Protokoll der Sitzung vom 20.06.2000

mit zu uns ins Boot gekommen, säßen wir sicherlich auch in Ihrem Boot.

Ich darf einmal aus einem wichtigen Papier zitieren:

„Die Informations- und Kontrollmöglichkeiten des Landtages gegenüber der Regierung sind zu erweitern. Jede Regierung bedarf ständig einer wirksamen Kontrolle durch das Volk und dessen Vertreterinnen und Vertreter im Parlament, wenn sie nicht in selbstgefälliger Machtanmaßung und Überheblichkeit vom Kurs strenger Verfassungstreue und Rechtsstaatlichkeit abkommen will. Die parlamentarische Opposition ist als wesentlicher Bestandteil der Demokratie in der Verfassung zu verankern und mit ihren eigenen Rechten auszustatten.“

Meine Damen und Herren, das ist einer Wahlbroschüre der SPD zur Landtagswahl 1990 entnommen. Ich meine schon, dass wir das sehr ernst nehmen dürfen. Aus diesem Grunde haben wir 22 Anträge gestellt, um an dieser Landeshaushaltsordnung das zu verbessern, was eine Verbesserung wert gewesen wäre.

Ich kann aus Zeitgründen nicht auf alle Einzelheiten eingehen, will aber einige sehr wichtige nennen. Ich nenne zunächst die Notwendigkeit, das Schuldenmachen konsequent einzugrenzen. Der Schuldenanstieg des Landes Niedersachsen ist das gravierendste Finanzproblem. Die Handlungsfähigkeit der Landespolitik ist dadurch nachhaltig eingeschränkt. Um ein weiteres Ausufern des Schuldenmachens durch die Landesregierung zu verhindern, muss die Schuldenaufnahme im Haushaltsvollzug nachhaltig begrenzt werden.

Artikel 71 der Niedersächsischen Verfassung schreibt vor, dass Kredite die für Investitionen vorgesehenen Ausgaben nicht überschreiten dürfen. Kredite dürfen also ausschließlich für Investitionen aufgenommen werden, die das Landesvermögen erhalten oder verbessern. Der Verfassungsgeber wollte damit verhindern, dass die Kosten gegenwärtigen Konsums auf spätere Generationen abgewälzt und der finanzpolitische Spielraum für zukünftige Generationen damit verringert werden. Der Haushaltsvollzug in den Jahren 1992 bis 1996 hat aber gezeigt, dass die Landesregierung diesen

Gesetzesinhalt in der Praxis regelmäßig unterlaufen hat. Die Kredite wurden z. B. in voller Höhe aufgenommen, die im Haushaltsplan vorgesehenen Investitionen aber nicht getätigt. Allein in den Jahren 1992 bis 1996 sind 3 Milliarden DM mehr neue Schulden aufgenommen worden, als Investitionen getätigt wurden. Damit wurde in der Praxis das Haushaltsrecht des Parlamentes ausgehöhlt und übergangen: Kredite wurden für konsumtiven und aktuellen Verzehr aufgenommen.

In Übereinstimmung mit dem Bundesrechnungshof und mit Rechnungshöfen vieler Länder hat z. B. der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern die Ansicht vertreten, dass die Verfassungsregelung zur Kreditobergrenze nicht nur für die Haushaltsaufstellung relevant ist, sondern auch für den Haushaltsvollzug. Deshalb haben wir gefordert, dass in der Neuregelung der Landeshaushaltsordnung verankert ist, dass im Haushaltsvollzug nur so viele neue Schulden aufgenommen werden dürfen, wie Investitionen tatsächlich getätigt wurden. Damit werden die unkontrollierte Neuverschuldung des Landes wirkungsvoll eingeschränkt und die Haushaltshoheit des Parlamentes als oberstes Recht der Parlamente wiederhergestellt.

Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen: Maßnahmen, um die weitere Verschwendung von Landesvermögen zu verhindern. Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren rund 1,8 Milliarden DM an Landesvermögen veräußert, um damit Haushaltslöcher zu stopfen. Dadurch ist das angesammelte Volksvermögen unwiderruflich verschwunden und verschwendet, und zwar ohne langfristigen Gegenwert.

