Protokoll der Sitzung vom 30.03.2000

Wiederbeginn: 15.01 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen unsere Sitzung fort mit

Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung: EU-Vertrag - Öffentliche Daseinsvorsorge absichern - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 14/1483

Der Antrag wird durch den Kollegen Wegner eingebracht. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesrepublik Deutschland stellt mit ihrem föderativen Aufbau eine Besonderheit im Chor der EUMitgliedstaaten dar. Dabei übersteigen Größe und Einwohnerzahl vieler Bundesländer entsprechende Werte mehrerer EU-Mitgliedstaaten bei weitem. Verbunden mit der föderativen Struktur und den großen Anstrengungen beim Wiederaufbau der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich besondere Einrichtungen und Formen der öffentlichen Daseinsvorsorge entwickelt, die es so in den anderen EU-Mitgliedstaaten nicht gibt. Dies führt manchmal zu Missverständnissen.

Bei dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt ist deutlich geworden, dass die SPD Niedersachsen für eine Stärkung der EU steht, und zwar nicht nur durch eine verbesserte Integration der Mitgliedstaaten und eine Verbesserung der Handlungsfähigkeit der EU-Institutionen, sondern auch durch eine kontrollierte Erweiterung nach außen.

Bei aller dabei notwendigen Angleichung der Rahmenbedingungen in den EU-Mitgliedstaaten darf es jedoch nicht zur Zerschlagung bewährter Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge oder zur Gefährdung erfolgreicher Einrichtungen im Wohlfahrtsbereich kommen. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass die EU nur Bereiche regelt, die nicht auch von den einzelnen Mitgliedstaaten in eigener Zuständigkeit geregelt werden können oder für die einheitliche Regelungen sinnvoll sind. Dies ist unstreitig.

Aber die EU-Kommission nutzt nun immer häufiger das Schwert des Wettbewerbsrechts, um gewachsene bundesrepublikanische Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge infrage zu stellen, obwohl diese den Interessen unserer Bevölkerung entsprechen. Jedenfalls entsteht nach außen hin häufig dieser Eindruck. Mit dem heute vorliegenden Antrag möchten wir diese Problematik verdeutlichen und den Anfängen wehren.

Öffentlich-rechtliche Finanzdienstleistungen durch Sparkassen und Landesbanken sichern nicht nur ortsnahe und flächendeckende kostengünstige Angebote für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie für kleine und mittlere Unternehmen, sondern auch die Durchführung notwendiger Strukturmaßnahmen durch Kommunen und Bundesländer. Das Ziel europäischen Wettbewerbs darf nicht allein die Gewinnmaximierung von Großbanken sein, obwohl das Interesse der Banken daran durchaus nachvollziehbar ist. Bei prime rates von 9 % in den USA - das ist der Zinssatz für Kredite an beste Geschäftskunden - entwickeln sich bei den Großbanken natürlich Fantasien. Weil wir dies für unsere Menschen und Unternehmen aber so gerade nicht wollen, brauchen wir auch weiterhin öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und die Erhaltung des bewährten Hausbanksystems ohne teure Rating-Verfahren.

(Beifall bei der SPD)

Dies behindert nicht den Wettbewerb, sondern fördert ihn. Öffentlich-rechtliche Garantien für Landesbanken und Sparkassen sind deshalb jedenfalls nicht infrage zu stellen, soweit sie ihre regionalen Aufgaben erfüllen. Soweit sie meinen, darüber hinaus auch international tätig werden zu müssen, muss dies meines Erachtens natürlich auch in marktgerechten Strukturen erfolgen.

Auch in weiteren Bereichen der Daseinsvorsorge - z. B. beim Nahverkehr, beim Rundfunk und beim Wohnungsbau - müssen wir Sorge dafür tragen, dass die bewährten öffentlich-rechtlichen Strukturen vor Negativentscheidungen der EU-Kommission geschützt werden. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass Ministerpräsident Gabriel auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 24./25. März Garantien seitens der EU für den Fortbestand von Systemen der Daseinsvorsorge im öffentlichrechtlichen Bereich eingefordert hat. Wir erwarten auch von der Bundesregierung, dass sie bei ihren Verhandlungen mit der EU und den anderen Mitgliedstaaten diese Position einbringt. Bundeskanzler Schröder hat darauf bereits beim Gipfel in Lissabon hingewiesen. Ob dies ausdrücklich im Text des EU-Vertrages geschehen muss, ist meines Erachtens eine zweitrangige Frage, weil Artikel 86 des EU-Vertrages bereits ausdrücklich die besondere Bedeutung von Unternehmen anerkennt, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind.

