Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie oft und wann hat das Niedersächsische Landesjugendamt die Einrichtung „Haus Tannenkamp GmbH“, Tannenkamp 51, 34346 Hann.Münden geprüft und das pädagogische Konzept hinterfragt?

2. Werden oder wurden hierbei die für die Jugendarbeit notwendigen pädagogischen Voraussetzungen, z. B. die Qualifikation der Mitarbeiter überprüft, bzw. deren häufiger Wechsel festgestellt?

3. Ist sichergestellt, dass die vorgegebenen Standards eingehalten und kontrolliert werden und sich die Pflegesätze im Normalbereich bewegen?

Ihre Anfrage bietet mir Gelegenheit, Ihre Doppelzüngigkeit, was das Landesjugendamt angeht, einmal der Öffentlichkeit dazulegen. Es geht um die Fachaufsicht für die stationären und teilstationären Einrichtungen der sog. Hilfen zur Erziehung, die frühere Heimaufsicht.

Das wichtige Feld des Schutzes von Kindern in Einrichtungen wird öffentlich nur wahrgenommen, wenn es um Skandale oder gravierende Missstände innerhalb von Heimen geht. Bisher ist es zum Glück zu keiner Befassung mit dieser Thematik im Landtag gekommen. Gerade die Qualität des in Ihrer Anfrage angesprochenen Bereiches erkennt man vor allem daran, dass man möglichst wenig von ihm hört. Und die Heimaufsicht – ich benutze bewusst diesen veralteten Begriff - der Bezirksregierung Hannover – Niedersächsisches Landesjugendamt – hat in den letzten Jahren hervorragende Arbeit geleistet, sodass es für uns in diesem Haus keinen Grund gab, darüber zu debattieren.

Dafür war bis zum 1. Juli 1999 das Dezernat 3 des Niedersächsischen Landesjugendamtes und jetzt das Dezernat 407 der Bezirksregierung Hannover zuständig.

Da wird am 16. Juni 2000 in der Presse zur Eingliederung des Landesjugendamtes in die Bezirksregierung eine erschreckende Bilanz festgestellt, Mitarbeiter werden beschimpft und es werden Unterstellungen gemacht, z. B. zum Gebrauch eines eigenen Dienstwagens.

Am gleichen Tag hat das Innenministerium übrigens die Behauptung der CDU als „blühenden Unsinn“ zurückgewiesen. In der vorliegenden Anfrage will man vom gleichen Landesjugendamt wissen, ob es ein Kinder- und Jugendheim in Hann.Münden wann und wie oft geprüft hat, ob Standards eingehalten und kontrolliert worden sind. Ich möchte hierzu mitteilen, dass dieses Landesjugendamt in diesem Fall vorbildlich gehandelt hat. Aber, meine Damen und Herren, dazu sind Mitarbeiter nötig und hin und wieder auch ein Dienstwagen. Sie sollten in Ihrer Fraktion endlich einmal anerkennen, dass diese Mitarbeiter trotz Umorganisation und Beschimpfungen in den letzten Jahren gewissenhaft ihre Arbeit machen.

Die gesetzliche Grundlage der Aufsicht über stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe finden sich in den §§ 45 f. des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG). Im Unterschied zum bis 1989 gültigen Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) sieht das KJHG keine regelmäßigen jährlichen Überprüfungen mehr vor. Die Intention des Gesetzgebers bestand vielmehr im Beratungsauftrag der Landesjugendämter und sah Überprüfungen nur anlassbezogen vor. Da es leider immer wieder Einrichtungen gibt, die bewusst oder aus falschem Verständnis zu lange versuchen, eine Negativentwicklung mit eigenen Mitteln umzukehren, hat das Landesjugendamt schon vor Jahren die Konsequenz gezogen, eingehenden Beschwerden einen besonderen Stellenwert einzuräumen und absolut vorrangig zu behandeln. Gerade dieses Beschwerdemanagement hat in der Einrichtung „Haus Tannenkamp“ zu einer noch nicht abgeschlossenen, aber in eine deutlich positive Richtung führenden Trendumkehr geführt.

Dies vorausgeschickt, nimmt die Landesregierung zu Ihren Fragen wie folgt Stellung:

Zu 1: Bei der Einrichtung „Haus Tannenkamp“ handelt es sich um ein Kinder- und Jugendheim mit 55 Plätzen. Das Heim existiert seit mehr als 20 Jahren und bot in dieser Zeit noch nie Anlass zur Kritik. Noch aus dem Jahr 1998 liegt dem Landesjugendamt ein Schreiben eines Jugendamtes aus Nordhessen vor, in dem die Einrichtung für

ihre gute Arbeit bezogen auf die Hilfeverläufe der dort lebenden Kinder und die gute Zusammenarbeit mit den Jugendämtern gelobt wird.