(Beifall bei der CDU)

Diese Praxis muss auch im Interesse nachfolgender Generationen unterbunden werden. Sie ist finanzpolitisch unsolide und höhlt die finanzpolitische Handlungsfähigkeit des Landes aus. Deshalb forderte die CDU, dass Erlöse aus der Veräußerung von Landesvermögen ausschließlich für den Neuerwerb von Vermögen oder für Investitionen eingesetzt werden dürfen.

Als Nächstes spreche ich den Punkt der Privatisierung von staatlichen Aufgaben an. Wir haben gerade den Bericht des Landesrechnungshofes zur Kenntnis genommen, in dem dieser auflistet, wie es beispielsweise im Bereich des Innenministeriums, bei der Polizei in verschiedenen Bereichen,

möglich wäre, durch Privatisierung Kosten in erheblicher Höhe einzusparen. Um die Wirtschaftlichkeit der niedersächsischen Verwaltung nachhaltig zu verbessern, ist ein Kostenvergleich zwischen privaten Anbietern und der öffentlichen Verwaltung für die Ausführung staatlicher Aufgaben dringend geboten. Dies fördert das Kostenbewusstsein der öffentlichen Verwaltung und schafft die Möglichkeit, staatliche Aufgaben von privaten Anbietern durchführen zu lassen, wenn dies für das Land kostengünstiger ist. Deshalb forderte die CDU, dass die diesbezügliche Regelung der Bundeshaushaltsordnung - also nichts Einmaliges für Niedersachsen - in die Landeshaushaltsordnung übernommen wird. Dort heißt es nämlich, dass in geeigneten Fällen privaten Anbietern die Möglichkeit zu geben ist, darzulegen, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeit nicht ebenso gut oder besser erbringen könnten als die staatlichen Bereiche selbst.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen: Maßnahmen, um die Kontrollrechte des Parlamentes zu verbessern. Wir haben uns in der Frage der Veräußerung von Landesvermögen weitgehend geeinigt. Dies ist aber keinesfalls der Fall, wenn es um den Kauf von Landesvermögen geht. Die CDU will diese Vorschrift auch auf den Kauf von Landesvermögen, Grundstücken, auf Anteile an Unternehmen und mittelbare Landesbeteiligungen ausdehnen. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Parlament über die Veränderung von Vermögenswerten des Landes originär bestimmt und nicht die Exekutive ohne Zustimmung des Parlamentes Vermögensgeschäfte durchführt. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil sich hieraus langfristige Belastungen für das Land ergeben können.

Der letzte Punkt: Die CDU fordert, dass in der Landeshaushaltsordnung festgelegt wird, dass die Haushaltsrechnung des Landes frühzeitig vorgelegt wird. In den vergangenen Jahren hat die Landesregierung die Landeshaushaltsrechnung immer wieder erst vorgelegt, nachdem der Haushaltsplanentwurf vorlag.

(Wegner [SPD]: Aber mit guten Er- gebnissen!)

Die Ist-Ergebnisse der Vorjahre sind aber wesentliches Kriterium für die Aufstellung des Haus

haltsplanentwurfes und die Kontrolle des Entwurfes durch das Parlament. Zudem brauchen wir eine schärfere Bestimmung in der Landeshaushaltsordnung, dass mittelfristige Finanzplanung und Haushaltsplanentwurf so rechtzeitig vorgelegt werden, dass die Beschlussfassung über den Haushaltsplanentwurf noch zum Jahresende möglich ist. Die CDU forderte deshalb eine deutliche Regelung für die Vorlage des Haushaltsplanentwurfes. Dies ist auch im Interesse des Landesrechnungshofes. Wir wollen, dass die Landesregierung bei verspäteter Vorlage des Haushaltsplanentwurfes gezwungen wird, diese verspätete Vorlage ausführlich zu begründen.

