- Nicht Sie. Sie jaulen doch nicht. Wie Sie sich äußern, wissen wir doch. - Dann haben Sie gesagt: Runter mit der Kreditaufnahme in entsprechendem Umfang. Also minus 600 Millionen bei der Nettokreditaufnahme, Herr Rolfes. - Herr Rolfes, schreiben Sie mit! Das ist wichtig für Ihre Haushaltsberatung. Bei der Gegenfinanzierung dessen, was Landespolitik ist, haben Sie sich eben auf der Finanzierungsseite um schlicht 1 Milliarde DM vertan. Gestern haben wir über die Ökosteuer diskutiert. Ihr werter Vertreter von der CDU hat dabei die Ökosteuer so, wie sie ist, abgelehnt. Man dürfe sie jetzt nicht einführen; so weit sie nicht europäisch abgestimmt ist, sowieso nicht. Da habe ich Ihnen vorgerechnet, dass das im ersten Jahr um 4 Milliarden DM auf nach vier Jahren insgesamt 50 Milliarden DM ansteigen würde. Nun rechnen Sie das einmal um auf die Finanzierungsseite der Politik, die wir in Bund, Ländern und Gemeinden betreiben wollen. Damit, Herr Rolfes, will ich Folgendes sagen: Sie dürfen sich nicht künstlich in eine Situation hinein rechnen, in der Sie hinterher den Begriff „Krise“ auf der Basis Ihrer selbst erfundenen Zahlen in den Mund nehmen. Sie schneiden sich in den eigenen Fuß. Das sage ich Ihnen ganz deutlich.
Ein weiterer Punkt. Das, was der Ministerpräsident, der Fraktionsvorsitzende und ich gesagt haben, passt im Kern zusammen, weil alles unter der Überschrift steht: Die Konsolidierungspolitik wird konsequent fortgesetzt. Dies geschieht nicht nur deshalb, weil wir es wollen, sondern vor allem deshalb, weil wir es müssen und weil die Rahmendaten zu eng sind. Aber das schließt doch nicht aus, dass ich innerhalb einer Haushaltsaufstellung Prioritäten setze. Was der Ministerpräsident gemacht hat, ist völlig richtig. Er hat mit der Prioritätensetzung „Bildung“ gesagt: Wir wollen Lehrerinnen und Lehrer; wir wollen Computer und Software und Internet in die Schulen bringen.
Jetzt geht es um das klare Zitieren, Herr Rolfes; passen Sie auf! - Wir wollen Computer, Software und Internet nicht nur an die Berufsschulen bringen, nein, wir wollen sie auch ins allgemein bildende Schulsystem bringen. Der Ministerpräsident hat in dem Zusammenhang auch nicht von 100 Millionen DM gesprochen - das sage ich nur wegen der Präzision der Aussagen -, sondern von
75 Millionen DM, und er hat die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass wir es verdoppeln können, wenn die Wirtschaft diesen Anschub, den wir hier vorgenommen haben, mitträgt. Das sind die Eckdaten, innerhalb derer wir uns bewegen.
Herr Rolfes, gerichtet an Sie als haushaltspolitischen Sprecher der CDU, der Sie ja nun einmal sind, Folgendes: Es würde mich freuen, wenn es Ihnen gelänge, einen solchen strukturierten Diskussionsprozess, wie wir ihn zwischen Regierung, Mehrheitsfraktion, denen, die Fachpolitik und Haushaltspolitik vertreten, organisieren, auch mit dem Häufchen der Erlesenen in der CDU hinzubekommen; denn dann würden wir möglicherweise erstmals Gelegenheit haben, uns zu streiten über ein Gesamtkonzept, das im Verbund mit der Bundespolitik trägt, und uns landespolitisch auch über wichtige Prioritäten zu unterhalten, die solide durchfinanziert sind. Dafür steht das, was ich heute gesagt habe.
Herr Minister, die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ hatte im Sommer berichtet, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Anteil der Unternehmenssteuern an den Gesamtsteuereinnahmen des Staates auf 3,8 % zurückgegangen ist. Die Bundesrepublik liegt damit mit zwei anderen Industriestaaten am Schluss dieser Liste. In den USA z. B. beträgt der Anteil ca. 10 %. Was halten Sie für notwendig? Was muss aus Ihrer Sicht getan werden, um diese im Prinzip politisch nicht verantwortbare soziale Unwucht bei den staatlichen Einnahmen zu verändern, um den Unternehmenssteueranteil wieder zu erhöhen, sodass er zu einer adäquaten Größe bei der Staatsfinanzierung wird?
Herr Schwarzenholz, wir haben eine Aktuelle Stunde. Ihre Frage eignet sich besonders dafür, den gesamten Tag auszufüllen. Ich würde das auch gern tun.
