Protokoll der Sitzung vom 22.01.2003

- Sie sind schlichtweg ungeeignet, Herr Plaue. Ihre Auffassung ist falsch.

(Plaue [SPD]: Ihr System ist falsch!)

Wir müssen eine Politik für den ländlichen Raum und für die Fläche machen.

(Plaue [SPD]: Braunschweig ist länd- licher Raum?)

Niedersachsen ist das zweitgrößte Flächenland in der Bundesrepublik. Sie schauen aber immer nur bis zur Stadtgrenze Hannover. Hannover ist uns lieb und teuer,

(Plaue [SPD]: Sie quatschen dummes Zeug!)

aber richtigerweise muss auch in Lüneburg und Braunschweig die Wirtschaftsförderung angesiedelt werden.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Ländlicher Raum Braunschweig!)

- Nein, ich rede nicht vom ländlichen Raum, sondern vom Raum Braunschweig. Das liegt gerade deswegen nahe, Herr Plaue,

(Plaue [SPD]: Sie machen sich selbst lächerlich!)

weil die NORD/LB in Braunschweig, wo sie ja Sparkassenfunktion wahrnimmt, als Sparkassenorganisation, Hausbank und gleichzeitig als Förderbank arbeiten könnte. Das wäre sinnvoll gewesen!

Wir sind nicht damit einverstanden, dass die Vertreter der Wirtschaft und Mittelständler in den Beirat abgedrängt werden und der Aufsichtsrat nur aus vier Mitgliedern des Landes und vier Mitgliedern der NORD/LB, also aus acht Leuten, besteht. Wenn man das Handwerk, den Mittelstand und die Wirtschaftsverbände mit integrieren will, wäre es besser, ihnen auch Plätze im Aufsichtsrat zu geben.

(Zustimmung bei der CDU)

Dort wird zwar nicht das operative Geschäft gemacht, aber natürlich Einfluss genommen.

Es wäre sicherlich auch schöner gewesen, Frau Ministerin, wenn Sie, abgesehen von Ihrem Kurzvortrag im Haushaltsausschuss, auch mal das Gespräch gesucht und gesagt hätten: Lasst uns diese wichtige Sache, die wir hier elf Tage vor der Landtagswahl durchziehen wollen, gemeinsam besprechen! - Stattdessen ziehen Sie hier ein Gesetz durch, das von einigen sogar als rechtlich

problematisch angesehen wird, auch wenn Professor Ipsen das anders sieht.

(Frau Bockmann [SPD]: Ein anderes Gutachten gibt es nicht!)

- Natürlich, es gibt ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes und es gibt ein Gutachten von Herrn Professor Ipsen. Beide stehen diametral gegeneinander; sie schließen sich gegenseitig logisch aus. Im Juristischen ist es immer so, Frau Kollegin, dass nicht derjenige Recht hat, der als Zweiter seine Meinung sagt, sondern dann, wenn zwei Meinungen gegeneinander stehen, kann man trefflich darüber streiten, wer Recht hat. Es ist aber nicht so, dass der Zweite automatisch Recht hätte, wenn er sagt, der Erste habe Unrecht. Sonst hätte ja immer der Recht, der als Letzter redet. Sie sind doch selbst Juristin.

(Frau Bockmann [SPD]: Eben!)

Sie wissen doch, wie juristische Auseinandersetzungen ablaufen. Es wäre sicherlich richtig gewesen, diese juristische Auseinandersetzung ein bisschen mehr zu berücksichtigen. Deshalb steht dieses Gesetz auch ein bisschen unter dem Vorbehalt, ob es in Brüssel so anerkannt wird. Wir hoffen aber, dass das durchgeht.

Heute muss aber noch ein Weiteres gesagt werden. Wir wissen ja nicht, was in vier, fünf, sechs Jahren sein wird. Michel Golibrzuch wird im Zweifel noch manches an die Wand malen, welches Risiko mit dieser INBank in den nächsten Jahren auf den Landeshaushalt zukommt. Deshalb möchte ich hier heute gerne von der Ministerin wissen, ob es eine Revisionsklausel zugunsten der NORD/LB gibt. Nach meiner Kenntnis hat die NORD/LB in die Verträge schreiben lassen, dass sie nach fünf Jahren überprüfen kann, ob sie bei der Investitionsbank weiter mitmacht oder ob sie aus der INBank aussteigt. Über dieses Risiko sollte man den Landtag vielleicht vorher informieren, bevor man einen Gesetzesentwurf zum Gesetz erhebt.