Meine Damen und Herren, Sie haben als Mehrheit die Chance vertan, heute die Rechte des Parlamentes zu stärken. Herr Lestin hat eben gesagt, dass Sie nicht der verlängerte Arm der Opposition seien. Sie sollten aber einmal im Hinblick auf das Selbstverständnis des Parlamentes die Rechte des Parlamentes stärken. Dann wären wir in dieser Frage recht schnell einer Meinung.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden bei der Abstimmung über Artikel 1 mit Nein stimmen, weil Sie fast alle unsere wesentlichen Vorschläge nicht aufgenommen haben. Der Artikel 1/1 findet unsere Zustimmung. Es wird Sie nicht verwundern, dass Sie in der Schlussabstimmung unsere Zustimmung nicht bekommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt der Kollege Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist doch völlig unstrittig, dass eine Vielzahl der Regelungen dieses Gesetzentwurfes auch die Zustimmung unserer Fraktion findet. Das betrifft die Budgetierung und die Eigenverantwortung, wenngleich ich sagen möchte, dass wir uns auch an der Stelle eine Stärkung des Haushaltsausschusses hätten vorstellen können. Herr Aller, warum denn immer nur alle drei Jahre einmal einen Bericht von der budgetierten Verwaltung wie über die Häfenund Schifffahrtsverwaltung vorlegen? Warum sollte man nicht auch nach amerikanischem Vor

bild Berichterstatter aus dem Ausschuss benennen und damit die Rechte des Ausschusses stärken?

Der eigentliche Grund dafür, warum wir wie die CDU diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, liegt in der Tat darin, dass er der Verschuldung, der Nettokreditaufnahme, keine Grenzen setzt. Aus unserer Sicht müsste das an drei Stellen geschehen, auch und gerade in der Landeshaushaltsordnung.

Punkt eins ist, dass es doch völlig richtig ist, zu sagen, dass nicht nur die veranschlagten Investitionen, sondern die tatsächlich getätigten Investitionen Maßstab für die Nettokreditaufnahme im jeweiligen Haushaltsjahr sein müssen.

Der zweite Punkt ist, dass Nettokreditaufnahmen nicht Jahr für Jahr angehäuft werden können und nicht verfallen, sondern eines Tages zur Haushaltsdeckung - sei es aufgrund unvorhergesehener Löcher, sei es als Wahlkampfgeschenk - eingesetzt werden dürfen.

Der dritte Punkt ist - das haben Sie ja verfolgt -, dass es aus unserer Sicht unzulässig ist und unterbunden werden muss, dass außerhalb des Haushaltes in Finanzierungsgesellschaften unbegrenzt zusätzliche Nettokreditaufnahme betrieben werden kann.

Alles das setzt der Neuverschuldung in Niedersachsen keine Grenzen, sondern weitet sie im Gegenteil aus. Deshalb gibt es aus unserer Sicht keine Grundlage, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Lestin hat die Inhalte der Gesetzesvorlage und die Ergänzung durch die SPD-Fraktion sehr präzise dargestellt und hat den Schwerpunkt auf die Neuregelung gesetzt, die wir im Zusammenhang mit der zentralen Liegenschaftsverwaltung in der Landeshaushaltsordnung absichern wollen. Ich brauche deshalb auf die einzelnen Punkte nicht mehr einzugehen und will mich lediglich auf eini

ge Bemerkungen konzentrieren, die hier von den Vertretern der Opposition angefügt worden sind.

Es wurde gefordert, die Haushaltsrechnung früher vorzulegen, damit sie vor dem Beginn der Haushaltsberatung und vor der Aufstellung der Mipla verfügbar ist. Ich kann dazu nur sagen, dass Sie sich nun für das eine oder andere entscheiden müssen. Bei einer kompletten, an den Ist-Ergebnissen orientierten Haushaltsrechnung müssen Sie uns zugestehen, dass wir diese Haushaltsrechnung sorgfältig und präzise aufstellen, damit die Ist-Ergebnisse stimmen. Ferner fordern Sie eine sehr frühzeitige Vorlage des Haushaltsplanentwurfes und der mittelfristigen Finanzplanung. Das widerspricht sich mindestens in den Zusammenhängen, bei denen es etwas komplizierter wird, die Eckdaten für die Haushaltsberatungen und die mittelfristige Finanzplanung präzise darstellen zu können. Sie wissen, dass das Jahr 2000 ein Jahr ist, das geradezu exemplarisch für das Überlappen von Eckdaten steht. Wir befinden uns inmitten einer Steuerreformdebatte und hängen sehr von den Ergebnissen ab, die auf der Bundesebene - über den Bundesrat in Verbindung mit den Bundesländern - herausgearbeitet werden. Diese Ergebnisse in das Haushaltsplanaufstellungsverfahren einzubeziehen, erscheint mir sinnvoll. Das Gleiche gilt auch für die Steuerschätzungen im Mai und im November. Es macht also keinen Sinn, theoretische Forderungen aufzustellen, die der Praxis nicht standhalten.

