvorschläge offen. Wir wünschen uns eine intensive, gleichwohl zügige Beratung, damit die am Bau Beteiligten recht bald von den Erleichterungen Gebrauch machen können.
Wir haben eine Bitte. Wir möchten, dass auch der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und der Unterausschuss für Tourismus und Heilbäderwesen an der Beratung beteiligt werden, weil im Verfahren auch noch Gaststätten erwähnt worden sind. Schönen Dank.
Herr Kollege Hagenah, das kann so nicht stehen bleiben, wie Sie es hier dargestellt haben. Wenn Sie einmal das Spektrum der Petitionen betrachten, die wir im Ausschuss behandeln, dann betreffen nur ganz wenige den § 69 a. Ansonsten betreffen sie Schwarzbauten und Verstöße, das sind uralte Geschichten. Das zeigt, dass im Baubereich vielfältig gegen geltendes Recht verstoßen wird, zum einen deswegen, weil die Vorschriften so kompliziert sind, zum anderen aber auch deswegen, weil die Bauaufsichtsbehörden ihr Augenmerk nicht überall haben, zum Teil auch deswegen, weil die Bebauungspläne früher nicht so exakt aufgestellt worden sind, wie sie heute aufgestellt werden.
Das, was wir 1995 eingeführt haben, hat also mitnichten zu dem geführt, was Sie hier beschreiben. Es wäre besser gewesen, Sie hätten den Gesetzentwurf gelesen anstelle eines Zeitungsberichts über eine Anhörung in Hessen für etwas ganz anderes.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Biallas, fast könnte man meinen, Sie haben schon eine Menge Kreide geschluckt. Das, was Sie gesagt haben, war in weiten Bereichen recht wohltuend und hob sich von dem ab, was sonst von der Bundesebene zu hören ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Asylrecht, Ausländerrecht und Zuwanderung beschäftigen uns in diesem Landtag ständig. In immer neuen Variationen bringen beide Oppositionsparteien Anträge zur Diskussion, wobei sich der Regelungsgehalt in der Regel dem direkten Zugriff des niedersächsischen Gesetzgebers entzieht. Es geht meistens um Bundesrecht oder sogar um europäisches Recht, wie in dem ersten vorliegenden Antrag der CDU. Bereits bei der Einbringung habe ich prophezeit, dass dieses Thema bei der niedersächsischen Landesregierung in guten Händen ist, und in intensiven Diskussionen haben wir das bestätigt gefunden. Wir haben Sie in Zusammenarbeit mit den Fachbeamten des Innenministeriums fast davon überzeugen können, dass dem tatsächlich so ist. Aus diesem Grund hat der Innenausschuss dann auch empfohlen, den Antrag für erledigt zu erklären. Nun haben Sie gesagt: Es bleibt auf der Agenda. Ich kann Ihnen erwidern: Wenn es auf der Agenda bleibt, bleibt es weiterhin bei dieser Landesregierung und bei diesem Innenminister in guten Händen.
Also können wir feststellen: In diesem Bereich herrscht weitgehend Übereinstimmung zwischen den beiden großen Fraktionen und übrigens auch mit den Grünen. Wenn die CDU-Fraktion wirklich ehrlich wäre, könnte man das auch beim Thema Zuwanderungsgesetz feststellen. Herr Kollege
Biallas, Sie haben sich eben im Prinzip nur auf die beiden Punkte Integrationskosten und Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zurückgezogen. Im Gesetz steht, dass die Dauer von Asylverfahren deutlich verkürzt werden soll.
- Jetzt sind sie natürlich auch schon sehr kurz. 36 Monate werden nicht mehr der Normalfall sein. Die Dauer wird kürzer sein. - Wenn die CDUFraktion, wie gesagt, ehrlich wäre
und wenn dieses Zuwanderungsgesetz hier zur Abstimmung stünde, könnte sie ihm zustimmen. Sie könnte ihm zustimmen, wenn da nicht die Bundestagswahl am 22. September wäre und wenn es nicht den Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber gäbe. Der hat nämlich Sie, die CDU, zur Opposition und in weiten Bereichen leider auch zur Obstruktion vergattert. Sie dürfen diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht Ihre Zustimmung erteilen.
