Protokoll der Sitzung vom 21.06.2000

liche Verkehrsmittel für die tägliche Fortbewegung im ortsnahen Bereich.

(Fischer [CDU]: Schönheitsscater!)

Die Landesregierung sieht dieses so und setzt auch hier ihre Prioritäten. Das fahrradfreundliche Klima, wie wir es heute hier im Landtag haben, muss natürlich in die Köpfe der Menschen transportiert werden. Dazu gehört in erster Linie das Vorleben, Herr Möllring. Ich gehe davon aus, dass Sie das der Bevölkerung entsprechend vorleben werden. Ich könnte hier jetzt die Frage stellen: Wer von den Abgeordneten besitzt überhaupt ein vernünftiges Fahrrad?

(Zurufe: Hier! Hier! Hier! - Fischer [CDU]: Du bist über das Dreirad nicht hinaus gekommen!)

- Ja, ja, ja. Die nächste Frage ist natürlich - -

Herr Kollege Biel, eine Volksbefragung ist hier nicht vorgesehen.

Ich könnte aber auch weiter fragen, Herr Präsident, wie oft und wozu es benutzt wird. Wenn Sie ehrlich sind, meine Damen und Herren, gibt es doch nur ganz wenige, die den inneren Schweinehund überwinden und das Fahrrad für ihre tägliche Fortbewegung nutzen. Vom Urlaub auf dem Fahrrad ganz zu schweigen. Wenn Sie täglich bequeme 50 km zurücklegten, könnten Sie 64 Tage auf Fahrradwegen an niedersächsischen Bundesstraßen fahren, um alle vorhandenen Kilometer einmal zu befahren. Würden Sie das Gleiche an den Landesstraßen wiederholen, Herr Möllring, bräuchten Sie 82 Tage.

In Niedersachsen gibt es das längste Radwegenetz der Bundesrepublik, und es wird ständig erweitert. Die Möglichkeiten für das Fahrradfahren sind in Niedersachsen gut. Das soll aber nicht heißen, dass sie nicht ständig verbessert und erweitert werden müssen. Nur wer selbst mit dem Fahrrad fährt, kann die Schwachstellen im Fahrradverkehr erkennen. In vielen Kommunen muss man sich auf das alte Verkehrsmittel Fahrrad neu einstellen. Mit kleinen baulichen Änderungen lassen sich viele Mängel beheben.

Ich halte es übrigens für eine gute Einrichtung, wenn zum „Tag der Niedersachsen“ eine Fahrradsternfahrt von AOK und ADAC organisiert wird. In diesem Jahr haben 600 Menschen daran teilgenommen, unter ihnen unser Innenminister und ein MdL, der der SPD angehört.

(Beifall bei der SPD – Oh! bei der CDU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diejenigen, die in diesem Jahr gefehlt haben, haben im nächsten Jahr die Gelegenheit, es in Lüneburg nachzuholen, wo der nächste „Tag der Niedersachsen“ stattfindet. Dort wird es wieder eine Fahrradsternfahrt geben.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich gehe nach diesen Zwischenrufen davon aus, dass es eine starke Beteiligung der MdL geben wird.

Meine Damen und Herren, die Idee eines Preises für die fahrradfreundlichste Kommune im Antrag der Fraktion der Grünen finde ich nicht schlecht.

Zum Schluss möchte ich einige in Peine praktizierte Beispiele nennen.

Erstens. Der Rat führt jährlich eine FahrradInformationsfahrt durch die Stadt durch.

Zweitens. Der Rat hat ein Radwegeverkehrskonzept verabschiedet, welches abgearbeitet und auch ständig fortgeschrieben wird.

(Fischer [CDU]: Deshalb heißt es ja auch Stadtrat!)

Drittens. Mein lieber Herr Fischer, seit acht Jahren führen wir erfolgreich den „Tag des Fahrrads“ durch. An der Informationsveranstaltung auf dem Marktplatz nehmen mehrere tausend Menschen teil und fahren an diesem Tag mit dem Fahrrad.

Ich bin mir sicher, dass auch andere Kommunen über ähnliche Aktionen berichten können.

Meine Damen und Herren, ich freue mich natürlich auf die Beratung im Ausschuss. Ich kündige für die SPD-Fraktion einen Änderungsantrag an und beantrage gleichzeitig, dass der Ausschuss für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen mit der Mitberatung beauftragt wird.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Wenzel möchte die Restredezeit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nutzen.

(Zuruf von der CDU)

Vielen Dank, Herr Jahn. – Es waren gerade noch fünf Minuten; jetzt sind sie weg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe bei diesem Antrag bewusst darauf verzichtet, Öl ins Feuer zu gießen.

(Biel [SPD]: Das habe ich auch nicht gemacht!)

Ich habe deswegen auch noch einmal bewusst an die Kampagne der Regierung Albrecht erinnert. „Die Regierung Albrecht bittet aufs Rad“ hieß das damals. Ich bin auch nicht tiefer in die Aktivitäten der Landesregierung eingestiegen, Herr Fischer. Aber nichtsdestotrotz möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen, dass es nicht darum geht, dass hier jeder erklärt, dass er sowieso schon einmal mit dem Fahrrad gefahren ist und im Übrigen auch alles ganz toll findet, sondern dass es wirklich um einen Quantensprung geht.

Wenn man die Quote von derzeit 11 % auf 20 % steigern will, dann ist das wirklich ein Faktor in der Verkehrspolitik und in vielen Städten und Dörfern, die heute unter einer hohen Verkehrsbelastung leiden. Ich meine, dann braucht es mehr.

(Schurreit [SPD]: Mit welchen In- strumenten, Stefan?)