Die Bezirksregierung Hannover – Dezernat 407 – ist im Juli letzten Jahres durch die zunächst anonyme Beschwerde von ehemaligen Mitarbeiterinnen der Einrichtung auf Missstände im Kinderund Jugendheim „Haus Tannenkamp“ aufmerksam gemacht worden. Nachdem im weiteren Verlauf der Untersuchungen persönliche Gespräche mit den Beschwerdeführerinnen möglich waren, erhärteten sich die Vorwürfe gegenüber der Einrichtungsleitung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der daraus resultierenden Personalfluktuation. Die zuständige Mitarbeiterin der Bezirksregierung leitete sofort die notwendigen Schritte ein. Es folgten gemeinsame Gespräche mit der Einrichtungsleitung, dem örtlich zuständigen Jugendamt des Landkreises Göttingen und dem zuständigen Spitzenverband sowie z. T. den belegenden nordhessischen Jugendämtern (Verband der privaten Träger der Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe VPK) am 31. August 1999, 17. November 19899, 2. Dezember 1999, 14. Februar 2000 und 10. Mai 2000, fast alle im Rahmen von örtlichen Prüfungen im „Haus Tannenkamp“. Neben diesen Terminen fanden zahlreiche Einzelgespräche mit den Beteiligten persönlich oder telefonisch statt. In die Betriebserlaubnis wurden zusätzliche Auflagen aufgenommen.

Die Einrichtung wird seither von einer externen Organisationsberatung in der Betriebs- und Personalführung beraten, die über einen breiten Erfahrungshintergrund in der Heimerziehung verfügt. Eine neue pädagogische Leitung wird in diesen Tagen eingestellt.

Ich möchte betonen, dass es sich bei allen Kritikpunkten gegenüber den Bedingungen im „Haus Tannenkamp“ um Vorwürfe gegenüber der Leitung oder den Strukturen der Einrichtung handelt. Alle belegenden Jugendämter betonen nach wie vor, dass sich die Kritik niemals an einer schlechten Betreuungssituation der Kinder festgemacht hat.

Zu 2: Alle betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen sind gem. § 47 Abs. 1 SGB VIII verpflichtet, dem zuständigen Landesjugendamt den Namen und die Ausbildung der Betreuungskräfte mitzuteilen. In den Betriebserlaubnissen der Bezirksregierung Hannover wird auf diese Meldepflichten

ausdrücklich hingewiesen. Das Kinder- und Jugendheim „Haus Tannenkamp“ ist im Jahre 1998 und im ersten Halbjahr des Jahres 1999 diesen Meldepflichten nur unzureichend nachgekommen, sodass die zuständige Mitarbeiterin erst über die Beschwerden der ehemaligen Mitarbeiterinnen von der hohen Personalfluktuation erfahren hat. Andere Hinweise, etwa vom örtlich zuständigen Jugendamt oder den belegenden Jugendämtern, lagen nicht vor. Durch die unter 1. geschilderten Entwicklungen ist dieser Missstand behoben worden; eine überdurchschnittliche Personalfluktuation ist nicht mehr festzustellen.

Gem. § 45 Abs. 1 SGB VIII sowie nach den internen „Hinweisen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis“ der Bezirksregierung Hannover gelten Diplom-, Sozial- und Heilpädagoginnen/–pädagogen sowie Erzieherinnen und Erzieher als Fachkräfte im Sinne dieser Vorschriften. Eine Abweichung bedarf einer Ausnahmegenehmigung. Die derzeitige Personalbesetzung des „Hauses Tannenkamp“ ist im Sinne dieser rechtlichen Grundlagen nicht zu beanstanden.

Zu 3: Der im „Haus Tannenkamp“ begonnene Prozess befindet sich derzeit in einem Stadium, das alle Beteiligten mit sehr viel Optimismus in die Zukunft blicken lässt. Die zuständige Mitarbeiterin der Aufsichtsbehörde wird alle weiteren Schritte der Einrichtung begleiten, so dass die Einhaltung der Standards gesichert ist.

Die Frage der verhandelten Kostensätze ist jedoch keine Frage an die staatliche Aufsichtsbehörde, sondern eine Frage an die für die Entgeltverhandlungen zuständigen Kommune. Im Gegensatz zu früher werden Kostensätze vereinbart und nicht mehr vom Land einseitig festgelegt. Gem. § 78 e SGB VIII ist der örtliche Träger der Jugendhilfe im Rahmen des eigenen Wirkungskreises für den Abschluss der Entgeltvereinbarungen zuständig, in dessen Bereich die Einrichtung gelegen ist. Die staatliche Aufsichtsbehörde Landesjugendamt kann lediglich prüfen, ob die der Entgeltvereinbarung zugrunde liegende Leistungsbeschreibung die in der Betriebserlaubnis und nach dem Gesetz definierten Mindestanforderungen erfüllt. Für eine Überprüfung des vereinbarten Entgelts durch eine staatliche Behörde existiert keine fachgesetzliche Grundlage. Gründe für ein Einschalten der Kommunalaufsichtsbehörden sind nicht erkennbar. Im Übrigen bewegt sich das für das Jahr 1999 vereinbarte Entgelt in Höhe von 223 DM pro Tag etwas

unter dem Landesdurchschnitt und liegt damit im „Normalbereich“.