Lassen Sie mich eine zweite Bemerkung an die Adresse der Opposition richten. Die Opposition hat natürlich nicht nur die Funktion, die Einhaltung der Landeshaushaltsordnung und die Landesregierung zu kontrollieren, sondern sie hat auch eine Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Lande. Deshalb halte ich es schon für wichtig, dass sie ihre Kontrollfunktion auf die Verpflichtung erweitert, in den Beratungen zur Haushaltsplanaufstellung Alternativen vorzulegen. Da wäre es schon interessant, für die vergangenen Jahre den Abgleich zu machen, wie die Haushaltsplanalternativen von CDU und Grünen ausgesehen hätten, wenn sie die hohen Ansprüche an die Landeshaushaltsordnung eben an ihre eigenen Haushaltsplanalternativen angelegt hätten. Ich darf daran erinnern, dass die CDU jahrelang überhaupt keine Alternativen vorgelegt hat, dann ein- oder zweimal versucht hat, welche zu formulieren, die schon vom ersten Anschein her verfassungswidrig waren, und die letzten waren, jedenfalls was die Verschuldungsfrage angeht, nie so, Herr Kollege,

dass man sagen könnte, das sei eine gelungene Veranstaltung gewesen.

Lassen Sie mich noch einige wenige Sätze zu dem Liegenschaftsmanagement sagen. Ich bin der Mehrheitsfraktion sehr dankbar, dass sie in ihrem Antrag den Gesetzentwurf ergänzt hat, weil wir damit einem wichtigen Reformschritt in unserer Landesverwaltung näher kommen, nämlich der zentralen Liegenschaftsverwaltung. Mit dieser Ergänzung unterstreicht die SPD, dass sie mit der Landesregierung zusammen bereit ist, nicht nur Reformen zu fordern, sondern auch Reformen zu machen.

An der Stelle, meine Damen und Herren von der Opposition, habe ich ein bisschen das Gefühl, als wenn Sie weit hinter dem zurückbleiben, was Sie ständig im Munde führen. Sie fordern eine schlanke, schnelle, effiziente Verwaltung für die Umsetzung von politischen Beschlüssen, die dieses Haus in Eckwerten festgelegt hat. Aber Sie wollen der Regierung und auch dem Parlament das Instrumentarium verweigern, um diesem Anspruch gerecht werden zu können. In diesem Sinne sind die Änderungen, die jetzt mit der Landeshaushaltsordnung verabschiedet werden, ein wichtiger Beitrag zur Reform auch des Finanz- und Kassenwesens des Landes. Ich bedanke mich bei der Mehrheitsfraktion, dass sie diese Vorschläge durchträgt. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, ich schließe damit die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen jetzt zu den notwendigen Abstimmungen.

Ich halte Sie damit einverstanden, dass wir nur über die Beschlussempfehlung des Ausschusses abstimmen und der in die Ausschussberatung einbezogene Änderungsantrag damit erledigt ist.

Meine Damen und Herren, ich rufe die Einzelberatung auf.

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist gefolgt.

Ich rufe Artikel 1/1 auf. - Auch dazu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist gefolgt.

Artikel 2. - Unverändert.

Artikel 3. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen jetzt zur Schlussabstimmung. Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist gefolgt. Das Gesetz ist damit beschlossen.

Wir kommen jetzt zum letzten Tagesordnungspunkt vor der Mittagspause, zu