Es wird jedoch immer wieder versucht, auch an sie die Elle einer anbieterorientierten liberalen europäischen Wettbewerbspolitik anzulegen. Das macht uns Sorge. Wir sind deshalb gespannt, wie der zuständige EU-Kommissar Mario Monti auf die berechtigte Interessenwahrnehmung der deutschen Bundesländer reagieren wird. In einem „Stern“-Interview Anfang März hat er davon gesprochen, dass das deutsche System der Daseinsvorsorge den europäischen Wettbewerbsregeln angepasst werden müsse. Dabei will er zwar durchaus differenzierend vorgehen, eine von ihm geplante Transparenzrichtlinie soll den öffentlichrechtlichen Unternehmen jedoch eine in der Praxis kaum umsetzbare Aufteilung ihrer Buchführung auferlegen. Danach soll getrennt aufgeführt werden, welche Leistungen dem öffentlichen Auftrag zuzuweisen sind und welche einer privatrechtlichen Betätigung. Häufig ist das eine ohne das andere aber gar nicht zu leisten. Wir müssen vor diesem Hintergrund alles dafür tun, dass die berechtigten deutschen Länderinteressen von der EUKommission anerkannt werden und dass sich Wettbewerb insbesondere aus dem Interesse der Verbraucher heraus definiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen weder eine Ausdünnung des Angebots noch eine Zerschlagung von Strukturen, noch durch weniger Wettbewerb letztlich höhere Preise im Bereich der Daseinsvorsorge. Insoweit wollen wir durch unseren Antrag die Positionen des Landes Niedersachsen verdeutlichen und auf dieser Grundlage eine konstruktiven Dialog mit der EUKommission führen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU hat sich der Abgeordnete von der Heide zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Wegner dankbar, dass er eine Seite beleuchtet hat, die ich in meiner Rede nicht so sehr beleuchten will. Ich will mich auf die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute beziehen, was sich vorrangig damit begründet, dass die Europäische Kommission im so genannten Beihilfestreit auf Initiative der deutschen Privatbanken aktiv wurde bzw. aktiv werden musste, um eine Untätigkeitsklage beim EuGH zu vermeiden.

Obwohl einiges bereits vorgetragen worden ist, werde ich in meiner Stellungnahme für die CDULandtagsfraktion die Gesamtproblematik darstellen, dies auch, um Kolleginnen und Kollegen, die in dieser Hinsicht noch nicht aktiv geworden sind, Argumentationshilfen zu bieten.

Sparkassen und Landesbanken sind eine unverzichtbare Komponente der sozialen Marktwirtschaft; das ist uns bekannt. Sie tragen wesentlich zur Intensivierung des Wettbewerbs auf dem deutschen Bankenmarkt bei, in dessen Folge qualitativ hochwertige Bankdienstleistungen zu vergleichsweise niedrigen Preisen angeboten werden. Hiervon profitieren insbesondere die Verbraucher und - das ist aus unserer Sicht ganz wichtig - auch die mittelständische Wirtschaft.

Sparkassen sind in ihrem Verbund mit den Landesbanken zudem die Garanten des sozialen Elements unserer Marktwirtschaft. Sie sind als Anstalten des öffentlichen Rechts gemeinnützige Institutionen und gewährleisten, dass sowohl sozial schwächere Bürgerinnen und Bürger als auch ländliche Regionen mit Bankdienstleistungen hinreichend versorgt werden. Damit tragen Sparkassen und Landesbanken maßgeblich dazu bei, dass wettbewerbspolitische und wohlfahrtsökonomische Ziele erreicht werden können.

Indem sich die Sparkassen und Landesbanken - von wenigen Ausnahmen abgesehen - im Besitz von Kommunen und Ländern und damit von öffentlichen Körperschaften befinden, haben sie darüber hinaus verschiedenste öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Ich denke hierbei zunächst an die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für Länder und Kommunen. Zudem werden die Länder durch die in den Landesbanken angesiedelten Förderbereiche bei der Bewältigung strukturpolitischer Aufgaben maßgeblich unterstützt und in die Lage versetzt, wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Regionen zu setzen.

Länder und Kommunen werden aber nicht nur bei der Erfüllung ihrer Aufgaben durch Sparkassen und Landesbanken unterstützt, sondern erhalten als Eigner dieser Kreditinstitute in der Regel auch Dividenden.

Wie andere Unternehmen so haften auch die Länder und Kommunen für die Geschäftstätigkeit der ihnen gehörenden Sparkassen und Landesbanken. Sie übernehmen die Anstaltslast und Gewährträgerhaftung.

Da ich bemerkt habe, dass einige gar nicht wissen, was Anstaltslast ist, will ich das kurz erklären. Anstaltslast ist ein Begriff des öffentlichen Rechts. Unter Anstaltslast versteht man die Verpflichtung der öffentlichen Hand, das jeweilige öffentlichrechtliche Unternehmen, also die Anstalt, mit den zur Aufgabenerfüllung nötigen finanziellen Mitteln auszustatten und so für die Dauer seines Bestehens funktionsfähig zu erhalten. In der Praxis ist die Anstaltslast von eingeschränkter Bedeutung, da sich Sparkassen und Landesbanken ihr Eigenkapital zu wesentlichen Teilen selbst erwirtschaftet haben.

