Durch den Beschluss des Kabinetts vom 3. Dezember 2002, meine Damen und Herren, ist der abgeschriebene Antrag der CDU-Fraktion schlichtweg überflüssig geworden.
- Danke, Herr Wolfkühler. - Für mich macht die Tatsache, dass die CDU-Fraktion dennoch diesen Antrag eingebracht hat, deutlich, worum es ihr geht: Wer keine eigenen Themen hat, der schreibt diese Themen bei anderen ab. Wer der Meinung ist, dass die Landesregierung etwas erfolgreich gemacht hat, der versucht, diesen Erfolg der Landesregierung auf seine eigenen Fahnen zu schreiben.
Meine Damen und Herren, wenn die CDUFraktion diesen Entschließungsantrag nicht in den Landtag eingebracht hätte, hätte ihn, glaube ich, niemand vermisst. Insofern sage ich Ihnen: Die Landesregierung ist hinsichtlich der Vereinfachung von Verwaltungsverfahren sowie der Verbesserung des Klimas für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum nicht nur auf einem guten, sondern auf einem viel besseren Weg als dem, den die CDUFraktion hier anzudenken versucht. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD - McAllister [CDU]: Tosender Beifall! - Gegenruf von Adam [SPD]: Herr McAllister, ich sage nur: Lehrte!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von Herrn Möllring und Herrn Schünemann zusammengetragene Stichwortliste ermöglicht einen guten Überblick über das geringe Engagement und die einseitige Ausrichtung der CDU-Landtagsfraktion. Bei dem Antrag der CDUFraktion handelt es sich in weiten Teilen um eine beliebige Mischung aus unkonkreten Allgemeinplätzen - wenn das so allgemein auch in der Kabinettsvorlage stand, na ja - und inzwischen parteiübergreifend bereits aufgegriffenen Maßnahmen, die insofern nicht mehr neu beantragt werden müssten. Die technische Vereinheitlichung aller Unterlagen bei Genehmigungsverfahren, die Konzentration der Zuständigkeit bei komplexen Genehmigungsverfahren in einer Behörde und die Verlagerung der Zuständigkeit von den Bezirksregierungen und den Landesämtern so weit wie möglich auf die kommunale Ebene wollen inzwischen alle Fraktionen hier in diesem Hause. Na ja, bei der SPD-Fraktion will es zumindest der Mi
nisterpräsident. Wir wissen ja, dass dann über kurz oder lang auch die SPD-Fraktion so weit sein wird.
Einige Forderungen in dem Antrag der CDUFraktion sind aber schlichtweg inakzeptabel, vor allem wenn es um vorweggenommene Investitionen vor Genehmigungsfestschreibung und um Beteiligungsrechte geht. Da lassen Sie die Katze aus dem Sack und sagen, womit das Land zu rechnen hätte, wenn die CDU doch noch einmal an die Regierung käme. Diesbezüglich haben mir auch Klarstellungen von Ihnen, Herr Adam, gefehlt. So fordert die CDU-Fraktion zum Beispiel die Abschaffung der Verbandsklage,
der Verbandsbeteiligung und der Berufungsrechte, um vorgeblich ausufernde Planungsverfahren zu verkürzen.
Erst gestern Abend hat sich auch die CDUFraktion aus berechtigter Sorge um die Beteiligungsrechte der Bundesländer bei Entscheidungen auf europäischer Ebene mit Drucksache 3442 für ein Klagerecht der Länder gegenüber der EU eingesetzt. Dass Sie dieses Recht jetzt aber den Verbänden, die an den Planungen des Landes und der Kommunen beteiligt werden wollen, verweigern wollen, zeigt, dass Sie die Beteiligungsrechte nur sehr einseitig auslegen.