Sie dürfen deswegen nicht dafür sein, weil die Verabschiedung des Gesetzes ein weiterer Erfolg der Regierung Schröder nach der Steuerreform und nach der Rentenreform wäre. Das ist der Punkt. Darum geht es.
Mit dieser verqueren Logik werden Sie nicht durchkommen. Schon die Überschrift Ihres Antrages - „Erhöhte Zuwanderung ohne Begrenzung und Steuerung“ - ist pure Polemik ohne Substanz und Gehalt.
Sie reden von 4,3 Millionen Arbeitslosen und suggerieren, deshalb dürfe nicht ein einziger Ausländer zusätzlich ins Land, weil er nämlich den Deutschen die Arbeit wegnähme. So schlicht, wie Sie es glauben machen wollen, geht es nicht. Entscheidend für die Zulassung von Zuwanderung soll nach dem Gesetzentwurf die Situation auf dem Arbeitsmarkt sein, und zwar nicht nur insgesamt, sondern auch regional. Es wird danach also weiterhin
Greencard-Spezialisten aus dem Ausland geben, die bei uns Mangelware sind. Es wäre auch möglich, den Notstand in bestimmten Bereichen unseres Landes, z. B. in den pflegerischen Berufen, mit Arbeitsmigranten zu bekämpfen. Wohlgemerkt: Es geht um Bereiche, in denen der deutsche Arbeitmarkt die Nachfrage mittel- oder langfristig nicht bedienen kann. Das wollen Sie nicht.
Den Ehegattennachzug bei Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention wollen Sie auch nicht. Den Nachzug von Kindern bis zum Alter von 14 Jahren - bei Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention - wollten Sie nicht. Nun ist man Ihnen entgegengekommen und hat gesagt: Wir können das Nachzugsalter senken. - Aber noch immer wollen Sie diesen Nachzug nicht. Die Offenheitserlaubnis bei geschlechtsspezifischer und nichtstaatlicher Verfolgung wollen Sie nicht, obwohl die Flüchtlinge in aller Regel aus anderen Gründen nicht abgeschoben werden.
Das, was ich eben angeführt habe, nennen Sie „erhöhte Zuwanderung ohne Begrenzung und Steuerung“. Die Zahlen sind vernachlässigbar klein. Deshalb nennen Sie auch keine, sondern haben sich in Ihrer Rede auf die Kosten für Integration und auf die Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen.
Ich nenne den Gesetzentwurf ein bisschen Humanität, ein bisschen arbeitsmarktpolitische Vernunft und ein bisschen staatlichen Egoismus. Wir möchten nämlich gerne die hier behalten, die uns aufgrund ihrer guten Ausbildung nützen und weil Deutsche in diesen Fällen nicht zu leisten im Stande sind, was gemacht werden muss.
Wenn Sie ehrlich wären und wirklich etwas gegen erhöhte Zuwanderung tun wollten, die uns ja wirklich Probleme bereitet, dann würden Sie uns folgen, und zwar in dem Bereich Aussiedler. Jährlich kommen rund 200 000 Asylbewerber, Flüchtlinge und Spätaussiedler zu uns. Es sind mehr Spätaussiedler als Asylbewerber. Die Sprachprobleme, die Integrationsprobleme sind die gleichen.
Wir streben an, die Zahl der Spätaussiedler aus der ehemaligen UdSSR deutlich zu begrenzen und damit den Menschen, den Kommunen und uns selbst bei einer erfolgreichen Integration zu helfen. Das muss nämlich besser werden, als es in den letzten zehn Jahren gemacht worden ist.
Das Zuwanderungsgesetz regelt auch die Integration und verpflichtet den Bund zu deutlichen finan
ziellen Anstrengungen. Das ist nur positiv. Damit wären wir ein Stück weiter, wobei wir - da gebe ich Ihnen Recht - dann noch nicht ganz am Ende wären.
Wenn Sie ehrlich wären, wenn Sie die Integration verbessern wollten, wenn sie die Zuwanderung wirklich begrenzen wollten, wenn Sie sie steuern und regeln wollten, dann müssten sie uns folgen, das Zuwanderungsgesetz begrüßen, die Zuwanderung der Spätaussiedler deutlich reduzieren und die Integration merklich verbessern. Das wollen Sie nicht. Sie wollen über den Sommer den Menschen Angst machen mit angeblich unbegrenzter Einwanderung. Das ist das, was Sie können. Das haben Sie in Hessen schon bewiesen. Sie versuchen, das hier nachzumachen. Das können Sie: Angst schüren und Ihren kleinen parteipolitischen Vorteil suchen, indem Sie am rechten Rand des politischen Spektrums fischen gehen.
