Viele Frauenärzte und Frauenärztinnen halten einen Tastbefund für nicht ausreichend. Häufig wird dann mit der Diagnose „Tastbefund in der Tiefe unzureichend“ eine Mammographie als
Kassenleistung veranlasst. Dieses wurde in der Vergangenheit als verdeckte Vorsorge den Medizinern bewusst und wird auch von den Medizinern und von den Kassen toleriert.
Bei zunehmender Budgetierung wird dem Arzt jedoch nur eine bestimmte Zahl von Mammographien vergütet. Wir befürchten, dass auch in Niedersachsen verdeckte Vorsorge nun immer seltener wird, weil sie ja nicht mehr vergütet wird. Das bedeutet im Klartext, dass die Patientinnen für diese IGEL-Leistung nun selbst zur Kasse gebeten werden. Um welchen Betrag handelt es sich eigentlich hierbei? Eine Mammographie inklusive Sonographie kostet etwa 135 DM. In Deutschland könnte jährlich 3.500 Frauen zwischen 50 und 70 Jahren das Leben gerettet werden, wenn sie regelmäßig mammographiert würden. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass die Röntgengeräte auf dem neuesten technischen Stand sind und dass sie nach europäischen Richtlinien einheitlich geprüft werden. In Deutschland ist die Qualitätskontrolle Ländersache. Dies ist auch etwas eigenartig.
Außer der Ausrüstung ist allerdings auch die Ausbildung der Ärzte und Ärztinnen wichtig. In Schweden und in den Niederlanden müssen z. B. Radiologen eigens geschult werden, um Mammographie machen zu dürfen. In Deutschland ist eine spezielle Qualifizierung nicht erforderlich, obwohl bis zu einem Drittel der Befunde falsch ist.
Es gibt in Deutschland eine MammographieStudie, die aus dem Jahre 1990 stammt, also nunmehr fast zehn Jahre alt ist. In dieser Studie wurden deutliche Defizite bei den technischen Standards in den Arztpraxen und auch hinsichtlich der personellen Qualität festgestellt. Seit dieser Zeit hat sich allerdings gerade im Bereich der technischen Entwicklung, aber auch der personellen Qualität einiges getan. Das heißt, die Ärzteschaft hat aus dieser Studie gelernt und Konsequenzen gezogen. Die auf Mammographie spezialisierten Praxen haben in Niedersachsen inzwischen eine moderne apparative Ausstattung. Sie haben sich seit 1997 freiwillig den qualitätssichernden Maßnahmen des so genannten QRR, also des Qualitätsrings Radiologie, unterworfen, der quasi eine TÜV-Funktion übernommen hat.
Als Konsequenz aus dieser Studie von 1990 hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im September 1996 beschlossen, Bedingungen für ein Mammographie-Screening festzulegen, und zwar als Bestandteil des Früherkennungsprogramms in
der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine flächendeckende Einführung des MammographieScreenings hält der Bundesausschuss aber noch nicht für möglich, weil es sowohl an den technischen Standards der vorhandenen Geräte in den Arztpraxen als auch an der personellen Qualität mangele. Ich halte dieses Ergebnis für einen Skandal.
Es berücksichtigt den bereits erreichten Standard nicht. Anstatt qualitätssichernde Maßnahmen einzuführen, haben sich die Spitzenverbände der Krankenkassen darauf geeinigt, lieber Modellprojekte auszuschreiben, in denen praktische Erfahrungen und Kenntnisse für eine eventuelle flächendeckende Einführung des MammographieScreenings gewonnen werden sollen.
In Norddeutschland gibt es zwei Modellprojekte, eines im Weser-Ems-Gebiet und eines in Bremen. Sie haben erst im September 1999 den Zuschlag erhalten und sind praktisch noch nicht angelaufen. Mit einer flächendeckenden Einführung des Mammographie-Screenings in Deutschland kann frühestens in fünf Jahren gerechnet werden. Das ist uns angesichts der Frauen, die bis dahin sterben werden, ein zu langer Zeitraum.
Ich halte das für verantwortungslos. Wer glaubt, einen aktuellen Handlungsbedarf gebe es nicht, der muss sich an die Opfer erinnern. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen sieht jedenfalls dringenden Bedarf.
Gerade weil sich schon viel getan hat, sind die Modellversuche zwar nicht überflüssig, kosten aber einfach zu viel Zeit. Würde man hingegen einen Modellversuch mit dem Ist-Zustand machen, also mit den bestehenden spezialisierten Praxen, die es in Niedersachsen bereits flächendeckend gibt, könnte man die Früherkennungsmammographie allen Frauen schneller zugänglich machen.
Jetzt ein Vorschlag: Warum macht man nicht das ganze Land Niedersachsen zum Gebiet des Modellvorhabens, in dessen Rahmen die Patientinnen den Zugang zum Mammographie-Screening als Regelvorsorgeleistung der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten? Außerdem möchte ich die Krankenkassen einmal daran erinnern, dass sie Geld für Modellvorhaben zur Verfügung haben.
Zum Abschluss fordern wir die Landesregierung auf, mit den Krankenkassen diesen Weg zu beschreiten und unterstützend zu begleiten. Anhand des tatsächlich verbesserten Standards in den Praxen wäre schnell ersichtlich, dass eine flächendeckende Einführung des Mammographie-Screenings als Regelvorsorgeleistung der gesetzlichen Krankenversicherung möglich und auch dringend erforderlich ist. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Überschrift des Antrages liest und den Antrag ohne Hintergrundwissen zur Kenntnis nimmt, könnte man denken: Klasse, dass dieser Antrag gestellt wird! Und weiter fragt man sich: Warum muss erst ein Antrag von der Politik formuliert werden? Sollten Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen nicht absolut selbstverständliche Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sein?