Seit Einführung der Verbandsklage in Niedersachsen vor gut zehn Jahren sind etwa 200 000 Beteiligungsverfahren mit dieser Option durchgeführt worden. In insgesamt nur 20 Fällen ist es zur Klage gekommen. Das ist jeder zehntausendste Fall oder 0,01 % aller Fälle. Ich glaube, das können wir uns wegen der Gleichgewichtigkeit der Kräfte und wegen des unwahrscheinlichen Reservoirs an zusätzlicher Optimierung von Planung durch diese Beteiligungsrechte durchaus leisten. Diese Zahlen belegen: Ihre Forderung ist inhaltlich nicht begründet, sondern dient lediglich einem ideologischen Prinzip. Die CDU setzt im Jahr 2003 nicht mehr auf gesellschaftlichen Konsens und auf einen Ausgleich im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft, sondern sie schlägt sich einseitig auf die Seite des
vorgeblichen Mehrheitswillens. Wie wankelmütig ein solcher Mehrheitswille sein kann und welchen historischen Wandlungen er gesellschaftlich unterliegt, haben wir alle in den letzten Jahrzehnten am Beispiel vieler wichtiger Fragen lernen müssen. Nennen möchte ich zum Beispiel den Atomausstieg, den die Union immer noch verschläft.
Die CDU-Fraktion gefällt sich mit ihrem Antrag augenscheinlich in der Rolle des obersten Entbürokratisierers. Kein Tag vergeht, an dem Sie nicht dieses Thema im Munde führen.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wenn Ihnen die Entbürokratisierung wirklich so am Herzen liegen würde, dann sollten Sie auf Ihre Bundeskollegen einwirken, die es gerade fertig gebracht haben, im Zuge der Verhandlungen über die Hartz-Gesetze ein unglaublich bürokratisches und, mit Verlaub gesagt, blödsinniges Verfahren für die Personalserviceagenturen zu installieren. Nur weil die CDU partout die private Führung der Agenturen durchsetzen wollte, darf ein Arbeitsamt die Leitung erst dann übernehmen, wenn sich nach zweimaliger Ausschreibung kein privater Anbieter gefunden hat. Danach muss jedes Jahr durch Ausschreibung geprüft werden, ob sich nicht doch noch eine private Übernahme ergibt. Wie sich unter diesen Bedingungen arbeitsfähige Personalserviceagenturen entwickeln sollen, die nicht nur um sich selbst kreisen, sondern Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln, bleibt ein Geheimnis der CDU. Dieses Beispiel belegt wiederum, meine Damen und Herren, dass es der CDU nicht wirklich um die Vereinfachung von Abläufen geht, sondern nur um die Durchsetzung lobbyistischer und ideologischer Interessen.
Herr Möllring, ich danke Ihnen für die Gelegenheit, diesen Umstand hier vor dem 2. Februar noch einmal ausführlich darlegen zu können. Ich bin zuversichtlich, dass nicht nur wir heute Ihre Positionen ablehnen, sondern dass sich auch die Mehrheit der Bevölkerung dafür entscheiden wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine erste Amtshandlung als Umweltminister im Jahr 1998 bestand darin, einen Erlass zu unterschreiben, mit dem Vollzugserleichterungen für die ökoauditierten Betriebe in Niedersachsen möglich gemacht worden sind. Ich möchte damit deutlich machen, in welcher Tradition dieses Thema bei uns steht und dass wir Nachhilfeunterricht überhaupt nicht brauchen, sondern Einiges vorzuweisen haben.
Im Übrigen habe ich in den letzten fünf Jahren ungefähr 50 % der Erlasse, die ich vorgefunden habe, außer Kraft gesetzt. Mit diesem weiteren kleinen Beispiel kann die These der CDU-Fraktion, hier würde Verwaltungsreform ignoriert, ad absurdum geführt werden.
Im Kern geht es aber um die Frage, wie Verwaltungen bzw. Genehmigungsbehörden mit der Wirtschaft umgehen. So habe ich zumindest die Überschrift Ihres Antrags verstanden.