Auch Ihr Wunschpartner, die Grünen - seit einigen Tagen träumt die SPD ja nicht mehr von der absoluten Mehrheit, sondern geht realistischerweise davon aus, dass sie sie verliert -, hat ja schon beim letzten Mal einige Probleme angesprochen und verdeutlicht. So hat Herr Golibrzuch gesagt, er erwarte für den Fall, dass man die Grünen ins Boot nehmen will, dass man dieses Gesetz nicht ausfertigt und vor allen Dingen keine Verträge schließt. Ich habe nun gehört, dass die Mitarbeiterverträge

sozusagen paraphiert sind und nur noch umgesetzt werden müssen, wenn dieses Gesetz beschlossen wird. Auch dazu sollte es eine Äußerung geben.

Hier wird deutlich: Wer Wirtschaftsförderung in Niedersachsen will, der kann das nur mit der Union und der FDP schaffen. Herr Golibrzuch hat nämlich im letzten Plenarsitzungsabschnitt - das war zwar im letzten Jahr, aber erst im Dezember, also vor wenigen Wochen - am 12. Dezember abschließend erklärt: Im Falle einer Regierungsbeteiligung im nächsten Jahr werden wir dieses Modell nicht in Kraft treten lassen. - Das heißt, wer Wirtschaftsförderung will und auch eine Perspektive für Wirtschaftsförderung in der Zukunft haben will, wer will, dass die 16 Institute noch mehr konzentriert werden und damit leistungsfähiger gemacht werden, der muss sich am 2. Februar so entscheiden, wie es die Mehrheit der Bevölkerung inzwischen offensichtlich will. Dafür sind wir dankbar. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Golibrzuch!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist ja trefflich, dass ich gleich die Gelegenheit habe, die Darstellung des Kollegen Möllring zu korrigieren.

Richtig ist: Wir unterstützen die Absicht, die bisher sehr zersplitterte Wirtschaftsförderung des Landes in einer Einrichtung zu konzentrieren. Das ist überfällig und haben wir jahrelang gefordert. Es ist richtig, dass man sich darüber Gedanken macht, wie man das ändern kann.

Wir halten allerdings das Modell einer privatrechtlichen Investitionsbank in der Tat für das falsche, weil es nach unserer Meinung kostengünstigere und am Markt und in der Wirtschaftsförderung besser eingeführte Modelle gibt. So ist es bisher übliche Praxis, dass die Landestreuhandstelle bei der NORD/LB die Wirtschaftsfördermittel des Landes verwaltet. Dieses Modell hat in der Vergangenheit daran gekrankt, dass es daneben noch 15 andere Förderinstitutionen des Landes gegeben hat, die zum Teil in Konkurrenz zu dieser Landestreuhandstelle gearbeitet haben. Diesen Zustand wollen wir ändern, weil wir auch der Überzeugung sind - das haben wir auch mit vielen Juristen dis

kutiert -, dass das Modell der Konzentration der Wirtschaftsförderung bei der LTS auch den Anforderungen der EU-Kommission entspricht.

Unsere Befürchtungen hinsichtlich dieses Modells der Investitionsbank sind vor allem haushaltswirtschaftlicher Art. Wir haben Ihnen beim letzten Mal, als wir über die Stammkapitaleinlage beraten haben - es mussten ja Forderungen aus dem Sondervermögen des Wirtschaftsförderfonds verkauft werden -, erklärt, dass es hier in den kommenden Jahren einen Nachschussbedarf in das haftende Eigenkapital der NORD/LB geben wird. Das heißt, dass dieses Modell einer Investitionsbank, perspektivisch betrachtet, dem Landeshaushalt in den nächsten fünf, sechs, sieben oder acht Jahren sehr viel Geld entziehen wird. Es wird ihm Geld zur Refinanzierung dieser Stammkapitaleinlage entziehen. Vor allem wird es ihm Geld für die Finanzierung der so genannten Zinssubventionen entziehen. Hier ist ja folgendes Modell angedacht: Es gibt eine Stammkapitaleinlage von 100 Millionen Euro bei dieser Investitionsbank. Da sich dieses Modell als Bank am Markt aufstellt, kann man bis zum 12,5-fachen des Eigenkapitals Kredite aufnehmen und sie im Rahmen der Wirtschaftsförderung als Darlehen auskehren. Es findet also ungefähr eine Verzwölfkommafünffachung der bisher vom Land eingesetzten Fördermittel statt. Wenn dieses Geld ausgekehrt wird, entsteht natürlich eine erhebliche Haushaltsbelastung durch die Zinssubventionen, die nach wie vor direkt aus dem niedersächsischen Landesetat zu finanzieren sein werden. Auch die Verwaltungskosten sind bei diesem Modell nicht geringer als die, die bisher bei den einzelnen, zerstreut angesiedelten Institutionen angefallen sind.

