Meine Damen und Herren, die Grünen haben in Ihrer Darstellung völlig verkannt, dass die Vermögensteuer seit ihrer Abschaffung das Land Niedersachsen 1,5 Milliarden DM gekostet hat. Denn sie ist damals zu Zeiten Kohl mit der klaren Zusage abgeschafft worden, Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer würden kompensieren. Das ist bei weitem nicht so. 1,5 Milliarden liegen wir hinter dem Soll. Diese Zahl, Herr Möllring, muss zusammen mit der Ansage diskutiert werden, das Verfassungsgericht habe gesagt, die Vermögensteuer sei verfassungwidrig. Dem ist nicht so. Das Verfassungsgericht hat gesagt: So, wie sie damals aufgestellt war, ist sie nicht in Ordnung. Deshalb die Eckpunkte der SPD in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen, die
klipp und klar besagen: Wir wollen eine Besteuerung mit erheblich hohen Freibeträgen 1 Million für Private, d. h. für Familien mit zwei Kindern, und verzehnfacht im Bereich der betrieblichen Versteuerung -, sodass auch klar ist, dass es wirklich die Vermögenden trifft. Dann wird aus dieser Vermögensteuer in der Tat eine Solidaritätssteuer oder eine Verantwortungssteuer, wie wir sagen. Wer sich im Prinzip dagegen wehrt, der hat ein Problem mit Gerechtigkeit in der Steuerbelastung in unserer Gesellschaft. Deshalb ist es so wichtig darauf hinzuweisen - wir tun dies auch mit Nachdruck -, dass die Erhebung dieser Steuer im Bereich der Methoden und der Maßstäbe vereinfacht, effizienter, aber auch transparenter gestaltet wird. Deshalb, Herr Golibrzuch, ist es, was die Bearbeitungsprobleme angeht, eine Chimäre, die Sie hier zeigen. Gemessen an einer Einnahme zwischen 8 Milliarden DM und 9 Milliarden DM für die Länder und die Kommunen, gehen wir davon aus, dass wir etwa 5 % dieser Summe aufwenden müssen, um sie beizubringen. Wenn das kein vernünftiges Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag ist, weiß ich nicht, wie Sie überhaupt Steuern hereinholen wollen.
Noch eines halte ich für wichtig, meine Damen und Herren - das will ich ebenfalls deutlich sagen -: Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir die Kommunen zur Erfüllung ihres Beitrages zum Bildungsauftrag entsprechend finanzieren wollen. Deshalb die klare Ansage: Von den Einnahmen aus der Vermögensteuer gehen selbstverständlich über den Betrag, mit dem aus dem kommunalen Finanzausgleich zu rechnen ist, hinaus ein Drittel in den kommunalen Bereich. Dieses Geld käme dann tatsächlich hinzu.
Letzter Punkt, meine Damen und Herren: Die CDU wird sich zwischen den drei Positionen, die derzeit kommuniziert werden, entscheiden müssen: erstens strikt dagegen,
zweitens ein Teil dafür, aber dann als Landessteuer separat in den Ländern erhoben, oder drittens unter der Decke dafür nach dem Motto: Lasst die Sozis mal durchdrücken; wir kassieren in den CDULändern dann mit, nehmen das Geld und freuen uns über die neue Steuereinnahme, die ausschließlich bei Ländern und Kommunen bleibt.
Letztgenannter Weg, Herr Wulff, wird nicht funktionieren. Deshalb im Januar der Antrag von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen im Bundesrat.
Jetzt hat der Kollege Möllring das Wort. Der Minister hat um eine knappe Minute überzogen. Die erhalten Herr Möllring und auch Frau Harms zusätzlich. - Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie übertreffen bald Ihren Ministerpräsidenten. In der letzten Landtagssitzung haben Sie noch gesagt, Sie hätten nicht die Möglichkeit gesehen, weitere 2 500 zusätzliche Stellen für die Zukunft in der mittelfristigen Finanzplanung zu veranschlagen. Heute sagen Sie, Sie wollten etwas für die Bildung tun. Was ist nun wahr? Eines jedenfalls werde ich Ihnen versprechen: Kein CDU-geführtes Land wird diese idiotische Vermögensteuer mittragen. Wir werden Sie nicht mit tragen, weil sie substanzverzehrend ist.