Deshalb möchte ich den Schwerpunkt meiner Argumentation auf die Frage legen: Wie verhalten sich eigentlich die Behörden, die mit dem Thema „Betreuung des wirtschaftlichen Sektors“ befasst sind? - Das sind nämlich die mir unterstehenden Gewerbeaufsichtsbehörden. Herr Möllring, ich rate Ihnen, einmal das Gespräch mit der niedersächsischen Wirtschaft zu suchen. Ich habe im Sommer eine Reihe von Unternehmen besucht und dort Geschäftsführer getroffen, die vorher in anderen Bundesländern gearbeitet haben. Ich erlebe das in den Regierungskommissionen und in vielen anderen Kooperationen, die wir mit der niedersächsischen Wirtschaft haben - am letzten Freitag wurde das noch einmal vom Hauptgeschäftsführer des VCI in Niedersachsen vor über 200 Unternehmerinnen und Unternehmern auf einer öffentlichen Veranstaltung in Hannover dokumentiert -: Aus der Sicht der niedersächsischen Wirtschaft sind der Kontakt und die Zusammenarbeit mit der Landesregierung und den zuständigen Behörden absolut in Ordnung. - Das ist ein Zitat von Herrn Dr. Wilkens. Das hat damit zu tun, dass sich die Gewerbeaufsicht bei uns als Beratungsorgan versteht und
die hoheitliche Position seit langem verlassen hat. Vielmehr prüft sie: Wie erreichen wir es, dass sich die niedersächsische Wirtschaft im Wettbewerb unter Aufrechterhaltung der bestehenden rechtlichen Bestimmungen behaupten kann? - Das ist es, worauf es ankommt.
Eines der wichtigen Dinge dabei ist natürlich die Frage: Was passiert, wenn ein Unternehmen eine neue Anlage betreiben will? - Die abschließenden Regelungen dazu findet man im Bundesimmissionsschutzrecht. Das ist ein hochkompliziertes Verfahren. Als wir 1990 hier das Sagen bekommen haben, ist es gelungen, die Hälfte aller Anträge in wenigen Monaten zu bearbeiten. Unser Ziel war, diese Zahl dramatisch zu erhöhen. Wir sind in der Zwischenzeit in der Lage, dass knapp 80 % aller Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzrecht - das schließt die UVP ein; Kenner wissen, was das bedeutet - in Niedersachsen innerhalb von sechs Monaten abgewickelt werden können. Da sind wir bundesweit ohne Konkurrenz. Das wird uns von der Wirtschaft auch bestätigt.
Ich hatte in der letzten Woche die Gelegenheit, mit Frau Dr. Knorre neue Konzepte vorzustellen, einen - wenn man so will - Leitfaden, einen Lotsen durch das Genehmigungsrecht. In Niedersachsen ist es so: Wenn ein Unternehmen etwas beantragt, dann kann das Unternehmen über einen Leitfaden ins Internet gehen und wird von uns mithilfe dieses Lotsen durch das Verfahren geführt. Wir haben fast vollständig ein elektronisches System. Der Antrag, der dann dort gespeichert ist, wird elektronisch übermittelt. Das gibt es in keinem anderen Bundesland. Und dann stellen Sie sich hier hin und erzählen uns etwas von Rückständigkeit, meine Damen und Herren. - Nein, das Gegenteil ist der Fall: Wir marschieren vorneweg,
Ähnliches gilt für die Umsetzung von Europarecht. Sie unterstellen in Ihrem Antrag, hier werde draufgesattelt. Meine Damen und Herren, das ist falsch. Wir sind auch unter den Gesichtspunkten des Wettbewerbs froh darüber, dass in Europa ein einheitliches Umweltrecht nach und nach ausgestaltet wird, und wir tragen dazu bei, dass es in Niedersachsen zur Anwendung kommt, ohne dass niedersächsische Unternehmen dadurch benachteiligt werden, dass da zusätzliche Auflagen hineinge
schrieben werden. Im Gegenteil: Wir haben gerade in einer Bundesratsinitiative einen Vorstoß unternommen, darauf hinzuwirken, dass die deutschen Kriterien bei der Entwicklung von Rechtsvorschriften im europäischen Recht stärker verankert werden sollen. Das europäische Recht ist sehr stark französisch dominiert; das ist aus unserer Sicht nicht unkompliziert. Deshalb haben wir diesen Vorstoß unternommen.
Ähnliches gilt - auch das ist ja bei Ihnen mit im Katalog - für die Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie. Auch hier geht es uns um ein möglichst praktikables, vollzugstaugliches Verfahren. Wir wollen eben nicht zusätzliche Erschwernisse hineinbringen, sondern zügige Abläufe organisieren.
