Protokoll der Sitzung vom 11.05.2000

(Frau Körtner [CDU]: Es ist ein Voll- zugsdefizit! Sie haben es nicht umge- setzt!)

- Sehen Sie einmal nach, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben. - Wir haben das Verbot der Ausbildung auf Aggression dort hineingeschrieben. Sie fordern noch, dass wir so etwas tun sollten.

(Frau Pruin [CDU]: Er weiß, das es kommen muss und will es nicht ma- chen!)

Sie fordern uns in Ihrem Antrag auf, zu verhindern, dass Tiere, die sozusagen tierschutzwidrig gehalten worden sind, zu uns importiert werden dürfen. Dieses Verbot ist 1998 auf niedersächsischen Antrag in § 12 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes aufgenommen worden. Sie sind also mit Ihrem Antrag nicht auf dem Laufenden, meine Damen und Herren. Darum müssen Sie sich wirklich einmal kümmern.

Ich sage also: Auch die Erlaubniserteilung zum Halten und zur Zucht haben wir wesentlich verschärft und von bestimmten Maßgaben abhängig gemacht.

(Frau Pruin [CDU]: Deshalb passiert noch so viel!)

Auch da haben wir im Gesetz Vorsorge getroffen, sodass Sie auch hier ins Leere stoßen, wenn Sie uns anschieben wollen, etwas zu tun. Wir haben es getan.

Meine Damen und Herren, es ist doch nun einmal so, dass sich die generelle größere Gefährlichkeit bestimmter Rassen eben nicht so einfach bejahen oder verneinen lässt. Dies sage ich ganz deutlich. Ein Handelsverbot, wie Sie es fordern, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDUOpposition, greift doch gar nicht. Nehmen wir einmal an, wir würden es per Landesverordnung erlassen, wobei ich sage: Wir haben gar keine Regelungskompetenz. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Aber unterstellen wir einmal, wir hätten sie. Dann würde ein solches Verbot auf Landesebene überhaupt keine Wirkung haben. Ich bitte Sie, einmal ernsthaft über diesen Punkt Ihres Antrages nachzudenken.

Was können wir machen? Wir wollen eine kontrollierte Zucht, ein Zuchtverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Diesen Weg habe ich vorgeschlagen, und ich sehe an der Reaktion der anderen Bundesländer, an ihren Verordnungen, dass sie mir alle folgen.

(Frau Pruin [CDU]: "Mir folgen"!)

Deshalb bin ich sicher, wir sind auf dem richtigen Weg.

Das BML - Herr Schumacher hat das angesprochen - hat uns ein Gutachten vorgelegt. In diesem Gutachten ist festgestellt worden, dass es drei Rassen gibt, den Bullterrier, den StaffordshireTerrier und den Pittbull, bei denen, sozusagen

genetisch verursacht, Aggressivität, Beißwütigkeit und asoziales Verhalten vorhanden sind. Da wollen wir ansetzen. Wir haben jetzt die Begründung, um zu sagen: Jeder, der diese Tiere hält, muss uns durch einen Wesenstest den Nachweis liefern, dass diese Tiere nicht dieses asoziale, beißwütige, aggressive Verhalten haben. Mit diesem Ansatz können wir präventiv wirken. Das heißt, die Hunde, die durchfallen, werden sterilisiert, kastriert; das geht bis hin zur Euthanasie. Sie werden sozusagen von der Zucht ausgeschlossen. Es können keine Nachkommen mehr gezeugt werden. Die Wissenschaft trägt diesen Weg mit und unterstützt uns. Sowohl Professor Hackbarth als auch Professor Feddersen-Petersen sind dabei, den Wesenstest so praktikabel zu machen, dass er im Lande überall unproblematisch angewendet werden kann. Mit diesem Wesenstest werden wir - Frau Pawelski, Sie mögen es nicht glauben, aber das ist so - die Zucht von gefährlichen Hunden - -

(Frau Pawelski [CDU]: Ich habe ge- rade vorgeschlagen, den Wesenstest für Minister einzuführen!)

- Sie dürfen auch einmal den Wesenstest machen. Ich biete Ihnen das an. Er ist an sich sehr teuer. Aber dieses Mal sage ich: Sie machen es umsonst.

(Heiterkeit - Frau Pawelski [CDU]: Ich beiße nicht, ich belle nicht, ich knurre nicht einmal!)

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Frau Hansen, Ihnen sei gesagt: Die Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere, in die dieser Wesenstest eingefügt worden ist, habe ich fertig gestellt, und sie befindet sich gegenwärtig in der Mitzeichnung. Wir schließen also jetzt die Lücke bei der privaten Haltung. Die gewerbliche Haltung haben wir über das Bundestierschutzgesetz geregelt, die private Haltung nun über unsere Verordnung über die Haltung gefährlicher Tiere. Damit steht uns ein komplettes Instrumentarium zur Verfügung: Verbot, das die Kommunen aussprechen, Leinenzwang, Maulkorberlass, steuerliche Möglichkeiten, die die Kommunen einsetzen können. Wir haben heute ausreichende Rechtsgrundlagen auch dafür, die Euthanasierung der Tiere vorzunehmen. Auch dies ist unabhängig hiervon bereits möglich. Wir haben das Tierschutzgesetz, und wir haben unsere Verordnung zur Haltung gefährlicher Tiere. Damit haben wir in Niedersachsen alles getan, was möglich ist, um das Auftreten gefährlicher Hunde in Zukunft zu unter

binden. Wir haben auch die Erlaubnispflicht mit den entsprechenden Vorgaben, sodass die Halter in die Pflicht genommen werden.