Ich prophezeie Ihnen: Sie werden nicht fischen gehen, Sie werden baden gehen bei diesem Versuch, und die SPD-Fraktion wünscht Ihnen dabei eine wirkungsvolle Abkühlung am 22. September.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist interessant, den Ausführungen hier zu lauschen, soweit es die Bundespolitik angeht. Bei Frau Stokar weiß ich, dass sie bundespolitische Ambitionen hat. Bei Herrn Biallas war mir das bislang noch nicht bekannt. Wenn man davon ausgeht, dass Sie hier im Landtag sozusagen die CDU auf Bundesebene und Sie hier im Landtag die Grünen auf Bundesebene vertreten - -
- Ich vertrete die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag und kann Ihnen sagen, was mit der SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag zu machen ist und was nicht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, was wollen Sie eigentlich?
Sollen wir Ihrem Antrag vom November, in dem Sie fordern, den Entwurf von Schily abzulehnen - der Antrag ist noch in der Beratung; Sie müssten ihn eigentlich zurückziehen -, oder dem Antrag zustimmen, den Sie nun vorgelegt haben? Das würden wir gerne tun, weil der Gesetzentwurf auf Bundesebene ein Kompromiss ist. Das Problem dabei ist, dass der Bundestag das nicht allein beschließen kann. Wenn der Bundestag das alleine beschließen könnte, wären möglicherweise die einen oder anderen Länderrechte tangiert, z. B. was die Finanzen angeht. Das haben Sie auch angesprochen.
Was den vorliegenden Antrag angeht, sind meiner Ansicht nach zwei Dinge wesentlich: Erstens. Wir sind uns grundsätzlich darin einig, dass der Gesetzentwurf eine gute Grundlage für künftige Zuwanderung und Integration darstellt. Zweitens. An Niedersachsen wird das Zuwanderungsgesetz im Bundesrat nicht scheitern. Es wird also nicht funktionieren, die SPD hier im Landtag als Knüppel gegen Schily zu instrumentalisieren.
Um wieder zur Sache zu kommen, möchte ich Ihren Antrag einmal durchgehen und Ihnen sagen, wo SPD und Grüne im Niedersächsischen Landtag gemeinsame Wege gehen und wo sich die Wege trennen müssen, und zwar im Wesentlichen unter taktischen Gesichtspunkten.
Uns ist wichtig, dass ein Zuwanderungsgesetz beschlossen wird, damit die Regelungen zur Integration letztlich auch greifen. Ihnen geht es darum, ein Thema für die nächste Bundestagswahl zu haben, mit dem Sie den Leuten Angst machen können. Das ist das, was Sie mit Ihren Beiträgen und Anträgen erreichen wollen.
SPD und Grüne sind sich darin einig - Frau Süssmuth sieht das genauso -, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Bisher ist es leider eine ungeregelte Einwanderung mit ungenügender Integration. Das beschert uns ein ganzes Bündel von Problemen, die in jeder größeren Gemeinde zum Tragen kommen.
Zuwanderung zu öffnen und damit jeden herkommen zu lassen, der herkommen möchte, weil er mühselig und beladen ist, wie Sie es fordern, kann
nicht Sinn des Gesetzes sein. Vielmehr geht es um die Steuerung und damit auch um die Regelung und Begrenzung der Zuwanderung.
Was die CDU angeht, die immer vehement eine Begrenzung fordert, so verweise ich auf die größte Zuwanderungsgruppe, die Spätaussiedler. Wenn wir diesbezüglich die Begrenzung nicht in den Griff bekommen, dann können wir uns die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz sparen; denn bei dieser Gruppe sind die Probleme der mangelnden Integration am größten.