Es gibt allerdings - darauf will ich hinweisen - in dem Katalog, der in der Staatskanzlei auf Vorschlag Dritter entwickelt worden ist, auch einige Dinge, die nicht unkompliziert sind. Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen. Das erste Beispiel betrifft die so genannten Rahmengenehmigungen. Eine entsprechende Forderung wird immer wieder von Einzelnen aus der Wirtschaft vorgetragen. Dieser Vorschlag ist bei einzelnen Unternehmen unheimlich umstritten. Denn eine Genehmigung, die auf eine Anlage bezogen ist, ist unter Gesichtspunkten der Rechtssicherheit von ganz hoher Qualität. Deshalb haben wir an dieser Stelle eher den Streit zwischen den Verbänden der Wirtschaft, die das als Erleichterung begreifen, und den einzelnen Unternehmen, die das unter Gesichtspunkten der Rechtsunsicherheit ablehnen. Darauf will ich nur hinweisen und sagen: Wer jeden Vorschlag umsetzt, nur weil ihn einer in die Welt gesetzt hat, der erreicht möglicherweise das Gegenteil dessen, was er sich vorstellt. Deshalb wird dieser Vorschlag solide geprüft. Aber ich mache aus meiner Skepsis überhaupt keinen Hehl: Er ist problematisch.
Der zweite Punkt, auf den ich hinweisen will, hat mit dem Thema Verbandsklage zu tun. Es ist richtig: Sie haben das immer gefordert, und wir haben das immer abgelehnt. Es gibt gute Gründe, das abzulehnen, nicht nur, weil es inzwischen deutsches Recht ist - vor einem Jahr wurde es im Bundes-Naturschutzgesetz verankert -; nicht nur, weil sich die Bundesrepublik Deutschland durch die Unterzeichnung der Aarhus-Konvention auch international festgelegt hat, sondern weil wir am Beispiel der wenigen Verfahren, nach denen eine Verbandsklage gelaufen ist, deutlich machen können, dass sie dazu beiträgt, dass komplizierte Ver
fahren und Genehmigungen rechtssicherer werden. Es geht zum einen um die Beteiligung in dieser Gesellschaft, und es geht zum anderen um die Qualität der erteilten Genehmigungen. Es ist deutlich geworden, dass die Verbandsklage, wie wir sie ausgestaltet haben, wie sie sich auch aufgrund des Verzichts der Umweltverbände auf kleinere Dinge inzwischen eingespielt hat, nicht zu einer Verlängerung, sondern zu einer Qualifizierung von Verfahren führt. Darauf kommt es uns an.
Das heißt für uns in der Konsequenz: Wir wollen jeden Vorschlag zügig prüfen. Wir wollen nicht auf Zeit spielen; das ist überhaupt gar keine Frage. Wir haben aber mit dem Beschluss im Kabinett vom Dezember von den 47 Vorschlägen, die gemacht worden sind, über 20 - ich glaube, 23 - bereits in der Sache beschlossen, einige mit einem Prüfungsauftrag versehen und vier schon mithilfe einer Bundesratsinitiative auf die nationale Ebene gehoben. Hier ist der Beweis dafür, dass das Thema Verfahren und Schaffung wirtschaftsfreundlicher Bedingungen unter Aufrechterhaltung von Beteiligungs- und Umweltrechten in Niedersachsen hervorragend abgearbeitet wird. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! - Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben ein bisschen aneinander vorbei geredet. Kein Mensch bezweifelt ja, dass bei Genehmigungen von Anlagen in dem Maße, wie kompliziert sie sind, auch eine entsprechend große Rechtssicherheit gegeben sein muss. Aber es gibt auch ganz einfache Fälle.
Ich will Ihnen einen Fall aus dem Leben erzählen. Das hat sich in Hildesheim zugetragen. Dort hat sich eine junge Frau als Friseurmeisterin selbständig gemacht und einen Frisiersalon aufgemacht also kein Atomkraftwerk und kein Chemiewerk, sondern einen schlichten Friseurladen. Als sie dann mit ihren Angestellten und Lehrlingen arbeiten wollte, kommt plötzlich jemand von dem von Ih
nen eben so groß gelobten Gewerbeaufsichtsamt herein, zückt einen Ausweis und sagt: „Ah, ein neuer Frisiersalon; da finde ich immer etwas.“ Er marschiert durch den Saal, zeigt auf das und das und das und sagt: „Das Fenster geht zur falschen Seite auf. Ich kann Ihnen den Laden schließen, wenn das nicht sofort abgestellt wird.“ Was meinen Sie, welchen Eindruck das macht? - Die Frau hat ganz andere Probleme als die Frage, ob das Fenster des Sozialraumes nach hinten oder zur Seite ist!