Hinzu kommt, dass wesentliche Teile dieser Wirtschaftsförderaktivitäten auch künftig außerhalb der INBank bleiben werden - übrigens unabhängig davon, wer regiert. Das hat nämlich auch mit Gesellschafterstrukturen zu tun. Es ist aber falsch, das so zu machen. Sehr viel klüger wäre es, z. B. die Vergabe von Beteiligungskapital an kleine und mittelständische Unternehmen, die heutzutage über die Bürgschaftsbank und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft bis zu einer Obergrenze von 500 000 Euro erfolgt, auch auf höhere Beteiligungsbeträge aufzustocken, soweit dies möglich ist. Das ist deswegen vernünftig, weil sich der Bund über seine Kreditinstitute - KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau und Deutsche Ausgleichsbank - an der Refinanzierung dieser Risiken beteiligt. Das hat mit der Gesellschaftsstruktur der NBB

und der MBG zu tun, bei denen mehrheitlich Private - auch Kreditinstitute - beteiligt sind. Dann besteht diese Refinanzierungsmöglichkeit.

Bei der Investitionsbank besteht diese Refinanzierungsmöglichkeit nicht. Das hat zur Konsequenz, dass das gesamte Risiko, auch für das Beteiligungsgeschäft, über 500 000 Euro hinaus beim Landeshaushalt liegt. Das halten wir aus haushaltswirtschaftlicher Sicht nicht für vernünftig.

Deswegen sind wir zwar für die Konzentration der Wirtschaftsförderaktivitäten bei der Landestreuhandstelle der NORD/LB. Wir haben aber allergrößte Bedenken bezüglich der finanziellen Belastungen, die sich aus diesem Modell der Investitionsbank ergibt, und haben deshalb in der Tat die Absicht, wenn es am 2. Februar zu einer rot-grünen Mehrheit kommen sollte, hier ein für den Landeshaushalt verträgliches Modell auf den Weg zu bringen. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass auch unsere Idee der Konzentration bei der Landestreuhandstelle mit Sicherheit die Unterstützung der Wirtschaft findet, mit Sicherheit die Unterstützung der NORD/LB findet und mit Sicherheit auch die Unterstützung der Wirtschaftsverbände findet. Deshalb ist mir da überhaupt nicht bange.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Schurreit!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Golibrzuch, wenn ich es richtig sehe, dann sind Sie im Prinzip damit einverstanden, die Förderkulissen des Landes zu bündeln. Sie haben bloß einen eigenen Weg gewählt, indem Sie sie in der Landestreuhandstelle zusammenfassen wollen. Während der ganzen Diskussion über dieses Thema - die wird ja nicht erst seit heute geführt, sondern schon seit einem Jahr oder länger - sind Sie jedoch leider nicht mit einer eigenen Initiative gekommen. Sie haben keinen Vorschlag unterbreitet, welcher Weg beschritten werden könnte, über den wir im Haushaltsausschuss oder Wirtschaftsausschuss hätten diskutieren können.

(Golibrzuch [GRÜNE]: Lesen Sie keine Zeitung?)

Sie haben sich darauf beschränkt, an der Diskussion für die Neugestaltung einer INBank teilzunehmen. Nur das war das Thema.

Alles das, was Sie angemerkt haben, ist nicht neu. Ihre Anmerkungen sind letztlich aber nicht in einen eigenen Vorschlag gemündet, den man hätte inhaltlich diskutieren können und über den man abstimmen könnte.