Der Ökonom Kai-Christian von Weizsäcker hat dem Ministerpräsidenten Peer Steinbrück einen offenen Brief geschrieben, der in der FAZ abgedruckt war. An Herrn Gabriel hat er offensichtlich nicht geschrieben, weil er es für die letzten Wochen nicht mehr für nötig hielt. KaiChristian von Weizsäcker hat die WeizsäckerSchere entwickelt. Damit hat er als Ökonom nachgewiesen, dass bereits im fünften Jahr nach Einführung der Vermögensteuer der Staat auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts als Einnahme verzichten müsste. Das heißt, es ist eine Steuer, die den Staat letztendlich belastet, weil sie die Unternehmen und die Privatleute belastet. Dies ist nicht mehr hereinzuholen. Und es ist eine Steuer, die einen erheblichen Verwaltungsaufwand nach sich zieht.
Sie müssen jede Immobilie neu bewerten, und Sie wollen sie nach dem Verkehrswert bewerten. Dazu brauchen Sie weit über 1 000 neue Mitarbeiter in den Finanzämtern.
Sie brauchen nach der Berechnung der Steuergewerkschaft mindestens 6 000 Mitarbeiter für die ständige Bearbeitung. Ich will Ihnen noch eines sagen: Sie müssen in Niedersachsen mindestens 2 Millionen Immobilien neu bewerten. Wenn nur 1 % von diesen 2 Millionen Eigentümern mit der Verkehrswertberechnung der Finanzbehörden nicht einverstanden ist, dann werden beim Finanzgericht 20 000 Klagen eingereicht werden.
Ich habe der Antwort auf die Große Anfrage des letzten Monats entnommen, was das Finanzgericht in Niedersachsen jährlich überhaupt leisten kann. Die Zugänge an Klagen betragen 10 000 pro Jahr, und 10 000 Klagen werden erledigt. Wenn nun 20 000 zusätzliche Klagen eingereicht werden, müssen Sie zwei neue Finanzgerichte aufmachen. Und das halten Sie für ökonomisch? Das ist doch Blödsinn!
Die Vermögensteuer vernichtet Substanz, sie ist verwaltungsintensiv, sie ist klageintensiv, und sie beschädigt die Einnahmen des Staates, wie Herr von Weizsäcker Ihnen nachgewiesen hat. Deshalb sollten wir auf diesen Unsinn verzichten; denn Unsinn ist immer verkehrt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Selbstgerechtigkeit in dieser Diskussion ist auf der Seite der CDU wirklich nicht zu übertreffen. Sie tun hier immer wieder so, als sei es Ihnen völlig klar, wie die öffentlichen Aufgaben in Zukunft finanziert werden sollen.
Dabei ignorieren Sie, dass nicht nur das Land Niedersachsen größte Probleme bei der Finanzierung hat, sondern dass es allen anderen Bundesländern
ebenso geht, und zwar in wachsendem Ausmaß. Auf die Frage, wie wir in Zukunft das Recht auf Bildung optimal umsetzen können, sind Sie bisher - das haben Herr Kollege Plaue und andere zu Recht angesprochen - alle Antworten schuldig geblieben.
Meiner Ansicht nach - da hat auch Herr Gabriel etwas Richtiges gesagt - wird die Gerechtigkeitsfrage, die Frage von Generationengerechtigkeit in Niedersachsen in den nächsten Jahren in den Schulen entschieden werden. Deswegen ist die wichtigste Frage die der Finanzierung der Schulen im Land Niedersachsen.
Man kann es sich sehr einfach machen und sagen, da die Vermögensteuer sehr schwierig umzusetzen ist, lassen wir die Finger davon. Ich halte das jedoch für ein technokratisches und unpolitisches Argument; denn wir müssen darüber diskutieren, ob es in Zukunft ausreicht, dass in der Bundesrepublik alle die Dinge, die in gesellschaftlicher Solidarität bezahlt werden müssen, allein über die Steuern der abhängig Beschäftigten finanziert werden.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Busemann [CDU]: Es gibt auch noch ein paar Selbstständige im Lan- de, die Einkommensteuer zahlen! Schon einmal etwas von Umsatzsteuer gehört?)
