Meine Damen und Herren, aus der verfassungsrechtlichen Vorgabe, alle Mütter und Väter unabhängig vom Familienstand gleich zu entlasten, folgt zwingend, dass der Haushaltsfreibetrag gestrichen werden musste, weil er nur allein Erziehenden zustand. Alle Bemühungen, den Haushaltsfreibetrag für allein Erziehende aufrechtzuerhalten, wären somit verfassungsrechtlich unzulässig. Entsprechende Forderungen der CDU-Fraktion sind somit auf einen Verfassungsverstoß gerichtet.
Nun aber zum Positiven, was Sie ja gern hören wollten, Frau Pothmer: Die Bundesregierung hat im Zweiten Familienfördergesetz einen Weg beschritten, der soziale Härten für allein Erziehende vermeidet. Der Haushaltsfreibetrag wird, wie Sie
Zusammen mit dem erhöhten Kindergeld führt das nicht zu einer Mehrbelastung. Die Berechnungen im CDU-Antrag sind falsch.
In einem weiteren Punkt wurden Härten für allein Erziehende vermieden. Die stufenweise Minderung gilt nämlich für alle, auch für die, deren Kinder erst im Jahr 2002 geboren werden, oder in den Fällen, in denen ein Ehepartner in der Zeit verstirbt oder in denen die Übertragung des Freibetrages rückgängig gemacht worden ist.
Außerdem - das ist das Entscheidende zum Antrag der Grünen - können erwerbsbedingte Betreuungskosten abzogen werden. Das wissen Sie ganz genau, Frau Pothmer.
Wenn die Betreuungskosten 774 Euro bei Alleinstehenden und den doppelten Betrag bei Verheirateten übersteigen, können sie von der Steuer abgezogen werden. Die 774 Euro und der doppelte Betrag bei Verheirateten sind bereits im Grundfreibetrag enthalten und stehen somit jedem zu. Sie möchten offenbar zweimal abziehen können. Das geht aber nicht.
Sie erkennen an meinen ausführlichen Darstellungen, dass Betreuungskosten tatsächlich schon vom ersten Euro an anerkannt werden. Ob Sie es zur Kenntnis nehmen oder nicht, ist egal. Es ist so.
(Wegner [SPD]: Herr Lestin will über dieses Thema noch einmal eine Dok- torarbeit schreiben! – Heiterkeit bei der SPD)
Mit dem Abbau des Haushaltsfreibetrags in Stufen und mit der zusätzlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten hat die Bundesregierung den Müttern und Vätern erheblich mehr an Entlastung geschaffen, als das Verfassungsgericht es geboten hat.
Das Verfassungsgericht verlangt nämlich nur die Berücksichtigung des Existenzminimums eines Kindes. Wir machen erheblich mehr. Mit dem Kindergeld, das im Jahr 2002 zum dritten Mal seit 1998 erhöht wurde, erhalten gerade Eltern mit niedrigen und mittleren Einkommen eine erheblich höhere finanzielle Entlastung als durch eine bloße Steuerfreistellung.
„sind die 1,8 Millionen Alleinerziehenden in der Bundesrepublik, die laut Armutsbericht der Bundesregierung ohnehin am stärksten von Armut betroffen sind.“
(Beifall bei der SPD - Frau Vogelsang [CDU]: Wir haben nicht gefordert, den Haushaltsfreibetrag wieder einzu- führen; wir wollten Hilfe für diese Menschen!)
Unter dieser Erkenntnis aus Ihrem eigenen Antrag kann ich Ihnen für dieses Ansinnen nur ein Armutszeugnis ausstellen.
Oder sind Sie der Meinung, dass gerade die Leute, die in Armut leben, die höchsten Steuern zahlen und die höchsten Steuersätze haben?
Das kann nicht Ihr Ernst sein, und man sollte sich wünschen, dass Sie bei der Abfassung Ihrer Anträge etwas sorgfältiger vorgehen und nicht versuchen, sich selbst zu überholen.
Gerade für allein Erziehende ist Hilfe im außersteuerlichen Bereich viel wichtiger, insbesondere durch ein verbessertes Angebot an Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Das ist die Basis einer guten Familienpolitik, die weit über steuerliche Maßnahmen hinaus geht. In vielen Bereichen sind weitere Verbesserungen zugunsten der Familien nötig. Darauf weist der Ausschuss für Haushalt und Finanzen in der von ihm empfohlenen Antragsfassung zu Recht hin. Darum wollen wir diese Fassung beschließen.
Sie kennen die Programme der Bundesregierung, die wir mit Nachdruck fördern, und Sie kennen die Leistungen Niedersachsens auf diesem Gebiet, die in der Vergangenheit erbracht wurden.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3856 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer möchte dagegen stimmen? - Möchte sich jemand
der Stimme enthalten? - Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, die erste Abstimmung war die Mehrheit. Damit sind Sie der Ausschussempfehlung gefolgt.
Tagesordnungspunkt 35: Zweite Beratung: Ausbau der Binnenwasserstraßen und stärkere Nutzung der Potenziale der Binnenschifffahrt - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 14/3342 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Häfen und Schifffahrt - Drs. 14/3857
Der Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3342 wurde in der 107. Sitzung am 16. Mai 2002 an den Ausschuss für Häfen und Schifffahrt zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Buß. Ich erteile ihm das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Buß!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im April dieses Jahres hat die SPDFraktion ihren Entschließungsantrag betreffend Ausbau der Binnenwasserstraßen und stärkere Nutzung der Potenziale der Binnenschifffahrt eingebracht. Bei der Einbringung unseres Antrags hier im Plenum habe ich angeboten, unseren Antrag zu einer gemeinsamen Entschließung aller Fraktion im Landtag zu machen. Leider haben aber weder die CDU-Fraktion noch die Fraktion der Grünen Anregungen oder Änderungen zu unserer Entschließung eingebracht. Dies bedaure ich; denn eine gemeinsame Entschließung hätte diesem von allen als notwendig erachteten Anliegen mehr Gewicht gegeben. Zumindest aber haben Sie unserem Antrag zugestimmt, obwohl Sie im Ausschuss noch von „Wunschträumen“ gesprochen haben.
Jeder, der auch nur etwas von Schifffahrt versteht, weiß, dass es absolut notwendig ist, die Binnenwasserstraßen an die heutigen und auch zukünftigen Erfordernisse anzupassen. In den letzten zehn
Jahren ist die Verkehrleistung auf unseren Binnenwasserstraßen um fast 20 % gestiegen und soll bis zum Jahr 2015 nochmals um mehr als 30 % steigen. Ich gehe davon aus, dass diese Prognose gerade wegen der EU-Osterweiterung und der daraus resultierenden Zunahme der Warenströme noch nach oben hin korrigiert werden muss. Straße und Schiene können diesen zunehmenden Verkehr nicht mehr aufnehmen. Außerdem ist es wirtschafts- und umweltpolitisch gewollt, mehr Verkehr von der Straße auf die Wasserstraße zu verlagern.