Geregelte Zuwanderung hingegen kann uns nützen, wenn die Zuwanderer die kulturellen und wirtschaftlichen Fähigkeiten dafür mitbringen, sich bei uns ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das heißt im Klartext: Sie müssen Deutsch können und auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden. Es ist vernünftig - Frau Stokar, da stimme ich Ihnen zu -, dabei den regionalen Arbeitskräftebedarf zu berücksichtigen.
Nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgung als Schutzgrund und Grundlage für eine Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen, ist sachgerecht und wird den menschlichen Schicksalen gerecht. Auch bislang wurden Menschen, auf die das zutraf, nicht abgeschoben. Aber die im Gesetzentwurf getroffene Regelung ist besser.
Über das Alter für den Nachzug ist öffentlich diskutiert worden. Der Kompromiss sieht ein Nachzugsalter von 14 Jahren vor. Das sollte wirklich die unterste Grenze bleiben. Wenn in einem Vermittlungsverfahren als Obergrenze für das Nachzugsalter zwölf Jahre herauskommen sollte - Herr Teufel wollte ja noch weiter gehen, wobei Herr Döring ihn dann gestoppt hat -, so wäre das schlecht. Aber es wäre kein ausreichender Grund, den gesamten Gesetzentwurf abzulehnen. Grundsätzlich aber sollte der grundgesetzlich garantierte Schutz der Familie nicht nur für deutsche Familien, sondern für Familien in aller Welt gelten.
Andererseits müssen die Voraussetzungen für eine Integration in der Bundesrepublik gegeben sein. Sie sollten nach Möglichkeit nicht alle erst hier und dann auf unsere Kosten geschaffen werden. Es sollte unterbunden werden, dass Kinder türkischer Herkunft von ihren Eltern in die Türkei geschickt werden, damit sie dort bei ihren Großeltern aufwachsen, die Schule besuchen und dann zurückkommen, ohne Deutsch gelernt zu haben. Dann
haben sie nämlich denkbar schlechte Chancen, hier ihren Weg zu gehen.
Das Asylbewerberleistungsgesetz vermag ich nicht als sehr restriktiv anzusehen. Ich habe den Eindruck, dass wir uns den Aufenthalt von Asylbewerbern hier einiges kosten lassen. Darüber, dass es zu wenig ist, wird eigentlich auch keine Klage geführt. Die Behauptung, die von der EUKommission empfohlenen sozialen Mindestnormen für Flüchtlinge würden in Deutschland
schon jetzt nicht erreicht, kann ich nicht teilen. Es mag an Zuwendung und Integrationsmaßnahmen mangeln. Aber das hat durchaus mit der ungeheuren Anzahl von Asylbewerbern zu tun, die bis vor wenigen Jahren zu uns gekommen sind.
Bei der europäischen Harmonisierung wird sich herausstellen, dass unser Leistungsniveau recht hoch ist. Sonst wäre Deutschland als Ziel für Asylbewerber nicht so begehrt. Die südeuropäischen Länder werden Schwierigkeiten bekommen, unseren Leistungsstand zu erreichen.
Nun zur Härtefallregelung: Auf den ersten Blick lässt sich mit einer Härtefallregelung jegliche Härte vermeiden. Auf den zweiten Blick eröffnet man damit ein zweites Tor nach dem Asylverfahren. Ob das vernünftig ist, weiß ich so nicht. Es gibt auch bisher schon über Abschiebungshindernisse, Notwendigkeiten des Arbeitsmarktes und Altfallregelungen Möglichkeiten, Schutzbedürftigen zu helfen. Die Diskussion darüber ist, meine ich, notwendig. Da müssen uns auch die Wege aufgezeigt werden, wenn es denn gehen soll, wie man es bitte machen sollte.
Zur Abschiebehaft: Ich kenne nicht alle Stellen, wo es in Deutschland Abschiebehaft gibt. Aber ich habe mir sagen lassen, dass die Bedingungen in Langenhagen - gut, man ist natürlich in Haft; das lässt sich auch nicht verhindern - keine weiteren Wünsche offen lassen. Ich meine, mehr geht nicht.