Es muss nach Wegen gesucht werden, durch die sichergestellt wird, dass diejenigen, die vermögend sind, genauso wie die anderen zur Zukunft der gesellschaftlichen Solidarsysteme beitragen.
Ich finde es verantwortungslos, dass zum Teil fast Klassenkampftöne in diese Diskussion eingeführt werden.
Es geht überhaupt nicht darum, zu solchen Auseinandersetzungen zurückzukehren; vielmehr geht es darum, wie wir in der Bundesrepublik Gerechtigkeit organisieren können. Die Frage der Gerechtigkeit betrifft die Rente genauso wie das, was wir hier diskutieren. Auch bei der Bundespolitik, über
die wir mit Ihnen immer wieder diskutieren müssen, ist es so, dass nicht allein die abhängig Beschäftigten mit dem, was sie verdienen, die Sicherheit der Solidarsysteme gewährleisten können. Den Stil, den die CDU in diese Debatte hineinbringt, finde ich unerträglich. Weder die Rente noch der Gesundheitssektor werden auf diese Art und Weise gesichert werden und bestimmt auch nicht die Schulen in Niedersachsen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Da Herr Möllring versucht hat, mit dem Hinweis auf den Verwaltungsaufwand die Vermögensteuer an sich infrage zu stellen, möchte ich ihn daran erinnern, dass es die Vermögensteuer 46 Jahre lang in Deutschland gegeben hat,
dass sie offensichtlich funktioniert hat und dass dadurch Einnahmen in Milliardenhöhe zur Finanzierung unserer Systeme - auch für die Bildung erzielt werden konnten.
Wenn Herr Möllring darauf verzichtet, zu sagen, woher die Einnahmen für den Landeshaushalt kommen sollen, dann verstehe ich den ersten Satz eines Papiers, das offensichtlich seine zukünftige Finanzpolitik - wo immer er sie dann auch macht darstellt, nicht. Da heißt es:
„Die CDU wird die ausgabenorientierte Finanzpolitik aufgeben und eine einnahmeorientierte Finanzpolitik starten. Das heißt, nur was bezahlbar ist und Niedersachsen nach vorne bringt, findet Einzug in den Landeshaushalt.“
(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Wer ist in Niedersachsen ei- gentlich der größte Schuldenminister? Es gab keinen Minister vor Aller, der so viele Schulden gemacht hat wie er!)
Nun muss man das in den Kontext des niedersächsischen Landeshaushalts stellen, Herr Möllring. Sie werfen der Landesregierung vor, der Landeshaushalt sei notorisch unterfinanziert. Eben haben Sie erklärt, Sie wollten auf die Einnahme von 700 Millionen Euro jährlich verzichten und wollten, wenn das Geld nicht vorhanden sei, auch keine Ausgaben tätigen. Wenn das so richtig interpretiert ist, dann können Sie Ihre 2 500 Lehrer, die 1 000 Polizeibeamten und das kostenfreie dritte Kindergartenjahr ab heute in den Wind schreiben. Dann müssen Sie vermutlich auch Ihr Wahlprogramm neu schreiben; denn das, was Sie zur Finanzpolitik sagen, ist nicht mehr mit dem kompatibel, was Sie bildungspolitisch fordern. Damit ist es nicht finanzierbar.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben das Thema am Freitag erneut auf der Tagesordnung und können uns dann noch einmal austauschen. Es stellt sich einfach die Frage, ob man zur Kenntnis nimmt, was sich in der Welt tut. In ganz Europa gibt es kein einziges Land mehr, welches eine betriebliche Vermögensteuer in der Form kennt, wie sie jetzt bei uns vorgeschlagen wird.
Die Schweiz und Luxemburg haben eine 0,5prozentige Vermögensteuer, die auf die Körperschaftssteuer voll angerechnet werden kann. Alle anderen haben sich von der betrieblichen Vermögensteuer verabschiedet, wie Herr Gabriel es sowohl vor der Bundestagswahl als auch noch fünf Tage nach der Bundestagswahl mit dem Hinweis darauf getan hat, dass sie standortschädlich, Kapitalflucht erregend und Arbeitsplatz gefährdend sei. Das ist doch der Punkt, um den es hierbei geht. Wir brauchen Wachstum.