Man kann sicherlich noch über andere Dinge nachdenken, die das Ganze vielleicht komplettieren. Aber, meine Damen und Herren, uns zu sagen, wir müssten erst angeschoben werden, das halte ich angesichts dieser Fakten wirklich für verfehlt. Wir freuen uns, dass Sie draufspringen, dass Sie uns unterstützen. Das sollen Sie tun. Die Beratung wird sicherlich interessant werden. Aber am Ende der Beratung werde ich sicherlich feststellen, dass Sie unsere Forderungen nachhaltig unterstützen. Ich lade Sie herzlich dazu ein.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort hat Frau Kollegin Körtner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bartels, wir sind sehr lieb miteinander umgegangen, wie Sie sagen. Es will auch gar keiner beißen. Das ist völlig richtig. Wir sind nicht im Dissens. Auch das ist völlig klar. Nur, Sie erzählen, wie Sie tätig geworden sind, aber vom Ergebnis her ist während dieser vier Jahre hier in Niedersachsen - uns geht es um Niedersachsen wirklich nicht viel herausgekommen. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sie uns vor vier Jahren damit vertröstet haben, dass die Novellierung des Bundestierschutzgesetzes anstehe. Zwölf andere Bundesländer haben aber, weil es aufgrund der bestehenden Gesetze gravierende Vollzugsdefizite, d. h. Umsetzungsprobleme, gab, ein Bündel von Maßnahmen erarbeitet und ergriffen, um der Gefahr der so genannten Kampfhunde, der gefährlichen Hunde und der Vermehrung der Gefahr entgegenzuwirken.

Dass es zunehmen würde, war abzusehen.

Wir haben es Ihnen schon vor vier Jahren gesagt. Wir haben Sie damals darauf hingewiesen, dass der öffentliche Raum, in dem sich Mensch und Hund treffen, immer enger wird, dass es immer weniger geeignete und immer mehr verantwortungslose Halter gibt, die sich gefährliche Hunde zulegen, um eigene Defizite auszugleichen, dass es illegale Hundekämpfe gibt und sich diese Szene verschärfen wird. Wir haben Sie darauf hingewiesen. In

zwölf anderen Bundesländern sind entsprechende Maßnahmen ergriffen worden, hier bei uns in Niedersachsen aber nicht.

Herr Minister, hier wurde bedauerlicherweise viel Zeit vertan, die wir für abwägende, für ausgewogene sowie langfristig wirkende Maßnahmen, für Verbesserungen und Versuche jedoch dringend benötigt hätten. Die Zeit, die wir gebraucht hätten, um die Kommunen - auf denen bleibt ja die Umsetzung hängen - auf die verantwortungsvolle Aufgabe vorzubereiten, ist hier in Niedersachsen vertan worden. Herr Minister, wir haben diese Zeit nicht mehr; denn Eines steht wirklich fest: Wenn jetzt nicht schnell und zielgerichtet gehandelt wird, wenn es zu weiteren Übergriffen mit schrecklichen Folgen für die Betroffenen kommt, dann werden die Bürger noch weitergehende Gesetze einfordern - Gesetze, die das Verhältnis zu unserem Sozialpartner Hund noch mehr verspannen, und Gesetze, die wesentlich teurer und wesentlich schwieriger umzusetzen sind.

Warum hat die Innenministerkonferenz denn nach vielen, vielen Monaten nun endlich reagiert? Weil die Öffentlichkeit, weil die Bevölkerung, weil die Medien die Politik gezwungen haben. Sie sind doch nicht von allein in die Strümpfe gekommen, Herr Minister, sondern Sie sind von außen dazu gezwungen worden.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die Landesregierung vor vier Jahren dringend aufgefordert, die bereits bestehenden Gesetze und Eingriffsmöglichkeiten besser und stringenter zu nutzen. Außerdem haben wir entschieden darauf hingewiesen, dass sie hier präventiv tätig werden muss. Die Sachkunde und die Zuverlässigkeit der Hundehalter muss unter Einbeziehung von externem Sachverstand überprüft werden. Sie dürfen die Kommunen damit nicht allein lassen. Stellen Sie sich doch einmal so einen armen Ordnungsamtsleiter vor, der einen Züchter daraufhin überprüfen soll, ob er auf Aggression züchtet. Dieser arme Ordnungsamtsleiter geht eine Woche in Urlaub oder meldet sich krank. Er hat überhaupt keine Ahnung von dem, was er da machen muss. Deshalb haben wir gesagt: Wir müssen externen Sachverstand einbeziehen.