Die Kosten der Integration sind in der Tat ein Problem. Ich vermute mal, dass sie für uns im Landtag und die Menschen hier das dringendste Problem sind. Vernünftigerweise sollte der Bund die Kosten tragen, wie schon bei den Sprachkursen der Aussiedler. Gerade die Reduzierung der Zuwandererzahlen würde es uns ermöglichen, mehr Integration für die zu leisten, die schon hier sind. Trotzdem wird es ganz ohne finanzielle Beteili
gung von Land und Kommunen nicht gehen. So war es bisher auch schon. Aber es darf eben nicht schlechter werden. Wir wissen, dass dieses Problem bei der Landesregierung für die Kommunen in guten Händen ist.
Die Aufforderung der Grünen „Zustimmung zum Gesetz nur dann, wenn folgende Forderungen erfüllt sind: erstens..., zweitens..., drittens..., viertens..., sonst Ablehnung des Gesetzes“ wird die niedersächsische SPD nicht mitmachen. Die Landesregierung arbeitet konstruktiv am Bundesratsverfahren mit - das ist uns vorgeführt worden -, notfalls auch hart und konsequent. Doch das Gesetz darf nicht scheitern. Wir können nicht ein paar Jahre eine Diskussion darüber machen und anschließend feststellen, es kommt im Bundestagswahlkampf unter die Räder.
Nun zur CDU: Ihren Zumutungen, die Sie hier in mehreren Anträgen im Plenum zum Ausdruck gebracht haben, wobei Ihnen am liebsten ist, das ganze Gesetz fände nicht statt, werden wir nicht folgen. Die Folgen missglückter Integration, z. B. durch Scheitern des Gesetzes, wären größer als alle Befürchtungen, die Sie hier geäußert haben, selbst wenn sie zuträfen. Das Gesetz eignet sich eigentlich nicht zum Wahlkampf, weil es auf dem Rücken der Zuwanderer und der hier schon lebenden schlecht Integrierten ausgetragen wird. Im Übrigen leiden unter einem mangelnden Gesetz auch die, die z. B. in der Schule mit jungen Menschen zu tun haben, denen es an den elementarsten Kenntnissen der deutschen Sprache und unserer Kultur fehlt.
Mit anderen Worten: Wir brauchen das Zuwanderungs- und Integrationsgesetz, weil die Folgen missglückter Einwanderung und Integration für unsere Gesellschaft bedrohlich sind. Noch längere Diskussionen ohne eine Verabschiedung des Gesetzes als Ergebnis daraus sind nur noch schädlich. Deswegen wird der Antrag der Grünen die Haltung der Landesregierung zum Zuwanderungsgesetz nicht verändern.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Dilemma der Diskussion um die Mobilfunksendeanlagen ist Folgendes: Handys sind weithin völlig akzeptiert, und sichtbare Sendeanlagen gelten bei vielen Menschen als Anschlag auf die Volksgesundheit. Diese beiden extremen Standpunkte waren Ausgangspunkt für den Antrag der SPD-Fraktion, den wir im Januar letzten Jahres eingebracht haben. Die Beratung hat dazu geführt, dass es einen veränderten Antrag gibt, der in der Sache zwischen den Fraktionen weithin unstrittig ist.
Die Problempunkte dabei sind - ich will sie kurz erwähnen -: Wie gefährlich ist elektromagnetische Strahlung? Reichen die Vorsorgegrenzwerte aus? Welche Abstände müssen eingehalten werden, um völlig unbesorgt leben zu können, was die Einwirkungen elektromagnetischer Strahlung angeht?
Ungeklärt ist bislang die tatsächliche Verbreitung der Sendeanlagen. Zum Teil wissen nicht einmal die Kommunalverwaltungen - das hat auch Herr Kollege Hagenah gesagt -, wo in ihrem Bereich sich solche Anlagen befinden. Ärger gibt es meistens dann, wenn Sendeanlagen sichtbar aufgebaut werden sollen. Was man sieht, ist eine Bedrohung. Der Ärger richtet sich dann immer gegen die Kommunalpolitiker vor Ort - ob berechtigt oder nicht. Die Sorge in der Bevölkerung in vielen Gemeinden war der Ausgangspunkt für den Antrag.
In dem Jahr Diskussion ist vieles klarer geworden, Wichtiges ist vereinbart worden, z. B. die Vereinbarung zwischen den Mobilfunkbetreibern und den kommunalen Spitzenverbänden, aber ein völlig befriedigender oder gar befriedeter Zustand ist natürlich nicht erreicht worden.