Sicherlich ist Frau bei diesem Thema besonders sensibel. Ich bin es auch. Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, macht es mich auch durchaus betroffen, wie Sie mit diesem Antrag umgehen und dass Sie mit Ihrem Antrag den Anschein erwecken wollen, wir müssten den politischen Auftrag dazu erteilen. Dem ist eben nicht so, und Sie wissen das ganz genau.
Die Mammographie als Maßnahme zur Früherkennung von Brusterkrankungen wird heute bereits bei Frauen mit Risikofaktoren eingesetzt und ist als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in diesen Fällen festgelegt. Frau Schliepack hat es erwähnt.
Wenn in dem Antrag gefordert wird, die Mammographie als GKV-Regelleistung zur Früherkennung des Mammakarzinoms bei Frauen ab 40 Jahren in die Krebsfrüherkennungsrichtlinien aufzunehmen, so verkennen Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, bewusst oder unbewusst folgende Tatsachen:
Sie fordern die Landesregierung zum Handeln auf, wissen aber ganz genau, dass die Landesregierung in diesem Bereich gar keine Handlungskompetenz besitzt.
(Frau Vockert [CDU]: Was ist denn mit dem Modellversuch im Lande Bremen? - Frau Rühl [CDU]: Es ist hier Ländersache!)
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind im SGB V festgeschrieben. Die dazugehörigen Leistungsprofile, Indikationen und leistungsrechtlichen Grundlagen werden durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen selbständig im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz festgelegt. Wir als Politiker können unsere Wünsche wie in diesem Fall äußern,
Das Selbstverwaltungsgremium Bundesausschuss entscheidet aber, welche Verfahren in den Richtlinien zur Krebsfrüherkennung festgelegt worden. Das von Ihnen geforderte Verfahren der Röntgenreihenuntersuchung, auch MammographieScreening genannt, ist aber nicht unumstritten. Das haben Sie nicht erwähnt. Der Bundesausschuss hat sich seit Jahren mit der Einführung des Screenings befasst und im Dezember 1996 beschlossen, dieses Verfahren als Bestandteil der Krebsfrüherkennungsprogramme der gesetzlichen Krankenversicherung anzuerkennen.
(Frau Pawelski [CDU]: Die Ärztinnen sind doch von den Ärzten genauso abgebügelt worden, wie es woanders auch ist!)
Gegen eine flächendeckende Einführung und damit Reihenuntersuchung von gesunden Frauen sprechen die deutlichen Defizite sowohl bei den technischen Standards der vorhandenen Geräte in den Arztpraxen als auch die personelle Qualität. Die Fachwelt sieht es zurzeit noch so, dass die hohe Zahl falsch positiver, aber auch falsch negativer Befunde bei der Mammographie zu dem nachgewiesenen Nutzen in keinem akzeptablen Verhältnis steht. Für uns resultiert daraus die Forderung, dass die Einführung des Screenings nur vertretbar wäre, wenn entsprechend ausreichende qualitätssichernde Maßnahmen getroffen werden können. Das Screening für sich alleine reicht nicht aus. Ergänzende Untersuchungen wie Tastbefund und Ultraschall müssen die Mammographie ergänzen. Folgediagnostik, Therapie und Nachsorge müssen das Qualitätsmanagement vervollständigen.
Sie selbst fordern in Ihrem Antrag die Verbesserung von Qualitätsstandards. Frau Schliepack hat in ihrer Rede noch einmal ausführlich darauf hingewiesen. Aber das alleine kann nicht alles sein. Jede Falschdiagnose bedeutet für die betroffene Frau eine unendliche Belastung. Sie kann und darf mit dieser Situation nicht alleine gelassen werden.
Eine psychosoziale Betreuung im Fall positiver Befunde muss verbindlich vorgesehen werden, um den betroffenen Frauen wirklich Hilfe zu gewähren. Davon habe ich in dem Antrag nichts gelesen, und auch in der Rede von Frau Schliepack habe ich davon nichts vernommen.
Sicher ist, das alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, die Sterblichkeitsrate bei Brustkrebs durch Früherkennung zu senken. Darin sind wir uns sicherlich 100-prozentig einig. Aus diesem Grunde sind ja auch die erwähnten Modellprojekte angeschoben worden. Mit modernster Technologie und hohem personellen Aufwand, aber auch mit der erhofften hohen Beteiligung von Frauen - die ist ja wichtig - sollen Erkenntnisse gesammelt werden darüber,
ob die Früherkennung von verdächtigen Knoten in der Brust die Überlebenschancen von Frauen tatsächlich verbessert. Tatsache ist, Frau Pawelski, dass es in Deutschland noch keine verlässlichen Daten dazu gibt und dass neue Auswertungen
Die Modellprojekte hat Frau Schliepack bereits erwähnt. Es ist richtig, dass bei dem Projekt in der Region Weser-Ems unter der Leitung von Dr. Klasen das Tumorzentrum der Region beteiligt sein wird.
Frau Schliepack, Ihre Rede hat bei mir noch einige Fragen mehr aufgeworfen, als ich ohnehin schon hatte. Wenn die Kassenärztliche Vereinigung z. B. der Meinung ist, dass es unerlässlich ist, dieses Screening aufzunehmen, warum, bitte schön, wenden Sie sich dann nicht an den zuständigen Bundesausschuss und machen von der Seite her Druck dahin gehend, dass das schneller geht?
Warum achtet die Kassenärztliche Vereinigung z. B. nicht auf eine bessere Qualitätssicherung? Sie ist ja dafür zuständig.
Der Begründung des Antrags ist aus medizinischer Sicht sicherlich zuzustimmen, Ihre Forderungen zu Beginn des Antrags stimmen mit der real vorhandenen Situation aber nicht überein.