Die Zahlen, die Sie mit Bezug auf die „HAZ“ genannt haben, kann ich jetzt nicht nachprüfen. Ich gehe einmal davon aus, dass sie an eine OECDStudie angelehnt sind, in der die Steuersätze und die reale Steuerlast gegeneinander gestellt worden sind. Da ist im europäischen und im globalen Vergleich die Tendenz vorhanden, die Sie beschrieben haben.
Das schließt aber nicht aus, dass in der Realität die deutsche Volkswirtschaft und auch deutsche Unternehmen in direkter Konkurrenz zu europäischen Mitbewerbern und zu globalen Mitbewerbern stehen. Deshalb gilt das, was ich vorhin im Zusammenhang mit der Antwort auf eine Frage des Kollegen Althusmann gesagt habe, als von der grundsätzlichen Positionierung her richtig: Wir müssen auch steuerrechtlich dafür sorgen, dass die deutsche Wirtschaft da, wo sie international tätig ist, ihre Position in Konkurrenz zu anderen behaupten kann und dass sich der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht durch unverträgliche Steuersätze da herausmanövriert. - Das hat zunächst einmal als Grundsatzansage zu gelten.
Nun zu dem Zweiten, das Sie gefragt haben. - Wenn wir im Bereich der Wirtschaft keine auskömmliche Situation mehr haben, die sicherstellt, dass wir Arbeitsplätze vorhalten und Ausbildung im dualen System fortsetzen können, dann bekommen wir über die Arbeitslosigkeit insbesondere bei den sozialen Transferleistungen Probleme. Das ist einer der Schwerpunkte, über die wir uns im Zusammenhang mit einer abgestimmten Strategie Steuerpolitik/Wirtschaftspolitik/Arbeitsmarktpolitik unterhalten müssen. Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, dann können wir über die Probleme in den Bereichen der Bildungspolitik, der Kultur usw. nur noch bedingt reden, weil uns nämlich die Steuereinnahmen aus den drei großen Blöcken, Unternehmenssteuern, indirekte Steuern und einkommensbezogene Steuern, letztlich aus dem Ruder laufen. Diese triviale Feststellung muss heute, glaube ich, zunächst einmal als Antwort reichen.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass in 380.000 mittelständischen Unternehmen die Nachfolge ungeklärt ist und dass das durch die Steuergesetzgebung per 1. Januar 1999 noch einmal dadurch erschwert wurde, dass der Freibetrag für die Alterssicherung eines Handwerksmeisters gekürzt oder abgeschafft wurde? Ist Ihnen ferner bekannt, dass die Verlängerung der Abschreibungsfristen für den Mittelständler schädlich ist?
Darf ich Ihnen ein Beispiel - an Beispielen sieht man das ja besser - vortragen? - Ein mittelständisches Unternehmen mit 50 Mitarbeitern hat einen Verkehrswert von 5 Millionen DM, einen Buchwert von 1 Million DM. Beim Verkauf werden also 4 Millionen DM in Ansatz gebracht. Für die 4 Millionen DM hat er 2 Millionen DM Steuern aufzubringen. Seine Belastung aus Hypotheken beträgt aber 2,4 Millionen DM. Eine Unterdeckung von 400.000 DM also schon zu Beginn der Verkaufsverhandlungen! Früher hätte er 1 Million DM weniger Steuern zu bezahlen brauchen und hätte dann für die Alterssicherung zumindest einen Teil übrig gehabt. - Können Sie dazu Stellung nehmen?
Auch wenn ich die Antwort jetzt spontan geben muss, Herr Kollege, und nicht ablesen kann, auch das statistische Material nicht zur Verfügung habe, folgende Bemerkungen dazu:
Erstens. Das Problem der Übertragung von kleinen und mittelständischen Unternehmen, insbesondere Personengesellschaften, ist uns bekannt. Das war Gegenstand der Interventionen von Niedersachsen bei der ersten Phase der Steuerreform, als es darum ging, genau diesen Tatbestand, den Sie beschrieben haben, aus niedersächsischer Sicht freundlicher zu gestalten, und das ist uns gelungen. Sie wissen, dass wir die Besteuerung des Gewinns aus diesem Vorgang - Sie haben ja von Buchwert und Verkehrswert gesprochen - auf fünf Jahre gestreckt haben und mit einem Freibetrag versehen haben. Das wissen Sie! Das ist Ergebnis der Verhandlungen und Interventionen von Niedersachsen gewesen. Wir haben das auch mit den Wahrnehmungen in den mittelständischen handwerklichen Dienstleistungsunternehmen abgeglichen. Dieser Verhandlungserfolg ist grundsätzlich begrüßt worden, auch wenn das nicht eine volle Umsetzung in Ihrem Sinne bedeutet.
Das Beispiel, das Sie vorgetragen haben, ist aber nicht typisch für die 380.000 Betriebe, die Sie genannt haben.