Als Gewährträger müsste die öffentliche Hand in dem Fall haften, dass die Verbindlichkeiten einer Sparkasse oder einer Landesbank deren Vermögen überschreiten, sodass eine Liquidation des insolventen Kreditinstituts nicht zur Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger führen würde. In diesem Fall müsste der Anstaltsträger, also das Land oder die Kommune, die verbleibenden Forderungen der Gläubiger erfüllen. In der Praxis ist die Gewährträgerhaftung aber noch nie in Anspruch genommen worden. Käme ein öffentlich-rechtliches Institut in eine finanzielle Notlage, so würden die Verbindlichkeiten zudem aus Mitteln der Einlagen- und Institutssicherung der Sparkassenorganisation beglichen.

Öffentlich-rechtliche Banken belasten ihre Gewährträger folglich nicht; im Gegenteil: Sie bringen ihnen und darüber hinaus der Gemeinschaft verschiedenste Vorteile. Außerdem bereichern sie den Wettbewerb auf dem Bankenmarkt und dienen damit dem Verbraucher und dem Mittelstand.

Warum wird die Existenz öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute durch die Europäische Kommission dann infrage gestellt? - Nach unserer Auffassung sind zwei Gründe hierfür zentral.

Erstens. Impuls gebende und treibende Kraft war und ist das Interesse der großen deutschen Privatbanken, über eine Vergrößerung ihres Marktanteils den Shareholder-value zu steigern. Zu diesem Zweck beabsichtigt man, die Konkurrenz zu reduzieren, indem Sparkassen und Landesbanken aufgekauft und, wenn diese nicht hinreichend rentabel sind, liquidiert werden. Dies setzt natürlich voraus, dass die Sparkassen und Landesbanken käuflich sind, d. h. dass sie privatisiert werden. Eben diese Privatisierung öffentlich-rechtlicher Banken wird unter Umständen unausweichlich sein, wenn es den Ländern und Kommunen durch die Kommissi

on untersagt werden sollte, wie jeder andere Unternehmer für die Verbindlichkeiten der ihnen gehörenden Unternehmen zu haften.

Eine zweite Ursache der Infragestellung der Existenz öffentlich-rechtlicher Banken resultiert aus dem Zeitgeist. Diesem entspricht die in der ökonomischen Theorie derzeit dominierende Lehrmeinung, der zufolge staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen grundsätzlich den Wettbewerb verzerren und insofern reduzieren. Dabei wird verkannt, dass es in der Praxis gerade die öffentlich-rechtlichen Banken sind, durch deren Aktivität es auf dem deutschen Bankenmarkt mehr Wettbewerb gibt als anderswo.

(Beifall bei der CDU)

- Vielen Dank. - Die Angriffe der Kommission gegen die öffentlich-rechtlichen Banken in Deutschland erfolgen an verschiedenen Fronten. So sollen öffentlich-rechtliche Unternehmen über eine Änderung - das ist ganz wichtig - der so genannten Transparenzrichtlinie dazu gezwungen werden, eine zweifache Buchführung zu erstellen, und zwar einerseits eine für die auf dem Markt angebotenen Waren und Dienstleistungen und andererseits eine für die der Erfüllung öffentlicher Aufträge dienenden Leistungen. Gleichzeitig wird eine Quersubventionierung zwischen beiden Bereichen untersagt.

Nun ist offensichtlich, dass auch private Unternehmen defizitäre Geschäftsbereiche oder Beteiligungen haben können, die durch die in anderen Bereichen erzielten Gewinne faktisch quersubventioniert werden. Warum soll das, was in privaten Unternehmen möglich ist, den öffentlichrechtlichen Unternehmen untersagt werden?

(Beifall bei der CDU und Zustim- mung bei der SPD)

Zudem ist eine zweifache Buchführung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Da private Unternehmen dieser Verpflichtung nicht unterliegen, würden hierdurch nicht nur für Sparkassen und Landesbanken, sondern für alle öffentlichrechtlichen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen.

Die Beratungen über die Transparenzrichtlinie wurden am 20. März im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments fortgesetzt. Das Parlament kann hier jedoch nur eine Stellungnahme

abgeben, die der Rat oder die Kommission bei den Entscheidungen nicht berücksichtigen muss.

Ein anderer Angriff der Kommission auf die öffentlich-rechtlichen Banken stützt sich vorrangig auf Artikel 87 Abs. 1 des EG-Vertrages, dem zufolge aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb auf europäischer Ebene verfälschen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und daher zu untersagen sind. Als Beihilfen werden sowohl die Zuführung von Kapital als auch die Übernahme von Gewährträgerhaftung interpretiert. Die Ausweitung des Beihilfevorwurfs auf das gesamte öffentlich-rechtliche Kreditwesen wird derzeit vonseiten der Kommission vorbereitet.