Die entsprechenden Verbände hier in Niedersachsen waren dazu schon vor vier Jahren bereit. Beispielhaft erwähnen möchte ich den Verband für das Deutsche Hundewesen. Die Tierschutzverbän

de haben gesagt: Wir übernehmen diese Aufgabe. Dieses Bündel von Möglichkeiten, das in zwölf anderen Bundesländern zum Teil schon umgesetzt worden ist, ist hier in Niedersachsen auf der Strecke geblieben, Herr Minister.

Nun können Sie hier aufzählen, was Sie alles gemacht haben. Das ist ja alles möglich. Entscheidend aber ist das, was hinten herauskommt. Entscheidend ist das Ergebnis. Nichts anderes zählt.

Herr Minister Bartels, das ist eine Sache der Gefahrenabwehr, wie die Kollegin Stokar von Neuforn es schon völlig richtig gesagt hat. Wir selbst wissen genau, dass es keinen Königsweg gibt. Wir werden hier mit Sicherheit nicht nur unterstützend tätig werden; denn Sie sind auf unseren Zug aufgesprungen. Wir haben diesen Antrag vor vier Jahren gestellt. Dieser Antrag ist in etwa deckungsgleich mit der IMK-Empfehlung, der Sie zugestimmt haben. Insofern würde ich es etwas anders definieren wollen. Wir haben Sie ein bisschen zum Jagen tragen müssen. Das ist Fakt.

Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt nicht den Mut haben, hier ganz schnell in die Umsetzungsphase einzutreten, wenn Sie sich noch einmal so viel Zeit lassen, Herr Minister Bartels, dann wird die Öffentlichkeit Sie zu ganz anderen Maßnahmen zwingen. Dann werden wir uns in diesem Landtag wahrscheinlich schon bald wieder treffen. Nur, dann wird es für viele, viele Betroffene zu unter Umständen ganz schrecklichen Folgen gekommen sein. Jeder Unfall, jeder Beißüberfall ist ein Fall zu viel. Wir hätten uns Vieles erspart, wenn Sie vor vier Jahren wie zwölf andere Bundesländer auf unseren Zug aufgesprungen wären.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erhält Frau Stokar von Neuforn jetzt noch einmal eine Redezeit von zwei Minuten.

Herr Präsident, ich danke Ihnen. - Ich bin wirklich entsetzt über das, was die Landesregierung hier zu diesem Thema zu bieten hat. Vielleicht ist mein Redebeitrag hier deshalb so hart gewesen, weil ich inzwischen eine zwei Jahre andauernde Kampfhundedebatte im hannoverschen Stadtteil Linden

hinter mir habe. Ich möchte Ihnen hier Eines ganz deutlich sagen: Die Bevölkerung ist es leid.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Es geht jetzt nicht mehr darum, dass wir auf das nächste Kind warten müssen, das auf einer Grünfläche von solch einem Hund angefallen wird. Die Bevölkerung fühlt sich auf Grünflächen, Fahrradwegen, im Straßenbild und auf Bürgersteigen durch aggressive Hunde, die von aggressiven Menschen auch im öffentlichen Raum genutzt werden, um die Bevölkerung zu terrorisieren, verängstigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind es leid in Hannover-Linden. Ich glaube, dass es in anderen Städten genauso aussieht. Von daher müssen die Kommunen durch eine sehr eindeutige und klare Landesverordnung in die Lage versetzt werden, diese Hunde aus dem Straßenbild verschwinden zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Vielen Dank, meine Damen und Herren. - Das Wort hat noch einmal der Minister Bartels.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Frau Körtner gegenüber verpflichtet, noch zwei Sätze zu sagen. Erstens hat sie sich immer auf zwölf Bundesländer berufen, die entsprechende Verordnungen erlassen hätten, die wirkungsvoll gewesen sind.

(Frau Körtner [CDU]: „Ein Bündel von Maßnahmen“ habe ich gesagt!)

- Ja, ein Bündel von Maßnahmen, oder wie auch immer Sie es nennen wollen. Ich stelle nur fest: Diese zwölf Länder, die bisher nur ein paar Maßnahmen ergriffen haben, die nicht über das hinausgehen, was wir haben - bis auf Bayern -, haben ihre Verordnungen und ihren Maßnahmenkatalog genau um das erweitert, was wir seit einem halben Jahr vorgeschlagen haben. Wir wissen das, glaube ich, ein bisschen besser als Sie.

Zweitens will ich darauf hinweisen, weshalb wir das gemacht haben. Ausgangspunkt war das Gutachten des BML, das erstmalig die genetische Bedingtheit von Aggressivität bei diesen drei von mir vorhin genannten Rassen bestätigt hat. Das Problem bestand immer darin, dass dies nicht festzumachen war. Ich bitte Sie, dies als Faktum zur Kenntnis zu nehmen. Das Andere dürfen Sie glauben. Damit dürfen Sie auch glücklich sein. Ich bin aber sicher, dass wir schon immer auf dem richtigen Wege gewesen sind und auch die richtigen Maßnahmen ergriffen haben. Wir haben in dieser Frage in Deutschland von vornherein eine Vorreiterrolle eingenommen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Körtner, Sie haben noch eine Redezeit von 21 Sekunden.