Wir berufen uns doch auf die Statistik. Die Statistik, die Sie zitieren, und die, die ich zitiere, ist die gleiche. Das ist richtig, nicht? - Dann muss bitte einmal festgehalten werden, dass wir über alle Schulformen hinweg in diesem Jahr ein leichtes Sinken der Klassenfrequenzen zu verzeichnen haben. Über alle Schulformen hinweg beträgt sie 19,7 Schülerinnen und Schüler.
ist also noch niedriger. Das heißt, Sie müssen sich einmal ernsthaft um den Istzustand in der Berufsschule kümmern. Sie reden offensichtlich ständig über das Soll, Herr Klare. Es geht aber um den Istzustand! Deshalb war ich auch so verwirrt und habe gerätselt, als ich das Thema dieser Aktuellen Stunde gelesen habe. Ich dachte, Sie wollten mit mir das Verhältnis von Vollzeitschulen zu Berufsschulen, nämlich zu Teilzeitberufsschulen - das versteht man ja üblicherweise darunter -, fachlich diskutieren. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Sie wollen offenbar allgemein über Stundenreduzierung reden und setzen das mit Bildungsabbau gleich.
Im Gegenteil: Wir haben in unserer Regierungszeit für eine Verbesserung der Situation gesorgt, und das war nicht einfach.
Ich möchte Ihnen das auch darstellen. Wir hatten aufgrund der Situation vor 1990 einen enormen Nachholbedarf. Bis 1990 hatte eine Berufsschulklasse 7,3 Unterrichtsstunden pro Woche. Dafür waren Sie verantwortlich!
Seit 1990 erhält eine Klasse im Durchschnitt 10,1 Unterrichtsstunden pro Woche. Dafür sind wir verantwortlich!
Erstens. Mehr Unterricht - das haben Sie schon gehört - wird durch die Umwandlung der DreiViertel-Stellen in volle Stellen erreicht. Das Mehr an Unterrichtsstunden entspricht 200 Lehrerstellen.
Zweitens werden wir eine Neujustierung der Berufsschulen im Verhältnis zu den Vollzeitschulen durchführen. - Ich habe gedacht, das sei Ihr Thema. Das ist aber nicht so. Das war eine falsche Vermutung von mir. - Bei den Vollzeitschulen - nicht den Teilzeitschulen! - liegen wir in Niedersachsen nämlich über dem Bundesdurchschnitt.
Darüber hinaus hat die Landesregierung 1993 die wirtschaftsfreundlichste Organisation des Berufsschulunterrichts eingeführt - hoch gelobt von allen Seiten, von Ihnen nicht registriert.
Die Stärkung der Berufsschule als Partner im dualen System hat Vorrang und dokumentiert die Prioritäten im Verhältnis zu den Vollzeitschulen. Hierbei hatte ich eigentlich auf Ihre Unterstützung gehofft, weil ich dachte, Sie seien für die bessere Ausstattung der Berufsschule. So wie ich die Debatte verstanden habe, scheint dies aber doch nicht der Fall zu sein. Stattdessen protestieren Sie als Erstes gegen die Maßnahmen, die wir in dem Modernisierungskonzept für die Teilzeitberufs
schule ergreifen wollen. Die Beschulung kleiner Fachklassen soll durch das System der Budgetierung beibehalten und die möglichst betriebsnahe Beschulung, so wie wir sie jetzt haben, sichergestellt werden.
Das heißt allerdings nicht, dass wir gar keine Veränderung wollen. Insofern bin ich mit Frau Litfin völlig einig. Wir benötigen auch eine andere Sichtweise von Betrieben und Unternehmen im Hinblick auf die Schulträger.
Ich habe schon im letzten Plenartagungsabschnitt darauf hingewiesen, dass Bedarfsorientierung in Niedersachsen vielfach als Durchsetzung von Partikularinteressen verstanden wird. Jeder Schulträger will jedes Angebot vorhalten, ganz gleich, wie viele Schülerinnen und Schüler da sind.
Jeder Betrieb will die schulische Ausbildung seiner Auszubildenden unabhängig von der Fachlichkeit in nächster Nähe haben. Letztes Mal hatte ich ja schon zu dem dänischen Konzept gesagt: Die machen das völlig anders. Deshalb können sie sich natürlich auch eine viel bessere fachliche Ausstattung leisten. - Was wir im Augenblick tun, ist bildungsökonomisch unvernünftig und ist weder von der Personalausstattung noch von der Sachausstattung leistbar.
Wir beabsichtigen auch keine Bedarfssenkungen im Unterrichtssoll für die Berufsschule, die Teilzeitberufsschule.
Das heißt: Der von Ihnen behauptete Bildungsabbau findet nicht statt, sondern das Gegenteil, nämlich Bildungsaufbau.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, vielleicht können wir einmal zur Praxis zurückkommen. Ich gehöre ja zu den wenigen hier im Landtag, die noch ausbilden. Ich habe mir von meinen Auszubildenden einmal eine Aufstellung machen lassen. Diese neun Auszubildenden im kaufmännischen Bereich haben Blockunterricht. Ich unterhalte mich in regelmäßigen Abständen mit diesen jungen Leuten; denn ich will ja auf dem Laufenden bleiben und wissen, was in der Schule so alles gelehrt wird.
Die Auszubildenden haben mir also einmal eine Aufstellung gemacht. Frau Ministerin, die werde ich Ihnen dann überreichen. Die neun Auszubildenden im kaufmännischen Bereich haben danach 184 Fehlstunden. Ich kann Ihnen auch genau die Zeiträume sagen. Es wäre ja nun schön, wenn die im Betrieb geblieben wären; denn dann hätten sie wenigstens noch praktisch etwas gelernt.
(Voigtländer [SPD]: Ich sage: Es gibt gesetzliche Bestimmungen, wann die in den Betrieb müssen und wann nicht!)
- Ja, aber wenn sie doch Blockunterricht haben und dieser Unterricht ausfällt, dann hilft das nicht, Herr Kollege, das müssen Sie einmal begreifen!
wenn der Mittelstand, der ja bekanntlich mehr als 80 % der Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt, von der Landesregierung so im Stich gelassen wird? - Das ist doch nicht in Ordnung!
(Beifall bei der CDU - Lanclée [SPD]: Herr Heineking, wenn Unterricht aus- fällt, müssen die jungen Leute in den Betrieb! Das wissen Sie doch!)
- Ich habe hier diese Zahlen. Ich werde sie der Frau Ministerin geben. Ich will ja nur, dass das verbes
sert wird, dass das geändert wird. Das erwarten auch die jungen Leute, die mir diese Aufstellung gegeben haben.
- Nein, das ist alles richtig! Sie wollen den jungen Leuten doch nicht unterstellen, dass sie mir eine falsche Aufstellung gegeben haben. Das sind ehrliche junge strebsame Leute, die einen Beruf erlernen wollen!