Einstweilen deutet einiges darauf hin, dass die Kommission Anstaltslast und Gewährträgerhaftung als mit dem EG-Vertrag nicht zu vereinbarende staatliche Beihilfen betrachtet. In ihrer am 24. November 1999 veröffentlichten Mitteilung über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrages auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften ist unter Punkt 2.1.3 Folgendes zu lesen:

„Als Beihilfe in Form einer Garantie betrachtet die Kommission auch die günstigeren Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, deren Rechtsform einen Konkurs oder andere Zahlungsunfähigkeitsverfahren ausschließt oder dem Unternehmen eine ausdrückliche staatliche Garantie oder Verlustübernahme durch den Staat verschafft.“

Dieser von den großen Privatbanken initiierte Angriff der Kommission auf das öffentlichrechtliche System wurde von der Europäischen Bankenvereinigung formell unterstützt, indem diese in einer am 21. Dezember 1999 an die Kommission gerichteten Beschwerde die Eröffnung eines Beihilfeverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland beantragte. In dieser Beschwerde wird behauptet, dass Anstaltslast und Gewährträgerhaftung eine substantielle Beihilfe für öffentlichrechtliche Kreditinstitute gemäß Artikel 87 darstellen und dass hierdurch der Handel zwischen den Mitgliedstaaten negativ beeinflusst werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Nur wenn diese letztgenannte Bedingung erfüllt ist, wenn also der Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten tatsächlich beeinflusst wird, kann eine Garantie als rechtswidrige Beihilfe im Sinne des EG-Vertrages betrachtet werden. Daher richtet sich die Offensive der Privatbanken vorrangig gegen die Landesbanken und größeren Sparkassen.

Es ist sehr bedauerlich, dass auch der Bundeskanzler in einem von der „Financial Times Deutschland“ Mitte Februar veröffentlichten Interview dazu riet

(Zuruf von der SPD: Bis jetzt waren Sie gut! Lassen Sie den Kanzler! - Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

- es kommt ja gar nicht so schlimm, wie Sie denken! -,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der SPD)

in den Verhandlungen mit der Kommission den Schwerpunkt bei den Sparkassen zu setzen und kompromissbereiter bei den Landesbanken zu sein. Unserer Ansicht nach schwächte Gerhard Schröder damit die Position der Ministerpräsidenten der Länder, die sich in Brüssel geschlossen dafür einsetzen, dass auch die Landesbanken als gemeinnützige Institutionen und Instrumente der Struktur-, Sozial- und Mittelstandspolitik erhalten bleiben.

In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass Sparkassen und Landesbanken einen Verbund bilden und dass Sparkassen gerade im Zeitalter der Globalisierung auf die internationale Ausrichtung der Landesbanken angewiesen sind. Wer die Landesbanken aus dem Verbund herauslöst - das ist jetzt sehr wichtig -, der nimmt den Sparkassen die Möglichkeit, dem international ausgerichteten Mittelstand die nachgefragten Finanzdienstleistungen anzubieten.

Statt in einem voreiligen Kompromiss mit der Kommission Anstaltslast und Gewährträgerhaftung in ihrer heutigen Form und Anwendung aufzugeben, müssen wir einerseits die Notwendigkeit öffentlich-rechtlicher Banken verstärkt herausstellen und andererseits verdeutlichen, dass die Argumentation der Kommission überaus fragwürdig und meines Erachtens nicht aufrechtzuerhalten ist. Ich werde mich hier auf zwei zentrale Einwendungen konzentrieren.

Erstens. Zunächst ist fraglich, ob im Falle von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung überhaupt von einer Verfälschung oder Verzerrung des Wettbewerbs gesprochen werden kann, da die Privatbanken so groß und mit der übrigen Volkswirtschaft verflochten sind, dass im Falle ihrer Insolvenz eine Wirtschaftskrise drohen würde. Hier müsste dann ein bail out - das ist eine Staatsbürgschaft gegenüber Banken - erfolgen. Dies bedeutet, dass zwar nicht formal, wohl aber faktisch auch eine Haftung des Staates gegenüber den Privatbanken besteht, die der Gewährträgerhaftung entspricht. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf das Rating der Privatbanken. Hinzu kommt, dass die Refinanzierungsvorteile, die die Landesbanken und großen Sparkassen aufgrund des durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung verbesserten Ratings haben, kleiner sind als unterstellt. Der größte Anteil des Refinanzierungsvolumens besteht hier nämlich aus gedeckten Schuldverschreibungen, d. h. aus Pfandbriefen und Kommunalobligationen.