Mit den Gegebenheiten haben wir uns intensiv befasst. Weil es eine bundesweite Diskussion war, hat sie auch zu Ergebnissen geführt. Der Antrag wurde deutlich verändert. Eine Zielrichtung ist aber geblieben: Nach wie vor soll die Landesregierung gebeten werden, sich gegenüber der Bundesregierung für einen hohen Standard des vorbeugenden Verbraucher- und Anwohnerschutzes einzusetzen. Dass sich der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Herr König, in seiner Haut nicht ganz wohl fühlt, kann man daraus entnehmen, dass er sagt, dass weiter geforscht wird - er ist ja ein Grüner -, gleichzeitig aber darauf hinweist, dass die Gefahr durch die exzessive Verwendung von Handys größer sein könnte, weil die Handys direkt am Ohr, direkt am Kopf sind.
- Erfahrungen aus der Küche kann ich nicht beisteuern. - Eines wissen wir auf jeden Fall: Der Schutz vor den thermischen Einwirkungen von Sendeanlagen ist perfekt. Das ist schon durch das bisherige Genehmigungsverfahren geregelt. Es gibt auch keinen Beweis dafür, dass Sendeanlagen eine Gesundheitsgefahr darstellen. So wird auf Folgendes verwiesen: Sendeanlagen strahlen ähnlich wie Leuchttürme geradeaus. Direkt darunter ist die Beeinflussung gering. In geringer Entfernung, in einer Entfernung von wenigen Metern, erkennen selbst Skeptiker keine Gefährdung mehr. Je größer die Skepsis ist, desto größer ist die relevante Entfernung. Ich sage einmal: In etwa 150 m Entfernung ist eigentlich nichts mehr zu befürchten. Man sieht aber den Mast und meint, damit sei die Gefährdung gegeben.
Es gibt aber nach wie vor zu wenig eindeutige Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet. Deswegen legen wir Wert darauf, dass Projekte wie das Vorhaben des Bremer Instituts für Präventionsund Suchtforschung durch die Landesregierung unterstützt werden.
Ich betone dabei: Dazu gehört auch das Landesgesundheitsamt. In dieser Studie geht es darum,
mögliche Schlafbeeinträchtigungen durch neue Technik zu registrieren. Dazu müssten die Mobilfunkbetreiber des Nachts die Sendeanlagen ab und an einmal abschalten. An der Bereitschaft dazu hapert es bislang. An dieser Stelle muss die Landesregierung helfen, und auch die Mobilfunkbetreiber müssen ihren Ankündigungen Taten folgen lassen. Wie schon gesagt wurde, haben sie sich in anderer Hinsicht bewegt. Es gibt eine Vereinbarung über den Informationsaustausch und über die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunknetze.
Der Landtag erwartet deshalb, dass die Landesregierung alle Daten über die Standorte von Sendeanlagen von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post erhält und den Kommunen im Lande zugänglich macht. Das beinhaltet keine Bringschuld seitens der Landesregierung, aber eine Auskunftspflicht bei Anfragen der Kommunen.
Zu wünschen ist auch - darauf hat der Kollege Hagenah schon hingewiesen -, dass den Kommunen Informationen über andere zivile und militärische Sendeanlagen jeglicher Art zugänglich gemacht werden, damit sie bei der Standortdiskussion alle notwendigen Informationen haben, die sie brauchen. Das ist in dem Antrag nicht ausdrücklich erwähnt; deswegen spreche ich es an dieser Stelle an.
Bis zum Beweis des Gegenteils gehen die Fraktionen davon aus, dass die Mobilfunkbetreiber den Verpflichtungen nachkommen, die sich aus der Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden ergeben.
Aufgrund der Erfahrungen, die wir hierzulande gemacht haben, wissen wir, dass die Netzbetreiber durchaus unterschiedlich kooperativ sind. Wir wollen feststellen, wie gewissenhaft sie sich in Konkurrenzsituationen an die Vereinbarung halten. Deshalb soll die Landesregierung dem Fachausschuss bereits Ende Mai über den Stand der Entwicklung im Mobilfunkbereich berichten. Wir alle wünschen, dass die Vereinbarung hält, was sie verspricht. Langfristig könnte damit den Auseinandersetzungen im Lande so manche Spitze genommen werden.