Deshalb wünsche ich mir, dass wir das Thema ernsthaft diskutieren, weil ich meine, es könnte ein Gewinn für Niedersachsen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was ich aus der Debatte mitnehme und was wir alle mitnehmen können, ist, dass wir alle wohl zum nächsten „Tag der Niedersachsen“ in Lüneburg mit dem Fahrrad radeln werden.

Ich schließe die Beratung. Wer dafür ist, dass sich der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr federführend sowie die Ausschüsse für innere Verwaltung, für Haushalt und Finanzen und für Freizeit,

Tourismus und Heilbäderwesen mitberatend mit dem vorliegenden Antrag befassen, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist so beschlossen.

Vereinbarungsgemäß rufe ich auf

Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: Einsetzung einer Enquete-Kommission zur künftigen Arbeit des Niedersächsischen Landtages am Beginn des 21. Jahrhunderts - Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/1678

(Unruhe)

- Ich hatte nicht gesagt, dass wir nun in eine allgemeine Aussprache eintreten, sondern ich möchte gern bekannt geben, dass wir beim nächsten Tagesordnungspunkt sind.

Ich ruhe zunächst die Wortmeldung des Kollegen Schünemann von der CDU-Fraktion auf, danach die des Kollegen Schröder und dann die des Kollegen Möhrmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beeindruckende Bewerbungsrede des Ministerpräsidenten für das Europäische Parlament heute Morgen hat noch einmal vor Augen geführt, dass wir durchaus darüber nachdenken sollten, ob wir nicht die Aufgaben unseres Landes neu definieren müssen. Aber vor allen Dingen sollten wir darauf achten, dass wir in unseren Kernkompetenzen die Zuständigkeit behalten. Die Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Bildung, innere Sicherheit und Arbeit und Soziales.

Wenn wir bei der europäischen Zusammenarbeit und der Globalisierung tatsächlich daran denken, dass wir mit den anderen Bundesländern und den anderen europäischen Regionen im Wettbewerb stehen, dann müssen wir als Landesparlament vor allen Dingen auch darauf achten, dass wir die Entscheidungskompetenz haben. Denn wenn wir in der Zukunft die Entscheidungskompetenz nicht mehr haben, werden wir in diesem Wettbewerb nicht bestehen können. Ich begrüße deshalb sehr, dass wir in der Enquete-Kommission über diese Frage sprechen werden und dass wir zu diesem

Bereich sicherlich auch Vorschläge bekommen werden.

Wir müssen genauso aufpassen, dass wir als Parlament nicht irgendwann als eine Art Aufsichtsrat fungieren und vielleicht sogar noch weniger Kompetenzen haben als ein Aufsichtsrat. Denn wenn ich mir die Praxis vor Augen führe, dass sehr häufig in Kultusministerkonferenzen und in Gremien wie dem Bündnis für Arbeit entschieden wird und dass wir im Parlament anschließend vielleicht noch ratifizieren, aber nicht mehr ernsthaft diskutieren und die Entscheidung herbeiführen, dann muss uns das nachdenklich stimmen. Wir sollten wirklich aufpassen und alles dafür tun, dass wir die Entscheidung im Parlament herbeiführen, statt einfach nur die Hand zu heben. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir Wege fänden, diese Kompetenz wieder in das Parlament zurückzubekommen. Deshalb begrüße ich auch in dem Bereich die Einsetzung einer Enquete-Kommission.

Worüber ich mir allerdings durchaus Gedanken mache, sind die Parlamentsorganisation und der Ablauf der Plenardebatte. Aus meiner Sicht müssen darüber keine langen Untersuchungen in der Enquete-Kommission durchgeführt werden, weil doch eigentlich die Entscheidungen und Vorschläge auf dem Tisch liegen. Wir sollten so schnell wie möglich darangehen, die Plenardebatten interessanter zu gestalten. Wir von der CDU-Fraktion haben vieles vorgeschlagen. Leider Gottes mussten wir feststellen, dass die Mehrheitsfraktion fast in jedem Fall diesem Begehren nicht nachgekommen ist.

Langsam muss ich Ihren Fraktionsvorsitzenden Herrn Plaue ein wenig in Schutz nehmen. Ich verstehe nicht, warum Sie ihn so im Regen stehen lassen. In einer NDR-Diskussion hat sich Herr Plaue sehr mutig nach vorne gewagt und gesagt, dass Schwerpunktsetzungen natürlich möglich sind und dass Sie das in der Vergangenheit auch gemacht haben. Er musste dann zwar feststellen, dass es in der Vergangenheit normalerweise nicht so war, aber Sie haben – damit er nicht ganz blamiert ist – vor vier Wochen Schwerpunktsetzungen zugestimmt. Dann ist es hervorragend gelaufen. Sogar der Landtagspräsident hat im NDR zustimmend gesagt, dass es eine sehr lebhafte Debatte war und dass man darauf aufbauen kann.

In dieser Plenarwoche aber haben Sie Ihren Fraktionsvorsitzenden im Stich gelassen. Sie haben alles

zurückgenommen. Meine Damen und Herren, das hat sogar Herr Plaue nicht verdient.

(Beifall bei der CDU – Frau Pawelski [CDU]: Das heißt schon was!)

Wir sollten die Ergebnisse der EnqueteKommission hierzu nicht mehr abwarten, sondern sofort starten und die Vorschläge, die bereits gemacht worden sind, ausprobieren. Meine Damen und Herren, wenn wir es wirklich nicht schaffen, die Plenardebatten attraktiver zu machen und aktueller zu werden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn der Landtag und auch die Abgeordneten irgendwann nicht mehr ernst genommen werden.

(Beifall bei der CDU)