- Ja, ein Beispiel aus der Welt. Von daher ist es auch nur ein Beispiel. Es gibt natürlich viele andere Beispiele. Es gibt auch andere Statistiken, und diese anderen Statistiken sagen, dass die Freigrenzen, die wir geschaffen haben, und die Tatsache, dass aus Gründen der Zumutbarkeit die Versteuerung des Erlöses auf fünf Jahre gestreckt wird, gerade den kleinen und kleineren Betrieben und den Mittelständlern sehr helfen. Unstrittig ist aber doch auch, dass ein Veräußerungserlös in der Größenordnung, wie Sie ihn eben genannt haben, bisweilen einer moderaten Besteuerung unterliegen sollte,
Also: Wir können uns lange unterhalten. Vom Grundsatz her bin ich jedenfalls der Meinung: Wir haben ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt, das auch sachgerecht ist.
Das zweite Problem ist wieder die Gleichbehandlung, bezogen auf kleinere und mittelständische Unternehmen. Ich darf Ihnen aus einem Gespräch berichten, das ich mit Mittelständlern und Verbänden in meinem Haus ausdrücklich auch zu solchen Fragestellungen geführt habe. Die möchten jetzt natürlich die Regelung haben, die wir von Eichel auf den Tisch gelegt bekommen haben, was die Steuerfreiheit bei der Veräußerung von Beteiligungen angeht, um das noch einmal zu toppen nach dem Motto: Die stellen wir nun auch wieder ganz steuerfrei und revidieren die alte Position.
Das wäre der Gipfel der Belastung der Haushalte, sodass von daher der Zusammenhang herzustellen ist.
380.000 Betriebe. Das Grundproblem haben wir angepackt und - das ist meine Meinung - zureichend gelöst. Dass wir es in Ihrem Sinne nie hundertprozentig lösen können, das gebe ich gern zu.
(Zustimmung bei der SPD - Heine- king [CDU]: „Abschreibungen“ haben Sie vergessen! Die zweite Frage, die Abschreibungen! - Zuruf: Das Thema TBT kommt auch noch dran! - Unruhe)
Herr Minister, da Sie sinngemäß behauptet haben, eine Absenkung der Nettokreditaufnahme in den Vorjahren hätte keine Risikovorsorge ermöglicht, frage ich Sie: Könnten Sie durch simples Nachrechnen feststellen, dass wir ja nicht nur eine Senkung der Nettokreditaufnahme, also der Einnahmen, sondern auch eine Senkung der Ausgaben gefordert haben, sodass beides möglich gewesen wäre, wenn Sie unsere Vorschläge nicht abgelehnt, sondern umgesetzt hätten?
Herr Golibrzuch, Ihre theoretische Betrachtung dieses Themas setzt voraus, dass die Absenkung der Ausgaben möglich gewesen wäre. Da das nach unserer Auffassung aber nicht möglich war und der Landtag das auch so beschlossen hat, stehen Sie mit dieser Behauptung allein richtig da, in der Sache aber falsch.
Weitere Wortmeldungen zu dieser Dringlichen Anfrage sehe ich nicht. Wir kommen zu der zweiten Dringlichen Anfrage:
b) Tributylzinn (TBT) auch in Speisefischen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1338
Nach Presseberichten vom 24. Januar 2000 sollen Flundern aus der Nordsee ebenso wie Miesmuscheln erheblich mit Tributylzinn (TBT) belastet sein. Untersuchungen, die Greenpeace im Juni und November letzten Jahres veranlasst hat, wiesen eine Belastung von Nordsee-Flundern von bis zu 2,4 Mikrogramm TBT pro Kilo nach.
Seit längerem ist bekannt, dass TBT eine hohe biozide Wirksamkeit gegenüber Wasserorganismen besitzt. Darüber hinaus ist eine endokrine, d. h. den männlichen Geschlechtsorganenen ähnliche, Wirkung des TBT nachgewiesen, die zur Verzwitterung sowie zu Fortpflanzungsstörungen bei weiblichen Tieren führt; mit den entsprechenden Wirkungen. Wissenschaftler der Universität Bonn haben inzwischen auch Effekte von TBT auf das Hormonsystem von Menschen nachgewiesen.
1. Wie bewertet die Landesregierung die Erkenntnisse über die TBT-Belastung von Muscheln und Speisefischen in der Nordsee?
2. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung kurzfristig für notwendig, um eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher durch die TBTBelastung von Speisefischen auszuschließen?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Gesamtbelastung der Verbraucher durch TBT in Textilien, Speisefischen und im Klärschlamm in Niedersachsen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tributylzinnverbindungen werden - wie aus der kürzlichen Diskussion zu Belastungen in Textilien inzwischen allgemein bekannt ist - insbe