Immer dann, wenn Herr Möllring hier auftritt, soll noch einmal deutlich gemacht werden, in welcher Weise welche Kriterien nicht mitbedacht worden sind. Herr Möllring, wir sind im Ausschuss für Haushalt und Finanzen wie auch im Wirtschaftsausschuss durch die Frau Ministerin mehrfach über die Ausgestaltung der Bank und über die grundsätzlichen Risiken, die bestehen, informiert worden. Wir haben das gutachterlich begleitet und am Ende feststellen können, dass das vorliegende Konzept eine Brüssel-konforme Regelung ist. Wir können uns insofern überhaupt nicht beklagen. Ich bitte, auch die eigenen Kollegen im Ausschuss zu befragen, die eine ausreichende Information bekommen haben. Im Ausschuss wurde am Ende der Beratungen signalisiert, dass sich Ihre Fraktion der Stimme enthalten wird.

(Möllring [CDU]: Wir stimmen doch zu!)

- Heute stimmen Sie sogar der ganzen Maßnahme zu. Sie haben Ihre Position insofern korrigiert. Diese Vorgehensweise ist ja relativ frisch.

(Möllring [CDU]: Nein! Das habe ich beim letzten Mal schon einmal ge- sagt! Das steht im Protokoll über die Sitzung am 12. Dezember! Man muss das ja noch einmal in der Fraktion be- sprechen!)

- Damals haben Sie Zustimmung für den Fall signalisiert, dass Sie nach der Prüfung verschiedener Sachverhalte Ja sagen könnten. Heute ist von Ihrer Seite jedenfalls sehr deutlich und klar gesagt worden, dass Sie mitmachen. Insofern hätte man mit ein bisschen gutem Willen auch früher signalisieren können, dass wir es zusammen machen.

Lassen Sie mich noch einmal Folgendes deutlich machen: Wir haben beim letzten Mal über die Gründung einer Förderbank gesprochen, die wir heute durch Gesetz endgültig beschließen wollen. Das ist auch notwendig. Wir hatten 68 Förderprogramme, die an 16 verschiedenen Stellen im Lande

abgewickelt worden sind. Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung diese Förderstruktur neu organisiert, obwohl sie über Jahrzehnte hinweg so gewachsen ist und die Unternehmen, die Kammern und die Kreditinstitute ihren eigenen Anlaufpunkt hatten.

Das Instrument der Investitionsbank ist ja nicht neu. Die Mehrzahl der Bundesländer hat so etwas. Wir haben dieses Instruments einer eigenständigen Bank in dem Bewusstsein gewählt, dass wir handlungsverpflichtet sind. Wir wissen, dass die GA-Fördermittel im Jahre 2004 anders organisiert werden müssen. Wir wissen, dass wir bis Ende 2005 im Ziel-2-Bereich eine neue Struktur haben müssen. Wir wissen außerdem, dass wir mit den neuen Ländern, die zur EU stoßen werden, zumindest ab 2006 eine andere Förderkulisse haben werden, sodass bei uns weniger Geld ankommen wird und deshalb die Probleme für die regionale Wirtschaft und die Unternehmen zunehmen werden.

Wir sind der Auffassung, dass das gesamte Förderspektrum in einem Gesamtansatz für das komplette operative Fördergeschäft integriert werden muss. Vom Zuschussbereich bis zum Darlehensbereich muss alles in die INBank hinein. Das ist gelungen. In Anbetracht der Tatsache, dass an 16 verschiedenen Standorten 68 verschiedene Programme angeboten werden, wird damit auch eine Verschlankung der handelnden Personen einhergehen. Das Ministerium soll in der Zukunft nur noch die strategischen und inhaltlichen Aufgaben konzentrieren und damit im Prinzip auch über die Richtlinien der Politik dieser Bank mitbefinden. Von daher wird der Aufsichtsratsvorsitz beim Wirtschaftsministerium liegen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Herr Professor Ipsen diese Regelungen eindeutig als EU-konform betrachtet. Wir wollen, dass diese Bank deutlich macht, dass das öffentliche Fördergeschäft von dem privaten Wettbewerbsgeschäft zu trennen ist.