Anlage 2

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 5 der Abg. Frau Mundlos (CDU):

Unterrichtsversorgung an Braunschweiger Berufsschulen

Aus der Antwort auf eine Anfrage zur selben Thematik vom September 1998 geht hervor, dass zum damaligen Zeitpunkt der Regierungsbezirk Braunschweig die schlechteste Unterrichtsversorgung aller Regierungsbezirke hatte, dass den berufsbildenden Schulen in Braunschweig fast 6.000 Unterrichtsstunden fehlten, dass die durchschnittliche Unterrichtsversorgung ca. 85 % beträgt.

Ich frage die Landesregierung:

Wie ist der aktuelle Stand der Unterrichtsversorgung an den Braunschweiger Berufsschulen (je nach Schule gesondert Lehrer-Soll- und - Ist-Stunden, Fehl in VZLE, Anzahl der Schü- lerinnen und Schüler, Anzahl der gebildeten Klassen und deren Klassenfrequenz) im Vergleich

a) zu 1998

b) zur aktuellen durchschnittlichen Unterrichtsversorgung im Regierungsbezirk Braunschweig, Hannover, Lüneburg, Weser-Ems?

2. An welchen berufsbildenden Schulen in Braunschweig gibt es ein wie geartetes Fehl an Lehrerstunden, obwohl seit 1998 für wie viele Schüler mehr wie viele Lehrer mit welcher Stundenverpflichtung hinzugekommen sind?

3. Wie verändert sich die absolute und prozentuale Unterrichtsversorgung in den Braunschweiger berufsbildenden Schulen, wenn die neue BBSVO umgesetzt und damit angewandt wird?

Eines der primären Ziele der Bildungspolitik der Landesregierung ist die Verbesserung der Unterrichtsversorgung im Bereich der berufsbildenden Schulen. In diesem Zusammenhang wird seit Jahren versucht, im Rahmen des Einstellungsverfahrens und des Lehrertausches die ungleiche Versorgung der Bezirke und der Schulen innerhalb der Bezirke auszugleichen. Dies setzt sich in der aktuellen Einstellungsrunde zum 21. August 2000 fort. Darüber hinaus wird sich die Unterrichtsversorgung insbesondere im Bereich der Teilzeitberufs

schule durch die Einführung des geänderten Klassenbildungserlasses weiter verbessern.

Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Die prozentuale Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen ist landesweit zwischen den Statistik-Stichtagen 15. November 1998 und 15. November 1999 um 2,1 % gesunken, da es einen Schüleranstieg um 2,2 % gegeben hat. Der Regierungsbezirk Braunschweig hat 0,9 % Rückgang bei der Unterrichtsversorgung bei einem Schülerplus von 1,79 % zu verzeichnen. Die Auswirkungen auf die einzelnen Braunschweiger Schulen stellen sich naturgemäß sehr unterschiedlich dar. Sieht man von den beiden „Sonderfällen“ der Technikerschule und der Müllerschule einmal ab, dann schwankt die Veränderung der Unterrichtsversorgung zwischen plus 15,1 % und minus 10,5 %. Die Unterrichtsversorgung konnte durch die gezielte Lehrerzuweisung fast an allen Schulen verbessert werden, bis auf die Berufsbildenden Schulen II und III:

- an der BBS I um 3,2 % verbessert - bei nahezu unveränderten Schülerzahlen;

- an der BBS II um 10,5 % verschlechtert; - bei einer Schülerzahl von plus 71;

- an der BBS III um 0,3 % verschlechtert; - bei einer Schülerzahl von plus 155;

- an der BBS IV um 1,2 % verbessert - bei nahezu unveränderten Schülerzahlen;

- an der BBS V um 4,8 % verbessert - bei einer Schülerzahl von minus 76;

- an der BBS VI um 0,6 % verbessert - bei nahezu unveränderten Schülerzahlen;

- an der BBS VII um 15,1 % verbessert - bei nahezu unveränderten Schülerzahlen.

Die übrigen in der Frage 1 aufgeworfenen Details nach den Lehrersoll- und Lehreriststunden werden in tabellarischer Form zu Protokoll geben.

Zu Frage 2: Hinsichtlich der Frage nach dem Unterrichtsfehl und den veränderten Schülerzahlen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1. An den Braunschweiger Schulen wurden in den Jahren 1998 und 1999 insgesamt 43 Lehrkräfte neu eingestellt, die insgesamt 506 zusätzliche Lehrerstunden in das System der Braunschweiger berufsbildenden Schulen eingebracht haben. Die Verteilung auf die Schulen gliedert sich wie folgt:

- BBS I 113,5 Stunden gleich zehn Lehrkräfte

- BBS II eine Lehrkraft mit sechs Stunden

- BBS III elf Lehrkräfte mit 100 Stunden

- BBS IV sieben Lehrkräfte mit 84,1 Stunden

- BBS V fünf Lehrkräfte mit 93 Sunden